die verschiedene Steilheit der Gehänge im W. und O. Dort fliesst das
Wasser in kleinen Wasseradern dem
Hange folgend gerade
ab, hier sammelt es sich in den erwähnten Nischen zu grösseren
Bächen, die dann entweder in malerischen
Wasserfällen zu
Thal stürzen (Mühlbach bei
Brienz), oder aber, wenn weiche Mergel und Schiefer den Untergrund bilden,
in diesen sich einfressen und grosse
Tobel bilden. Diese
Tobel greifen immer mehr rückwärts und aufwärts in das Gebiet der
Weiden, wo kein
Wald die
Erde mehr zurückhalten kann. Namentlich berüchtigt unter diesen
Wildbächen sind der Lammbach und
der
Schwandenbach, die seit undenklichen Zeiten einen der grössten und schönsten Schuttkegel der
Schweiz
angehäuft haben und deren Erosionsnischen so nahe aneinander sind, dass die zwischendrin liegende
Halde, auf drei
Seiten der
Stütze beraubt, bereits Zeichen der Bewegung zeigt.
Die zackige Linie des
BrienzerGrates zeigt eine Reihe von Gipfeln, die, wie die dazwischen liegenden Verbindungsstücke, fast
ohne Ausnahme zu einer scharfen Schneide zugeschärft sind, die man oft sogar nur mit Vorsicht überschreiten
kann. Gleich bei
Interlaken erhebt sich der
Grat in steiler
Fluh zum
Harder (1216 m), an dessen dem
Bödeli zugekehrten Abhängen
in den Felswänden die
Züge eines menschlichen Gesichtes zu entdecken sind (Hardermannli). Immer stark
bewaldet, da und dort von schmalen Fluhbändern unterbrochen, zieht sich der
Grat allmählig aufwärts, vorbei vom Felskopf
der
Rothen Fluh (1735 m), bis er plötzlich im Felsgebilde des
Suggithurms (2086 m) sich aufschwingt zum schmalen
Sattel des
Augstmatthorns (2140 m). Wiederum senkt sich der
Grat; die folgenden Erhebungen desBlasenhubels (1966 m),
des
Gummhorns (1982 m), des
Schnierenhorns (2010 m) und des Aelgäuhorns (2120 m) treten nicht sehr hervor, um so schöner
erhebt sich die stolze Pyramide des
Tannhorns (2224 m). Von hier weg sinkt der
Grat auch in den Einsattelungen nicht mehr unter 2000 m,
die obersten Abstürze sind nun meist felsig und z. T. ungangbar, die Gipfelpunkte werden erdrückt von
dem alles überragenden
Brienzer Rothhorn (2353 m; siehe dieses).
Oestlich des
BrienzerRothhorns sind die Verhältnisse grösser. In schönem Schwung verläuft der
Grat über
Arnihacken (2216
m) und
Arnifirst (2209 m) zum Endgipfel der ganzen Kette, demWilerhorn (2006 m), das gegen O. in begrasten
Stufen zur Einsattelung des
Brünig abfällt. Die einzelnen Abschnitte der Kette tragen besondere Namen. So versteht man unter
Harder nicht nur den westlichen Endpunkt der Kette, sondern auch noch die Strecke bis zur
Rothen Fluh. Von da weg bis zum
Augstmatthorn
heisst das oberste Joch der
Graggen, dann folgt vom
Augstmatthorn bis zum
Tannhorn der
Riedergrat, vom
Tannhorn
bis zum
Rothhorn der Brienzergrat im engern Sinne.
Da, wo
der See den Raum nutzbaren Landes durch seine Anwesenheit verkleinert, sind die
Dörfer klein, östl.
und westl. des
Sees sind sie grösser und dichter. Diejenigen
Dörferam See, welche an der steilen Hälfte des
Grates liegen,
weiden ihr Grossvieh auf den nördlichen Hängen u. benutzen zum Auftrieb die wenigen Uebergänge über den steilen
Grat,
die durch Weganlagen verbessert worden
sind. So geht ein Weg von
Niederried aus über die Heinisegg (1824
m) zur Lombachalp, ein zweiter von
Oberried über die innere
Gumm (1923 m) nach der Alp Aelgäu. Zwei weitere Uebergänge im
eigentlichen
Brienzer Grat, der Wannenpass (2073 m) beim
Tannhorn und der Kruterenpass (2000 m) oberhalbPlanalp,
dienen nicht zum Viehtransport. Weitere Uebergänge befinden sich zwischen den einzelnen Gipfeln des hintern
BrienzerGrates
vom
Rothhorn bis zum
Wilerhorn.
Touristisch wird der
Brienzer Grat mit Ausnahme des
Harder und des
Brienzer Rothhorn sehr wenig begangen, indem die gegenüberliegende
Faulhorngruppe mit ihrer unmittelbaren Ansicht des Hochgebirgs und den bessern Kommunikationsmitteln
die Touristen mehr anzieht. Immerhin zeigen auch die weniger hervortretenden Gipfel des
BrienzerGrates, namentlich das
Tannhorn
und das
Augstmatthorn (abgesehen vom
Rothhorn) schöne und wegen des Niederblicks auf das blaue Becken des
Brienzersees auch
malerische Bergaussichten. Auch bleibt man auf dem
Grate weiterwandernd immer im Genuss der freien Aussicht,
und so bietet der
Brienzer Grat die Möglichkeit ausgedehnter und müheloser Gratwanderungen.
(Kt. Bern,
Amtsbez. Interlaken).
2353 m.
Höchster Gipfel des
BrienzerGrats, mit prachtvoller, schon im 18. Jahrhundert gewürdigter
Aussicht sowohl auf
Mittelland und
Voralpen als auch auf die
Hochalpen. Besteigung von
Brienz aus über die
Planalp in 4½ Stunden, von
Sörenberg über den Eisee oder - steiler und ohne
Wege - über den Rothenboden in 4 Stunden. Seit 1892 führt
von
Brienz aus eine 7,6 km lange Bergbahn auf den Gipfel; Maximalsteigung 25%, Höhenunterschied 1681 m. Gast- und Wirtshaus.
Der Gipfel liegt auf der Grenze zwischen den drei Kantonen Bern,
Luzern
und Obwalden.
Wird aus cretacischen Schieferkalken gebildet,
die durch Verwitterung rötlich gefärbt sind (woher der Name des
Berges).
Ein Panorama desRothhorns ist vom
BernerGottlieb
Studer aufgenommen und veröffentlicht worden.
(Kt. Bern,
Amtsbez. Interlaken).
Der östliche der beiden grossen
Seen desBernerOberlandes. Er ist ein richtiger
Thalsee und bildet demnach ein langgestrecktes, schmales Becken. Um den Thalcharakter sich recht vorstellen zu können, muss
man sich
Thuner- und Brienzersee als ein einziges Becken denken und den letztern noch bis
Meiringen verlängern, denn erst
durch die Deltas der
Lütschine und des
Lombaches einerseits, durch die
Aare andererseits hat
der See im
Laufe der Zeit seine heutige Form und seine jetzigen Dimensionen erhalten, die sich beide entsprechend der fortgesetzten
Ablagerungsthätigkeit der genannten Flüsse stetsfort noch ändern bezw. zu Ungunsten des
Sees verschieben (vergl. Art.
Aare).
Die Länge des
Sees beträgt 14 km, die Maximalbreite ca. 2,5 km, die Oberfläche misst 30 km2 (genau
29,183 km2). Die Meereshöhe des Wasserspiegels ist durchschnittlich 566,90 m, die grösste
Tiefe 261,90 m. Die durchschnittliche
Tiefe beträgt (nach Penck) 176 m. Die Wassermenge berechnet sich auf 5,17 km3.
Die Gestalt des Seebeckens ist einfach und spiegelt den Charakter eines versenkten Flussthales wieder.
In der gleichen Neigung, mit der die Abhänge beiderseits des
Sees auf das
Wasser auftreffen, setzen sie sich in die
Tiefe fort
bis zu dem flachen
Seeboden in ca. 350 m Meereshöhe. Die Wysse ist, wenn überhaupt vorhanden, auf einen schmalen Streifen
von 1-5 m zurückgedrängt, dann folgt die
Halde. Nur beim Ein- und Ausfluss der
Aare ist die Böschung
der Ufer eine sanftere, hier infolge der Anschwemmungen der
Lütschine, die den Ausfluss des
Sees¶
mehr
ganz an das rechte Ufer desselben hinübergedrückt hat, dort wegen der Auffüllung durch die Aare selbst, die namentlich
seit der Korrektion eine Masse von Kies, Sand und suspendiertem Material in den See hinausschafft. Die Wirkungen dieser Sedimentation
lassen sich auf dem Seeboden in Gefälle und Relief über 3 km weit verfolgen, und die Zuschüttung des
Sees von oben schreitet naturgemäss stetig, wenn auch langsam, fort, wobei die Aare durch mehrere Wildbäche unterstützt wird
(Trachtbach, Schwandenbach, Lammbach), von deren Thätigkeit die Katastrophen der letzten Jahre zu erzählen wissen und von
deren frühern Gewalt der prachtvolle Schuttkegel Zeugnis gibt, der, ein Muster seiner Art, von Schwanden
gegen den See und den Ballenberg abfällt.
Das durchschnittlich 2 km breite Aarethal von Brienz bis Meiringen stellt nur ein in prähistorischer Zeit zugeschüttetes
Stück Brienzersee dar. Die Auffüllung durch die Aare haben wir zeitlich mit der Entstehung des Bödeli am untern Seeende
zusammenfallend zu denken, und die geleistete grössere Arbeit der Aare versteht sich nicht nur im Hinblick
auf ihre Wassermenge, sondern auch beim Vergleich der Einzugsgebiete, die sich ungefähr zu einander verhalten wie 1 (Lütschine)
: 1,5 (Aare). Die beim Brienzersee in Betracht kommenden Einzugsgebiete sind nach den Berechnungen des eidgenössischen hydrometrischen
Bureaus folgende:
Wie aus diesen Zahlen hervorgeht, spielen die rechts- und linksseitigen Zuflüsse des Brienzersees im
Vergleich zu den grossen Tributären Aare und Lütschine nur eine geringe Rolle. Interessant ist immerhin der Unterschied zwischen
der rechten und der linken Seeseite, der sich bei einem Blick auf die orographische Gestaltung des Geländes von selbst erklärt.
Auf der rechten Seite vermag die äusserst steile, mauergleiche Kette des BrienzerGrates an und für sich
kein grosses Wasserquantum aufzunehmen, und der Mangel an grössern Nischen verhindert meist eine verhängnisvolle Ansammlung
der rasch abfliessenden Gewässer, sondern es strömen diese in zahlreichen schwächern Adern, direkt dem Gehänge folgend,
in den See.
Dazu sind die untern Partien meist gut bewaldet, wodurch ebenfalls grössere Abschwemmung verhindert
wird. Es zeigt sich das auf der Karte auch darin, dass die Tiefenkurven des Sees der Uferlinie folgend fast parallel verlaufen,
ohne irgendwo grosse Schuttkegelbildung verratende Ausbauchungen zu bilden. Nicht etwa als ob keine vorhanden wären, im
Gegenteil; das Dorf Oberried z. B. steht auf einem typischen Kegel, aber sie sind nicht gross genug, um
auf die Gestaltung des Seebeckens bestimmend einzuwirken.
Die rechtsseitigen ^[richtig: linksseitigen] Zuflüsse (es sind hauptsächlich drei: der Giessbach, der Mühlebach bei Iseltwald
und der Hauetenbach bei Bönigen) entwässern den gesamten Nordabhang der Faulhorngruppe, die in ihrer Folge von Ketten und
Thälern eine viel stärkere Gliederung, daher auch ein grösseres Einzugsgebiet darstellt. Die
drei
erwähnten Zuflüsse zeigen nun unter sich bemerkenswerte Unterschiede, die gerade in der Gestaltung des Seebeckens sich
wiederspiegeln und deshalb hier zu erörtern sind. Der Giessbach übertrifft an Wassermenge wie an Einzugsgebiet seine beiden
Rivalen bedeutend. Trotzdem gibt der Verlauf der Tiefenkurven im See kaum eine Andeutung für die Ablagerung
seiner Geschiebe und Sinkstoffe, während auf der andern Seeseite viel unbedeutendere Bäche das Böschungsprofil zu modifizieren
vermochten.
Der dritte Zufluss endlich, der Hauetenbach bei Bönigen, hat oberhalb dieses Dorfes einen schönen Schuttkegel gebildet,
der sich bis in den See erstreckt; immerhin ist sein Anteil an der Zuschüttung des Sees von demjenigen
der benachbarten Lütschine nicht zu trennen.
Die oben skizzierte Gestalt des Seebeckens lässt einen Schluss zu auf die Entstehung des Sees. Es ist bemerkt worden, dass
der flache Seeboden als altes Thalstück des Aarelaufes aufzufassen sei und einstmals in etwas höherem
Niveau von Meiringen bis unterhalb des heutigen Thun sich erstreckte. Schon gleich einer der ersten diluvialen Vorstösse des
Aaregletschers (I. und II. Eiszeit) muss Anlass dazu gegeben haben, die eben erwähnte Thalstrecke unter Wasser zu setzen.
Denn wir sehen in der letzten Interglacialzeit die Kander ein Delta in diesen See hinausbauen, dessen weiteres
Wachstum später dadurch sistiert wird, dass der zum letzten Male herabsteigende Aaregletscher bezw. die Moränen, welche
er zurücklässt, den Fluss ablenken. Gleichzeitig mit der Bildung jenes alten Kanderdeltas werden auch Lombach, Lütschine
und Aare ihre Zuschüttungsthätigkeit aufgenommen haben. Dieselbe erlitt dann ebenfalls durch die letzte Eiszeit eine
Unterbrechung, ohne aber derartige Flussverschiebungen zur Folge zu haben wie bei der Kander - es fehlte hier oben auch der
Raum dazu - und ohne das vorhandene Thal in Form und Ausmass wesentlich zu modifizieren. So wurde denn nach dem definitiven
Rückzug der Gletscher das vorher begonnene Werk einfach fortgesetzt. Dass es schon in der Interglacialzeit
zur Trennung des Wasserbeckens in zwei Seen kam, ist unwahrscheinlich, da der See damals, wie das alte Kanderdelta beweist,
einen höhern Stand hatte.
Ob auch die Gebirgsbildung, speziell die Faltung der Alpen, die Gestalt und Richtung des Seebeckens beeinflusst habe, ist heute
schwer zu entscheiden. Eher noch als die orographische Form, die wir als altes Stück eines Erosionsthales
genügend erklären können, scheint die Richtung des Sees mit dem Gebirgsbau in Zusammenhang zu stehen, insofern als der
Brienzersee ziemlich genau im Streichen der Ketten liegt. Mehr zufällig erscheint der Umstand, dass er die Kreideablagerungen
des BrienzerGrates von den Juragesteinen der Faulhorngruppe scheidet.
Doch betrifft das alles nicht den See als solchen, sondern nur als Teilstrecke des Aarethales, wie denn auch thalaufwärts,
wo das Aarethal zum Querthal wird, die Ketten und Falten zunächst schief, dann ziemlich senkrecht zur Thalrichtung verlaufen.
Dagegen bestimmt die Lage des Sees in einem Längsthal in hohem Masse seinen landschaftlichen Charakter;
der Gegensatz des ernsten einförmigen Brienzersees und des offenen abwechslungsreichen Thunersees drängt sich dem Beobachter
mit grosser Kraft auf.
Während Messungen der absoluten Wassermenge am Ein- und Ausfluss der Aare bis jetzt fehlen, geben dafür
¶