Fremdenverkehr kann nicht gesprochen werden, obwohl ein Strässchen von
Grono bis
Rossa führt. Die Orte auf den hohen Terrassen
sind ohne
Strassen, sie begnügen sich mit blossen, oft recht steilen, Fusswegen, und die Postsachen werden durch Boten oder
auch durch an Drahtseilen auf- und abfahrende Körbe befördert, so bei
Braggio von dem 500 m tiefer liegenden
Arvigo aus. So ist denn das Leben in diesem abgelegenen Thal sehr einfach und primitiv und bietet dem von Aussen kommenden
Beobachter manch' interessante und ungewohnte
Seite, ganz abgesehen von den vielfachen landschaftlichen Reizen.
entwässert dasVal Calanca, das er gebildet hat und, unterstützt
von zahlreichen Nebenadern, durch fortgesetzte Erosionstätigkeit immer mehr zu vertiefen und zu erweitern bestrebt ist.
Entspringt über der Alp di
Stabbio (2400 m) mit mehreren Quellbächen, deren bedeutendster der Abfluss des Hängegletschers
am Poncione della Frecione ist.
Sein rascher, ziemlich geradliniger
Lauf biegt erst kurz vor der Mündung
in die
Moësa nach SO. ab.
Erreicht bei
Grono die Thalebene des untern
Misox, schneidet diese auf ihrer ganzen Breite und mündet
zwischen
Roveredo und
Grono in 290 m in die
Moësa.
Seine schäumenden
Wasser und die zahlreichen
Wasserfälle seiner Nebenbäche
verleihen dem
Val Calanca einen hohen landschaftlichen Reiz.
Die Wasserkraft des Flusses soll durch den
Bau eines Elektrizitätswerkes industriellen Zwecken dienstbar gemacht werden.
(Kt. Graubünden
und St. Gallen,
Bez.
Imboden, Unter
Landquart und Sargans).
^[Supplement drei Bezirke.] Breite Gebirgsmasse, w.
Chur, zwischen dem
ChurerRheinthal und dem
Kunkelspass-Taminathal, wenig gegliedert und mit nur geringer Gipfelbildung, aber
doch in seiner Art ein imposanter Berg. Der
Kamm verläuft von SW.-NO., zuletzt fast nach N. Die
SO.-Seite steigt verhältnismässig
sanft an, ist aber doch von mehreren langen Felsbändern
schräg durchzogen. Sehr viel schroffer fällt der
Berg auf der
NW.-Seite
gegen das Taminathal ab, diesem die steil abgebrochenen Felsköpfe zukehrend, weshalb sein Anblick von
Vättis aus viel imposanter ist als von
Chur aus. Als Gipfelbildungen treten zwei etwas deutlicher hervor, die als Haldensteiner-Calanda
(2808 m) und
Felsberger Calanda (2700 m) oder nach der Dufourkarte als Weiber- und Männersattel bezeichnet werden.
Ein dritter, weniger deutlich markierter und beträchtlich niedrigerer Punkt über der
Taminser Alp heisst
Taminser Calanda (2393 m). Zwischen dem
Haldensteiner- und
Felsberger Calanda, bildet der
Grat noch ein kleineres Spitzchen,
das sog.
Teufelskirchli (2458 m). Oestl. unter demselben liegt in einer Mulde über der
Haldensteiner Alp eine Clubhütte des
S. A. C. in 2200 mHöhe, denn der Calanda ist vermöge seiner isolierten Lage ein sehr hervorragender
Aussichtspunkt und wird deshalb von
Chur,
Ragaz und
Vättis aus viel besucht. Am leichtesten ist die Besteigung von
Chur aus,
beträchtlich schwieriger u. mühsamer, aber auch reizvoller von
Vättis aus. Sehr oft werden beide Routen für Auf- und Abstieg
kombiniert.
Der Calanda bietet auch grosses geologisches Interesse. An seinem Aufbau beteiligen sich alle Gesteinsschichten der Schweizer
Alpen vom Verrucano bis zum Eocän in normaler und ununterbrochener Reihenfolge. Auf einem
Gang längs dem Fuss von
Reichenau
bis
Ragaz kommt man an dieser ganzen Schichtenreihe vorbei: Verrucano, Rötidolomit, Quartenschiefer, Lias, Dogger,
Malm, Neocom, Schrattenkalk, Gault, Seewerkalk und Eocän, alle noch mit verschiedenen Unterabteilungen.
Tektonisch bildet der Calanda eine mächtige, nach NW. überliegende Falte und erscheint als das östliche Ende des S.-Flügels
der
Glarner Doppelfalte, die überhaupt die Tektonik der
Glarner und St.
GallerAlpen vom
Rhein bis zum
Walensee bestimmt. In
einem von S.-N. gezogenen Profil
¶
mehr
finden sich am Calanda die Schichten zuerst normal von Ems bis zum Haldensteiner Calanda, dann darunter verkehrt vom Val Cosenz
bei Untervaz bis zur Matonalp beim Kaminspitz, endlich wieder normal gelagert von da bis hinunter zur Tamina und nach Vättis.
Die Gesteine des Calanda werden an verschiedenen Orten ausgebeutet, so besonders in den Steinbrüchen
bei Ragaz und Untervaz und in den Schieferbrüchen bei Vadura im Taminathal. Bei Ragaz bricht man einen sehr schönen Nummulitenkalk,
der zu Säulen, Sockelblöcken, Tischplatten verwendet und nach allen Teilen der Schweiz versendet wird, bei Untervaz eine lokale
Ausbildung des sog. Troskalkes, einer Form des Hochgebirgskalkes (Malm), bei Vadura einen eocänen Kalkthonschiefer,
der zu Dachplatten, Tischplatten und Schreibtafeln verarbeitet wird.
Aber auch Bergbau auf Gold und Kupfer ist zeitweilig am Calanda betrieben worden. Ein Goldbergwerk bestand w. über Felsberg
an der sog. «Goldenen Sonne» in 1312 m, gerade s. vom Felsberger Calanda. Das Gold wurde dort im Anfang
des 19. Jahrhunderts entdeckt und seit 1809 durch eine Gesellschaft ausgebeutet. 1813 wurden aus dort gewonnenem Gold 72 Bündnerdukaten
zu 16 alte Schweizerfranken geprägt. Doch musste das Werk nach wenigen Jahren mit grossen Verlusten wieder aufgegeben werden.
Ein zweites Mal fand die Ausbeutung 1856-1861 statt. Seitdem hat die Sache geruht. Neuere Anstrengungen
zur Wiederaufnahme dieses Werkes haben noch zu keinen Resultaten geführt, obwohl der Goldgehalt des betreffenden Gesteins
- es liegt in den Opalinusschichten des Lias oder Dogger - nicht ganz gering sein soll. Nicht erfolgreicher war die Gewinnung
von Kupfer nö. über dem Gnapperkopf, etwa 2 km nö. Vättis. Hier wurden auf Quarzgängen Fahlerz, Kupferlasur,
Malachit, Kupferkies und etwas Bleiglanz ausgebeutet, zuletzt in den Jahren 1860-61 und 1865-66. Die dort gestandene Arbeiterhütte
ist jetzt zerfallen. An beiden Orten, an der «Goldenen Sonne» wie am Gnapperkopf, scheint übrigens weniger der zu geringe
Metallgehalt der betreffenden Gesteine als vielmehr die Methode ihrer Ausbeutung am Misserfolg schuld
zu sein. (Literatur: Theobald, G. Der Calanda in Jahresberichte der naturforsch. GesellschaftGraubündens, 1854 bis 1856. -
Piperoff, C. Geologie des Calanda in Beiträge zur geolog. Karte derSchweiz. N. F. VII, 1897. - Becker, F. Itinerarium fürdas Exkursionsgebiet desS. A. C. 1888).