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kalten Wintern schon bilden sich hier kleine Eisstösse, worauf der reduzierte Fluss sich aufwärts staut und zufriert; kleine Eisgänge sind nicht selten. Verwüstungen können diese in steilwandigen, unbewohnten Cañons fliessenden Gewässer des Südwestens nur in geringem Masse anrichten. Desto gefährlicher sind die Flüsse des Emmenthals, welche sich in entwaldeten Gräben sammeln und in breite, bewohnte Thäler hervorbrechen. Hier mussten die Bewohner seit Jahrhunderten einen Kampf gegen die Hochwasser führen, um ihnen das Land der Thalsohle (Schachen) zu entreissen und der Kultur zuzuführen. So bildeten sich die Schachengemeinden des Emmenthals, Organisationen, welche schon im 16. Jahrhundert die Lasten der Abwehr und der Verbauung, der Brückenerstellungen etc. unter den sämtlichen Anstössern rechtmässig verteilten und welche heute noch fortexistieren.
Die Ableitung der Aare in den Bielersee (Hagneckkanal) und die übrigen damit in Zusammenhang stehenden Arbeiten der Jahre 1868-1889 (s. Art. Aare) haben für das Alluvialland des Seelandes eine grosse Sanierung der Wasserstands- und damit der Bodenverhältnisse zur Folge gehabt. Die jetzige Mittelhöhe des Niveaus des 42 km2 grossen und in der Nähe von Tüscherz 75 m tiefen Bielersees beträgt 432,1 m, während das Wasser vor 1870 noch bei 434 m stand.
Ausser dem Bielersee beherbergt auch das Mittelland eine grössere Zahl kleiner Seen. Die namhaftesten sind der Amsoldingen- und der Uebischisee, der Dittligen- und der Geistsee, der Gerzensee, der Moosseedorfsee, der Burgäschi- und der Inkwilersee. Meist liegen sie gesellig inmitten fruchtbarer Hügelwellen: es sind Moränenseen. Auch sie teilen das Schicksal der Bergseen, sie gehen an Tiefe und Umfang zurück. Doch geschieht dies hier langsamer und weniger durch die Herbeiführung von Flussgeschieben, als durch ein allmähliges Verwachsen mit Wasserpflanzen.
Der Jura besitzt keine ihm speziell angehörenden Seen. Seine Flüsse (Birs, Doubs, Schüss, Allaine mit ihren Zuflüssen) wiederholen mit ihren stark gebrochenen Profilen den Charakter der Alpenflüsse, in ihrer Wasserführung dagegen mehr denjenigen der Mittellandflüsse: es treten sowohl im Hochsommer als im Winter Niedrigstände ein, welche jedoch, wie zu jeder anderen Zeit, durch grosse Hochwasser unterbrochen werden können.
Der gesamte Wasserhaushalt ist im Jura anders als im übrigen Kanton. Während z. B. das Mittelland bis hoch in die Berge hinauf Quellen aufweist, welche genügend ausdauern, sieht sich der Bewohner jurassischer Höhen sofort von Quellwasser entblösst, sobald der Schnee geschmolzen und trockenes Sommerwetter eingetreten ist. Das fallende Regenwasser ist in den Kalkboden geschlüpft (Fondrières der Freiberge), welcher an zahllosen Stellen unterirdisch ausgelaugt ist. Jetzt muss auf den Höhen die Cisterne, welche Regenwasser von den Hausdächern sammelt, in Thätigkeit treten, während unten in der Tiefe der Klusen das unterirdische Wasser in herrlich kalten Quellen zu Tage tritt.
Vormals besass der Kanton Bern das ausgedehnteste Moor der Schweiz: das grosse Moos. Dieses ist jetzt schon zum grössten Teil entsumpft und in freilich noch mageren Kulturboden umgewandelt. Die zahlreichen kleinen zerstreuten Möser des Mittellandes sind meist verwachsene Seen und Sümpfe. Hochmoore von bedeutender Ausdehnung sind auf den Freibergen, auf den Sätteln der Berge des westlichen Oberlandes und in der Gegend zwischen Schangnau und Thun ausgebreitet. Doch haben sie ihre ursprüngliche Form fast nur noch im Jura bewahrt.
Die Nutzbarkeit der Gewässer des Kantons Bern gehört einerseits der Vergangenheit an, indem die ehemals grossen Holztransporte mit Ausnahme derjenigen auf dem Doubs per Floss vollständig aufgehört haben, ist jedoch andererseits die brennende Frage der Gegenwart, indem man in der Wasserkraft das Heil für eine neue Entwicklung des Verkehrs und der Industrie sucht. Der Transport zu Wasser wird einzig durch die drei grösseren Seen in nennenswertem Maasse gefördert.
Geologie.
Für den geologischen Untergrund der besprochenen Verhältnisse kann auf das beigegebene Kärtchen (Art. Alpen) verwiesen werden. Aus diesem ist zu ersehen, dass in der Südostecke des Kantons Gesteine krystallinischen Alters (zumeist Gneiss, verschiedene krystallinische Schiefer, seltener eigentlicher Granit) anstehen. Die übrigen Teile des Oberlandes bestehen an der Oberfläche aus Gesteinen sekundären Alters; auch durch die tiefsten Thaleinschnitte wird hier das Urgestein nirgends mehr angeschnitten.
Dogger und Malm von der jurassischen, Urgon und Neocom von der Kreidezeit, Flysch und Sandstein des Eozän sind die hervorragendsten geologischen Stufen. In die Flyschmassen des westlichen Oberlandes sind Gesteinsmassen der Trias, des Jura (Lias!) und der Kreide in zwei Streifen (Stockhornkette und Saanen-Wimmisfluh) auf eigentümliche Weise eingebettet. Noch merkwürdiger sind die sog. exotischen Blöcke des Habkernthales, grosse Granitblöcke, ebenfalls in den Flysch gebettet (s. Art. Alpen). Sämtliche geologischen Glieder von dem Urgestein bis zum Eozän sind stark gefaltet und häufig verworfen. Im Mittelland ist die Nagelfluh und der Sandstein des wenig oder gar nicht gefalteten jüngeren Tertiär ausgebreitet. Ueber den zu Gestein verfestigten Schutt der Tertiärzeit lagerten in der Folgezeit die eiszeitlichen Gletscher ihre Moränen und Geschiebemassen ab, und die Thäler füllen sich noch heute langsam mit dem Schutt der Flüsse an.
Der Jura hat namentlich die versteinerungsreichen Kalksteine und Mergel derjenigen Formation aufzuweisen, welcher er den Namen gegeben hat (Juraformation), enthält aber auch, auf seiner Südseite besonders, die Kreideformation und umschliesst da, wo seine Ketten in breiteren Zwischenräumen auseinandertreten, tiefliegende und langgestreckte Inseln von Tertiär (Tramethal und Becken von Delémont).
An nutzbaren Mineralien steht der Kanton Bern etwas besser da, als die übrige Schweiz. Voran stehen die Eisenvorkommnisse des Jura. Wo hier das Tertiär dem tieferen Gesteine aufliegt, findet sich in taschenförmigen Vertiefungen eine stark eisenhaltige Mergelmasse, die in dünne Bänke übergeht, welche ganz von einem ausgezeichneten Erze, Bohnerz, durchsetzt sind. Die reichsten Vorkommnisse sind im Becken von Delémont (s. u. S. 208). Eisenerze finden sich ferner auf dem Hasliberg und bei Innertkirchen.
Bleiglanz, der früher ausgebeutet wurde, gibt es im hinteren Lauterbrunnenthal. Kohle weist in der Form sog. Pechkohle die Klus von Boltigen auf, und hoch oben am Guggisgrat betrieb die Regierung noch in den 50er Jahren des 19. Jahrh. auf dünnen Lagen einer Tertiärkohle ein unrentables Bergwerk. Beide Fundstellen sind aufgegeben. Der Goldreichtum der Emmenthaler Flüsse existiert fast nur noch als Sage. An Bausteinen und Bausteinmaterialien (Cement und hydraulischer Kalk, Ziegelthon, Gips etc.) ist der Kanton sehr reich.
Alle Landesteile participieren an diesen Vorkommnissen, doch steht der Jura mit seinem Kalkreichtum voran. Die Mineralquellen sind ungleich verteilt. Reich an solchen ist besonders das westliche Oberland und das anschliessende mittelländische Bergland des Gurnigel, wo Quellen, die Gips und Schwefel in mannigfacher Zusammensetzung enthalten, zahlreich sind. Faulensee, Heustrich, Weissenburg, Lenk, Schwefelberg und Gurnigel sind die bekanntesten davon. Weissenburg ist eine Gipstherme. Die Quelle von Rosenlaui am Fusse des Wellhorns enthält kohlensaures Natron; zahlreiche erdige Stahlquellen finden sich im Molassegebiet.
Klima.
Die klimatischen Verhältnisse sind im wesentlichen denjenigen der gesamten Nordschweiz analog. Für das Mittelland diene die Lage Berns als Beispiel, welches bei 572 m Meereshöhe eine mittlere Jahrestemperatur von 8,2 °C, ein Julimittel von +18,1 und ein Januarmittel von -1,7 °C aufweist. Bedeutend milder als Bern (um ca. 1° mittlerer Temperatur und deshalb in den Blütenzeiten der Pflanzenwelt und in deren Artreichtum dem übrigen Plateau voraus) ist in erster Linie die Gegend am Jurafuss, das Gestade des Bielersees. Oasen milden Klimas sind ferner das Laufenthal an der Birs und das Thal der Oberländerseen, wo das Bödeli durch seine Wallnussbäume, Merligen und Oberhofen durch südliche Gartengewächse und Reichtum des Epheus ihre geschützte und dem Föhn ausgesetzte Lage verraten. Der Föhn tritt im oberen Haslethal (Station Guttannen) jährlich weit über 100 mal auf. Bei Meiringen ist er seltener, aber dann um so heftiger. Interlaken, Thun und ¶
Kanton Bern, Landwirtschaft und Bodenerzeugnisse
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Lf. 26 & 27. ^[Karte: 5° 0’ O; 47° 0’ N; 1:550000]
Verlag von Gebr. Attinger Neuenburg.
Hypsometrische Karte
░ Unter 500 m
░ v. 500 - 750 m
▒ v. 750 - 1000 m
▓ v. 1000 - 1500 m
▓ v. 1500 - 2500 m
▐ über 2500 m
Steinbruch | ⤧ |
Eisenbergwerke | F. |
Cimentgrube | Ci. |
Gypsgrube | Gy. |
Glas-Sand | S. |
Ziegelerde | ⌂ |
Thonerde | ∂ |
Mineralquellen | ٮ |
Holzhandel | ➚ |
Gärtnerei | ♧ |
Fischerei | ⤚ |
▓ Wald
░ Ackerland
░ Bergackerbau
▒ Weide
▒ Unproductiver Boden
▐ Weinbau
▒ Torfmoos
1:550000
V. Attinger, sc.
KANTON BERN
LANDWIRTSCHAFT UND BODENERZEUGNISSE ¶
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besonders der Beatenberg haben wieder eine grosse Föhnfrequenz. Bis nach Bern hinunter klärt er das Wetter auf, macht die Luft farbengrell und schwül und wird, wenn er anhaltender geweht hat, fast immer von regenbringendem Südwestwind abgelöst.
Das Mittel der jährlichen Niederschläge beträgt in Bern 945 mm. Bern liegt in einem Gebiet etwas geringerer Niederschläge, als der übrige Kanton sie aufweist. Dieses Gebiet (mit etwas weniger als 1000 mm) umfasst das Seeland und das Aarethal bis Thun. Ein zweites, etwas trockeneres Gebiet ist das Becken von Delémont. Im höheren Mitteland steigt die Niederschlagsmenge bis auf 1500 mm, im Jura auf 1200 mm und im Oberland auf über 2000 mm. Es hatten:
mm | |
---|---|
Bern | 945 |
Thun | 1052 |
Interlaken | 1231 |
Meiringen | 1371 |
St. Beatenberg | 1622 |
Guttannen | 1740 |
Brünig | 1991 |
Niederschläge in einem relativ trockenen Jahre (1897).
Die Bewölkung ist auffallend gross. In einem allerdings durchschnittlich etwas trüben Jahre (1897) hatten wolkenlose Tage:
Bern | 20 |
Affoltern i/Emmenthal | 64 |
Thun | 67 |
Interlaken | 61 |
St. Beatenberg | 75 |
Guttannen | 82 |
Hier zeigt sich das Höhenklima der hochgelegenen Stationen, das auch im Jura sehr ausgeprägt vorhanden ist. Das herbstliche und winterliche Nebelmeer ist gerade um Bern eine gewohnte Erscheinung. Schon der Gurten (860 m) pflegt aus demselben in die reine, sonnige Luft des NO-Windes zu tauchen.
Verheerenden, von Hagelschlag begleiteten Gewittern sind besonders die beiden Bergländer des höheren Mittellandes ausgesetzt. Der freiwilligen schweizerischen Hagelversicherung waren 1898 vom Kt. Bern 7408 Personen mit einer versicherten Wertsumme von Fr. 8838000 beigetreten.
Flora.
Durch seine in der Schweiz einzige Lage umfasst der Kt. Bern Teile der drei grossen Floraregionen der Alpen, des Mittellandes und des Jura.
I. Im Oberland finden sich zwischen den Seen von Thun und Brienz einerseits und dem vergletscherten Kamm, welcher sie speist, andererseits alle Uebergänge von der nivalen bis zur mediterranen Flora.
Entsprechend der scharfen Scheidung dieses Gebiets vom benachbarten Wallis, fehlt hier gänzlich das warme und trockene Klima, welches das Wallis auszeichnet und sind die sämmtlichen Thäler kälter und feuchter.
Vergeblich sucht man hier die im Wallis endemischen Formen wie Koeleria valesiaca, Artemisia valesiaca, Ephedra helvetica, Onosma helveticum, Cytisus radiatus, Silene vallesia etc.
Immerhin dringen auf die Höhe der tieferen Passlücken, welche der Walliserflora einige Pforten öffnen, mehr oder minder ausgedehnte Kolonien von Arten vor, welche dem übrigen Oberland gänzlich fremd sind: Crepis jubata, Saxifraga cernua auf dem Sanetsch;
Carex ustulata auf dem Rawil;
Oxytropis lapponica und Potentilla frigida auf dem Lötschenpass etc. Ueber die Grimsel sind ins obere Aarethal eingedrungen: Salix myrsinites und glauca, Androsace tomentosa, Pinguicula grandiflora, Phaca alpina, Potentilla frigida.
Unabhängig von den übereinstimmenden Naturbedingungen des orographischen Baues sind im Oberland verschiedene Regionen von floristisch verschiedener Wichtigkeit vertreten.
Von dem centralen Gebiet der Kander und der Simme kann man die Thalschaft Saanen absondern, wo westliche Einflüsse stattfinden, sowie die Thäler von Hasle und Gadmen, wo von Osten und Süden her Arten eingedrungen sind, die anderswo fehlen.
Endlich besitzen die nördlichen Vorketten des Stockhorns und des Faulhorns Elemente, die dem Hauptkamme fehlen.
Unter den westlichen Elementen der Saanenberge seien erwähnt: Pedicularis Barrelieri, Senecio aurantiacum, Saussurea depressa, Ranunculus parnassifolius, Papaver alpinum, Mulgedium Plumieri.
Im Hasle- und Gadmenthal finden wir: Eritrichium nanum, Saxifraga Seguieri, Bupleurum stellatum, Polygonum alpinum, Saxifraga Cotyledon, meridionale, selbst südalpine Arten, deren Vorkommen sich durch die wärmende Wirkung des Föhns erklärt.
Das centrale Gebiet weist Formen auf, die man durch die ganze Alpenkette hin wiederfindet. Es besitzt, wie Christ sich ausdrückt, eine neutrale Flora. Wir nennen nur Aquilegia alpina, Potentilla minima und grandiflora, Gaya simplex, Viola calcarata, Trifolium alpinum, Phaca australis etc. (vgl. zur Ergänzung Art. Alpen, Flora). Die Stockhornkette, wo bereits mehrere östliche Arten fehlen, beherbergt einige in der übrigen Schweiz sehr seltene arktisch-alpine Elemente Carex vaginata, Draba incana, Cochlearia officinalis, Pedicularis versicolor, etc., zu denen sich die spezifisch jurassiche Androsace lactea gesellt.
So arm die alpine Region des Oberlandes ist und so wenig sich hier der Einfluss der Nachbarschaft des Wallis fühlbar macht, so reich erscheint die Region der Seen und der Ausgänge des Kander- und des Simmenthales, dank dem Einfluss des Föhns. Hier wird noch an den Ufern des Thunersees die Rebe kultiviert, hier trifft man selbst einige Edelkastanien und Lorbeersträucher. Von meridionalem Charakter finden wir am Gestade der beiden Seen: Helianthemum Fumana, Rhamnus alpina, Coronilla Emerus, Vicia Gerardi, Bupleurum falcatum, Cyclamen europaeum, Hemerocallis fulva etc. (vgl. Alpen, Flora).
Am Eingang des Kanderthals findet sich Thalictrum foetidum, von dem man nö. der schweizerischen Alpen nur noch 2 Standorte kennt und die in der Schweiz ebenfalls seltene Aethionema saxatilis.
In der Boltigerschlucht gedeiht und blüht der wilde Epheu (Hedera Helix) und Hieracium lanatum, Arten welche den wärmsten Regionen des Wallis und des Jura eigen sind. Ebendort finden sich: Atragene alpina, Aethi- ¶