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an den Bezirk über; im innern Landesteil bestehen die Rhoden als Korporationen fort, deren Zinse hauptsächlich zur Unterstützung der Rekruten, der Schulen und Kirchen verwendet werden.
Am letzten Sonntag Aprils versammelt sich die Landsgemeinde und wählt die Standeskommission (Regierung), bestehend aus dem regierenden und stillstehenden (Vize-) Landammann, Statthalter (zweitem Stellvertreter des Landammanns und Präsidenten der Verhörkommission), Säckelmeister (Finanzdep.), Landeshauptmann (Landwirtschaftsdep.), Bauherr (Baudep.), Landsfähnrich (Polizeidep. und Schulkassaverwalter), Armleutsäckelmeister (Armenwesen des innern Landes) und Zeugherr (Militärdep.), ferner das Kantonsgericht mit 13 Mitgliedern, den Landschreiber und Landweibel und alle 3 Jahre das Mitglied in den Ständerat; sie entscheidet auch über Annahme oder Verwerfung von Gesetzen, worüber Diskussion gestattet ist. Am ersten Sonntag im Mai tagen die Bezirksgemeinden zur Wahl der Hauptleute und Räte (verwaltende Bezirksbehörde), des Bezirksgerichtes und Vermittlers und zur Behandlung von Fragen, die das Interesse des Bezirks, berühren.
Jeder Bezirk hat einen regierenden und stillstehenden Hauptmann (Präsidenten). Die Standeskommission und sämtliche Hauptleute und Räte bilden den Grossen Rat, dessen Präsident der regierende Landammann ist. Der Gr. Rat berät die Gesetze, die vor die Landsgemeinde gelangen, erlässt Verordnungen, bestimmt den Steuerfuss - der indes nicht leicht abzuändern wäre -, wählt den Bankrat, die Schul-, Militär-, Bau-, Sanitäts- und andere Kommissionen, übt das Begnadigungs- und das Kollaturrecht aus. Er versammelt sich ordentlicherweise dreimal im Jahre. Bei wichtigern Verhandlungen pflegt man noch Umfrage zu halten, indem zuerst die Mitglieder der Standeskommission nach der Reihenfolge des Amtes, dann die Hauptleute nach der Reihe der Bezirke um ihre Meinung befragt werden, worauf erst die allgemeine Diskussion eröffnet wird.
Die im innern Landesteil gewählten Bezirksrichter bilden ein Gericht, die von Oberegg das zweite. Für dingliche Streitsachen (Land, Bach, Wald und Weg) bestehen drei Instanzen: die erste besteht aus 5 Mitgliedern des Bezirksgerichtes, soweit möglich aus dem Wahlbezirke, in dem der Streitgegenstand liegt;
die zweite aus 11 Mitgliedern, die - mit Ausschluss der Mitglieder der ersten Instanz, - nach der Reihenfolge der Wahlbezirke aus demselben Bezirksgerichte, nötigenfalls aus demjenigen des andern Landesteiles berufen werden;
als dritte Instanz tritt das Kantonsgericht auf, das in andern Fällen als zweite Instanz funktioniert.
Stimm- und wahlfähig sind vom 20. Altersjahr an alle Landleute und niedergelassenen Schweizerbürger, mit Ausnahme der Falliten bis zur Rehabilitierung, und der durch richterliches Urteil Entehrten. Beschränkungen sind für folgende Fälle vorgesehen: in Standeskommission, Bezirks- und Kantonsgericht dürfen nicht zwei nahe Verwandte sitzen;
ein Mitglied der verwaltenden Behörden kann nicht einem Gerichte angehören;
im Kantonsgericht muss jeder der 6 Bezirke vertreten sein;
der regierende Landammann darf sein Amt nur 2 Jahre ohne Unterbruch bekleiden.
Jeder Wahlfähige ist bis zu seinem 65. Altersjahre verpflichtet, ein ihm übertragenes Amt anzunehmen. Die Beamten werden nur durch Taggelder entschädigt, mit der Ausnahme, dass die 9 Mitglieder der Standeskommission zusammen 1220 Fr. Besoldung beziehen.
Appenzell trat 1411 als Schützling mit den 7 Orten ins Landrecht, 1452 wurde es als zugewandter Ort und 1513 als gleichberechtigt in den Bund aufgenommen. In dieser Zeit rechnete man Gais noch zu den innern, das Gebiet des heutigen Oberegg zu den äussern Rhoden.
Appenzell
I. Rh., durch die Trennung von 1597 zu einem selbständigen Staatsgebilde geworden, zeitigte im 18. Jahrhundert
trotz der demokratischen Institutionen aristokratische Neigungen, die im Sutter'schen Prozess (1784) am deutlichsten zu Tage
traten.
1798-1803 gehörte Innerrhoden zum Kanton
Säntis. Vor- und nachher waren Verfassung und Gesetze des Landes im Landbuche,
einer Sammlung von Beschlüssen aus verschiedenen Zeiten, enthalten. Die ältesten stammen von 1409,
gesichtet wurden sie 1585. Eine Revision fand 1814 statt. Im Jahre 1828 wurde von der Landsgemeinde der ganze Grosse
Rat gestürzt
und - bis auf drei - durch neue Mitglieder ersetzt. Die neue Behörde erhielt den Auftrag, eine Verfassung auszuarbeiten,
die dann 1829 angenommen wurde. Der gleiche Grosse
Rat hob die Ehrloserklärung des hingerichteten Landammanns
Sutter und seiner Anhänger auf. Während des Sonderbundskrieges blieb Appenzell
I. Rh. neutral und wurde dafür um 15000 Fr. gebüsst.
Nach mehrern Anläufen wurde die Verfassung 1872 wieder revidiert und verblieb nun der Hauptsache nach bis heute in
Kraft.