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Inserate die kleine Zeile 25 Cts.
Verlag Th. Schröter, Obere Zäune 12. Zürich.
1904. 20. Februar. Inhalt: Für fleißige Hände. - Aus der Entstehungsgeschichte der Wurst. - Abwaschbare Tapeten selbst herzustellen. - Eier auf japanische Art. -
Hausmittel und Rezepte. - Vermischtes. - Für die Küche. - Gesundheitspflege. - Kochrezepte. - Briefwechsel der Abonnenten unter sich. - Inserate.
Für fleißige Hände.
Kleine Handarbeiten.
III.
Aehnlich wie die im vorigen Kapitel erwähnten flachen Cigarrenkisten lassen sich auch die Kartons eleganter Briefpapiere, die man nach Verbrauch der letzteren gar oft ganz zwecklos findet, nicht nur ohne weiteres noch zum Aufbewahren von Bildern, Karten u.s.w. verwenden, sondern auch in vielen Fällen noch mannigfach für diese Zwecke verschönern. Z. B. durch die sog. Relief-Schnitzerei, bei welcher man mittelst eines kleinen scharfen Messerchens die einzelnen Blumen, Blätter etc. seitlich unterschneidet und etwas hochhebt, wodurch die Lebendigkeit bedeutend erhöht wird.
Eine andere Art des Verzierens ist diejenige des Nachmalens der vorgedruckten Blumenzweige mit guten Wasser- oder Bronzefarben, so daß der bildliche Schmuck nunmehr wie eine Handmalerei erscheint.
Auch mit dem Brennstift vermag man eine aparte Verschönerung zu erzeugen, indem man die Konturen vorsichtig ansengt und zwar auf den belichteten Seiten nur wenig und nur in schmalen Linien, auf allen Schattenpartien hingegen etwas schwärzer und breiter.
Dadurch wird eine gewisse plastische Wirkung erzielt, die sich sehr hübsch ausnimmt.
Wie die Briefpapier-Kartons werden jetzt auch die Abreiß-Kalender zumeist mit netten Bildern buntfarbig bedruckt und auch diese legt man nach Jahres-Schluß nur ungern bei Seite, in der Hoffnung, gelegentlich mit den übriggebliebenen Rückwänden irgend etwas hübsches anfangen zu können.
Und das ist auch gar nicht so unmöglich. Z. B. beklebe man die Stelle des Kalenderblocks mit Schieferpapier und hänge an einem seidenen Bändchen einen kleinen Schieferstift an - so hat man eine praktische Notiztafel in Küche oder Wohnzimmer, oder man nähe resp. leime an Stelle des Kalenderblocks eine mit Malerei oder Stickerei verzierte, schön gefaltete oder mit Pappstreifen innen gesteifte Tasche an, dann kann man den Gegenstand für Zündhölzer, kleine Wirtschaftsbücher, Gebetbücher, für Scheren, Federwedel, Staubtücher u.s.w. verwenden.
Beklebt man den Raum des Kalenderblockes mit Stoff oder gemustertem Papier und dreht einige Messinghäkchen durch die Pappe, so gibts einen ganz hübschen Schlüsselhalter.
Schließlich kann man den Kalenderraum auch ausschneiden und dahinter eine Photographie anbringen, das ganze sonach als Bilderrahmen benutzen.
Noch andere Verwendungen wären solche zu Uhrhaltern, zu Taschentuchbehältern im Schlaf- oder Krankenzimmer, zu Wandarrangements künstlicher Blumen, zu Brief- und Kartenhaltern, zu Bürstenbehältern, zur Anbringung religiöser oder sinnreicher Sprüche u.s.w.
Man sieht, die Verwendbarkeit solch hübscher Chromobilder ist recht vielseitig und es gehört tatsächlich nur wenig Geschick dazu, um das Ganze recht gefällig umzumodeln.
Ein ähnlicher Gegenstand, den man für zwecklos erachtet und trotzdem aufhebt, ist ein Paquetträger, wie ihn die Kaufleute den Damen oft zum bequemeren Tragen großer Paquete mitgeben.
Sie bestehen aus einem durchbohrten Holzgriff mit einem hindurchgesteckten festen Draht, der beiderseits mit Haken abschließt.
Viel läßt sich ja nun freilich nicht damit anfangen;
das passendste wären wohl kleine Aufhänger für Schlüssel, Korkzieher etc. Hierzu umleimt man den Holzgriff mit Tuch oder Sammt, schraubt zwei oder drei Messinghäkchen hinein und hängt das Ganze an den beiden Drahthaken mittelst eines seidenen, oben zur Schleife geknüpften Bandes auf.
Wer sich mehr Mühe machen will, verwende den Paquetträger zu einem bannerähnlich an die Wand zu hängenden Träger für Ansichtskarten, Briefe etc. Man braucht für diesen Zweck ein ca. 30-40 cm. langes Stück Stoff in der Breite des Trägers, näht dieses an einem Ende um den Holzgriff, am anderen Ende schneidet man 2-3 Zacken aus;
die Fläche selbst unterbricht man in regelmäßigen Abständen mit etwa 5 bis 6 cm. ¶
breiten Einschnitten, hinterklebt den Stoff mit starkem Papier - ohne aber die Einschnitte zu verschließen - und verschönert das Ganze mit Schnüren, Quasten, Schleifen etc., die Fläche selbst mit kleinen aufgemalten Streublumen und hängt alles so auf, wie oben beschrieben.
Die Karten und Briefe werden mit einer Spitze schräg in die Einschnitte gesteckt.
Aus der Entstehungsgeschichte der Wurst.
Unter Wurst versteht man ein vorwiegend aus Fleischteilen bestehendes Gemengsel, das in einen Darm gefüllt wurde und dann durch einen Koch- oder Räucherprozeß dem Menschen mund- und magengerecht gemacht ist.
Der Verdauung bereitet sie schon deswegen im allgemeinen keine Schwierigkeit, weil ihre Bestandteile vorher hinreichend zerkleinert wurden, sich also nicht als Last für den Magen herausstellen können.
Sonst hängt jedoch sowohl der gesundheitliche als auch kulinarische Wert vorwiegend von den Ingredienzien ab, deren man sich zu ihrer Herstellung bediente.
Wie sehr in letzterer Hinsicht nur zu oft gefehlt wird, davon weiß jeder ein Lied zu singen, der einmal von schlechter Wurst gegessen hat.
Der Gesundheit schädlich, weil schwer zu verdauen, ist sie übrigens ferner, wenn sie zu hart geräuchert wurde.
Schließlich soll wirklich gute Wurst auch nicht gerade überreichlich von Fettteilen durchsetzt sein.
Die Hauptsache aber bleibt, daß frisches, von jedem Tadel freies Fleisch in den Darm gefüllt werde, nicht aber vom Zahn der Zeit bereits angekränkeltes oder gar allerhand zweifelhafte Abfälle.
Dabei erinnere ich mich jenes Fleischersöhnchens, das, nachdem es einige Zeit der häuslichen Wurstbereitung zugeschaut, plötzlich sagt: «Du, Vater, jetzt weiß ich erst, warum die Wurst eigentlich eine Haut hat!»
«Na also, warum denn?»
Damit man nicht sieht, was alles darin ist!"
Selbstverständlich hat die Wurst ihre Geschichte, gerade so wie jede andere Speise oder Schüssel, die einen ähnlichen Grad gastronomischer Berühmtheit u. Vervollkommnung erreichten.
Schon die Griechen unterschieden ganz bestimmte Arten von Wurst, je nachdem das Gemengsel war, aus dem die Füllung bestand.
Vorwiegend scheinen sie sich doch auf Arten beschränkt zu haben, die etwa unserer heutigen Blut- und Cervelatwurst entsprechen.
Die Römer erweiterten dann dies Gebiet;
aus Unteritalien bezogen sie eine ganz vorzügliche Bratwurst, und durch die Gallier lernten sie schließlich noch die von ihnen beinahe überschwänglich geschätzte Knackwurst kennen.
Wurst wird bei den Kulturvölkern und zu jeder Jahreszeit gegessen.
Allein niemals mundet sie so vorzüglich wie in den Dezembertagen, der allgemeinen Schlachtzeit, wo fast jeder irgend bemittelte Haushalt, wenigstens auf dem Lande und in den kleineren Städten, sein eigenes Wurstessen veranstaltet. In den Großstädten mit den oftmals so sehr beengten Wohn- und Küchenräumen ist das freilich nicht gut möglich.
Hier muß man sich damit begnügen, die so beliebte frische Wurst vom Schlächter zu beziehen oder in ein Restaurant zu gehen, um an einem Wurstessen teilzunehmen.
Daß selbstverständlich die zu Hause verfertigte Wurst im allgemeinen um vieles besser schmecken dürfte, wird Niemand Wunder nehmen.
Aber leicht ist Wurstmachen keineswegs, und wer nicht darin eine gewisse Uebung besitzt, der lasse lieber die Hand davon und sichere sich die nötige Hilfe.
Uebrigens braucht man sich ja auch nicht sofort mit den mühevolleren Sorten zu befassen, die noch dazu auf längere Dauer berechnet sind, sondern beschränkt seine Tätigkeit auf jene, mit denen man leichter fertig wird.
Das Gemengsel ist bald hergestellt, ganz gleich, zu was für Bestandteilen man sich entschließt. In den Darm ist es auch schnellstens gefüllt, den man darauf zubindet, um die nunmehr fertige Wurst in kochendes Wasser zu tun und hier die gehörige Zeit sieden zu lassen. Es gibt wirklich kaum etwas Schmackhafteres und leichter zu Verdauendes, als so eine im eigenen Haushalte hergestellte Wurst.
Ein sehr großer Verehrer guter Wurst war Goethe.
Zumal hoch schätzte er eine Sorte, die sogenannten «Schwartenmagen», die aus weißgekochten Schwarten, etwas Blut und fettem Schweinefleisch, all' dies angemessen gewürzt und dann in einen Darm gefüllt, bestehen.
Sie waren schon damals eine Spezialität der Frankfurter Küche, und fern der Heimat, hat der damals noch junge Goethe überall den Ruhm der Schwartenmagen verkündet.
Charlotte von Stein wußte zwar eine den Gaumen berückende Bratwurst zu bauen, allein ein Ersatz für die Schwartenmagen waren sie dem Freunde trotzdem nicht. Er beschrieb ihr das Gericht, und sie versuchte es auch nach dieser Schilderung herzustellen;
allein es muß doch wohl nicht ganz nach dem Geschmacke des Gastrosophen ausgefallen sein.
Sein Diener bat nun die Frau Rat um das Rezept;
doch diese sah sich außer stande, den Wunsch zu erfüllen.
Die Frankfurter Schlächter hatten nämlich unter einander das Abkommen getroffen, keinem, der nicht zu ihrer Gilde gehörte, davon Mitteilung zu machen.
Die von ihnen verfertigten Schwartenmagen besaßen ja einen Weltruf;
Fremde, die in die alte freie Reichsstadt kamen, begehrten meistenteils sofort davon zu essen;
da würde man sich natürlich wohl hüten, das Geheimniß der Herstellung so ohne weiteres preiszugeben.
Aber ¶