Landesfremde. Flachland im N., hügelig im S., wo bei
Hohentannen der Hummelberg.
Thur und
Sitter werden von 500-600 m hohen
Hügelzügen begleitet, öfters stark eingeengt und bilden zahlreiche Mäanderkrümmungen. Fläche: 8729,37 ha, wovon 1900 entfielen:
ha
auf unproduktives Land
(Strassen, Wasserwege, Gebäulichkeiten etc.)
In Bezug auf den Wiesenbau ist der Bezirk Bischofszell mit 54,2% seines Areals nach dem von Arbon
der zweite Bezirk des Kantons.
Stets mehren sich die Wiesenflächen auf Kosten des Ackerlandes, das immer ausschliesslicher blos noch dem
Bau von Kartoffeln
und Futterpflanzen dient. 1890 teilte sich die Bodenfläche in 54% Wiesland, 27% Ackerland, 15% Wälder und Weinberge und
4% Torfmoore. Grosse Torfmoore zwischen
Erlen und
Sulgen und bei
Zihlschlacht; Weinberge beiGöttighofen
und
Sulgen.
Besonders bedeutend ist die Obstbaumzucht, in welcher Hinsicht der Bezirk Bischofszell ebenfalls den zweiten
Rang unter den
thurgauischen Bezirken einnimmt. Auf 1 ha zählt man 15,26 Obstbäume, auf einen Einwohner deren 10,7. Am zahlreichsten finden
sie sich bei
Heldswil,
Zihlschlacht,
Engishofen und
Amriswil. Das Obst findet auf den
Märkten von Bischofszell
und St. Gallen
guten Absatz. Wichtige Viehmärkte in Bischofszell und
Amriswil. Viehzucht und Milchwirtschaft von Bedeutung. Viehbestand:
1876
1886
1896
Hornvieh
4136
6046
6905
Pferde
490
515
620
Schweine
1032
1547
3263
Ziegen
558
513
625
Schafe
581
59
134
Bienenstöcke
1197
1109
2000
Die industrielle Thätigkeit ist eine zur Zeit recht blühende. Industriezentren sind Bischofszell und
Amriswil; in
Schönenberg mechanische Seidenstoffwebereien. Sandgewinnung zum Zwecke der Kunststeinfabrikation. In den
Dörfern
arbeitet die Jungmannschaft neben der sie nicht das ganze Jahr beschäftigenden Bestellung der
Wiesen hauptsächlich an der
Stickmaschine. Grosse Schifflistickereien sind mit Gemeindeunterstützung in
Zihlschlacht, Hohentannen,
Hauptwil und
Sulgen eingerichtet worden. Die Stickerei ist vielleicht noch einträglicher als der Landbau, und der billige
Preis der Maschinen gestattet auch sehr armen Familien die Ausübung dieses Handwerkes. Färberei und Elektrizitätswerk
in
Sulgen. Den Bezirk kreuzen die Eisenbahnlinien
Zürich-Romanshorn und
Sulgen-Gossau, sowie die
StrassenFrauenfeld-Arbon, Konstanz-Bischofszell-St.
Gallen undWil-Bischofszell-Romanshorn.
(Kt. Thurgau,
Bez. Bischofszell). 510 m. Gemeinde und Stadt; Hauptort des Bezirkes gleichen Namens; 13 km nw. St. Gallen,
am
Zusammenfluss von
Sitter mit
Thur und
am N.-Fuss des zwischen
Sitter und
Thur sich einschiebenden
Bischofsberges in fruchtbarer,
an Obstbäumen und
Wald reicher Gegend gelegen. Einige Ueberreste ehemaliger Festungsmauern. 340
Häuser, 613 Haushaltungen
u. 2618 Einwohner, wovon ⅔ Reformierte. Reformierte u. römisch-katholische Pfarrei.
Postbureau, Telegraph, Telephon. Seit 1876 Station der Linie
Sulgen-Gossau. Postwagen nach den benachbarten Ortschaften. Ueber
die
Thur eine
Steinbrücke; über die
Sitter eine alte, sehr interessante gedeckte Holzbrücke. Bischofszell ist eine industriereiche
Stadt. Ihre zwei Flüsse liefern mehreren grossen
Mühlen,
Sägen u. Fabriken (eine Jacquard-Weberei, eine
Holzstoff-Fabrik mit 350 Arbeitern, eine Trikotfabrik, mehrere Maschinenstickereien) ihre Triebkraft.
Intensiver Weinhandel, starke Handwerkstätigkeit etc. Auch der Landbau beschäftigt viele Einwohner; drei Käsereien und
eine landwirtschaftliche Genossenschaft liefern ihre Produkte ins Ausland. Sehr bekannt das
Bitzi-Bad; am W.-Ende der
Stadt die von prachtvollem Park umrahmte Wasserheilanstalt Thurbad und eine eidgenössische Fischzuchtanstalt. Die schönen
Spazierwege in der Umgebung und grossen Waldungen des
Bischofsberges werden ihrerseits dazu beitragen, Bischofszell zu einem
künftigen klimatischen Kurort zu machen.
Die Bürger besitzen weite Ländereien und Waldungen. Unterstützungskasse für berufliche Ausbildung und arme Kinder. Mehr
als 50 gesellige und berufliche Vereinigungen. Die Kirche scheint aus dem 10. Jahrhundert zu stammen; bald wurde sie Kollegialkirche;
ihr bemerkenswert hoher Kuppelturm wurde im 15. Jahrhundert erbaut und wies bis 1864 Freskomalereien auf. Der Kirchenschatz
besitzt Kunstwerke aus dem 17. und 18. Jahrhundert. An weitern Bauwerken sind noch zu nennen das Rathaus,
der alte Schlossturm und das neue Sekundarschulhaus. Die sagenumsponnene Thurbrücke wird schon 1325 erwähnt; der heutige
Bau scheint aus dem Ende des 15. Jahrhunderts zu stammen.
Nach
Gonzenbach und Pupikofer geht die Gründung von Bischofszell bis zum Jahre 900 zurück und wird dem
Bischof Salomon III.
von Konstanz zugeschrieben, der sich zum
Schutze gegen die Hunneneinfälle zwischen
Thur und
Sitter zurückzog und hier eine
Veste anlegte. Früher schon hatte einer seiner Amtsvorgänger,
Bischof Salomon I., an dieser Stelle ein kleines Kloster gegründet,
das
er des«BischofsZelle» nannte. Bald gruppierten sich darum
Häuser, und
Mauer und
Graben umgaben die keimende
Ansiedelung.
Während der Appenzellerkriege wurde Bischofszell hart bedrängt; Ambrosius Blarer von Konstanz führte die Reformation ein.
Eine grosse Feuersbrunst zerstörte 1743 den grössten Teil der Stadt, die aber mit Unterstützung der
Eidgenossen, besonders
Zürichs, bald wieder neu erstand. Bischofszell ist die Heimat mehrerer bedeutender Männer;
wir nennen
Theodor Buchmann oder Bibliander, Professor der orientalischen Sprachen in Zürich
(† 1564);
Dr. J. Ch. Scherb;
Dekan Pupikofer,
den Geschichtsschreiber des Kantons Thurgau;
Staatsrat^[Berichtigung: Ständerat] von Nagel, Hauptförderer des Anschlusses von Bischofszell
an das Eisenbahnnetz;
den Kaplan von
Wädenswil und Freund Zwinglis Ludwig Hetzer;
den Philosophen und Basler
Professor Philipp Scherb, eifriger Verkündiger der aristotelischen Lehren, dessen Disputationes¶
mehr
nach seinem Tode 1614 in Leipzig publiziert wurden; Melchior Goldast († 1635 in Giessen), Verfasser zahlreicher juristischer
Dissertationen.