vorhanden und auch die Fremdenindustrie kaum entwickelt, obwohl der Bezirk von der Lukmanierstrasse durchzogen ist. Knotenpunkt
des Verkehrs über
Lukmanier und
Greina ist
Olivone; in
Acquarossa (12,5 km oberhalb
Biasca) besteht ein gut besuchtes und modern
eingerichtetes Badehotel.
Wie die Bevölkerung des Tessin
überhaupt, wandern auch die männlichen Bewohner des
Val Blenio periodisch,
besonders im
Winter, aus und durchziehen als Kastanienbrater die ganze
Schweiz, Italien und Frankreich. Viele siedeln sich
im Auslande (Frankreich, Belgien, England) dauernd als Restaurateure und Kaffeewirte an, gelangen dabei oft zu Vermögen,
sterben aber in der Regel frühzeitig. Das Bleniothal (früher
Blegno, deutsch Bolleun) war im Mittelalter
eine je nach dem Schicksale von Stadt u. Herzogtum
Mailand bald freie, bald unterworfene Landschaft. 1487-89 zum erstenmale
von Uri
besetzt, 1500 endgiltig erobert und bis 1798 gemeinsames Untertanenland der Kantone Uri,
Schwyz
und
Unterwalden.
oder
Blegno(Val)(Kt. Tessin,
Bez. Blenio). 285-2360 m. Linkes Seitenthal zum Thal des Tessin,
zweitgrösstes
nach dem
ValMesocco; ganz dem Kanton Tessin
zugehörig, vom
Brenno und seinen Nebenbächen entwässert. Nach oben in eine Reihe von Nebenthälern
gegabelt, die an der Linie
Lukmanier-Greina-PizTerri-Rheinwaldhorn entspringen und sich bei
Campo u.
Olivone mit einander zum
Hauptthale vereinigen, das nun in s. Richtung
auf
Biasca zu verläuft und dort ins Tessinthal einmündet.
Als eigentliche Fortsetzung des Hauptthales nach oben muss das an der
Greina beginnende
Val Camadra betrachtet werden, ein
schmales, von hohen und steilen Ketten eingeschlossenes Hochthal, das nur in seinem untern Abschnitt bewohnt wird. Bei
Campo
münden von W. das
Val di Campo und von O. das nach oben seinerseits wieder gegabelte
Val Luzzone, bei
Olivone das vom
Lukmanier absteigende
Val Santa Maria u. das vom
Rheinwaldhorn kommende, in spitzem
Winkel gebrochene
Val Carasina.
Die Wasserscheide des obern Abschnittes verläuft von
Olivone über
Rheinwaldhorn,
Piz Terri,
Greina,
Piz Medel, Scopi,
Lukmanier,
Piz Rondadura und
Cima di Ganna Rossa wieder zurück nach
Olivone und ist ca. 70 km lang, während das ganze Thal
von der
Greina bis
Biasca eine Länge von 31 km hat. Die einzelnen Glieder dieses Thalsystems sind ihrer landschaftlichen Gestaltung
nach sehr von einander verschieden: Val Camadra, Val Luzzone und
Val Carasina sind wilde Hochthäler, eingeschlossen
zwischen hohe und jäh abfallende Bergketten, oft schluchtartig verengt, wenig bewaldet und nur im Sommer bewohnt;
Val di Campo
und
Val Santa Maria sind weiter, ihre Hänge sanfter, besser bewaldet u. reich an grossen Alpweiden.
Von
Olivone an, wo das
Thal erst den Namen Val Blenio erhält, weitet es sich beträchtlich u. lässt zahlreichen
Dörfern Raum,
die sowohl im Thalgrund als an den Hängen sich angesiedelt haben und
¶
mehr
thalauswärts immer reicher an Wiesen, Aeckern, Baumgarten u. Weinbergen werden. Die ganze Vegetation trägt ausgeprägten südlichen
Charakter; grosse Kastanienwälder. Olivone liegt auch auf einer geologischen Trennungslinie: von hier nach Oben ist das ganze
Thalsystem in Bündnerschiefer eingeschnitten, während das eigentliche Val Blenio beiderseits schöne Gneisse begleiten,
die leicht gebrochen werden können und den Bewohnern in vieler Hinsicht das Holz ersetzen. In der äussern
Form sind die beiden Thalseiten unterhalb Olivone von einander verschieden; links erhebt sich mit seinen wilden Schneegipfeln
das Adula-Massiv, rechts die breite Kette des Pizzo di Molare mit sanfter geneigten Hängen und ohne scharf herausmodellierten
Gipfelconturen.
Ausserdem münden ins Hauptthal von links her eine Reihe von kleinen Seitenthälern, während ihm von
rechts blosse Wildbachrinnen zukommen, die aber, nach den hier häufigen Sturzregen rasch mit Wasser sich füllend, zuweilen
grosse Verheerungen anrichten. Zahlreich sind auch Bergstürze u. Erdrutschungen. So sieht man noch 1 km oberhalb Biasca die
sogenannte Buzza di Biasca, den ungeheuren Schuttkegel des 1512 vom Pizzo Magno abgegangenen Felssturzes,
der den Brenno zu einem grossen See zurückstaute. Vierzehn Monate später hatte das Wasser die dämmende Schuttmasse durchfressen,
stürzte mit Macht durch die Lücke und verwüstete das ganze Land bis zum Langensee hinunter. In verheerenden Ueberschwemmungen
hat der Brenno früher oft das Thal geschädigt, so z. B. 1747, 1785, 1829 und 1868; seither durchgeführte
bedeutende Verbauungsarbeiten (Dämme und Aufforstung) haben den Wildbach nur zum Teil gezähmt und unschädlich gemacht.
Das Val Blenio ist stark bevölkert u. zählt, ohne Biasca, 7820 kathol. Ew. italienischer Zunge, die sich auf 18 Gemeinden
verteilen. Die kleinste, Grumo, hat 48 Ew., die grösste, Malvaglia, 2087 Ew. Nach diesem kommen Semione mit 805, Olivone mit
801, Aquila mit 773, Ponto-Valentino mit 515, Leontica mit 450 und Dongio mit 342 Ew. Das Thal bildet einen Bezirk des Kantons Tessin;
Bezirkshauptort
ist Dongio. Karte s. beim Art. Brenno.