Jura zwischen dem tief eingeschnittenen, ihn von Frankreich scheidenden Thal des Doubs im N. (Biaufond 608 m) und der Kette
der Tête de Rang (1425 m) im S.; er grenzt im O. an den Kanton Bern,
im W. an den Bezirk Le Locle und im SO. an den Bezirk Val de Ruz.
Das Thal von La Chaux de Fonds (1000 m) wird durch die Kette von Sommartel (1330 m) und den Mont Sagne (1116 m) vom Thal von
La Sagne (1040 m) und im N. durch die Kette des Pouillerel (1279 m) vom Doubsthal getrennt. Hauptbeschäftigung der Bewohner
in La Chaux de Fonds: Uhrenindustrie, im übrigen Teil des Bezirkes Landwirtschaft und Viehzucht. Zahlreiche
Uhrenarbeiter auch in La Sagne.
Der Boden verteilt sich auf
ha
Gärten und Baumgärten
51
Wiesen
4478
Weiden
3122
Wald
1373
Unproduktives Land
302
Zusammen:
9326
Oberer weisser Jurakalk wird als Baustein in zahlreichen Steinbrüchen gewonnen. La Sagne besitzt grosse
Torfgruben und versorgt, nebst Les Ponts, La Chaux de Fonds und Le Locle mit Brennmaterial. Fabrikation von geschätztem Käse.
Man zählt 767 Bauern, 7728 Uhrenmacher u. 11115 Bewohner mit anderem Beruf.
Die Viehstatistik ergibt folgende Zahlen:
1876
1886
1901
Hornvieh
3033
3594
4084
Pferde
615
672
859
Schweine
305
550
905
Ziegen
153
144
181
Schafe
384
301
174
Bienenstöcke
99
285
305
Der wenig fruchtbare Boden ist durch intensive Bearbeitung und Düngung bedeutend verbessert worden. Mar baut Kartoffeln,
Weizen, Roggen, Hafer Kohl.
Die lange andauernden Winter sind im Allgemeinen sonnenreich und trocken und daher besonders für Brustkranke
zuträglich.
Fünf Eisenbahnlinien durchziehen den Bezirk und verbinden La Chaux de Fonds mit Neuenburg,
Sonceboz, Biel, Le Locle, Les Ponts und Saignelégier.
Die Linien nach Les Ponts und Saignelégier sind Schmalspurbahnen. In den gleichen Richtungen führen auch gute Strassen; wichtig
sind unter andern die Strassen Neuenburg-Vue des Alpes (Passübergang in 1288 m)-La Chaux de Fonds und La Chaux de Fonds-Côtes
du Doubs-Biaufond-Frankreich.
deFonds(La) (Kt. Neuenburg,
Bez. La Chaux de Fonds).
Gemeinde, Stadt und Hauptort des gleichnamigen Bezirks; in 47° 6’ 17" N. Br. u. 4° 29'
50" OL. v. Paris oder 6° 50' 05" OL. von Gr.; 47,5 km WNW. Bern,
15 km NNW. Neuenburg
und 4 km von der französischen
Grenze, im
Hochthal gleichen Namens. Rathausplatz in 992,14 m. Knotenpunkt der Eisenbahnlinien von Neuenburg,
Sonceboz, Le Locle-Besançon,
Saignelégier und Les Ponts de Martel. Im Innern der Stadt elektrisches Strassenbahnnetz, im Dezember 1896 eröffnet.
Das nicht sehr alte La Chaux de Fonds ist zu Ende des 18. Jahrhunderts von einer grossen Feuersbrunst heimgesucht worden,
die die Bauwerke der Vergangenheit zum grössten Teil zerstört hat. Die Stadt ist demnach, in der Schweiz ein seltener Fall,
regelmässig angelegt und von durchweg modernem Aeussern. Daneben ist sie mit ihren 1000 m Höhenlage
die höchstgelegene Stadt Europas. Ihre Längsaxe liegt in der Richtung SW.-NO.; im SW. schneidet die Stadt die prachtvolle
Verkehrsader der Rue Léopold Robert.
Die Strassen sind breit, gut beleuchtet, laufen einander parallel oder schneiden sich im rechten Winkel und werden von hohen
Häuserreihen begleitet. Die Entwicklung dieser jurassischen Bergstadt ist durch zwei Unternehmungen
der Neuzeit wesentlich gefördert worden: die Versorgung der Häuser mit Trinkwasser, das in 14,5 km langer Leitung aus den
Gorges de l'Areuse hergeführt wird, und mit elektrischer Kraft und elektrischem Licht, zu welchem Zwecke ebenfalls in den
Gorges de l'Areuse ein eigenes Elektrizitätswerk und in der Stadt selbst eine Transformatoren- und Reservestation
erbaut worden sind.
Das Klima von La Chaux de Fonds ist ein trockenes; der mittlere jährliche Barometerstand beträgt 677 mm, die mittlere Jahrestemperatur
+6,3° C., die mittlere Temperatur des wärmsten Monats (Juli) +16° C., diejenige des kältesten (Dezember)
-2,6° C. Die mittlere jährliche Niederschlagsmenge (Wasser und Schnee) misst 1300 mm. Gewitter sind selten, man zählt deren
im Jahr kaum mehr als 10-12. Vorherrschende Winde sind der NO. (la bise) und der SW., die meist nur mässig stark wehen.
Nebel sind selten, weil einerseits das Thal selbst ohne fliessendes Wasser ist und es anderseits von den
Nebeln des schweizerischen Mittellandes durch die für diese unübersteigliche Schranke der benachbarten Juraketten getrennt
wird. Daher ist das Jahresmittel der hellen Tage ein relativ sehr grosses. Der starken Insolation hält die nächtliche Strahlung
die Waage. Da die Luft sehr trocken ist, können selbst tiefe Temperaturen leicht ertragen werden. Nimmt
man zu allen diesen Faktoren noch die bemerkenswert reine Luft, so darf man das Klima von La Chaux de Fonds als ein durchaus
gesundes bezeichnen. Von grossem Interesse ist die Einwirkung der Höhenlage und ihres Klimas auf Gesundheit, Sitten und Charakter
der Bewohner dieses Hochthales, deren Energie, Lebhaftigkeit, Unternehmungslust und im Durchschnitt kräftige
Körperbeschaffenheit allgemein bekannt sind.
mehr
Handel und Industrie.
Nachdem die von einigen Kantonen erlassenen Einzelgesetze über amtliche Kontrole von Gold- u. Silberwaaren allmählig in
Vergessenheit geraten waren und dadurch Uebergriffe und Missbrauch diesem Zweig des Handels und der Industrie erheblichen
Schaden zuzufügen begannen, übernahm es auf Wunsch der Interessenten der Bund, Wandel zu schaffen. Das
Ergebnis war der Erlass zweier Bundesgesetze, deren eines (Bundesgesetz über Kontrolierung und Garantie des Feingehaltes
der Gold- und Silberwaaren) am in Kraft trat und am durch einen Zusatz ergänzt wurde, während das andere
(Bundesgesetz betr. den Handel mit Gold- und Silberabfällen) vom datiert. Darnach ist die
amtliche Kontrolierung obligatorisch für Uhrengehäuse, die eine der folgenden Bezeichnungen führen: für das Gold 18 Karat
oder 750 Tausendteile und darüber, 14 Karat oder 583 Tausendteile und darüber;
für das Silber 875 Tausendteile und darüber, 800 Tausendteile.
Das Kontrolamt in La Chaux de Fonds hat mit dem eidgenössischen Kontrolstempel versehen 1890: 384968
goldene und 47889 silberne Uhrengehäuse;
1900: 508703 goldene und 58911 silberne Uhrengehäuse.
Diese Zahlen allein geben aber kein vollständiges Bild von dem gesamten Umfang des Uhrenhandels und der -industrie von La Chaux de Fonds.
Denn es ist wohl zu beachten, dass nicht nur die der obligatorischen eidgenössischen Kontrole unterworfenen
Uhren, sondern daneben auch noch die von dieser Kontrole befreiten Uhren aus den verschiedensten Metallen u. Legierungen
in Masse hier fabriziert werden. La Chaux de Fonds verfertigt u. liefert Uhren von allen nur erdenklichen Arten u. ist das
bedeutendste Zentrum der die Uhrenindustrie betreffenden Handelsunternehmungen.
Die in der Zahl von mehr als 200 hier vorhandenen Uhrengeschäfte (comptoirs) arbeiten beinahe ohne Ausnahme alle für den
Export. In La Chaux de Fonds bestehen 9 Banken; es erscheinen 9
Zeitungen, wovon 3 täglich; von den übrigen widmen sich
zwei ausschliesslich den Interessen der Uhrenindustrie. Das hiesige Postbureau ist eines der wichtigsten
der Schweiz u. das bedeutendste der Schweiz in Bezug auf den internationalen Waarenverkehr. Sein Umsatz betrug 1900: 4019783
Briefe, wovon 512000 eingeschriebene;
318000 Pakete nach der übrigen Schweiz, 137901 Pakete ins Ausland;
es hat aus der Schweiz
u. dem Ausland 387369 Pakete empfangen u. für die enorme Summe von 777836 Franken Briefmarken verkauft.
Die sehr gut geleitete Vereinigung der Uhrenfabrikanten von La Chaux de Fonds zählt den weitaus grössten Teil der hiesigen
Fabrikbesitzer zu ihren Mitgliedern und leistet wertvolle Dienste. Das Gleiche gilt von der kantonalen Handels-, Industrie-
und Arbeitskammer, die hier ihren ständigen Sitz hat.
Die Collectivité horlogère de La Chaux de Fonds errang in ihrer Gesamtheit an der Pariser Weltausstellung von 1900 einen
Grand Prix, die höchste verliehene Auszeichnung.
Bevölkerung.
Die erste amtliche Volkszählung fand 1750 statt und ergab für La Chaux de Fonds:
Jahr
Neuenburger
Uebrige Schweizer und Ausländer
Total
Häuser
1750
2126
237
2363
439
Spätere Zählungen ergaben
1800
3284
1643
4927
517
Uebr. Schweizer.
Ausländer
1830
4581
1468
501
6550
592
1850
6495
5087
1686
13268
798
1870
7040
9551
3070
19661
1146
1880
7638
11607
3131
22376
1279
1890
9328
14391
3517
27236
1516
1900
13174
18394
4403
35971
2399
mehr
Für die Zählung von 1900 ist zu berücksichtigen, dass die Bewohner von Les Eplatures durch allgemeine Abstimmung vom 13. und die
Vereinigung ihrer Gemeinde mit La Chaux de Fonds gewünscht, dass dem der Gemeindegeneralrat von La Chaux de Fonds am 2. Februar und
der Neuenburger Grosse Rat am beigestimmt haben und dass somit die am 1554 Ew. zählende
Gemeinde Les Eplatures in obigen Zahlen für 1900 miteingerechnet ist.
Die Bevölkerung verteilt sich dem Bekenntnis nach auf 29370 Reformierte, 5634 Katholiken, 923 Juden und 44 Andersgläubige;
dem Zivilstand nach auf 12503 Verheiratete, 1885 Verwitwete und 21583 Ledige;
der Herkunft der Ausländer
nach auf 1792 Franzosen, 1312 Deutsche, 1081 Italiener und 218 Angehörige anderer Länder;
dem Beruf nach auf 7518 Uhrenmacher, 567 Bauern, 10824 Angehörige
anderer Berufe und 1262 Lehrlinge.
Mit Hinsicht auf die Bevölkerung steht La Chaux de Fonds unter den
Schweizer Städten im siebenten Rang. Bei 30,2‰ Geburten und 16,5‰ Sterbefällen ergibt sich ein Geburtenüberschuss von
13,7‰, der La Chaux de Fonds in dieser Hinsicht unter den Schweizer Städten in die dritte Stelle einreiht (Le Locle 20,6‰;
Basel
14,7‰).
Denkmäler und Bauten.
Wie wir zu erwähnen bereits Gelegenheit hatten, weist La Chaux de Fonds kaum Denkmäler vergangener
Zeiten auf. Bemerkenswerte Bauten (alle modernen Datums) sind: die 1795 erstellte reformierte Kirche für den Gottesdienst
in französischer Sprache, ein kühner Bau von ovaler Gestalt mit einer prachtvollen Holzkanzel, einem Meisterwerk der Schnitzerei
aus dem ehemaligen Kloster Bellelay, und ihrem mitten aus dem Häusergewirre der Stadt aufragenden Glockenturm;
das 1803 erbaute Rathaus, an das sich eine Reihe von geschichtlichen Erinnerungen knüpfen;
die deutsche reformierte Kirche
mit schlankem Turm;
die Kirche der freien reformierten Gemeinde,
ein bemerkenswerter Bau in gotischem Stil;
die sehr schöne
Synagoge;
das Gemeindehaus, das elegante Gebäude des eidgenössischen Kontrolamtes, die Uhrenmacher-
und Mechanikerschule, mehrere grossartige Schulhäuser und endlich zahlreiche und sehr schöne Privatbauten, wie das Gebäude
der Eidgenössischen Bank A. G. und andere.
Auf dem Rond-point de la Fleur de Lys steht der prachtvolle Monumentalbrunnen,
den das Kontrolamt zur Erinnerung an die Versorgung der Stadt mit Trinkwasser aus den Gorges de l'Areuse
errichten liess.
Oeffentliches Leben.
Sehr entwickelt ist in La Chaux de Fonds besonders das religiöse Leben, dem neun dem Kultus bestimmte Gebäude dienen: die
reformierte französische und deutsche Landeskirche, die christkatholische und die römischkatholische Kirche, die Kirche
der freien reformierten Gemeinde, die Kapellen der Methodisten, Mährischen Brüder und der Adventisten
vom 7. Tag und die Synagoge. Dazu besitzen hier je ein ihren besondern Bestrebungen dienendes Lokal die Christliche Vereinigung
junger Männer, das Blaue Kreuz, die Loge Zukunft des internationalen Guttempler-Ordens.
Die von der arbeitsamen Bevölkerung stets in hohen Ehren gehaltenen Werke der Nächstenliebe äussern sich
neben dem Bestehen zahlreicher Wohltätigkeits- u. Unterstützungsvereine in der Gründung zweier sog. Krippen zur Aufnahme
der Kinder von nicht in ihrer Wohnung arbeitenden Eltern, eines Gemeindewaisenhauses, eines durch Privatinitiative 1818 unter
dem Namen «Etablissement de travail» errichteten Mädchenwaisenhauses,
einer 1877 in Betrieb gesetzten und von einer Aktiengesellschaft unterhaltenen Volksküche. Der allen
Anforderungen der Neuzeit entsprechende Gemeindespital, ein im n. Teil der Stadt im Quartier «Les Arbres» stehendes prachtvolles
Gebäude, ist 1898 eröffnet worden. Der ehemalige, 1849 eingeweihte alte Spital in der Spitalgasse dient heute andern Zwecken.
mehr
Kasino-Theater, 1837 durch eine Aktiengesellschaft erbaut; häufige Gastspiele berühmter auswärtiger Künstler.
Auch das hier, in diesem Arbeitszentrum der sitzenden Beschäftigungsarten, einem wirklichen Bedürfnis entsprechende gesellige
Vereinsleben ist reich entwickelt. Wir finden neben einer gewissen Anzahl von mehr geschlossenen Vereinigungen (cercles)
mit gut oder sogar luxuriös eingerichteten Klublokalen eine grosse Reihe von die verschiedensten Ziele
verfolgenden Gesellschaften und Vereinen, zur Pflege vaterländischer Gesinnung, von aller Arten Sport, von gegenseitiger
Belehrung etc. In La Chaux de Fonds wurde 1863 das eidgenössische Schützenfest und dreimal (1850, 1872, 1900) das eidgenössische
Turnfest gefeiert.
Die bescheidenen Schulbauten der Umgebung nicht mitgerechnet, besitzt die Stadt 9 Schulhäuser, von denen
die meisten stattliche u. einige sogar luxuriöse Gebäude sind. Schulpflichtig sind ungefähr 6000 Kinder, von denen die grosse
Mehrzahl selbstverständlich die Primarschulen besuchen. An die Stelle der ehemaligen Industrieschule sind neuestens das
Gymnasium und Progymnasium getreten, mit zusammen einem auf 8 Klassen verteilten siebenjährigen Studiengang.
Das Kadettenkorps hat einen Bestand von ungefähr 300 Jünglingen. Andere Unterrichtseinrichtungen sind:
höhere Mädchenschule;
Handelsschule, 1890 von dem eidgenössischen Kontrolamt gegründete und seit 1897 unter Gemeindeverwaltung
stehende ausgezeichnete Lehranstalt;
Berufsschule für Mädchen, ebenfalls 1890 gegründet;
Haushaltungsschule, 1896 gegründet;
Uhrenmacher- und Mechanikerschule, 1865 gegründet;
Kunstgewerbeschule mit verschiedenen Abteilungen, 1871 gegründet.
Dazu
kommen die öffentlichen Sammlungen: eine Bibliothek, ein naturhistorisches und ein historisches Museum,
ein Museum für die Geschichte der Uhrenindustrie, eine Gemäldesammlung. Letztere steht unter der Spezialaufsicht des Kunstvereins
(Société des Amis des Arts) und enthält mehrere bedeutende Kunstwerke. Alle diese Sammlungen erfreuen sich eines regen
Interesses von Seiten der Bevölkerung.
Oeffentliche Verwaltung.
Nach Abzug der Ausgaben aus dem Unterstützungsfonds für bedürftige Kantonsangehörige erreichten 1900 in La Chaux de Fonds
die städtischen Einnahmen eine Summe von 1714287 Fr. und die Ausgaben eine
solche von 1637240 Fr.
Die Einnahmen verteilen sich auf: Zinsen der den industriellen Betrieben (Wasser, Gas und Elektrizität)
vorgeschossenen Kapitalien 272634 Fr.;
Ertrag der Immobilien, Polizei, öffentliche Bauten, Armenwesen 278439 Fr.;
kantonale
Subvention an die Schulen 106455 Fr.;
eidgenössische, kantonale und anderweitige Subventionen an den beruflichen Unterricht 117900
Fr.;
Wasser- und Gaswerke 164852 Fr.;
Steuern netto 774005 Fr. -
Ausgaben: Zinsen und Amortisation von Kapitalien 619415 Fr.;
Unterhalt der Immobilien, öffentl.
Arbeiten 258707
Fr.;
Unterstützung von bedürftigen Kantonsangehörigen (aus dem Kantonalarmenfonds) 64411 Fr. und Armenunterstützung von
übrigen Schweizern und Fremden 30895 Fr.;
Schulwesen 329596 Fr.;
Berufsschulen 147203 Fr.;
Kirchenwesen 7424 Fr.;
Polizei
und Feuerlöschwesen 130299 Fr.;
Verschiedenes 83697 Fr.;
Einlage in den Erneuerungsfonds der städtischen Gas-, Wasser- und
Elektrizitätswerke 30000 Fr. Die konsolidierten und laufenden Schulden erreichten 1900 die Summe von 11834965
Fr.;
ihnen stehen gegenüber unproduktive Aktiven (Verwaltungs- und Schulgebäude etc.) im Werte von 5939188 Fr. und produktive
Aktiven im Werte von 7034141 Fr. (wovon 6395791 Fr. an Gas-, Wasser- und Elektrizitätswerk vorgeschossene Kapitalien).
Unabhängig
vom schon genannten Kantonalarmenfonds bestehen in La Chaux de Fonds Spezialunterstützungs- und gemeinnützige
Fonds mit einem Kapital von 1388098 Fr. Sieht man von den für Zinsen und Amortisationen der städtischen Schuld benötigten
Ausgaben ab, so erkennt man, dass die für die öffentlichen Schulen und den beruflichen Unterricht aufgewendeten Summen für
sich allein nahezu der Hälfte der Jahresausgaben gleichkommen. Die Stadtverwaltung ist unausgesetzt
bestrebt, das Schulwesen auf allen Stufen mehr und mehr zu heben und zu vervollkommnen.
Man zählt heute in La Chaux de Fonds 134 Primar- und Sekundarschulklassen; dazu kommen als weitere städtische Unterrichtsanstalten
das Gymnasium (Vorbereitung auf das Hochschulstudium) und die höhere Töchterschule. Von ganz hervorragender
Wichtigkeit ist in einer Industrie- und Handelsstadt wie La Chaux de Fonds der Unterhalt eines gut organisierten beruflichen
Unterrichtswesens. Zu diesem Zwecke sind hier der Reihe nach entstanden je eine Uhrenmacher- und Mechanikerschule (mit
mehr
moderner und vollkommener Werkzeugeinrichtung), Kunstgewerbeschule (besonders für künstlerische Ausstattung von Uhrengehäusen:
Gravur und getriebene Arbeit, Emailmalereien, Fassung der Edelsteine), Handelsschule (mit Hauptgewicht in Sprachunterricht),
Berufsschule für Mädchen (weibliche Handarbeiten, Anfertigung von Modewaaren, Wäsche und Kleidern) und eine Haushaltungsschule
(Kochkunst, etc.).
Geschichtliche Entwicklung.
Während die Gründung einer grossen Anzahl der La Chaux de Fonds benachbarten Bergdörfer der Freigrafschaft
Burgund bis ins 12. und 11. Jahrhundert zurückreicht, datieren die ersten Spuren menschlicher Ansiedelung in den Bergen von
Valangin (den sog. «Noires Joux») erst aus dem Beginn des 14. Jahrhunderts. Nachdem als erster Pionier im Verger du Locle 1303 Jean
Droz aus Corcelles mit seinen 4 Söhnen sich niedergelassen hatte, bevölkerte sich das Bergland verhältnismässig
rasch, so dass schon im Mai 1372 Graf Johann II. von Aarberg, Herr von Valangin, den innerhalb der Grenzen des sog. «Clos de la
Franchise» wohnenden Leuten von Le Locle und La Sagne die ersten urkundlichen Freiheiten gewähren konnte.
Dazu unterhielten die Herren von Valangin wie die Grafen von Neuenburg
enge Beziehungen zur Franche Comté; in einer Urkunde vom (Monumentsde l'histoire de Neuchâtel) erscheint die Gräfin Isabella von Neuenburg
als Schutzherrin des Val de Morteau, und die beiden Bergdörfer
La Grand' Combe des Bois und Le Barboux in der Freigrafschaft waren von der Mitte des 14. Jahrhunderts bis 1408 im
Besitze der Grafen von Neuenburg.
Die Grenzregulierung von 1408 setzt zum erstenmal den Lauf des Doubs als Scheide zwischen beiden Gebietshoheiten
fest.
Aus derselben Urkunde ist ersichtlich, dass damals die Ländereien der Grafen von Valangin bis an diejenigen
des Bistums Basel
reichten, mit Ausnahme der bestrittenen Gebiete von Le Valanvron und Le Bugnenet, die erst 1495 endgiltig an die
Grafschaft Valangin kamen. 1373 befahl Johann II. von Aarberg den Bau eines neuen und bessern, 32 Fuss breiten Verbindungsweges
zwischen Valangin und den Bergländern, der «par le plus aisé
que faire se pourrait» ^[französisch: 10 m breit, so bequem zu bauen wie möglich.] Boudevilliers, La Jonchère und Les Hauts Geneveys
berühren, den O.- und N.-Fuss der Kette von Tête de Rang umgehen und in Le Montdar sich verzweigen sollte,
um von da einerseits
nach «La Chault de Font» und anderseits über La Sagne «au Pont du Locle et de là au Gudebat» sich fortzusetzen. Es ist dies
nach Matile die älteste urkundliche Erwähnung des Ortes La Chaux de Fonds.
Da die Lokalität La Chaux de Fonds eine gute Trinkwasserquelle, die Fontaine Ronde, aufwies, wussten die
dem Waidwerk huldigenden Grafen von Valangin diese in den hiesigen Bergen seltene Erscheinung wohl zu schätzen und errichteten
hier ein Jagdschloss, von dem aus ein schon vor dem 15. Jahrhundert begangener Weg zum Doubs «au lac de la Blanche Roche» führte. 1450 hatten
sich in La Chaux de Fonds bereits 4 oder 5 Häuser um das herrschaftliche Jagdschloss gruppiert.
Der am gestorbene Graf Claudius von Aarberg vermachte jeder der 12 Kirchgemeinden seiner Ländereien testamentarisch 15 «Gros»
und bestimmte ausserdem den Bau und Unterhalt einer dem h. Hubertus zu weihenden Kirche in La Chaux de Fonds; Kirche
und Friedhof wurden durch Guillemette de Vergy, der Witwe des Verstorbenen, auf einem zu dessen Privatbesitz gehörenden
Grundstück errichtet u. das Jagdschlösschen zum Pfarrhaus umgewandelt, als welches es lange Zeit diente.
Nachdem am St. Hilariustag die Kirche St. Hubertus geweiht und als erster Pfarrer Jean Bart
bestallt worden, erfreute sich La Chaux de Fonds von 1524 an eines regelmässigen Gottesdienstes. Die der neuen Kirche von
Guillemette gestiftete Glocke erhielt die Umschrift: Guillerma de Vergie fecit fieri hoc opus Domina S. Humberte ora pronobis MCCCCCXXIII. ^[Latein: Guillemette von Vergy erstellte diese Werk dem heiligen Humbert, bete für
uns 1523.]
Bald machten sich hier aber die Einflüsse der Reformation derart geltend, dass die Bewohner trotz der verzweifelten Gegenwehr
von Guillemette dem zündenden Worte Guillaume Farels Gehör schenkten u. sich der neuen Lehre mit Begeisterung anschlossen.
Am Tage Unserer Lieben Frauen des Jahres 1536 erfolgte «la bienheureuse
Réformation de l'Eglise ... dans nos Montagnes» endgiltig. Ueber die Grösse der damaligen Ansiedelung gibt uns der Bericht
Aufschluss, dass die Anzahl der in La Chaux de Fonds getauften Kinder 1532 zehn und 1533 vier betrug.
Unterdessen vergrösserte sich La Chaux de Fonds zusehends, so dass René de Challant, der Enkel von Claudius
von Aarberg und Guillemette, den schon von seinen
Grosseltern gehegten Plan der Erhebung des Ortes zur eigenen Kirchgemeinde am zur Ausführung brachte und ihm damit
seine erste Verwaltungsbehörde und offizielle Umgrenzung gab. Bei dieser Gelegenheit sei bemerkt, dass die alten Grenzsteine
von Biaufond am Doubs und von Roc Mil Deux bei Les Convers zuerst, beim Untergang des Reiches Burgund ums
Jahr 1000, die Grenzscheide zwischen den Bistümern Basel
und Lausanne bildeten und dass der Stein von Biaufond noch mehrfach eine
bedeutende Rolle gespielt hat und der Reihe nach als Grenzmarke zwischen Neuenburg
und dem Gebiete des Fürstbischofs von Basel,
zwischen Neuenburg
und
Bern
u. endlich als Glied der nach den Wiener Verträgen von 1815 mit besonderer Sorgfalt festgesetzten Grenzlinie
zwischen Frankreich und der Schweiz gedient hat und heute noch dient.
Die etymologische Ableitung des Namens La Chaux de Fonds hat den Scharfsinn der Gelehrten von jeher beschäftigt. Nachdem
er hervorgehoben, dass die Bezeichnung «chaux» im Jura meist den die tertiären Thalschaften der Länge
nach begleitenden Landstreifen beigelegt werde, untersucht Célestin Nicolet die verschiedenen Deutungen auf ihre Realprobe
und entscheidet sich mit Rücksicht auf das unbestreitbare hohe Alter dieser Benennung für die Ableitung von calma = Feld,
Fläche oder von calvus = kahl, baumlos, womit immer die Vorstellung von Anbau durch den Menschen verbunden
sei.
Ein anderer Neuenburger Historiker, der Pfarrer Charles Châtelain, sieht dagegen auf Grund einer Urkunde des 16. Jahrhunderts
im Namen La Chaux de Fonds mit Rücksicht auf das ehemalige, an einer Quelle gestandene Jagdhaus die Deutung «maison
de la fontaine». Prof. Niedermann endlich lässt sich durch die auch im Freiburger Dialekt für eine steile
Bergweide gebräuchliche Bezeichnung «Tschaux» bestimmen, das Wort von
callem = waldumrahmte Weide abzuleiten. (Vergl. dazu den Art. Chaux). Der Ausdruck «Fonds» lässt sich vielleicht am einfachsten
als blosse Umformung von lat. fons = Quelle deuten, womit er sich bequem auf die wohltätige Quelle der
Fontaine Ronde beziehen liesse, um die sich im 15. Jahrhundert die ersten Häuser des Ortes zu gruppieren begannen. Damit würden
wir uns der von Charles Châtelain gegebenen Etymologie wieder nähern.
Im Jahre 1545 liess René de Challant am begangensten Flussübergang über den Doubs ein Wohnhaus errichten,
la Maison à Monsieur, das heute noch den Namen Maison Monsieur führt. Im 17. Jahrhundert finden
wir in diesen Bergen schon
überall eine rege Bevölkerung, die, ihre geräumigen Wohnstätten mit Vorliebe in der Form von Einzelhöfen bewohnt und
des Schutzes bedürftig nach bessern lokalen Verwaltungsverhältnissen sich sehnt. Nachdem sie 1480 durch
die zweite Grenzregulierung des Clods de la Franchise der Gerichtshoheit Valangin zugeteilt worden, fühlten sich die Bewohner
mehr und mehr benachteiligt und verlangten eine eigene Gerichtsstätte oder zum Wenigsten den Anschluss an diejenige von
Le Locle. Um diesem Begehren zu entsprechen, verfiel man 1619 auf den Gedanken, das damals 292 Häuser, 600 Haushaltungen
und 462 waffenfähige Männer zählende La Chaux de Fonds in rechtlicher Beziehung zwischen Le Locle und La Sagne aufzuteilen.
Diese unglückliche Lösung der Frage vermochte jedoch Niemanden zu befriedigen. Bessere Zeiten für die wachsende Siedelung
im Gebirge kamen mit dem Amtsantritt von Jacques de Stavay-Mollondin, den eine Verfügung Heinrichs II.
von Longueville am zum Statthalter und Generalleutnant der Grafschaften Neuenburg
und Valangin ernannte. Von diesem Manne sagt
Frédéric de Chambrier in seiner Histoire de Neuchâtel et Valangin «qu'il était très propre aux affaires, qu'il avait l'esprit
juste, le caractère ferme, beaucoup de dignité et que l'Etat n'a pas eu de gouverneur plus distingué
que lui».
Sofort nach seiner am erfolgten Uebernahme des Amtes macht sich Stavay daran, die Bedürfnisse der ihm unterstellten
Bevölkerung kennen zu lernen und Missbräuchen überall abzuhelfen. Dank seiner Fürsprache bestimmt Heinrich II.
von Longueville am dass La Chaux de Fonds fortan eine eigene Gemeinde bilden u. ihren Bürgermeister erhalten solle.
Als solchen ernannte er am 8. Dezember den seit 1649 als Sekretär des Staatsrates amtenden Abraham Robert (geboren im
Amte gestorben am einen Bürger von La Chaux de Fonds und Angehörigen eines der 37 Geschlechter
freier Ansiedler im Berggebiet, die von Claudius von Aarberg 1502 gegen Zahlung einer Summe von 440 sog. kleiner Pfunde («monnoie
corsable en nos terres et seignoyryes de Valangin») ins Bürgerrecht von Valangin aufgenommen worden waren.
Unter der intelligenten und energischen Verwaltung des Gouverneurs Stavay und des Bürgermeisters Robert,
zweier durch gemeinsame Ziele u. guten Willen einander verwandten Männer, blüht u. erstarkt das Dorf zusehends. Erlasse
(ordonnances) des
mehr
Gouverneurs regeln seine lokalen Verhältnisse u. Bedürfnisse; die Kirche wird vergrössert u. in langwieriger u. durch
häufige Einsprachen erschwerter Arbeit der politischen Gemeinde (mairie) eine feste Umgrenzung gezogen. Abraham Robert u.
Benoit de la Tour erhalten den Auftrag, eine allgemeine Durchsicht u. Revision der «reconnaissances
des montagnes du Comté de Valangin» vorzunehmen, d. h. eine Art Katasteraufnahme der Landschaft zu besorgen.
Dieses mit bemerkenswerter Schärfe und Klarheit durchgeführte Werk ist uns erhalten geblieben und enthält neben den Ortsbeschreibungen
die jeder Besitzung eigenen Rechte und Servituten mit genauer Angabe der dem Staate zu entrichtenden Abgaben. Es zählte
damals die politische Gemeinde ca. 1000 Einwohner; im Dorfe selbst bestanden, wie sich der Originaltext
ausdrückt «le temple qui est sur le quartier de la Vieille Chaux, avec le village qui contient vingt maisons; la fontaine
est au milieu». Daneben gehörten hierher die Siedelungen Le Valanvron, Les Bulles, La Sombaille, Derrière Moulin, Fontaine Jaillet,
Boinod, Les Crosettes und Le Cernil Bourquin.
Am besuchte der Landesherr Heinrich II. von Longueville die Gemeinde und Gerichtsbezirk La Chaux de Fonds und zwei
Jahr später, den dringenden Bitten des Bürgermeisters Robert nachgebend, auch der Gouverneur de Stavay; beide wurden von
den Bewohnern mit warmer Begeisterung und Dankbarkeit empfangen.
Auf Betreiben des Pfarrers Pierre Perrelet gestattete der Staatsrat am die Eröffnung der ersten Volksschule, die
in dem auf dem Kirchhügel stehenden Gebäude der Hauptwache Unterkunft fand.
Mit dem Uebergang zum 18. Jahrhundert, dessen erste Hälfte für unser Bergland eine im Allgemeinen wenig gestörte
Periode der Weiterentwicklung bedeutete, gelangen wir allmählich zu den neuzeitlichen Ereignissen. Trotz der 1592 erfolgten
Vereinigung der beiden Grafschaften Neuenburg
und Valangin hatte sich die Bürgerschaft von Valangin als eigener Stand erhalten, und es
waren ihr nach und nach die weitaus grösste Anzahl der Geschlechter aus dem Gebirge beigetreten.
Der am erfolgte Tod von Marie von Orléans, Herzogin von Nemours, fand bei den Bergbewohnern,
denen sich die Tote immer wohl geneigt erwiesen hatte, grosse Teilnahme. Den über die Erbfolge der Fürstin sich entspinnenden
Intriguen blieben zwar die Leute der Berge fern; als sich aber die drei Stände des Fürstentums für den
Anschluss an Preussen erklärt hatten und infolgedessen Ludwig XIV. das Land direkt bedrohte, machten sich hier eine, durch
den wenige Jahre zuvor
erfolgten Uebergang der benachbarten Freigrafschaft von der spanischen unter die französische Herrschaft
noch verstärkte Bewegung und ein Zustand allgemeiner Unsicherheit geltend, die die stets wachsamen Excellenzen
von Bern
zu einer vom 20. Januar bis dauernden Besetzung der Grafschaft mit 6000 Mann veranlassten.
Im Jahre 1757 vergrösserten die Gemeindebürger von La Chaux de Fonds ihre Kirche, wozu ihnen im Testament der Witwe des
Bürgermeisters Charles Tissot-Vougeux die Mittel ausgesetzt worden waren.
Um die nämliche Zeit bildete sich endgiltig eine Vereinigung von Grundbesitzern der Ortschaft, die sog. «compagnie
du village», mit dem Zwecke, den Unterhalt und die Aufsicht über Brunnen, Kanalisation und Abwässer zu besorgen, Feuer-
und Gebäudepolizei auszuüben, für öffentliche Beleuchtung zu sorgen u. s. w. Diese Vereinigung mit ihrem für allen Grundbesitz
verbindlichen obrigkeitlichen Charakter bestand hier zu Recht bis zur Einführung der Munizipalverwaltung im Jahre 1851.
An dieser Stelle wollen wir auch kurz der grossen Aufregung der Gemüter und der leidenschaftlichen Streitigkeiten gedenken,
die 1759-1760 durch die berühmten Kanzelvorträge des Pfarrers Ferdinand Olivier Petitpierre über das Nichtvorhandensein
eines ewigen Fegefeuers verursacht worden waren. (Vergl. die betr. Art. von Charles Berthoud im Muséeneuchâtelois 1872 und 1873).
Das unbedingt wichtigste und folgenreichste Ereignis in der geschichtlichen Entwicklung von La Chaux de Fonds war die 1705 erfolgte
Einführung der Uhrenindustrie durch die Brüder Jakob u. Isaac Brandt genannt Grieurin, Schülern von Daniel Jean
Richard genannt Bressel (1664-1741) von La Sagne, der sich zur Ausübung seines Berufes und zur Heranbildung von tüchtigen
Nachfolgern 1705 in Les Petits Monts du Locle niedergelassen hatte. Bis dahin hatten sich die neuenburgischen Bergbewohner
neben der Landwirtschaft besonders mit der Herstellung von Nägeln, metallenen Rauchpfeifen, eisernen Ringen und Sicheln,
sowie mit Schlosserei beschäftigt.
Daneben fanden sich einige wenige Gold- und Waffenschmiede. Dem lebhaften, intelligenten und klaren Geiste dieser an die Arbeit
am Ambos, an der Drehscheibe und mit der Feile gewohnten Männer leuchteten die Vorteile sofort ein, die für sie mit der Ausübung
des sich bietenden schönen Kunsthandwerkes verbunden sein würden. Mit Feuereifer warfen sie sich auf
den neuen Beruf, der Wohlstand hob sich, und durch beständigen Zuzug von Auswärts wuchs das 1741 2100 Ew. zählende La Chaux de Fonds
rasch zu einem
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Orte an, der 1781 schon eine Bevölkerung von 3586 und 1794 eine solche von 4556 Seelen aufwies. Im letztgenannten Jahre arbeiteten
im Neuenburger Jura wohl an die 4000 Uhrenmacher.
Schon aber kündigen sich schwere Ereignisse an; der in Frankreich tobende Sturm der Revolution schlägt in ganz Europa seine
Wellen, u. das kleine Fürstentum Neuenburg
läuft jeden Augenblick Gefahr, in den mächtigen Kampf zwischen den
europäischen Monarchien und der Französischen Republik mit hineingerissen zu werden. Die Bergbewohner nehmen Partei, und
ein ausserordentlich leidenschaftlicher Meinungsaustausch erhitzt die ohnehin schon lebhaften Gemüter, der schliesslich
zur Bildung zweier feindlicher Lager führt, demjenigen der zur preussischen Herrschaft haltenden «Orangistes»
und dem der auf das neue Evangelium des «Contrat social» und der allgemeinen
Menschenrechte schwörenden «Patrioten».
Diese werfen der aristokratischen Regierung des Fürstentumes ihre einseitige Parteilichkeit und das systematische Fernhalten
der zahlreichen u. wohlhabenden Bevölkerung der Berge von den Staatsgeschäften vor. Der Streit wird hitziger,
Freiheitsbäume erheben sich, die Jakobinermütze wird gehisst, man tanzt die «Carmagnole»
und singt «Ça ira» - die Regierung verliert den Kopf und vertreibt durch Anwendung von Zwangsmassregeln eine grosse Anzahl
der Patrioten aus ihrer Heimat.
Mit offenen Armen werden sie von ihren französischen Nachbarn aufgenommen, die schon lange die Uhrenmacherei
gerne auch auf ihren Boden verpflanzt gesehen hätten. Mitten in diese stürmischen
Zeiten fällt die grosse Feuersbrunst,
die in der Nacht vom 4. auf den die Kirche mit Turm, das Pfarrhaus und 52 Wohnhäuser des Dorfes in Asche legt, 172 Familien
ihres Obdaches beraubt und einen Schaden von mehr als einer Million Thaler verursacht. Natürlicherweise
hat man sofort böswillige Brandstiftung vermutet; doch hat die Ursache des Brandes nie völlig klar gestellt werden können.
Nur das ist sicher, dass die schon früher tätigen französischen Sendlinge von jetzt an mit verdoppelter Kühnheit die
Uhrenmacher zur Auswanderung zu bewegen suchten, was ihnen auch in manchen Fällen gelungen ist.
Lucien Landre urteilt in seinen Causeries sur La Chaux de Fonds d'autrefois, dass mit Berücksichtigung aller Umstände dieses
furchtbare Brandunglück von 1794 für das «grosse Dorf» eher zu einer
Wohltat geworden ist, da es den Anstoss zu einer vollständigen Erneuerung des Ortes auf vernünftiger,
praktischer und seine Zukunft sichernder Basis gegeben hat.
Unter den in dieser, kritischen Zeit sich auszeichnenden Männern steht in erster Linie Moïse Perret-Gentil (1744-1815),
der vor allen Andern durch seinen weitblickenden Patriotismus, seine hohe Bildung und sein unerschütterliches Vertrauen
in die Zukunft die einzureissen drohende Mutlosigkeit verscheuchte und alle Gutgesinnten zur Verfolgung
eines weise festgesetzten Zieles sammelte.
Die von seinem Freunde Henri François Brandt modellierte Büste dieses grossen Bürgers ziert heute im städtischen Rathause
den Sitzungssaal des grossen Stadtrates
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von La Chaux de Fonds. Die Stadt verdankt Moïse Perret-Gentil den Bau der französischen Landeskirche, eines sehr schönen
Architekturdenkmales, u. einer Reihe ihrer schönsten Privathäuser, deren nur ihnen eigene Stil sie heute noch unter allen
anderen sofort zu erkennen und zu bewundern gestattet. Es wird diesem hervorragenden Manne auch die Erfindung
der Guillochierscheibe zugeschrieben.
Diese bewegte Zeit wird nicht nur durch die auf allen Gebieten sich kundgebende lebhafte Tätigkeit gekennzeichnet, sondern
auch dadurch, dass sie eine ganze Reihe von ausgezeichneten Männern schuf, deren mehrere nicht nur angesehen sondern geradezu
rasch berühmt wurden: Jean Pierre Droz (geboren in La Chaux de Fonds am gestorben in Paris
am berühmter Medaillen- und Münzstecher, Generaladministrator des Münz- und Medaillenwesens Frankreichs u.
Direktor des Museums de la Monnaie in Paris;
Henri François Brandt, einer von Droz' bedeutendsten Schülern (geboren in La Chaux de Fonds
am gestorben in Berlin am erster Stecher des Berliner Münzamtes und königlicher
Professor;
Leopold Robert, der weltberühmte Maler (geboren in La Chaux de Fonds am gestorben in Venedig am
Pierre Jaquet-Droz (geboren in La Chaux de Fonds 1721, gestorben in Genf
am und Henri-Louis Jaquet-Droz,
dessen Sohn (geboren in La Chaux de Fonds 1752, gestorben in Neapel am zwei ausgezeichnete Mechaniker, Verfertiger
der berühmten automatischen Musikwerke, die ihre Namen der ganzen Welt bekannt machten;
François Ducommun (geboren in La Chaux de Fonds
am und hier gestorben am hervorragender Mechaniker und Uhrenmacher, Verfertiger
der im historischen Museum dieser Stadt aufbewahrten Planisphäre und Erfinder von sehr kunstreichen astronomischen Pendeluhren;
Charles-Louis Leschot (geboren in La Chaux de Fonds am und hier gestorben am
sehr geschätzter Stecher;
sein Schüler Henri Courvoisier-Voisin (geboren in La Chaux de Fonds 1757, gestorben in Biel am
Verfertiger von gesuchten Zeichnungen und Stichen.
In diese Zeit fällt auch die Gründung der grossen Uhrenmacher-Comptoirs, die die Grundlagen zur industriellen und kaufmännischen
Blüte der Stadt bilden und ihr den Verkauf ihrer Produkte in alle Länder der Erde sichern. Schon 1799 sind
die letzten Spuren des grossen Brandes getilgt und die Bewohner auf die Zahl von 4876 Köpfen angewachsen;
auf den Ruinen
des alten Pfarrhauses erhebt sich seit 1802 ein neues;
1803 spenden die beiden Grosskaufleute und Brüder François und David-Pierre
Bourquin die Mittel zu einem neuen Rathaus;
auf Antrieb der Unterrichtskammer ersteht 1805 das erste
Schulhaus, ein grosses Gebäude in der Rue des Juifs nahe dem alten Friedhof;
1812 erhält die Gemeinde aus dem Nachlass ihres
Mitbürgers Josué Amez-Droz (geboren in La Chaux de Fonds am gestorben in Neuenburg
am zu
wohltätigen Zwecken eine Summe von nahezu 300000 Franken, die sie 1822 erheben kann und die den Grundstock des städtischen
Armenfonds bildet.
Die Zeit der französischen Vorherrschaft (1806-14), des Anschlusses an die Schweiz und der Wiederaufrichtung der preussischen
Regierung (1815) ging verhältnismässig ruhig vorüber, doch trug die neue Zwitterstellung Neuenburgs
als schweizerischer Kanton und preussisches Fürstentum von Anfang an den Keim der Zwietracht in sich.
Die in allen Kantonen erfolgende Gründung vaterländischer Gesellschaften liberalen und demokratischen Geistes (Schützenvereine,
gelehrte u. gemeinnützige Gesellschaften etc.) spornt sofort auch die Neuenburger Gebirgsbewohner zu Nacheiferung und zum
Anschluss an diese die demokratische Propaganda pflegenden Vereinigungen an: am gründen 56 Schützen
den Schiessverein der
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«Armes-Réunies», u. zu gleicher Zeit bildet sich der Musikverein der «Carabiniers»,
der bald mit dem Schützenverein in Verbindung tritt und sich zur Musik des Armes-Réunies umwandelt.
1831 eröffnet Ami Lesquereux in La Chaux de Fonds die erste Druckerei und beginnt die Ausgabe der ersten hier erscheinenden
Zeitung, des Echodu Jura, dessen erste Nummer das Datum vom trägt.
Obwohl es nicht unsere Aufgabe sein kann, an dieser Stelle eine ausführliche Darstellung der Ereignisse zu bieten, die zur
Lostrennung Neuenburgs von der preussischen Oberhoheit führten, dürfen wir die Kämpfe dieser Zeit doch nicht ganz übergehen.
Die beiden Volkserhebungen von 1831 gingen der Hauptsache nach von den Bezirken Boudry und Val de Travers
aus, doch nahm auch Fritz Courvoisier mit 200 Patrioten aus La Chaux de Fonds an der Einnahme des Schlosses in Neuenburg
im September 1831 teil.
Die Folge davon war (Dezember 1831) die Besetzung von La Chaux de Fonds durch den General von Pfuel mit
einer Truppe von 2500 «Getreuen», die Proklamierung des Belagerungszustandes
und die tatsächliche Inaugurierung eines Schreckensregiments im grossen Dorfe.
Damit hat der preussische General, ohne es zu wollen, selbst den Grund zur künftigen Leitung der republikanischen Partei
im Fürstentum gelegt, denn von diesem Augenblicke an nehmen die Republikaner von La Chaux de Fonds die
Sache der Unabhängigkeit kräftig in die Hand; sie geben sich eine feste Organisation und gestalteten für diese ganze Periode
erbitterten Ringens (1831, 1848, 1856) den Ort La Chaux de Fonds zum unbestrittenen Mittelpunkt der Tätigkeit der Neuenburger
Patrioten um.
In der ersten Linie der Vorkämpfer für
die Unabhängigkeit ihres Landes stehen der edle Märtyrer Auguste Bille (geboren
in La Chaux de Fonds am gestorben in Bern
am und Fritz Courvoisier (geboren in La Chaux de Fonds am
gestorben in Neuenburg
am Den Mittelpunkt der Patrioten des ganzen Landes bildet das Café Pierre Henri
Sandoz, und im Rathaus von La Chaux de Fonds versammeln sich am da die Stunde des tatkräftigen Vorgehens geschlagen
hat, die Abgeordneten der patriotischen Komites aus dem ganzen Kanton zur Wahl der provisorischen Regierung
der Republik Neuenburg.
Auf dem Rathausplatz von La Chaux de Fonds findet sich auch am Morgen des nämlichen Tages die Schaar von Republikanern
zusammen, die unter der Führung von Fritz Courvoisier und Ami Girard zum Sturze der monarchischen Regierung des Fürstentums
nach Neuenburg
hinuntersteigt.
Acht Jahre später, am stellt sich wiederum auf demselben Platze Ami Girard (1819-1900), diesmal als oberster Führer,
an die Spitze der Republikaner, um, wie er selbst dem schweizerischen Bundesrate telegraphisch mitteilt, in Le Locle und Neuenburg
die
Fahne der Republik wieder aufzurichten.
Die in dieser aufgeregten Zeit von 1831-48 mit unnachsichtiger Strenge amtende monarchische Regierung
hat viel zum Aufschwung der Uhrenindustrie im Thal von St. Immer und in Biel beigetragen, wo sich zahlreiche ausgewiesene oder
verdächtige Neuenburger Patrioten ansiedelten.
Sehr bedeutende Opfer haben La Chaux de Fonds die Anstrengungen zum Anschluss an das schweizerische Eisenbahnnetz gekostet,
und es hat die Stadt zur Sicherung der Linie des Jura-Industriel Anleihen im Betrage
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von nahe 3 Millionen Franken aufnehmen müssen. Die einzelnen Strecken sind wie folgt dem Betrieb übergeben worden: Le Locle-La
Chaux de Fonds am La Chaux de Fonds-Les Convers am Les Hauts Geneveys-Neuenburg am und endlich
als letzte Les Convers-Les Hauts Geneveys am Nicht der geringste Vorteil dieser Bahnverbindungen
war die dadurch gebotene Möglichkeit, auf bequemere und weit billigere Weise, als dies bisher der Fall sein konnte, die
zum Häuserbau notwendigen Materialien zu beziehen.
Immer fehlte es dem Ort zu seiner freien und ungehinderten Entwicklung noch an einem ganz wesentlichen
Lebenselement, dem Wasser, das sich in diesem 1000 m über Meer gelegenen Hochthale leider nur sehr spärlich findet. Eine
Stadt aber, die sich so rasch vergrössert, wie es hier der Fall ist, konnte sich nicht auf die Dauer mit der Versorgung
durch Regenwasser begnügen. Nach ca. 50 jährigen erfolglosen Anstrengungen und Untersuchungen ist auch
diese Frage auf Grund eines kühnen Projektes von Guillaume Ritter durch den Ingenieur Hans Mathys aufs Glänzendste gelöst
worden.
Nach dem Vorschlage Ritters werden jetzt die Wasser von einer Reihe von im Areusethale sprudelnden Quellen gefasst, vermittels
eines Systemes von Turbinen und Pumpen mehr als 500 m hoch gehoben und in einem Aquaeduct durch das Thal
von La Sagne zum Reservoir auf dem Crêt des Olives, s. von La Chaux de Fonds, geleitet. Die feierliche Einweihung der neuen
Wasserversorgung erfolgte am bei welcher Gelegenheit die Stadt Guillaume Ritter und Hans Mathys ihr
Ehrenbürgerrecht verlieh.
Seit 1857 besteht in La Chaux de Fonds eine Leuchtgasversorgung, die zusammen mit allen bereits existierenden ähnlichen Einrichtungen 1886 von
der Stadt zurückgekauft und zu einem besonderen Verwaltungszweige umgestaltet worden ist. Seither sind alle diese Einrichtungen
wesentlich verbessert und vergrössert worden, und es ist zur Zeit das Gaswerk von La Chaux de Fonds eines
der schönsten der Schweiz. Mehr und mehr wird heute das Gas als Heizmittel, zu industriellen Zwecken und für die Küchenbedürfnisse
verwendet. Endlich besitzt die Stadt in der Combe Garot an den Ufern der Areuse auch ein eigenes Elektrizitätswerk und in
La Chaux de Fonds selbst eine grosse Kraftstation, von der aus ein vollständiges Leitungsnetz durch
die ganze Stadt gezogen ist. Die Elektrizität dient zum Fabrikbetrieb mehr noch als zur Beleuchtung.
Die Entwicklung von La Chaux de Fonds war im Laufe des 19. Jahrhunderts eine derart rasche, dass der Ort heute unter den schweizerischen
Städten der Bevölkerung nach den siebenten Rang beansprucht. Er ist kein Dorf mehr wie früher, sondern,
wie dies schon sein sprechendes Wappen anzeigt, ein summender und rege tätiger Bienenschwarm, das eigentliche Zentrum der
Uhrenmacherei und die grosse Metropole des Jura, wie er oft genannt wird.
Bibliographie.
La Chaux de Fonds, son passé et son présent; notes et souvenirs historiques, publiés à l'occasiondu centième anniversaire de l'incendie du 5 Mai 1794. La Chaux de Fonds 1894. Ein schöner Band von 500 Seiten mit einer Reihe
von Einzelabhandlungen und einer vollständigen, aus den zuverlässigsten Quellen geschöpften Geschichte des Ortes. Numa
Droz, der einstige Bundespräsident (geboren in La Chaux de Fonds am gestorben in Bern
am
hat zu dem Werk einen seiner hauptsächlichsten Abschnitte betitelt: Les luttes pour l'émancipation beigesteuert. - Eine
bedeutende Arbeit zur Geschichte von La Chaux de Fonds hat Célestin Nicolet aus Anlass der hier stattfindenden
Jahresversammlung der neuenburgischen Geschichtsforschenden Gesellschaft verfasst und im Musée Neuchâtelois, Band VI (1869),
veröffentlicht. - Endlich ist soeben mit Unterstützung des Stadtrates u. des Verschönerungsvereins aus der Feder des Rechtsanwaltes
und Stadtrates A. Monnier als ein Glied der «Guides Monod» die Monographie La Chaux de Fonds et le Haut
Jura Neuchâtelois erschienen.
deFonds(Valléedela) (Kt. Neuenburg,
Bez. La Chaux de Fonds).
Hochthal des zentralen Jura, ca. 10 km lang und 2 km breit; zieht sich zwischen
der Kette des Pouillerel im N. u. den Vorbergen der Kette
von Sommartel (Arête du Foulet und Arête des
Moulins) im S. in der Richtung SW.-NO. Beginnt am Crêt du Locle (1024 m), hat durchweg eine mittlere Höhenlage von 1000 m und
endigt im NO. mit der Combe du Valanvron, die durch die Combe de la Ferrière mit dem Thal des Doubs in Verbindung
steht. Ein kleiner Wasserlauf, La Ronde, entspringt im Ort La Chaux de Fonds selbst; er fliesst durch einen künstlichen Abzugskanal
ab und dient zu industriellen Zwecken. Der Thalboden ist in einzelnen Teilen torfhaltig, die beidseitigen Gehänge bedecken
weite Bergweiden und Baumgruppen.
In geologischer Hinsicht ist das Hochthal von La Chaux de Fonds als eine grosse und tiefe Doppelmulde
aufzufassen, deren Schenkel aus mehr oder weniger brecciösen Portlandkalken bestehen. Am Fusse des Pouillerel sind deren
Schichten stark aufgefaltet, während sie am S.-Rand, am Crêt des Olives, derart überliegen, dass die Gesteine der untern
Kreide über die Juraschichten aufgeschoben erscheinen. Der Hügel, auf dem die Pfarrkirche von La Chaux de Fonds
steht, ist ein Kamm aus Kalken des Valangien u. bildet ein gequetschtes u. in der Lagerung der Schichten stark gestörtes
Gewölbe zweiter Ordnung, das das Thal in zwei Muldenzonen von ungleicher Breite teilt und sich über Les Crétêts gegen
Les Eplatures zu fortsetzt, wo es unter die Oberfläche taucht.
Hier wird das Thal zu einer einheitlichen, wie anderswo mit tertiären Bildungen gefüllten und einem oberflächlichen Ueberzug
von Glacialschutt bedeckten Mulde. In den Umgebungen von La Chaux de Fonds, bei Les Grandes Crosettes und an zahlreichen anderen
Stellen bilden die von Alpengesteinen (aus dem Wallis)
durchschwärmten jurassischen Moränen Hügelzüge
und Kieslager. Auch der Glaciallehm, der produktive Boden des Gebietes, enthält penninische Gesteinsbrocken (erratischer
Block beim «Corps de garde»).
Bei Les Joux-Derrières ist in diesem Lehm ein Stosszahn des Mammut aufgefunden worden. Die Tertiärbildungen des Thales von
La Chaux de Fonds sind Uferablagerungen des miocänen Molassemeeres; das Oligocän fehlt durchgehends.
Es besteht demnach eine Transgression des Miocän über die Schichten der untern Kreide, an deren Contactflächen, soweit
diese nicht durch die mit der Faltung des Juragebirges einsetzenden Lagerungsstörungen gequetscht worden sind, überall
zahlreiche Erosionsfurchen und von im einstigen Schlamm eingebohrten Pholadomyen herrührende Löcher
beobachtet werden können.
Die marine Molasse (Helvétien) ist hier sehr fossilreich; man findet sehr schöne Schalen von Pecten, Ostrea, Tapes, Venus,Turritella und Balanus, zahlreiche Bryozoen und die dieser Stufe eigenen Haifischzähne. Sie enthält ausserdem zahlreiche
gerollte Geschiebe und Fossilien des Albien, das heute im Hochjura nur noch in den Fetzen von Morteau
und Renan ansteht. Unmerklich gehen die Schichten der marinen Molasse in einander über und sind besonders charakteristisch
in den roten Mergeln entwickelt, die an einzelnen Stellen grün werden und marine Fossilien (Ostrea crassissima) führen.
Früher hat man (C. Nicolet) beim Graben von Brunnen in La Chaux de Fonds darüber noch weissliche Mergel
gefunden, in denen Zähne und Skeletstücke von tertiären Säugetieren des Horizontes von Sansan oder Oeningen (Dinotherium,Mastodon, Listriodon, Palaeomeryx etc.) zerstreut lagen. Die lacustren Kalke mit Oeningerflora, die bei Le Locle so ausgezeichnet
entwickelt sind, treten im Thal von La Chaux de Fonds nur selten auf, wo sie offenbar den vor und während
der Bildung der quaternären Gesteine stark wirksamen Agentien der Erosion und Ablation zum Opfer gefallen sind. Es ist aber
zu bemerken, dass der Boden mit Vegetation und Torf derart überdeckt ist, dass der Beobachtung zugängliche Stellen immer
nur zufällig und nur auf ganz kurze Zeit gefunden werden können.