- 130 - solcher horizontal geteilter Fenster erfreuen, wie selten die oberen Teile benutzt werden.
Meist sind sie für fast alle Bewohner zu schwer, oft nur mit gefährlichen Kletter- und Turnübungen erreichbar und zu handhaben;
da läßt man sie eben unbenutzt.
Und auch wenn fie gebraucht werden, kehrt doch mancher von den früher genannten Uebelstä'uden einigermaßen wieder, namentlich der, daß die Lüftung nicht gut nach Belieben abgestuft werden kann.
Schließlich macht sich noch eine Hauptsache sowohl für die untere als ganz besonders für die obere Lüftung unliebsam bemerkbar. Es muß nämlich jedes geöffnete Fenster irgendwie festgemacht, gegen das Zuschlagen durch den Wind geschützt werden;
meist hat man dazu Häkchen, zu deren Handhabung man jedoch sehr oft zu faul ist, zumal wenn sie hoch oben sind;
da steht man dann vor der Wahl, entweder die Fenster zu öffnen und die Straßenpassanten sowie die eigene Börse durch die Scherben und die Kosten eines zerbrochenen Fensters gefährdet zu sehen, oder aber auf die Lüftung ganz zu verzichten.
Solche Nebelstände scheinen zu unbedeutend und eine zu spezielle bautechnische Angelegenheit zu sein, als daß ihnen hier eine so nachdrückliche Auseinandersetzung zu teil werden sollte. (Schwtz folgt.) Weibliche Handarbeiten.
Handarbeiten waren seit altersgrauer Vorzeit ein höchst wichtiger Faktor der weiblichen Erziehung.
Spinnen, Weben und Flik-ken zählten zu den notwendigen Fertigkeiten einer deutschen Frau, selbst jener, die berufen war, dereinst eine Krone zu tragen.
Den Germaninnen der Vorzeit ist weder Küche noch Nähstube ein unbekannter Raum gewesen. In den ersten Erziehungsanstalten, den Frauenklöstern, wurde deshalb auch neben dem Schreiben und Bibellesen dem Studium der Handarbeiten eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
Wie das Schwert als Zeichen der Manneswürde galt, blieb das Sinnbild der Frau durch Jahrhunderte die Spindel, und zwar solch bedeutsames Sinnbild, daß die Verwandtschaftsgrade den Namen davon ableiteten, hießen doch die Verwandten väterlicherseits Schwertmagen! jene mütterlicherseits: Spindelmagen! Die Wolle der Schafe lieferte das erste Material für die Kleidung, erst später gelangte von Italien und Griechenland aus der Flachsbau nach Deutschland.
Man kannte deshalb zuerst die Wollspinnerei.
Dann eroberte sich das Linnen die größere Gunst der Vorfahren.
Der Flachs ward der Obhut der höchsten Göttin anvertraut.
Wie alle Riesinnen, Nornen und Schwanenjungfrauen des Spinnens tundig gedacht sind, wurde auch in Liedern und Sagen die Mutter Karls des Großen, Berta, als eine der fleißigsten Spinnerinnen gefeiert.
Eine silberne Spindel prangte auf dem Grabhügel der Tochter Otto I., der Herzogin Mutgart von Lothringen.
Das alte schöne Zeichen der tüchtigen deutschen Hausfrau ward ihr zum Denkmal gesetzt.
Während die höheren Stände spannen, wurde durch Mägde und bäuerliche Hausfrauen der Flachs durch Klopfen, Schwingen und Bürsten zum Gebrauch zubereitet.
Ebenso blieb bis Mitte des 13. Jahrh, das Weben eine weibliche Hausarbeit, wie es sich jetzt nur noch ganz vereinzelt in Bauerndörfern der süddeutschen Alpen erhielt. An den Fürstenhöfen des Mittelalters wurden solche Arbeiten im großen betrieben.
Außer den zahlreichen Mägden traten auch die Töchter der hörigen in Frondienste und halfen in dem sogenannten Frauenhause.
Dadurch erklärt es sich auch nur, daß es möglich war, zu großen Turnieren oft fo schnell die nötigen Gewänder herzustellen.
Das Zuschneiden erforderte, der damaligen Tracht zufolge, nur geringe Geschicklichkeit.
Trotzdem nennen alte Chroniken als besonders geübt in dieser Kunst: Die Schwester des Bischofs Burkhard von Worms;
die Gemahlin des Grafen Balderich von Geldern;
die Witwe Heinrich III., Agnes von Poitiers;
und die Töchter von Rudolf von Habsburg. Schon damals wurde viel Wert auf eine sauber genähte Naht gelegt.
Als dann die Mode «Benähen der Nähte mit Borten» erforderte, wurde das Sticken folcher Borten eine neue Kunstfertigkeit für Frauenhände.
Wahrscheinlich datiert aus jenen fernen Tagen die in Skandinavien dichterische Bezeichnung für junge Mädchen: Borda skögue! Allmählich wurden ganz bestickte Kleider mooern.
Besonders liebte man es, die Meßgewänder der hohen Geistlichkeit mit seidenen und goldenen Fäden, Perlen oder bunten Edelsteinen zu verzieren.
Ein Gedicht von Wernher (dem Gärtner) beschreibt eine Haube, die - gegen die Gegengabe von einem Rind, sowie Eier und Käse - eine entsprungene Nonne für den Meiersfohn helmbrecht gestickt habe.
Der Mittelstreifen fei mit Vögeln bestickt gewesen, während die rechte Hälfte die Belagerung und Zerstörung Trojas, fowie Aeneas Flucht gezeigt habe.
Links waren die Taten Karls des Großen und seiner Helden Roland, Tur-chin und Oliver zu sehen, während zwischen den Ohren die Rabenfchtacht und tanzende Genien vereint waren.
Jedenfalls gibt es heutzutage wohl niemand mehr, der sich zu folcher Riesenarbeit hergäbe, der alte und ncue Geschichte mit Vögeln und Tänzen auf einer Haube zu vereinen. ¶
- 131 - Bilder aus der Heldensage waren übrigens in jenen Tagen ein ungemein beliebtes Muster.
Fremde Länder bewunderten die Kunstfertigkeit deutscher Frauen sehr, mehr noch ihre Geduld, dem Gatten solche gestickten Gewänder zu fertigen.
Auch auf alten Teppichen findet man noch heute die Erinnerungen an Sagenftoffe und Helden der Vorzeit festgehalten.
Diese geistige Bedeutung sucht man in unsern neuen Handarbeiten allerdings vergebens. In einzelnen Museen erhielten sich jene Reste alter Stickereien, ohne jedoch den Wunsch zu erwecken, sie wieder neu zu beleben.
Der Geschmack wandelte sich zu sehr im Zeitenlauf.
Man kennt keine Waffenröcke mehr, die das kunstvoll ausgeführte Wappen des Besitzers tragen.
Man liebt auch die Satteldecken jetzt unbestickt.
Später wurden ganze Liederanfänge auf Teppiche und Dek-ken gestickt, dann wurde auch dies unmodern.
Zuerst kannte man den einfachen Kreuzstich.
Später wurde der Plattstich beliebt.
Dann befestigte man Goldfäden mit Ueberfangsti-chen, und endlich entwickelte sich der Drellstich.
Alles Stiche, die noch heute üblich sind. Als im Laufe der Zeit die Stickerei dem «Musterhineinweben» wich, und im Gegensatz zu den Handstickereien der Gobelins - besonders die flandrisch-burgundischen - zur hohen Blüte gelangten, begannen allmählich einzelne, bis dahin nur von den Frauen ausgeführte Arbeiten in Männerhände überzugehen.
Die Iunftbücher des 14. und 15. Jahrhunderts erlauben nur, daß Frauen und Töchter die Männer im Handwerk «unterstützen» Die Tuchscherer und Hutmacher zu Köln schlössen auch diese Befugnis aus.
Einzig das sogenannie «Goldspinnergewerk» blieb in weiblichen Händen.
Betrieb eine Näherin ihr Gewerbe handwerksmäßig, d. h., hatte sie Hilfe dabei, so mußte sie der Zunft beitreten und Bürgerin werden.
Mehr und mehr trachteten die Schneider darnach, die Näherinnen auf das Leinwandnähen zu beschränken und die Anfertigung der Kleider allein in ihre Hand zu bekommen.
Endlich wurde denn auch, zu Ende des 17. Jahrhunderts dem männlichen Geschlecht allein der Zutritt zum Handwerk gestattet.
Die Arbeit der Frau beschränkte sich auf das sogenannte Hand-gewerbe, d. h., sie durfte neben Spinnen, Weben und Flicken wohl die Kleidung für sich und ihre Familie anfertigen, aber die Schneiderei nie gegen Entgelt betreiben.
Nach knapp hundert Jahren änderte sich diese Bestimmung dann wieder.
Neben Schneidern ließen sich Schneiderinnen nieder, ohne daß man daran Anstoß nahm. ^ Die letzten Jahrzehnte mit ihren mannigfachen Erfindungen und Fabriken, schufen in den «im Hause ausgeführten Handarbeiten» einen gewaltigen Wandel.
Spinnmaschinen und Webeapparate entwanden die Spindel, das einstige Symbol der deutschen Hausfrau, ihrer Hand.
Mit der Einrichtung der großen Flachsspinnereien war der Tätigkeit des weiblichen Geschlechtes auch auf diesem Gebiete ein Ziel gesetzt. - Ferner drohte die Maschinenstickerei den Sieg über die Handstickerei davon zu tragen, erwies sich aber doch im Grunde genommen nicht als dauerhaft. So gibt es noch immer Arbeit für fleißige Frauenhände. Je mehr die Fabrikarbeit sich ausbildet, desto mehr Anforderungen werden neuerdings an die «Hand»arbeiten gestellt.
Man wünscht sie künstlerisch ausgeführt, die Muster geschmackvoll und originell.
Sie sollen nicht allein akkurat und sauber ausgeführt sein, sie sollen auch künstlerischen, femgebildeten Geschmack zeigen und in jeder Weise das Schönheitsgefühl befriedigen.
Die Mode wechselte. Die gediegene Einfachheit der schlichten Weißstickexei machte der Häkelei, den Point lace Spitzen, ja jogar dem oft nicht zu geschmackvollen Tülldurchzug Platz, aber immer wieder gelangen dann doch die gute Madeira-Stickerei und die Leinen-spitzen zu Ehren.
Immer wieder wird es, trotz des Frauenstudiums, fleißige Frauenhände geben, die sich nicht für zu geistvoll dünken, um sich ihre Wäschegarnitur selbst herzustellen, die die eigene Handarbeit an Stelle der weniger dauerhaften Maschinenstickerei stellen. So wird die Nadel noch für lange Zeit - allen Fabriken und aller Emanzipation zum Trotz - das Sinnbild der echten tätigen, deutschen Frau sein, wie es in längst entschwundenen Zeiten die Spindel war. A. M. Witte. Pas PipWerieschuhserum.
Die fast absolut sichere Wirkwmkeit des Behring'schen Serums zur Verhütung von Diphtherie gehört heute zu den gesicherten Tatsachen der Wissenschaft.
Gar oft hat man wahrgenommen, daß der sofortigen Anwendung des Schutzserums beim Ausbruch eines Diphtheriefalles prompt das Erlöschen der Epidemie folgte, so daß manche Aerzte dieses Verfahren wichtiger halten als die Isolierung, die oft an und für sich undurchführbar ist.
Sehr bedeutungsvoll ist ferner die Tatsache, daß, wenn auch von den geimpften Kindern einige an Diphtherie erkranken, die Erkrankung sehr mild verläuft und dieselben meist in einigen Tagen geheilt werden.
Leider erstreckr sich allerdings die Schuhwirkung nur auf etwa 3 Wochen und sie muß daher in manchen Fällen wiederholt werden. Da die Schuhimpfungen durchaus unschädlich sind. ¶