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März anzuschwellen beginnen, im Juli und August den höchsten Stand erreichen, um erst im Dezember ein Niedrigwasser aufzuweisen, das bis zum April anzuhalten pflegt. Die Schwankungen durch eigentliche Hochwasser sind mächtig, werden aber durch die Seen gemässigt. Im Winter führen die Flüsse Grundeis. Im Hochsommer sind sie alle bedeutend kühler als die Temperatur der Luft und führen grosse Massen Gletscherschlamms mit sich, welche den Anlagen für elektrische Kraft hinderlich werden, indem der feine Schlamm die Ventile der Turbinen verstopft.
Eine grosse Zahl von Wildbächen ergiesst sich von den seitlichen Gehängen der Thäler. Gefährlich werden diese überall dort, wo unter entwaldeten Alpweidebergen fruchtbares Land eine dichtere Bevölkerung angelockt hat. Verwüstend aufgetreten sind im Berner Oberland vor allem der Lambach bei Brienz, der Saxetenbach bei Wilderswil, der Lombach bei Unterseen, die Gürbe am Nordfuss der Stockhornkette. Der Lambach bedeckte noch 1896 einen grossen Teil des Dörfchens Kienholz mit Erdbrei.
Die Korrektion dieser Bäche fällt den betroffenen Gemeinden anheim, doch wird die Hülfe des Staates (Verbauung und Aufforstung) in immer ergiebigerem Masse gewährt. Von grösseren Flusskorrektionen sind folgende zu nennen: Im Mittelalter leiteten die Mönche des Klosters Interlaken die Lütschine in den Brienzersee. 1714 liess die Berner Regierung die Moränenwälle bei Strättligen durchstechen und verschaffte der Kander die Ableitung in den Thunersee. 1878 wurde die Aarestrecke des Haslethales zwischen Meiringen und dem Brienzersee geradegelegt.
Ueberaus reich ist das Oberland an Wasserfällen. Kein Teil der Alpen kann sich hierin mit ihm messen. Es vereinigt auf seinem Gebiet sowohl die hinten in den zirkusähnlichen Thalabschlüssen von allen Seiten als dünne Silberfäden herniederwallenden Wasserstürze nach Art der Sieben Brünnen bei Lenk, als die mächtigen Stürze eines Hauptflusses über die Thalstufe (Handeckfall der Aare). Besonders ausgezeichnet sind aber die von seitlichen Thalterrassen niedergehenden Fälle vertreten, sei es, dass sie, wie der Staubbach, nur einen einzigen wallenden Flug über eine Wand herunter nehmen, sei es, dass sie, wie die Giessbachfälle, einen in Treppenform aufgebauten Terrassenhang in mehrfachen Sprüngen herabstürzen. In den Fällen des Lauterbrunnenthales, des Oeschinenzirkus, der Thalabschlüsse von Gastern und Adelboden, rings um Meiringen, wird man die erwähnten Formen der Wasserfälle in vielfacher Wiederholung und Abänderung wiederfinden.
Von den Seen des Oberlandes werden die zwei grossen ihre besondere Besprechung finden. Der Brienzersee ist 30, der Thunersee 48 km2 gross. Ihre Höhe über Meer (565 und 560 m) ist fast dieselbe, indem sie einst mit einander zusammenhingen. Die tiefste Stelle (262 m) und die mittlere Tiefe sind beim Brienzersee beträchtlicher als beim Thunersee (grösste Tiefe 217 m). Beide Seen sind die grossen Geschiebereservoire der Hochalpenflüsse, der Thunersee insbesondere seit der Kanderregulierung. Sie ermässigen die Temperatur der Flusswasser in erheblichem Masse, mit dem kalten Flusswasser senkt sich auch der feine Gletscherschlamm zur Tiefe des Seebodens. Beide Seen gefrieren sehr schwer und immer nur teilweise, meist ist die Schiffahrt auch im Winter ungestört.
Neben diesen zwei grossen Thalseen enthält das Oberland eine beträchtliche Zahl von Bergseen. Der durch einen prähistorischen Bergsturz des Fisistockes aufgedämmte Oeschinensee ist der bekannteste von ihnen. Ihm reihen sich an der Engstlensee, der Arnen-, Iffingen- und Lauinensee, das durch seine vitriolblaue Farbe berühmte Blauseeli. Besonders reich an jenen kleinsten Bergseen, die erst in einer Höhe von ca. 2000 m aufzutreten pflegen, ist die Faulhorngruppe. Es sind sog. Karseen, die am Fusse schneereicher Wände gelegen und deren Becken in früher Zeit vom Eise und Schnee ausgewittert und durch die Eisbewegung ausgehobelt worden sind. Der schönste unter ihnen ist wohl der Gelmersee. Diese Bergseen befinden sich in einem Stadium relativ raschen Verschwindens. Bergschutt füllt ihre oft tiefen Becken zu, und eine Stein- und Schlammebene tritt bald an die Stelle des grünblauen Gewässers.
Die Gewässer des Mittellandes haben einen wesentlich anderen Charakter. Zwar zeigt noch die Aare an ihren sämtlichen Pegelstationen die Nachwirkung des alpinen Regimes der Wasserführung. Aber die eigentlichen Vorlandflüsse, welche zwar an der Alpenwand entspringen, doch nicht vom andauernden Schnee der Hochalpen gespeist werden, zeigen neben den winterlichen auch ausgesprochene hochsommerliche Niedrigstände. Im Durchschnitt ist freilich immer noch die Wasserführung des Sommers etwas grösser als die des Winters, wie es das Pegel der Sense von Laupen zeigt.
Alle Hochwasser fliessen rasch und mächtig zu Thal. Zu gewöhnlichen Zeiten fliessen die Flüsse so wasserarm dahin, dass z. B. an der Emme oft das sämtliche noch fliessende Wasser von den Fabrikkanälen stellenweise abgeleitet ist. Die Temperatur dieser Gewässer ist im Sommer meist ziemlich hoch, da sie untief durch gewaltige Kiesmassen laufen. Im Winter dagegen kühlt sich das Wasser entsprechend ab. Grundeis führen am häufigsten die Schluchtenflüsse des Gurnigelberglandes (Sense, Schwarzwasser und Saane); in mässig ¶
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kalten Wintern schon bilden sich hier kleine Eisstösse, worauf der reduzierte Fluss sich aufwärts staut und zufriert; kleine Eisgänge sind nicht selten. Verwüstungen können diese in steilwandigen, unbewohnten Cañons fliessenden Gewässer des Südwestens nur in geringem Masse anrichten. Desto gefährlicher sind die Flüsse des Emmenthals, welche sich in entwaldeten Gräben sammeln und in breite, bewohnte Thäler hervorbrechen. Hier mussten die Bewohner seit Jahrhunderten einen Kampf gegen die Hochwasser führen, um ihnen das Land der Thalsohle (Schachen) zu entreissen und der Kultur zuzuführen. So bildeten sich die Schachengemeinden des Emmenthals, Organisationen, welche schon im 16. Jahrhundert die Lasten der Abwehr und der Verbauung, der Brückenerstellungen etc. unter den sämtlichen Anstössern rechtmässig verteilten und welche heute noch fortexistieren.
Die Ableitung der Aare in den Bielersee (Hagneckkanal) und die übrigen damit in Zusammenhang stehenden Arbeiten der Jahre 1868-1889 (s. Art. Aare) haben für das Alluvialland des Seelandes eine grosse Sanierung der Wasserstands- und damit der Bodenverhältnisse zur Folge gehabt. Die jetzige Mittelhöhe des Niveaus des 42 km2 grossen und in der Nähe von Tüscherz 75 m tiefen Bielersees beträgt 432,1 m, während das Wasser vor 1870 noch bei 434 m stand.
Ausser dem Bielersee beherbergt auch das Mittelland eine grössere Zahl kleiner Seen. Die namhaftesten sind der Amsoldingen- und der Uebischisee, der Dittligen- und der Geistsee, der Gerzensee, der Moosseedorfsee, der Burgäschi- und der Inkwilersee. Meist liegen sie gesellig inmitten fruchtbarer Hügelwellen: es sind Moränenseen. Auch sie teilen das Schicksal der Bergseen, sie gehen an Tiefe und Umfang zurück. Doch geschieht dies hier langsamer und weniger durch die Herbeiführung von Flussgeschieben, als durch ein allmähliges Verwachsen mit Wasserpflanzen.
Der Jura besitzt keine ihm speziell angehörenden Seen. Seine Flüsse (Birs, Doubs, Schüss, Allaine mit ihren Zuflüssen) wiederholen mit ihren stark gebrochenen Profilen den Charakter der Alpenflüsse, in ihrer Wasserführung dagegen mehr denjenigen der Mittellandflüsse: es treten sowohl im Hochsommer als im Winter Niedrigstände ein, welche jedoch, wie zu jeder anderen Zeit, durch grosse Hochwasser unterbrochen werden können.
Der gesamte Wasserhaushalt ist im Jura anders als im übrigen Kanton. Während z. B. das Mittelland bis hoch in die Berge hinauf Quellen aufweist, welche genügend ausdauern, sieht sich der Bewohner jurassischer Höhen sofort von Quellwasser entblösst, sobald der Schnee geschmolzen und trockenes Sommerwetter eingetreten ist. Das fallende Regenwasser ist in den Kalkboden geschlüpft (Fondrières der Freiberge), welcher an zahllosen Stellen unterirdisch ausgelaugt ist. Jetzt muss auf den Höhen die Cisterne, welche Regenwasser von den Hausdächern sammelt, in Thätigkeit treten, während unten in der Tiefe der Klusen das unterirdische Wasser in herrlich kalten Quellen zu Tage tritt.
Vormals besass der Kanton Bern das ausgedehnteste Moor der Schweiz: das grosse Moos. Dieses ist jetzt schon zum grössten Teil entsumpft und in freilich noch mageren Kulturboden umgewandelt. Die zahlreichen kleinen zerstreuten Möser des Mittellandes sind meist verwachsene Seen und Sümpfe. Hochmoore von bedeutender Ausdehnung sind auf den Freibergen, auf den Sätteln der Berge des westlichen Oberlandes und in der Gegend zwischen Schangnau und Thun ausgebreitet. Doch haben sie ihre ursprüngliche Form fast nur noch im Jura bewahrt.
Die Nutzbarkeit der Gewässer des Kantons Bern gehört einerseits der Vergangenheit an, indem die ehemals grossen Holztransporte mit Ausnahme derjenigen auf dem Doubs per Floss vollständig aufgehört haben, ist jedoch andererseits die brennende Frage der Gegenwart, indem man in der Wasserkraft das Heil für eine neue Entwicklung des Verkehrs und der Industrie sucht. Der Transport zu Wasser wird einzig durch die drei grösseren Seen in nennenswertem Maasse gefördert.
Geologie.
Für den geologischen Untergrund der besprochenen Verhältnisse kann auf das beigegebene Kärtchen (Art. Alpen) verwiesen werden. Aus diesem ist zu ersehen, dass in der Südostecke des Kantons Gesteine krystallinischen Alters (zumeist Gneiss, verschiedene krystallinische Schiefer, seltener eigentlicher Granit) anstehen. Die übrigen Teile des Oberlandes bestehen an der Oberfläche aus Gesteinen sekundären Alters; auch durch die tiefsten Thaleinschnitte wird hier das Urgestein nirgends mehr angeschnitten.
Dogger und Malm von der jurassischen, Urgon und Neocom von der Kreidezeit, Flysch und Sandstein des Eozän sind die hervorragendsten geologischen Stufen. In die Flyschmassen des westlichen Oberlandes sind Gesteinsmassen der Trias, des Jura (Lias!) und der Kreide in zwei Streifen (Stockhornkette und Saanen-Wimmisfluh) auf eigentümliche Weise eingebettet. Noch merkwürdiger sind die sog. exotischen Blöcke des Habkernthales, grosse Granitblöcke, ebenfalls in den Flysch gebettet (s. Art. Alpen). Sämtliche geologischen Glieder von dem Urgestein bis zum Eozän sind stark gefaltet und häufig verworfen. Im Mittelland ist die Nagelfluh und der Sandstein des wenig oder gar nicht gefalteten jüngeren Tertiär ausgebreitet. Ueber den zu Gestein verfestigten Schutt der Tertiärzeit lagerten in der Folgezeit die eiszeitlichen Gletscher ihre Moränen und Geschiebemassen ab, und die Thäler füllen sich noch heute langsam mit dem Schutt der Flüsse an.
Der Jura hat namentlich die versteinerungsreichen Kalksteine und Mergel derjenigen Formation aufzuweisen, welcher er den Namen gegeben hat (Juraformation), enthält aber auch, auf seiner Südseite besonders, die Kreideformation und umschliesst da, wo seine Ketten in breiteren Zwischenräumen auseinandertreten, tiefliegende und langgestreckte Inseln von Tertiär (Tramethal und Becken von Delémont).
An nutzbaren Mineralien steht der Kanton Bern etwas besser da, als die übrige Schweiz. Voran stehen die Eisenvorkommnisse des Jura. Wo hier das Tertiär dem tieferen Gesteine aufliegt, findet sich in taschenförmigen Vertiefungen eine stark eisenhaltige Mergelmasse, die in dünne Bänke übergeht, welche ganz von einem ausgezeichneten Erze, Bohnerz, durchsetzt sind. Die reichsten Vorkommnisse sind im Becken von Delémont (s. u. S. 208). Eisenerze finden sich ferner auf dem Hasliberg und bei Innertkirchen.
Bleiglanz, der früher ausgebeutet wurde, gibt es im hinteren Lauterbrunnenthal. Kohle weist in der Form sog. Pechkohle die Klus von Boltigen auf, und hoch oben am Guggisgrat betrieb die Regierung noch in den 50er Jahren des 19. Jahrh. auf dünnen Lagen einer Tertiärkohle ein unrentables Bergwerk. Beide Fundstellen sind aufgegeben. Der Goldreichtum der Emmenthaler Flüsse existiert fast nur noch als Sage. An Bausteinen und Bausteinmaterialien (Cement und hydraulischer Kalk, Ziegelthon, Gips etc.) ist der Kanton sehr reich.
Alle Landesteile participieren an diesen Vorkommnissen, doch steht der Jura mit seinem Kalkreichtum voran. Die Mineralquellen sind ungleich verteilt. Reich an solchen ist besonders das westliche Oberland und das anschliessende mittelländische Bergland des Gurnigel, wo Quellen, die Gips und Schwefel in mannigfacher Zusammensetzung enthalten, zahlreich sind. Faulensee, Heustrich, Weissenburg, Lenk, Schwefelberg und Gurnigel sind die bekanntesten davon. Weissenburg ist eine Gipstherme. Die Quelle von Rosenlaui am Fusse des Wellhorns enthält kohlensaures Natron; zahlreiche erdige Stahlquellen finden sich im Molassegebiet.
Klima.
Die klimatischen Verhältnisse sind im wesentlichen denjenigen der gesamten Nordschweiz analog. Für das Mittelland diene die Lage Berns als Beispiel, welches bei 572 m Meereshöhe eine mittlere Jahrestemperatur von 8,2 °C, ein Julimittel von +18,1 und ein Januarmittel von -1,7 °C aufweist. Bedeutend milder als Bern (um ca. 1° mittlerer Temperatur und deshalb in den Blütenzeiten der Pflanzenwelt und in deren Artreichtum dem übrigen Plateau voraus) ist in erster Linie die Gegend am Jurafuss, das Gestade des Bielersees. Oasen milden Klimas sind ferner das Laufenthal an der Birs und das Thal der Oberländerseen, wo das Bödeli durch seine Wallnussbäume, Merligen und Oberhofen durch südliche Gartengewächse und Reichtum des Epheus ihre geschützte und dem Föhn ausgesetzte Lage verraten. Der Föhn tritt im oberen Haslethal (Station Guttannen) jährlich weit über 100 mal auf. Bei Meiringen ist er seltener, aber dann um so heftiger. Interlaken, Thun und ¶