Wahre» nunmehr für die ganze Kunstauffassung zur Geltung gelangte. Für die Weiterentwicklung dieser Richtung war namentlich Gustave Courbet (1819-77) von Bedeutung. Aus derselben entwickelte sich dann der vorhin gekennzeichnete sogenannte «Inpressionismus» ^[richtig: Impressionismus], dessen Begründer Edouard Manet (1833-83) wurde, der in Claude Monet (geb. 1840) einen ihm an künstlerischer Größe noch überlegenen Genossen fand.
Belgische Malerei. Auf die allgemeine Entwicklung der Geschichtsmalerei nahm seit 1830 auch Belgien einen bedeutsamen Einfluß, das bis dahin von Frankreich abhängig geblieben war. Als erster selbständiger Meister trat hier Gustav Wappers (1803-74) auf, zu maßgebendem Ansehen brachten es dann Edouard de Biéfve (1809-82) und Louis Gallait (1810-87), die mit ihren farbenprächtigen Bildern großes Aufsehen erregten und auch außerhalb ihrer Heimat bestimmend einwirkten.
Die Malerei in England. Auch die englische Malerei hat zeitweise auf die festländische einen gewissen Einfluß ausgeübt. Dieselbe hatte die Wege, welche Hogarth im Sittenbilde, Reynolds und Gainsborough im Landschaftlichen eingeschlagen, unbeirrt weiter verfolgt und eine volkliche Kunstweise entwickelt, welche unabhängig von der festländischen die Ziele der letzteren teilweise sogar früher erreichte. So hatten William Turner (1775-1851) und John Constable (1776-1837) die «Stimmungslandschaft» schon ganz im Geiste des Impressionisten ausgebildet.
Eine besondere Richtung stellen die sogenannten «Präraphaeliten» dar, welche Schule von Madox Brown (1821-93) begründet wurde, in Gabriele Rosetti (1828-82),
John Everett Millais (1829-96) und Edward Burne Jones (1833-38) ihre bedeutendsten Vertreter fand. Der Name rührt daher, daß sie anstatt die «Ideal-Schönheit», wie sie insbesondere in Raphaels Werken sich ausprägt, anzustreben, die schlichtere Kunstweise des Quattrocento als vorbildlich hinstellten, weil diese mehr auf genauere Beobachtung der Natur gegründet sei und auf getreue Wiedergabe des Geschauten abziele. Im Wesentlichen war es mehr die Auffassung des «Naturalismus», und nicht die Nachahmung der Quattrocentisten, was diese Richtung kennzeichnet. Millais schlug dann später auch die Bahnen der Impressionisten ein. Als der hervorragendste Meister der neueren Zeit erscheint Mc Neill Whistler (geb. 1834).
Italien. Das Land, welches so lange eine führende Rolle in der Kunst gespielt hatte: Italien, trat im 19. Jahrhundert ganz in den Hintergrund und hatte wenig Anteil an der Gesamt-Entwicklung. Erst in den letzten Jahrzehnten zeigte sich ein neuer Aufschwung und trat in Giovanni Segantini (1858-99) ein Meister von hochbedeutsamer Eigenart auf, der zu den größten Künstlern der Neuzeit zählt.
Die «kleineren» Länder. Wie schon eingangs erwähnt wurde, beteiligten in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts auch kleinere Länder, beziehungsweise Volksstämme, sich an dem Kunstleben und wir finden allenthalben Meister, welche auch außerhalb der Heimat durch ihre trefflichen Leistungen zu rühmlichem Ansehen gelangen. So sind zu nennen: aus Ungarn Michael Munkaczy (1844-1900);
die Polen Jan Matejko (1838-93) und Heinrich Siemiradzki;
die Russen Ilia Repin (geb. 1844) und Wasilij Wereschtschagin, (geb. 1842);
der Däne Viggo Johansen (1851);
die Norweger Frits Thaulow (1847);
der Schwede Karl Larßon (1855);
die Spanier José Villegas (1848) und Jose Benlliure y Gil (1855);
die Amerikaner Peter Moran, J. G. Brown, William Chase und Henry Sargent.
Auf der Weltausstellung in Paris 1900 konnte man sehen, daß allerdings die Richtung, in welcher die Weltkunst sich entwickelt, im Wesentlichen nur von den Deutschen, Franzosen und Engländern bestimmt wird, daß aber auch bei den anderen sich das Ringen nach selbständiger Eigenart mit Erfolg geltend macht.
Deutschland. Die deutsche Malkunst war um die Mitte des 18. Jahrhunderts nichts weniger als erfreulich, und alle Verständigen wünschten dringend eine Erneuerung. Winckelmann stellt damals den Satz auf, daß der einzige Weg: «groß, ja unnachahmlich zu werden, die Nachahmung der Griechen sei», und diesen Weg betrat Raphael Anton Mengs (1728-79);
der völlig «antik» gehaltene Werk der deutschen Malerei schuf, und somit der Begründer des ¶
«Klassizismus» in Deutschland wurde. Seine Schüler huldigten jedoch im Wesentlichen einer ekklektischen Richtung, erst Jakob Asmus Carstens (1754-98) brach rücksichtslos mit allen Ueberlieferungen und vertrat die «rein klassische» Richtung, welche in der Antike das allein giltige Vorbild sah. Dies konnte aber doch nur für die Formensprache, also die Zeichnung, der Fall sein, nicht aber für die «Farbenkunst», und deshalb konnte auch diese streng-klassische Richtung keinen Bestand haben.
Die Kunstweise von Carstens fand daher auch nur einen einzigen bedeutenden Fortsetzer in Bonaventura Genelli (1798-1868); dagegen wandten sich die anderen deutschen Klassizisten der französischen Richtung Davids zu, so Eberhard v. Wächter (1762-1852) und Gottlieb Schick (1779-1812). Auf denselben Anschauungen wie Carstens fußte auch Jos. Anton Koch (1768-1839), der die «heroische» Landschaftsmalerei Deutschlands begründete, welche auch mehr bildnerisch als malerisch empfand und erfand.
Ihr letzter bedeutsamer Vertreter war Albert Zimmermann (1809-1888). Der Rückschlag gegen den Klassizismus ging eigentlich von Männern des Schriftthums aus; Wackenroder und Schlegel sind die geistigen Urheber der «romantischen Schule». Der erstere betonte das Christliche und Religiöse und wies auf die Meister des Quattrocento als Vorbilder hin, Schlegel lenkte die Aufmerksamkeit auf das Volkliche und Weltliche, auf Geschichte und Sagenwelt. Es bildeten sich denn auch unter den Romantikern zwei Gruppen, eine religiös-romantische, an deren Spitze Friedrich Overbeck (1789-1869) stand, und eine weltliche, deren Großmeister Peter Cornelius (1783-1867) wurde.
Von der ersten Gruppe der sogen. «Nazarener» oder Präraphaeliten, welche auch in der Darstellungsweise an das Mittelalter anknüpfte, sind besonders hervorzuheben Julius und Philipp Veit, Heinrich Heß, Schraudolph, Leopold Kupelwieser, Josef Führich und Eduard Steinle, während aus dem Kreise des Cornelius namentlich Julius Schnorr (1794-1872), Wilhelm Kaulbach (1805-74) und Wilhelm Schadow (1789-1862) zu einer hervorragenden Bedeutung gelangten. Letzterer erscheint als Begründer der Düsseldorfer Schule, welche zuerst - unter der Führung von Theodor Hildebrandt (1804-74) und Carl Friedrich Lessing (1808-80) - aus der romantischen Bahn in jene des Realismus einlenkte und mehr Wert auf die Farbengebung legte, als die Nazarener und die sonstigen Cornelius-Schüler. Außerhalb der Gruppe der letzteren steht Moriz Schwind (1604-71), der in eigenartig selbständiger Weise die romantische Richtung pflegte. Die Landschaftsmalerei im Sinne der letzteren fand in Carl Rottmann (1798-1850) und Friedrich Preller (1804-78) ihre hauptsächlichsten Vertreter. Als eine besondere künstlerische Erscheinung ist Alfred Rethel (1816-59) zu nennen, dessen Formengebung von eindrucksvoller Großartigkeit ist.
Der nach 1840 eingetretene Umschwung zum «Realismus» (Wirklichkeitstreue) und «Kolorismus» (Farbenkunst) trat zunächst bei den Düsseldorfern deutlich zu Tage, unter denen namentlich Ludwig Knaus, Benjamin Vautier und Andreas Achenbach zu erwähnen sind. Zu nachhaltigem Einflusse gelangte dann Carl Theodor Piloty (1826-86), das Haupt der Münchener «koloristischen» Schule, aus welcher Hans Makart (1840-84) und Franz Defregger (geb. 1835) hervorgingen. Der erstere brachte die farbenkünstlerische Seite der Pilotyschen Richtung zur glänzenden Vollendung, während der letztere die realistische zur vollen Lebenswahrheit ausbildete.
Entscheidend für den Aufschwung der deutschen Malerei und für ihre maßgebende Rolle innerhalb der Gesamtkunst war jedoch das Auftreten einiger Meister von überlegenem und überragendem Kunstgeiste. Es sind dies Adolf Menzel (geb. 1815), Arnold Böcklin (1827-1901), Anselm Feuerbach (1829-80), Franz Lenbach (geb. 1836), Haus Thoma (geb. 1839) und Wilhelm Leibl (1844-1901). In Menzel sehen wir den vollendeten Meister in der Schilderung des neuzeitlichen Lebens, das er mit unbedingter Wirklichkeitstreue und in «natürlichem Licht» wiedergiebt; wie dies am schärfsten in dem Gemälde «Das Eisenwalzwerk» ausgeprägt erscheint. (Siehe Tafel). Im Gegensatz zu ihm ist Böcklin der «Maler-Dichter», welcher die Welt der Einbildungskraft mit überzeugender Wahrheit «erschafft» und die ganze Natur als beseelte Einheit darstellt. ¶