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Ortes durch die Germanen im Jahre 400 die Römer allmählich vom nördlichen Helvetien zurückzogen. Eine untergeordnetere Bedeutung erhielt sich Augusta noch eine Zeit lang, als am Ergolzübergang gelegene Zollstätte.
Die Trümmerstätte von Augusta Rauracorum hat seit mehreren Jahrhunderten die Aufmerksamkeit der Archäologen auf sich gelenkt, obwohl sie weniger ausgedehnt und an wichtigen Funden ärmer ist als diejenige von Aventicum. Sebastian Münster gab in seiner Kosmographie schon 1544 eine Beschreibung von ihr, und Andreas Ryff liess von 1582 an drei Jahre lang am Theater und Kastell Ausgrabungen vornehmen. Beschreibungen und Zeichnungen von lebhaftestem Interesse veröffentlichte 1590 der Humanist Amerbach.
Seither sind zu wiederholten Malen partielle Nachgrabungen veranstaltet worden, bis solche mit dem Beginn des 18. Jahrhunderts von der Obrigkeit verboten und erst von der Mitte des 19. Jahrhunderts an mit Erfolg neu aufgenommen wurden. Da die Umfassungsmauer nur noch teilweise erhalten ist und festgelegt werden kann, ist es sehr schwierig, sich von der einstigen räumlichen Ausdehnung von Augusta Rauracorum Rechenschaft zu geben. Der vom Ingenieur J. Frey rekonstruierte Plan der Stadt gibt ihr eine Grösse von ca. 65 ha und eine Bevölkerung von 30-40000 Seelen.
Der erhaltene Teil der Ringmauer besteht aus kleinen Bruchsteinen, die mit Lagen von Backsteinen abwechseln, und weist die nämlichen halbkreisförmig vorspringenden Wachttürme auf, wie wir sie in Aventicum sehen. Der Haupteingang zur Stadt lag auf der n. Seite, zwei weitere Thore öffneten sich im SO. und NO. Die wichtigsten monumentalen Bauwerke sind das Kastell, das alte Castrum, das zusammen mit dem Forum in der NO.-Ecke der Stadt auf einer die Rheinebene beherrschenden Anhöhe gelegen war;
das Capitol und ein Jupitertempel auf dem heutigen Schönbühl;
ein zweiter minder wichtiger Tempel weiter w. im Thale der Ergolz;
die Bäder am N.-Fuss des Castrum;
das Theater. Ueberreste eines Turmes und eines Triumphbogens (?) sind auf dem Plateau weiter rückwärts liegend gefunden worden. In einer Bodensenkung befinden sich, mitten von Wald umgeben, die Ruinen des aus roten Sandsteinen erbauten Theaters, das durch systematische Nachgrabungen und Vornahme passender Sicherungsarbeiten heute beinahe vollständig aufgedeckt ist. Zu drei verschiedenen Malen ist das Theater von Augusta neu aufgerichtet worden.
Der ursprüngliche, räumlich ziemlich beschränkte Bau hat zunächst einem Amphitheater von elliptischem Grundriss und dann dem weit grössern heute blosgelegten Bau Platz gemacht.
Dieser hat einen Durchmesser von 94 m und 46 m Radius; die Bühne allein ist 16 m, mit ihren Annexen zur Rechten und Linken 70 m lang; die Aussenmauer erhob sich 15 m über den Boden oder 23 m über den Grund des Halbkreises. Drei radiale Gänge von 3-4 m Breite durchschnitten das Bauwerk, und Stein- und Holztreppen führten zum gepflasterten Podium und den zwei stufenförmig angeordneten Sitzreihen. Ein vorderer Rundgang trennte das Podium von der ersten 14-stufigen Sitzreihe, ein hinterer diese von der zweiten, die 11 Stufen zählte. Eine überraschende Erscheinung am Theater von Augst ist die Verwendung von kleinen, halbkreisförmig nach Innen vorspringenden Türmen, die sich gegenseitig berühren und die zur Stütze der Hauptmauern des Gebäudes dienen sollten, welchem Zwecke sie wirklich derart gerecht worden sind, dass das Ganze alle die Jahrhunderte bis zu unserer Zeit überdauert hat. Das schöne Theater konnte mit Leichtigkeit 10000 Zuschauer fassen.
Von hinten mündete ein Aquäduct in die Bühne, der ohne Zweifel das für die Aufführung von Naumachien (Seeschlachten) benötigte Wasser zu liefern hatte. Die Hauptwasserleitung der Stadt Augusta erstreckte sich sehr weit im Thale der Ergolz aufwärts, und es scheint, dass die Wasserentnahme nahe dem Dorfe Bökten oberhalb Sissach Statt hatte, da hier ein unterirdischer Gang, das Heidenloch, gefunden worden ist. Ausserhalb der Umfassungsmauer von Augusta, gegen den Rhein zu, deckten verschiedene Vorwerke (so z. B. bei Basel-Augst, Kaiser-Augst und am rechten Rheinufer) die Stadt. Man hat in Augst viele römische Münzen aufgefunden, ebenso etwa 30 von Theodor Mommsen veröffentlichte Inschriften, die aber unglücklicherweise entweder
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unvollständig oder z. T. zertrümmert waren. Manche dieser Altertümer werden jetzt im Historischen Museum zu Basel auf bewahrt. Die Münzfunde haben es ermöglicht, die Geschichte von Augusta in grossen Zügen festzulegen. So muss z. B. der um das Kastell liegende Stadtteil der älteste gewesen sein, da hier noch Münzen aus der Zeit der Republik sich gefunden haben; andere Münzfunde gestatten den Schluss, dass das ursprüngliche Amphitheater vermutlich unter der Herrschaft des Augustus erbaut und im 3. Jahrhundert gelegentlich eines Einfalles der Alemannen zerstört, bald aber wieder frisch errichtet worden ist, um dann erst mit dem Untergange der ganzen Stadt von Neuem in Trümmer zu fallen.
Dieser muss nach der Mitte des 4. Jahrhunderts erfolgt sein, da im Jahre 354 Ammianus Marcellinus Augusta noch als blühenden Ort fand. Von 356 an datiert dann das siegreiche Vorrücken der Alemannen und damit die obere zeitliche Grenze unserer Münzfunde in Augusta Rauracorum, während bei Kaiser-Augst noch Münzen mit dem Bilde von Constantin zu Tausenden zu Tage gekommen sind. Dieses letztere muss demnach die Nachfolge von Augusta übernommen haben; es erhielt den Namen Castrum Rauracense und wird in der ums Jahr 400 aufgesetzten Liste der Provinzen des römischen Reiches als solches aufgeführt. Es ist zu beachten, dass die Mauerüberreste des Kastells von Kaiser-Augst von besonders grosser Mächtigkeit sind und teilweise aus von der Trümmerstätte von Augusta Rauracorum herrührenden Bausteinen aufgeführt worden sein müssen. Dieses neue Kastell bildete ein Rechteck von 255 m Länge auf 150 m Breite.
Das Christentum muss am Rheinufer bei Augst seit dem 3. Jahrhundert Boden gefasst haben; der älteste bekannte Bischof von Augst figuriert 346 in den Akten des Concils von Cöln und trug den Titel eines Bischofs der Rauracer. Nach der Zerstörung der Stadt wurde Basel Sitz des Bistums.
Litteratur.
Schœpflinus, Jo. Dan. Alsatia illustrata Celtica-Romana-Francica. 2 vol. Colmariae 1751 und 1761. - Bruckner, Dan. Versuch einer Beschreibung histor. u. natürlicher Merkwürdigkeiten der Landschaft Basel. Basel 1748-63. - Quiquerez, A. Monumens de l'ancien évêché de Bàle. Porrentruy 1864. - Mitteilungen der histor. Gesellschaft zu Basel. 1882. - Anzeiger für schweizer. Altertumskunde. 1868 ff.