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Aus der Milch der Kühe wird von den Bauern selbst Butter und Käse bereitet. Von letzterm macht man 2 Sorten, gewöhnlich einen scharf gesalzenen, sog. «rässen» Magerkäs, seltener einen fetten, der nach seiner Konsistenz etwa zwischen Emmentaler und Greierzer einzureihen wäre. Molkenhändler holen wöchentlich die Produkte bei den Bauern und bezahlen dieselben halbjährlich.
Im Jahre 1899 wurden für Jagd- und Fischereipatente 1822 Fr. eingenommen, an Schussprämien für schädliches Wild 409,50 Fr. ausgelegt. Das Hauptwild ist die Gemse; ausserdem werden Reh und Dachs, Fuchs und Hase, Marder und Fischotter, Auer-, Birk- und Schneehuhn gejagt. Der Steinadler, der früher ziemlich regelmässig am Hundstein horstete, ist längst ausgerottet. Murmeltiere, die man angesiedelt hat, vermehren sich nicht stark. Die einzigen Fische sind die Bachforelle (Salmo fario), deren Fleisch sehr geschätzt ist, und die Groppe (Cottus gobio). Die Ellritze (Cyprinus phoxinus) scheint verschwunden zu sein, da schon seit Jahren keine mehr gefangen wurde.
Nach der Zählung von 1888 hat Appenzell I. Rh. 12888 Einwohner, von denen 11355 Bürger ihrer Wohngemeinde, 192 Bürger der andern Gemeinde des Kantons, 1046 Bürger anderer Kantone und 295 Ausländer sind. Nach der Religion sind 12213 Katholiken und 673 Reformierte; 12849 sprechen deutsch, 8 französisch, 28 italienisch, 2 romanisch. Sie verteilen sich auf 3163 Haushaltungen in 2112 Häusern. 4872 (378‰) leben laut der eidg. Statistik vom Ertrage der Landwirtschaft und Viehzucht, 6560 (509‰) von Industrie, 851 (66‰) vom Handel, 206 (16‰) vom Verkehr, 322 (25‰) von Verwaltung und Wissenschaft, 77 (6‰) sind ohne bestimmten Beruf.
Als Industrien sind fast ausschliesslich Stickerei und Seidenweberei anzuführen. 1890 beschäftigten sich mit Hand-Plattstickerei 2432, mit Maschinen-Plattstickerei 673, mit Kettenstich-Stickerei 707, mit Zwirnerei 7, mit Handweberei 136 Personen. Früher, als die Molken bei den Medizinern noch den Ruf grosser Heilkraft hatten, zogen viele Leute als Molkenbereiter, sog. «Schöttler», während der Saison in Bäder, Kurorte und Städte Deutschlands, Oesterreichs etc. Durch den Umschwung der medizinischen Anschauungen dazu genötigt, warf sich der grössere Teil dieser Leute auf den Stickereihandel, sodass man jetzt Stickerinnen und Fabrikanten aus I. Rh. von Nizza bis Königsberg, von Budapest bis London trifft.
Die Stickerinnen bieten ein anmutiges Bild durch ihre Tracht, die im innern Landesteil noch allgemein getragen wird und sich an Festtagen durch reiche Farbenpracht und kostbaren Gold- und Silberschmuck auszeichnet. (Siehe das Bild Seite 79. ^[= 41.92.]) Als kleinere Industrien sind noch zu nennen: je eine Ziegelei, Cylinderhutfabrik und Holzbildhauerei, drei Konditoreien, die auch für den Export in die benachbarten Kantone arbeiten (Biberfladen) und zwei Brauereien. Von nicht geringer Bedeutung ist die Fremdenindustrie, der nicht nur die Gasthäuser auf den Bergen dienen, sondern auch 3 grössere Bäder: Weissbad, Gontenbad, Jakobsbad und die Kuranstalten in Schwende, Steinegg, St. Anton und Oberegg.
Nur eine Eisenbahn berührt diesen Kanton, die schmalspurige Appenzellerbahn, deren Endstück von 7,75 km auf innerrhod. Gebiet liegt. An Staatsstrassen sind ca. 18,8 km, an Bezirksstrassen 33,7 km vorhanden. Die «ländliche Spar- und Leihkasse», die mit Neujahr 1900 an den Kanton überging und nun als «Appenzell.-innerrhodische Kantonalbank» weiter betrieben wird, ist das einzige Geldinstitut. Gesamtumsatz (1898) 9197469,93, Sparkassaeinlagen in diesem Jahr 665441,16, Rückbezüge 536410,98, Bestand der Einlagen 2620152,77 Fr. Eine «ländliche Feuerversicherungs-Gesellschaft», beruhend auf Freiwilligkeit und Gegenseitigkeit, sowie eine «Brandversicherungsanstalt für den Bezirk Oberegg» suchen die Leute vor Brandschaden zu bewahren. Versicherungssumme der erstern (1898) 9149125, Prämien und Einstandsgelder 6313,30, Brandschadenvergütung 2386,70, Vermögen 273102,10 Fr. Von sonstigen Vereinen nennen wir den historisch-antiq. Verein, Turn-, Schwing-, Jägerverein, Lesegesellschaften etc. Verschiedene erstrecken sich über beide Halbkantone: Gemeinnützige Gesellschaft, Gewerbeverein, Feuerwehrverband, ärztliche Gesellschaft etc.
Auch die Truppen der Füsilier-Bat. 84 und 128 gehören beiden Halbkantonen an. Innerrhoden stellt:
Für Uebung sorgen 19 Schützenvereine.
Die Staatseinnahmen des Jahres 1899 betrugen 173400,35 Fr., wovon 5159,35 an Zinsen, 9468,05 vom Salzregal und 89263,37 an Steuern; die Ausgaben 123174,05 Fr., wovon 11356,01 Zinsen, 8680,45 für Polizei- und Gerichtswesen, 25339,13 fürs Bauwesen, 30839,26 fürs Schulwesen. Das eigentliche Staatsvermögen, ohne die unproduktiven Gebäulichkeiten, beträgt 212658,46 Fr., dem aber Passiven von 314129 Fr. gegenüberstehen. Zu den Aktiven kommen Spezialfonds, so der des Bauamts mit 54022,13, des Zeugamts mit 5551,53, des Landwirtschaftsdepartementes (neu angelegt) mit 6697,94 Fr. Zwar nicht dem ganzen Kanton, aber dem ganzen innern Landesteil gehören: eine Schulkasse mit 58347,71 Fr. und mehrere Kassen für Armen-, Kranken- und Waisenverwaltungen, zusammen mit 557665,38 Fr. reinem Vermögen, die ebenfalls von der Standeskommission verwaltet werden. Es wurden, ohne Bau- und Verwaltungskosten, verausgabt: für Kranke 4086,22, für Arme 27418,98, für Waisen 10613,96, für Unverbesserliche und moralisch Defekte im sog. Spital 6066,35 Fr.
Die Staatssteuer wird nach dem «Kataster» erhoben, d. h. es wird jedes immobile Besitztum amtlich geschätzt; von dem so erhaltenen Werte fallen ⅔ in Besteuerung. Katasterwert (1900): 25551240 Fr. Die Steuer beträgt im innern Landesteil für Staats- und Armenzwecke seit langem stets 5‰, in Oberegg, das für seine Armen selbst sorgt, gewöhnlich 3½‰. Pfandgläubigern kann der entsprechende Betrag vom Zinse abgezogen werden. Bezirks-, Schul-, Kirchen- und Feuerschausteuern werden in verschiedener Weise und Berechnung, jedoch meist auf Grundlage des Vermögens erhoben.
Die Vermögen der Schulgemeinden machten 1896-97 aus 110068,48, deren Schulden 146630 und die erhobenen Steuern 27943,33 Fr. Die verhältnismässig bedeutenden Schulden rühren von Neubauten her. Der Schulbesuch ist obligatorisch in der Alltagschule vom 6.-12. Altersjahr, hierauf in der Repetierschule 2 Jahre, woran sich für die Knaben noch 3 Jahre Fortbildungsschule anschliessen. Vom Staate wird eine Real-(Sekundar-)schule für Knaben, von Privaten eine solche für Mädchen unterhalten. In der Alltagschule (Primarsch.) haben die Kinder die Schule während 40-44 Wochen je 6 Halbtage zu besuchen, in der Repetierschule während 28 Wochen und in der Fortbildungsschule während 19 Wochen je 4 Stunden. An einer gewerblichen Fortbildungsschule wird während ca. 44 Wochen je 6 Stunden Unterricht erteilt. Das Minimalgehalt eines Primarlehrers ist 1000 Fr., das nach 5 und nach 10 Jahren um je 100 Fr. steigt. Eine Lehrer-Alters-, Witwen- und Waisenkasse besitzt 11686 Fr.
Kirchlich gehört Appenzell I. Rh. provisorisch zum Bistum St. Gallen und wird durch einen bischöflichen Kommissär administriert.
Das Vermögen der Kirchen beträgt (1899) 513131 Fr., ohne die gesammelten Fonds für Neubauten, die auf ca. 100000 Fr. geschätzt werden können und ohne das der 17 Kapellen, das von geringem Belange ist; die Schulden machen 27202 Fr. aus.
Der Kanton zerfällt politisch in 6 Bezirke (Appenzell, Schwende, Rüti, Schlatt-Haslen, Gonten und Oberegg), von denen jedoch 5 nur als Wahlbezirke angesehen werden können, indem man nur Bürger des innern Landesteiles und solche von Oberegg unterscheidet und jeder Bürger des innern Landes, der in einen andern Bezirk desselben zieht, dort in jeder Hinsicht den andern gleichgestellt ist. Kirchlich wird Appenzell I. Rh. in 5 Pfarrgemeinden eingeteilt, von denen eine noch 3 Filialen hat. Schulkreise bestehen 15. Weder die Grenzen der Kirchgemeinden, noch die der Schulkreise stimmen mit denen der Bezirke überein. Früher wurde die Bevölkerung nach Geschlechtern in Rhoden eingeteilt, die neben der Landsgemeinde die Wahlkörper bildeten. In Oberegg ging das Rhodsvermögen ¶
Hauptsæchliste Industrien des Kantons Appenzell
GEOGRAPHISCHES LEXIKON DER SCHWEIZ
Lf. 9. ^[Karte: 7° 4’ O; 47° 19’ N; 1:175000]
Verlag von Gebr. Attinger Neuenburg.
Baumwollweberei | (3) ♦ | Tissage du coton |
Handstickerei | (1) △ | Brodage à la main |
Kettenstickerei | (1) ▲ | Brodage à la chaîne |
Maschinenstickerei | (2) a | Brodage à la machine |
Zwirnerei | ᴕ | Retordage |
Bleicherei | ☩ | Blanchissage |
Appretur | + | Apprêt |
Seidenindustrie | (3) S | Industrie de la soie |
INNER RHODEN
(1) Bis 100 Personen. | Jusqu' à 100 personnes. |
(2) Bis 100 Maschinen. | Jusqu' à 100 machines. |
(3) Bis 20 Stühle. | Jusqu' à 20 sièges. |
Die Dichtigkeit der Industrie ist durch die Zahl den Zeichen angegeben.
L'intensité de l'industrie est indiquée par le nombre des signes.
Viehhandel | ɤ | Commerce du bétail |
Holzhandel | ➚ | Commerce de bois |
Säge | ⟣ | Scierie |
Käserei | o | Fromagerie |
Bierbrauerei | Br | Brasserie |
Ziegelei | ⌂ | Tuilerie |
Chemische Produkte | ♁ | Produits chimiques |
Wollwaaren Fabr. | Ж | Lainages |
Papierfabrik | P | Fabrique de papier |
Mühle | ⟣ | Meunerie |
Branntweinbrennerei | * | Distillerie |
Bad | ٮ | Bains |
Luftkurort | K | Stat. climatérique |
1:175000
M. B. n. A. Heyer & E. Lehner.
V. Attinger sc.
HAUPTSÆCHLICHSTE INDUSTRIEN DES KANTONS APPENZELL ¶
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an den Bezirk über; im innern Landesteil bestehen die Rhoden als Korporationen fort, deren Zinse hauptsächlich zur Unterstützung der Rekruten, der Schulen und Kirchen verwendet werden.
Am letzten Sonntag Aprils versammelt sich die Landsgemeinde und wählt die Standeskommission (Regierung), bestehend aus dem regierenden und stillstehenden (Vize-) Landammann, Statthalter (zweitem Stellvertreter des Landammanns und Präsidenten der Verhörkommission), Säckelmeister (Finanzdep.), Landeshauptmann (Landwirtschaftsdep.), Bauherr (Baudep.), Landsfähnrich (Polizeidep. und Schulkassaverwalter), Armleutsäckelmeister (Armenwesen des innern Landes) und Zeugherr (Militärdep.), ferner das Kantonsgericht mit 13 Mitgliedern, den Landschreiber und Landweibel und alle 3 Jahre das Mitglied in den Ständerat; sie entscheidet auch über Annahme oder Verwerfung von Gesetzen, worüber Diskussion gestattet ist. Am ersten Sonntag im Mai tagen die Bezirksgemeinden zur Wahl der Hauptleute und Räte (verwaltende Bezirksbehörde), des Bezirksgerichtes und Vermittlers und zur Behandlung von Fragen, die das Interesse des Bezirks, berühren.
Jeder Bezirk hat einen regierenden und stillstehenden Hauptmann (Präsidenten). Die Standeskommission und sämtliche Hauptleute und Räte bilden den Grossen Rat, dessen Präsident der regierende Landammann ist. Der Gr. Rat berät die Gesetze, die vor die Landsgemeinde gelangen, erlässt Verordnungen, bestimmt den Steuerfuss - der indes nicht leicht abzuändern wäre -, wählt den Bankrat, die Schul-, Militär-, Bau-, Sanitäts- und andere Kommissionen, übt das Begnadigungs- und das Kollaturrecht aus. Er versammelt sich ordentlicherweise dreimal im Jahre. Bei wichtigern Verhandlungen pflegt man noch Umfrage zu halten, indem zuerst die Mitglieder der Standeskommission nach der Reihenfolge des Amtes, dann die Hauptleute nach der Reihe der Bezirke um ihre Meinung befragt werden, worauf erst die allgemeine Diskussion eröffnet wird.
Die im innern Landesteil gewählten Bezirksrichter bilden ein Gericht, die von Oberegg das zweite. Für dingliche Streitsachen (Land, Bach, Wald und Weg) bestehen drei Instanzen: die erste besteht aus 5 Mitgliedern des Bezirksgerichtes, soweit möglich aus dem Wahlbezirke, in dem der Streitgegenstand liegt;
die zweite aus 11 Mitgliedern, die - mit Ausschluss der Mitglieder der ersten Instanz, - nach der Reihenfolge der Wahlbezirke aus demselben Bezirksgerichte, nötigenfalls aus demjenigen des andern Landesteiles berufen werden;
als dritte Instanz tritt das Kantonsgericht auf, das in andern Fällen als zweite Instanz funktioniert.
Stimm- und wahlfähig sind vom 20. Altersjahr an alle Landleute und niedergelassenen Schweizerbürger, mit Ausnahme der Falliten bis zur Rehabilitierung, und der durch richterliches Urteil Entehrten. Beschränkungen sind für folgende Fälle vorgesehen: in Standeskommission, Bezirks- und Kantonsgericht dürfen nicht zwei nahe Verwandte sitzen;
ein Mitglied der verwaltenden Behörden kann nicht einem Gerichte angehören;
im Kantonsgericht muss jeder der 6 Bezirke vertreten sein;
der regierende Landammann darf sein Amt nur 2 Jahre ohne Unterbruch bekleiden.
Jeder Wahlfähige ist bis zu seinem 65. Altersjahre verpflichtet, ein ihm übertragenes Amt anzunehmen. Die Beamten werden nur durch Taggelder entschädigt, mit der Ausnahme, dass die 9 Mitglieder der Standeskommission zusammen 1220 Fr. Besoldung beziehen.
Appenzell trat 1411 als Schützling mit den 7 Orten ins Landrecht, 1452 wurde es als zugewandter Ort und 1513 als gleichberechtigt in den Bund aufgenommen. In dieser Zeit rechnete man Gais noch zu den innern, das Gebiet des heutigen Oberegg zu den äussern Rhoden.
Appenzell I. Rh., durch die Trennung von 1597 zu einem selbständigen Staatsgebilde geworden, zeitigte im 18. Jahrhundert trotz der demokratischen Institutionen aristokratische Neigungen, die im Sutter'schen Prozess (1784) am deutlichsten zu Tage traten. 1798-1803 gehörte Innerrhoden zum Kanton Säntis. Vor- und nachher waren Verfassung und Gesetze des Landes im Landbuche, einer Sammlung von Beschlüssen aus verschiedenen Zeiten, enthalten. Die ältesten stammen von 1409, gesichtet wurden sie 1585. Eine Revision fand 1814 statt. Im Jahre 1828 wurde von der Landsgemeinde der ganze Grosse Rat gestürzt und - bis auf drei - durch neue Mitglieder ersetzt. Die neue Behörde erhielt den Auftrag, eine Verfassung auszuarbeiten, die dann 1829 angenommen wurde. Der gleiche Grosse Rat hob die Ehrloserklärung des hingerichteten Landammanns Sutter und seiner Anhänger auf. Während des Sonderbundskrieges blieb Appenzell I. Rh. neutral und wurde dafür um 15000 Fr. gebüsst. Nach mehrern Anläufen wurde die Verfassung 1872 wieder revidiert und verblieb nun der Hauptsache nach bis heute in Kraft.