Rud. Meyer († 1813) eingefürt. Woll- und Baumwollwebereien, mechanische Stroh- und Bastflechtereien, Glockengiessereien;
die älteste Zementfabrik der Schweiz. Ehemals berühmte Töpferei, wo heute die Röhren für Kanalisation, Ziegel etc. hergestellt
werden. Fabrikation von chem. Produkten, Firnissen, Siegellack. Färbereien für Seide, Wolle und Stroh, Giessereien, Maschinen-
und Waffenwerkstätten, Kunstschlossereien. Fabrikation von elektr. Installationsteilen und Reisszeugen.
Brauereien, Chokoladenfabrik, Zuckerwarenfabrik, Druckerei, Lithographie, Buchbinderei. Handels- und Kunstgärtnereien. -
Reges Vereinsleben, 83 Vereine und Gesellschaften, von denen die wichtigsten: Der Kunstverein, die historische, die naturforschende
und die landwirtschaftliche Gesellschaft, der kaufmännische Verein, die kaufmännische Gesellschaft, die mittelschweiz.-geograph.-kommerzielle
Gesellschaft, die Sektion Aarau des schweiz. Alpenklubs, Handwerker- und Gewerbeverein, Sektion Aarau
des schweiz. Geschäftsreisendenvereins, der Einwohnerverein, die Hülfs- und die Kulturgesellschaft.
In Bezug auf das religiöse Bekenntnis der Bevölkerung kamen im Jahre 1888 auf 6699 E. 5377 Protestanten, 1264 Katholiken, 58 gehörten
andern Religionen oder auch gar keiner an. Diese Bevölkerung verteilt sich auf 710 Häuser mit 1497 Haushaltungen.
Für das Jahr 1900 ergbit ^[richtig: ergibt] die Statistik 8000 E. auf 1500 Gebäude.
Die Entstehung Aarau reicht wahrscheinlich ins Zeitalter der Merowinger; in diese Periode mag auch der Turm Rore und das Schlössli
gehören. Im Jahre 920 war es schon befestigt. In die Gewalt des Hauses Habsburg und später der Herzoge
von Oesterreich gefallen, hatte es in den ersten Kriegen gegen die Eidgenossen zu kämpfen. Durch Bern
1415 erobert, hatte Aarau
eine Zeit lang gegen den umliegenden österreichisch gesinnten Adel zu ringen. Den 25. Januar 1798 versammelte sich die Tagsatzung
der XIII. alten Orte zum letzten Male in Aarau; den 2. Februar pflanzte die Stadt den Freiheitsbaum auf und
erklärte sich von Bern
unabhängig. Aarau wurde nun provisorischer Sitz der helvetischen Regierung und nach der Mediationsakte
von 1803 Hauptort des neuen Kantons Aargau.
Aarau
ist der Heimatort mehrerer berühmter Männer: Joh. Rud. Meyer (1739-1813) führte neue Industriezweige
ein und gründete die Kantonsschule. Franz Xaver Bronner (1758-1850), Verfasser von Idyllen, Professor an der Kantonsschule,
Kantonsbibliothekar und Staatsarchivar, schrieb ein vorzügliches Werk über den Kanton Aargau.
Albert Rengger (1764-1835), helvetischer
Minister. Augustin Keller (1805-1883), berühmter Staatsmann und Pädagoge. Vital Troxler, Professor und Schriftsteller.
Abraham Em. Fröhlich, Fabelndichter. Tanner, Dichter. Jak. Frey (1824-1875), Verfasser von Schweizernovellen.
Kurz, Professor an der Kantonsschule. Dr. Rochholz, Antiquar. Dr. Rud. Rauchenstein, Rektor und Philologe. Joh. Herzog, Staatsmann,
Gründer von Industrien. General Herzog. Bundesrat Frey-Herosé. Nationalrat Feer-Herzog, eine Autorität in Münzfragen.
Ferdinand Rud. Hassler (1770-1843), berühmter Ingenieur, Direktor des Coast-Survey der Ver. Staaten Amerikas.
Bundesrat Dr. Emil Welti.
Der Geschichtschreiber u. Schriftsteller Heinr. Zschokke, geboren in Magdeburg im Jahre 1771, hat in Aarau den grössten
Teil seines Lebens zugebrachter, ist 1848 dort gestorben. Die Stadt hat ihm, ebenso wie Augustin Keller, ein Denkmal errichtet.
Bezirk (Kt. Bern).
Flächeninhalt 15370 ha. Bevölkerung im Jahr 1888: 16788 Seelen, pro km2 109 E.
Hauptort: Aarberg. Der Bezirk besteht aus den folgenden 12 politischen Gemeinden: Aarberg, Bargen, Grossaffoltern Kallnach,
Kappelen, Lyss, Meikirch, Niederried, Radelfingen, Rapperswil, Schüpfen und Seedorf. Bargen bildet mit Aarberg eine Kirchgemeinde,
Niederried ebenso mit Kallnach. ^[Berichtigung: Aarberg bildet eine eigene Kirchgemeinde für sich.] Der
Bezirk befindet sich zum grössten Teil in dem durch die Aare und den Lyssbach gebildeten Dreieck. Im N. dehnt sich der Bezirk
aber auch auf der andern Seite der Aare über das grosse Moos aus und umfasst überdies im O. das hügelige Land bis zum Fuss
des Bucheggberges, in dessen Mitte der Frienisberg, 826 m. steht. Die tiefste Einsenkung ist bei Lyss, 449 m.
Der Hagneckkanal verlässt die alte Aare bei Aarberg. Die 16788 E. sind vorwiegend Bauern, sie bewohnen 2407 Häuser und
mehr
bilden 3369 Haushaltungen. Der Hauptteil der Bevölkerung ist protestantisch; man zählt 60 Katholiken und 32 Juden. Von den
Einwohnern treiben 3714 Ackerbau, 2337 ein Handwerk und 1734 finden durch verschiedene Industriezweige Beschäftigung. Der
Ackerbau bildet die Haupterwerbsquelle. Der Boden, durch die lehmigen und sandigen Ablagerungen aus der Gletscherzeit (Rhonegletscher)
gebildet, ist sehr fruchtbar.
Der obere Teil des Frienisberges ist mit schönen Tannen- und Buchenwäldern bewachsen. Das produktive Land umfasst:
ha.
Äcker und Gärten
6673
Wiesen und Obstgärten
3460
Wälder
4167
Total:
14300
das sind 93% des ganzen Bodens. Die Äcker werden bepflanzt wie folgt:
ha.
Getreide auf
2460
Runkelrüben auf
1707
Kunstfutter auf
2369
Verschiedene Gewächse auf
137
wie oben:
6673
Infolge Gründung einer Zuckerfabrik in Aarberg wird die Kultur der Runkelrübe in Zukunft eine grössere Ausdehnung annehmen.
Im Jahr 1898 hat der angebaute Boden produziert:
q pro ha.
Runkelrüben und Kohl
360,-
Getreide
19.80
Kunstfutter
81.30
Gutes Wiesenheu
100
Die Viehzählung weist folgende Zahlen auf:
1876
1886
1899
Hornvieh
6682
8442
9498
Pferde
1101
1172
1221
Schweine
4484
5733
7898
Ziegen
2435
2992
2746
Schafe
2434
1937
927
Bienenstöcke
1303
1775
1527
Die Hauptindustrie des Bezirkes bilden die Uhrenfabriken in Lyss. In Schüpfen, Lyss, Rapperswil, Aarberg
und Radelfingen sind Ziegelbrennereien, welche ihr Material aus den zahlreichen Thongruben der Umgegend beziehen. In Lyss grosse
Fabrik künstlicher Bausteine aus Zement. Der Bezirk setzt grosse Hoffnungen auf die Zuckerindustrie mit Beihülfe des
Staates.
Der Bezirk Aarberg wird von 2 Eisenbahnen durchzogen, derjenigen Biel-Lyss-Bern und derjenigen Murten-Aarberg-Lyss-Neu-Solothurn
(Jura-Simplonbahn).
Die wichtigsten Strassen I. Klasse sind diejenigen von Bern-Aarberg-Biel und Aarberg-Anet-Neuchâtel.
Städtchen (Kt. Bern).
Gem.
und Hauptort des gleichnamigen Bez. Liegt am rechten Ufer der Aare, direkt am Einfluss in den
Hagneckkanal, 458 m. 128 Häuser, 250 Haushaltungen und 1250 E. von denen 1200 protestantisch, 7 katholisch und 28 israelitisch.
Ursprünglich bestand die Stadt aus einer einzigen Strasse, die über die Aarebrücke führt und die so breit ist, dass sie
einem grossen Platze gleicht. Im S.-O. liegt die Kirche und das Schloss, letzteres früher die Residenz der Grafen von Aarberg,
aber seit lange Sitz der Bezirksverwaltung. Aarberg ist eine Eisenbahnstation an der Linie Solothurn-Lyss
und Aarberg-Murten. Es ist auch der Knotenpunkt der Linien von Neuchâtel, Bern,
Murten, Solothurn
und Biel. ^[Berichtigung: Station der Linie
Lausanne-Payerne-Lyss. Sehr interessante alte gedeckte Holzbrücke aus dem Jahre 1557.]
Das Hotelwesen, früher sehr bedeutend, hat seit der Errichtung der Eisenbahnen sehr abgenommen. Die
Zahl Wirtschaften hat eher zugenommen. Wichtiger Vieh- und Kornmarkt. Einzige Zuckerfabrik in der Schweiz, gegründet im Jahr 1898. Kapital 1500000
Fr. Täglicher Verbrauch von 3500 kg. Runkelrüben. Man hofft, bis auf 7000 kg. verarbeiten zu können. 250 Arbeiter sind
in dieser Fabrik beschäftigt, die Stock-, Stampf- und Mehlzucker herstellt. Die Bernerregierung interessiert
sich für das Unternehmen und zahlt den Besitzern von Runkelrübenkulturen pro 100 kg. Rüben 10 Rp. Prämie.
Die «Bargener Schanzen» ganz nahe bei der Stadt sind alte Wälle; ebenso befinden sich da die Spuren einer römischen
Strasse, die einst Aventicum mit dem unteren Aarethal verbunden hat. Im Jahre 1351 erwarb die Stadt Bern
Aarberg von einem seiner Grafen.