dieses plötzlich zu einer kleinen Wiesenebene, um sich 4 km weiter bei der italienischen Grenze, an der Vereinigung mit
dem italienischen
Val di
Lei und seinem
Bache Reno di
Lei oder Leibach, neuerdings einzuengen.
Bei
Canicül öffnet sich das
Val Emet,
dann verengert sich das Hauptthal wieder zusehends bis zur Vereinigung des Averser
Rheines mit dem
Hinterrhein, 2 km
s.
Andeer.
(Kt. Graubünden,
Bez. Hinterrhein,
Kreis
Avers). Kleines Alpenthal, das von der das
Bergell im N. abschliessenden
Kette in nw. Richtung absteigt und etwas oberhalb
Andeer an der Splügenstrasse sich mit dem Hinterrheinthal vereinigt. Wird
von dem von verschiedenen
Wildbächen gespeisten
Averser Rhein entwässert. Eine 1889-95 erbaute Fahrstrasse, die bei der Ruine
Bärenburg (2 km oberhalb
Andeer) von der Splügenstrasse abzweigt, reicht 19 km weit thalaufwärts bis
zum Hauptort
Cresta (21 km von
Andeer). Ihre sehr schwierige Erstellung hat den Kanton Graubünden
mehr als 400000 Franken gekostet. Sie soll
bis
Juf (2133 m), dem hintersten
Weiler des
Thales, fortgesetzt werden. 228 ref. Ew.
Obwohl eine physische und geographische Einheit bildend, ist das Thal seit jeher und heute noch in politischer,
historischer und sprachlicher Hinsicht in zwei Teile geschieden: das eigentliche
Avers und das tiefer gelegene
ValFerrera.
Die Grenze zwischen beiden bildet die Stelle, wo in tiefer
Schlucht von rechts der
Wildbach des
Val Starlera und von links derjenige
des
Val di
Lei sich mit demAverser Rhein vereinigen. Hier zugleich auch die Landesgrenze
(Brücke), da das
Val di
Lei trotz, seiner Lage am N.-Abfall der
Alpen und seiner Zugehörigkeit zum Rheingebiet Italien angehört.
Das eigentliche
Avers setzt sich aus zwei Stücken zusammen, die durch eine enge und tiefe
Schlucht von einander getrennt sind.
Unterhalb derselben die kleine alluviale Wiesenebene des Unterthales mit
Campsut und
Crot (an der Einmündung
des
Madriserthales); oberhalb das
Oberthal mit dem politischen Hauptort
Cresta, der an einer Grashalde gelegen ist und im N.
von den prachtvollen Kalkwänden des
Weissbergs (3044 m) und im NO. vom
Piz Platta (3386 m), dem höchsten Gipfel
der Gegend, überragt wird.
Vom
Oberthal führen die leichten Passübergänge der
Forcellina (2673 m; Saumpfad) zum Septimer und der des
Stallerbergs (2584
m; Fussweg) nach
Bivio-Stalla an der Julierstrasse. Mit dem an der nämlichen Strasse tiefer unten gelegenen
Molins ist das
Avers nur durch gefährliche Hochgebirgsübergänge verbunden. Leichte Pässe wieder vom
Madriserthal und
Val Bregalga
(Passo della Duana 2708 m;
Passo di Marcio 2741 m) entweder direkt nach Chiavenna oder nach andern Orten des
Bergell.
Brotfrucht gedeiht im
Avers keine, Kartoffeln nur an besonders geschützten
Stellen, und Hanf und
Flachs wird nicht mehr gebaut.
Auch der
Wald ist, besonders im
Oberthal, nur zu kleinen Beständen geschlossen; wie in andern Hochthälern
benutzen die Bewohner auch hier als Brennmaterial beinahe ausschliesslich den an der Luft getrockneten Dünger ihrer Viehherden.
Pferdezucht wird
heute nicht mehr getrieben. Von Gebäulichkeiten sind sehenswert die auf einer Anhöhe oberhalb
Cresta in 1949 m
gelegene Pfarrkirche zuSt. Theodul, nach der des Grossen
St. Bernhard die höchstgelegene der
Schweiz,
und das alte von einem Angehörigen der Familie Strub erbaute, stattliche
Podestatshaus mit der Inschrift Hostibus invitis,vivat Strubea, pro pago agere et pati fortia Strubeum est, 1664.^[Ergänzung: Auch wenn es den Gegnern nicht gefällt, die
(Familie) Strub soll leben - für die Gemeinde sich einzusetzen und Starkes zu erdulden ist ein Zeichen
der Strubs.]
Das
Avers ist besonders in botanischer Hinsicht eines der bemerkenswertesten
Thäler der
Alpen, sowohl in Betreff des Reichtums
der Flora als des Auftretens vieler seltener Pflanzen. Von den interessantesten nennen wirCarex microglochin,Carex bicolor, Triglochin palustris, Woodsia hyperborea, Sesleria disticha, die äusserst seltene Pleurogyne carinthiaca,
die zierliche Linnaea borealis, Pirola uniflora etc.
Des
Thales von
Avers geschieht zum ersten
Male Erwähnung in einer Urkunde vom Jahre 1772; als Eigentum des
Bischofes von
Chur
gehörte es dem Gotteshausbunde an (während dasValFerrera sich an den
Obern oder
GrauenBund angliederte)
und war
Lehen der bischöflichen Ministerialen von
Marmels. Schon 1396 führte das Thal sein eigenes
Siegel und hatte es seinen
eigenen Landammann. 1407 verbündete es sich mit seinen Nachbarn im
Rheinwald und 1425 mit dem
ObernBund; aber erst mit der
Abschüttelung der bischöflichen Gewalt durch die
Ilanzer Artikel erlangte es seine völlige Unabhängigkeit.
Seltsamerweise bildete das
Avers zusammen mit dem benachbarten
Stalla und dem im Unterengadin weit abseits gelegenen
Remüsein Hochgericht des Gotteshausbundes; alle drei Gemeinden vereinigt hatten an der Tagsatzung ihres Bundes eine Stimme, von
der 1/7 auf
Avers, 2/7 auf
Stalla und 4/7 auf
Remüs entfielen. Heute bildet das
Avers einen eigenen Kreis,
während das
ValFerrera zum Rheinwaldkreise gehört. Eine andere Eigentümlichkeit dieser beiden Teile eines und desselben
geographischen Thalgebiets ist ihre sprachliche Trennung: der Avner spricht deutsch, der Bewohner von
Ferrera romanisch.
Der deutsche Dialekt der
Avers nähert sich dem vom
Rheinwald, wie es denn auch von deutschen Walsern des
Rheinwaldes kolonisiert worden ist. Die romanischen Ortsnamen des
Thales (z. B.
Cresta,
Campsut,
Juf) beweisen aber, dass vor der
deutschen Besiedelung hier Romanen ansässig gewesen sein müssen. Die Zeit der Einwanderung von deutschen Kolonisten ins
Avers kann nicht mehr genau bestimmt werden; sicher ist blos, dass das
Rheinwald schon im 13. Jahrhundert
deutsch war. Näheres über das so merkwürdige Thal in den Beschreibungen von Campell von 1527, von Sprecher 1617 und Sererhard
1742; historische Uebersicht in dem
Buche von P. C. von Planta: Die currätischenHerrschaften in der Feudalzeit.
Bern
1881; Rechtsverhältnisse in L. R. v.
Salis' Rechtsquellen des Kantons Graubünden.
Basel
1887. Verschiedene ausgezeichnete Artikel im Jahrbuche des
S. A. C. (Band 15, 19, 20 [Flora] 30 und 34).
Pass (auch
Passo Fnè geheissen) und Gipfel von 2877 m im
Grenzkamm zwischen der
Schweiz und Italien, etwas s. vom
Monte Leone. Am italienischen Abhang der
Lago d'Avino.
¶