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Drei, fast ausschliesslich aus jungen eocänen Gesteinen bestehende Gebirgsmassen umschliessen das Calfeisen Thal. Es sind der Sardonastock im W. als Thalschluss, der Muttenthaler Grat und ein Teil der Grauen Hörner im N. und die Gruppe des Ringelspitz im S. Die Sardona Gruppe ist zwar nicht die höchste, wohl aber die massigste und am meisten vergletscherte der drei Gruppen. Mit ihrem terrassierten Gletscher gibt sie dem Thal einen prächtigen Abschluss. Ihre dem Calfeisen Thal zugekehrten Hauptgipfel sind die Grosse Scheibe (2922 m), der Saurenstock (3054 m) und das Trinserhorn (3028 m). Zwischen den zwei letztern führt der vergletscherte Sardonapass (2840 m) hinüber zum Segnesgletscher und nach Flims im Rheinthal.
Der höchste Gipfel der Sardona Gruppe, der Piz Segnes (3102 m), berührt das Calfeisenthal nicht. Die höchsten Spitzen der Südwand sind der Ringelspitz, mit 3251 m der höchste Berg von Calfeisen und des Kantons St. Gallen überhaupt, dann das Glaserhorn (3128 und 3091 m) und das Tristelhorn oder der Piz da Sterls (3115 m). Auch sonst sind da noch verschiedene Zacken und Thürme über 3000 und selbst über 3100 m hoch. Gleichwohl ist die Gruppe nur wenig vergletschert.
Sie hat nur kleine Hänge- und Schluchtgletscher. Auf der Seite von Calfeisen sind der Glasergletscher und ein dicker Eisfladen oben am Ringelspitz die bedeutendsten. Nach W. verknüpft sich die Gruppe durch einen etwas weniger hohen Grat und die Trinser Furka (2489 m) mit der Sardona Gruppe. Nach O. findet sie ihren Abschluss durch die sog. Orgeln (2693 m) und den Simel (2350 m). Das ganze Gebirge fällt mit grosser Steilheit und mit gewaltigen Wänden gegen Calfeisen ab, die der Südseite des Thals einen zwar grossartigen, aber auch äusserst wilden und vielfach schreckhaften Charakter geben, deren Anblick demjenigen der Glärnischwände über dem Klönthalersee nicht nachsteht.
Milder ist die N.-Seite des Thals, wenigstens im innern Teil desselben. Die Gehänge steigen da sanfter und in schönen Alpterrassen gegen den Muttenthaler Grat und den sw. Teil der Grauen Hörner an. Der erstere zweigt beim Scheibepass von der Sardona Gruppe ab und zieht sich nö. bis zum Hangsackgrat (2640 m). Dann folgt ein ö. gerichtetes Kammstück bis zum Sazmartinhorn (2848 m), mit dem die eigentlichen Grauen Hörner beginnen. Diese ziehen sich nach NNO. und N. und verknoten sich an ihrem höchsten Punkt, dem Piz Sol (2849 m), zu hinterst im Tersol Thal. In der O.-Wand des letztern erhebt sich dem Sazmartinhorn gegenüber das Grosse Zanayhorn (2825 m) als dritthöchste Spitze der Grauen Hörner. Zwei einigermassen praktikable Pässe überschreiten diese Gebirge der N.-Wand und verbinden das Calfeisenthal mit dem Weisstannenthal. Es sind der Heidelpass (2397 m) ö. vom Hangsackgrat und der Muttenthalpass (ca. 2430 m) w. von diesem.
Das Calfeisenthal zeigt alle Erscheinungen eines Hochgebirgsthals: glänzende Firne, mächtige Felswände, trotzige und abenteuerliche Gipfelformen, krachende Lawinen, unbändige Wildbäche, düstere Schluchten und blumenreiche Alptriften, im Sommer belebt von weidenden Herden und freien, fröhlichen Hirten. Aber der obere und untere Teil zeigen verschiedene Naturen. Der obere Teil bis hinunter nach St. Martin liegt ganz in eocänen Schiefern, die auf beiden Seiten nach S. und SO. fallen, so dass die N.-Seite mehr die sanfter geneigten Schichtflächen mit ihrem Quellenreichtum, die S.-Seite mehr die steil abgebrochenen Schichtköpfe zeigen. Es ist ein Synklinalthal.
Das Thal ist hier weiter, bildet einige kleine Thalböden, und die Gehänge sind, wenigstens auf der N.-Seite, hübsch terrassiert. Hier finden sich die 10 Alpen des Thales. Der untere Teil dagegen hat sich tiefer eingeschnitten, durch das ganze Eocän hindurch und noch tief in Kreide und Jura, ja zu unterst auch noch in den Rötidolomit und Verrucano hinein. Hier ist das Thal nur noch eine enge, nicht mehr isoklinale, sondern antiklinale Schlucht. Die Bergwände, beidseitig von den Schichtköpfen gebildet, treten da nahe zusammen und geben nur noch wenigen schmalen Terrassen Raum, so z. B. der am Ausgang des Tersolthals. Die Schlucht, wie auch das Thal weiter oben, ist an den untern Hängen noch gut bewaldet, wenn es auch an einzelnen schlimmen Blössen nicht fehlt. Der Hauptwaldbaum ist die Rottanne. Doch kommen auch Lärchen und hinten in den Alpen Sardona und Tristel bis auf 1800 m auch einzelne Arven vor.
Jetzt ist das Thal nur noch periodisch von Hirten, Jägern und Waldarbeitern belebt. Einst aber gab es hier feste Ansiedelungen von sog. freien Walsern, die aus dem obern Wallis stammten und seit dem 12. Jahrhundert eine Reihe abgelegener Thalschaften Graubündens, des St. Galler Oberlandes und des Vorarlbergs kolonisierten. Wann sie zuerst im Calfeisenthal erschienen sind, ist unbekannt. Ihre erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1346. Sie wohnten in einzelnen Höfen auf den verschiedenen Böden zwischen den Wäldern und Tobeln des Thales zerstreut vom Gigerwald bis nach Sardona. An sie erinnern noch zahlreiche deutsche Namen wie Gigerwald, Brändlisberg, Eggalp, Plattenalp, Stockboden, Ammannsboden, Rathausboden, Ebni, Tristel, Husegg etc. Aber noch vor den Walsern muss eine romanische ¶
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Bevölkerung, wenn auch nicht dort gewohnt, so doch ihr Vieh dort gesömmert haben, wie dies heute wieder von einer wiederum deutschen, nicht thalansässigen Bevölkerung geschieht. Dies beweisen romanische Namen wie Calfeisen, Tamina, Tersol, Schräa, Panära, Ancapan, Sardona etc. Eine dritte Gruppe von Namen stammt von einer dritten Bevölkerungsschicht, den gegenwärtigen Besitzern her, so Malanser Alp, Gamser Aelpli u. a. Ansässig war aber einzig die mittlere Schicht, die freien Walser.
Dieselben sind in Calfeisen nicht ausgestorben, sondern haben dasselbe allmählig wieder verlassen, wohl teils infolge fortschreitender Verwilderung des Thals, teils infolge veränderter Lebensverhältnisse überhaupt. Die alten Wohnungen der Walser sind verschwunden, aber ihr Kirchlein zu St. Martin steht noch da auf einem Felsen mitten im Thal und daneben die Reste eines Beinhauses. Alljährlich werden hier einige Messen für die Hirten gelesen und am Jakobifest (zweite Hälfte Juli) kommen grössere Scharen von Einheimischen und Fremden aus dem Tamina- und Weistannenthal u. von Ragaz mit den Aelplern von Calfeisen hier zusammen, um das Gedächtnis St. Martins zu feiern.