im Sittenbilde leistete er gleich Vorzügliches, hier kommt noch der lebensfrohe Humor dazu, mit dem der sonst vom Glück wenig begünstigte Künstler den Gegenstand auffaßt. Als bezeichnend für seine Malweise ist noch zu erwähnen die Feinheit der Ausarbeitung, die Pinselstriche erscheinen wie mit dem Zeichenstift oder der Radiernadel ausgeführt. Seine Zeit würdigte diese vornehme Kunst nicht in verdientem Maße und der obengenannte van der Helft fand mit seiner mehr nüchternen Wirklichkeitstreue mehr Anklang, als Hals mit seiner künstlerisch freien und daher malerischen Naturauffassung.
Rembrandt. An künstlerischem Vermögen wurde Hals nur von einem Zeitgenossen übertroffen, der an Vielseitigkeit einem Rubens nicht nachstehend, gleich diesem vor Allem «Farbenkünstler» ist: Rembrandt Harmensz van Ryn (1606-1669). Er ist der «größte» Kunstgeist, den Holland hervorbrachte, und einer der größten der Welt überhaupt. Er wurzelt mit seinem ganzen Wesen im heimatlichen Volkstum und seine künstlerische Eigenart ist eine völlig persönliche, von allen Schuleinflüssen freie. In Leiden geboren, hatte er dort, dann in Amsterdam kurzen Unterricht genossen, bei dem er aber kaum mehr als die Anfangsgründe der Handfertigkeit erlernte, denn schon als Knabe ging er seine eigenen Wege und bildete sich durch eifrige Studien nach der Natur selbst aus.
Mit 17 Jahren tritt er daheim schon als selbständiger Künstler auf, freilich ohne noch lohnende Aufträge zu finden. Um so mehr konnte er sich seinen Studien hingeben, welche vor allem das «Licht» betrafen; die Form beherrschte er bereits mit der vollen Sicherheit eines «Genies». Wie nun das Körperliche unter verschiedener Beleuchtung zur Erscheinung kommt, dieselbe sich auch in dem ganzen Raum, in dem der Gegenstand dargestellt ist, zur Geltung bringt, darauf richtete sich seine ganze Aufmerksamkeit.
Wohl keiner seiner Vorgänger hat sich so gründlich mit den Beobachtungen der Lichtwirkung, mit den vielfältigen Rätsel-Aufgaben der Beleuchtung beschäftigt, wie Rembrandt. Er studierte sie aber in der Arbeitsstube, nicht im Freien; nicht das volle freie Licht in der Natur, sondern dessen Spiel im geschlossenen Raum fesselte ihn. Rembrandt wurde daher der Meister des «Helldunkels», der gegensätzlichen Wirkung scharfer Lichtstrahlen im dämmerigen Raum. In dieser Hinsicht ist seine Kunstweise einseitig, er giebt auch Vorgänge, deren Schauplatz die freie Landschaft ist, in einer Beleuchtung, die nur in geschlossenem Raum denkbar oder natürlich ist. Seine Art hat für eine lange Zeit die ganze Kunst dahin beeinflußt, daß dieses «Werkstattlicht» das
^[Abb.: Fig. 691. Rembrandt: Die Vorsteher der Tuchhändler-Gilde.
Amsterdam. Reichsmuseum.] ¶
natürliche freie verdrängte, es gewissermaßen eine «Regel» wurde, daß in einem Bilde die Beleuchtung eine künstliche sein müsse.
In der Vaterstadt fand der junge Künstler nicht das entsprechende Verständnis für sein Streben, und so entschloß er sich 1631 nach Amsterdam zu übersiedeln, wo er auch eher Aufträge zu erhalten hoffen durfte. In der That bekam er bald nach seiner Ankunft einen solchen; es handelte sich um eine Bildnisgruppe von Aerzten, die Leiter der ärztlichen Gilde. Das Gemälde, das als «Anatomische Vorlesung des Professors Tulp» bezeichnet wird, ist ein Meisterstück in der Anordnung (Fig. 689). Rembrandt giebt einen lebendigen Vorgang, die dargestellten Persönlichkeiten sind um den Tisch versammelt, auf welchem eine Leiche liegt; die Hauptpersönlichkeit erläutert an derselben irgend etwas, die übrigen sehen mit gespannter Aufmerksamkeit auf die bezeichnete Stelle.
Das Alles ist so lebensvoll und wahr geschildert, die einzelnen Persönlichkeiten sind so treffend gekennzeichnet, auch hinsichtlich der Farbe herrscht eine derart feine Tönung, daß man den glänzenden Erfolg begreift, den Rembrandt mit diesem Werke erzielte. Weitere Bestellungen auf Bildnisse folgten; zu dem Glücke des Künstlers trug ferner nicht wenig seine Vermählung mit der schönen und auch reichen Saskia van Uylenburgh bei, 1633, so daß er nicht gezwungen war, ausschließlich auf den Erwerb hin zu arbeiten, sondern seinen Neigungen folgen konnte.
Die Bildnismalerei zog ihn wenig an, weil er dabei zu abhängig war von gegebenen Verhältnissen, weder seine Einbildungskraft noch seine malerischen Grundsätze frei walten lassen durfte. Groß ist nur die Zahl seiner Selbstbildnisse, fast jedes Jahr entstand ein solches; dies erklärt sich jedoch daraus, daß Rembrandt an dem eigenen Spiegelbilde seine Versuchsstudien zu machen pflegte. Diese Selbstbildnisse sind deshalb besonders lehrreich, weil sie die künstlerische Entwicklung Rembrandts am besten zeitlich verfolgen lassen. Am meisten sagten ihm Stoffe aus der biblischen Geschichte des alten Testamentes zu, die ihm Gelegenheit boten, seine künstlerischen Absichten ungehindert zu verfolgen; etwas seltener sind Darstellungen aus dem Leben des Heilands, sowie solche aus der antiken Sagenwelt.
Der Gegenstand war ihm eigentlich ziemlich gleichgiltig, nicht um den im letzteren liegenden Inhalt handelte es sich für Rembrandt, sondern oft mehr nur darum, daß der Gedanke eine handsame, auch der Menge geläufige und verständliche Beziehung erhalten könne. Ebenso frei wie mit dem Vorwurf des Bildes verfuhr Rembrandt mit der Form. Auf Bestimmtheit und deutliche Klarheit der Umrisse, die sonst bei den Holländern eine Hauptsache waren, legte er kein Gewicht, er hatte dies auch umso weniger notwendig, als er mit unübertrefflicher Sicherheit das Ganze einer körperlichen Erscheinung völlig genau und richtig wiederzugeben verstand. Dies geschah aber nur mit dem rein malerischen Mittel der Licht- und Farbenwirkung. In den biblischen und sagenhaften Stücken versucht auch Rembrandt gar nicht, geschichtlich treu zu sein, oder den klassischen Vorstellungen zu entsprechen; er entnimmt seine Gestalten, die Gewandung und das Beiwerk der damaligen Wirklichkeit.
Die in den Jahren 1633-42 entstandenen Werke hatten den Ruf des Meisters gesichert und weithin verbreitet; auch sonst lebte er in den glücklichsten Verhältnissen, da trat ein jäher Rückschlag ein. Der Tod Saskias vernichtete sein häusliches Glück, und sein künstlerisches Ansehen verlor er durch sein - bestes Bild. Er hatte den Auftrag
^[Abb.: Fig. 692. Brouwer: Lustige Gesellschaft.
München. Pinakothek.] ¶