Venetianern stark beeinflussen lassen. Seiner ganzen persönlichen und künstlerischen Eigenart nach konnte van Dyck nur in einem Fache bis zu der Höhe eines Rubens gelangen, nämlich in den Ebenbildnissen (Fig. 634). Wo es auf Kraft und Größe, Stärke und Wahrheit der Empfindung, Lebendigkeit der Bewegung und Handlung ankam, reichte van Dyck nicht aus. In den Ebenbildnissen ließen sich aber Leben und Wahrheit in einer abgeklärten, zurück haltenden Weise geben; da waren das Gezierte und Empfindsame, die verfeinerte Form und die flotte Farbentönung am Platze.
Die religiösen Bilder stehen daher auch an Wert hinter den Ebenbildnissen zurück, die damals schon den
Ruhm des Meisters begründet hatten und ihn auch heute noch erhalten. Seine besten Arbeiten stammen aus der Zeit von 1626-1632,
bevor er nach England berufen wurde; in diesen zeigt er sich als Meister einer feinsinnigen, wohlabgewogenen Farbenkunst.
In London fand van Dyck eine glänzende Aufnahme, nicht nur König Karl I. sondern der ganze Hochadel
überhäuften ihn mit Aufträgen; man könnte beinahe sagen, es gab keine Adelsfamilie, die nicht mindestens ein Bild von
van Dyck erwarb.
Mehrere hundert Bilder entstanden während des neunjährigen Aufenthalts in England; daß unter diesen der größere Teil flüchtig und kraftlos, blos mit handwerksmäßiger Geschicklichkeit gearbeitet ist, kann da nicht Wunder nehmen; das ewige Einerlei mußte schließlich ja den Künstler anwidern. Seine Bemühungen, mit Prunkgemälden für Whitehall und den Louvre beschäftigt zu werden, blieben erfolglos, zudem litt seine Gesundheit und schon 1641 erlag er einem Brustleiden.
Snyders. Auch der zweite der bedeutenden Gehilfen des
Rubens hat nur in einem besonderen Fache sich hervorgethan
und in diesem diese Kunst
weise zur Vollkommenheit ausgebildet; was van Dyck in den Ebenbildnissen, das leistete Frans Snyders
im Tierstück. Es war im gewissen Sinne schon eine Neuerung, daß er das tote Wild in natürlicher Größe darstellte, wodurch
die Wirkung der Naturwahrheit erhöht wurde. In der Wiedergabe von lebenden Tieren, in den Jagdstücken,
läßt freilich die Naturtreue manches zu wünschen übrig. Immerhin ist Snyders der beste Tiermaler der vlämischen Gruppe
und wird nur von den Holländern übertroffen.
Jordaens. Es zeugt am besten für die im niederländischen Volkstum vorhandene hohe künstlerische Lebenskraft, daß neben der überwältigenden Erscheinung eines Rubens auch noch andere sich zu großer selbständiger Bedeutung erheben konnten. Unter den Altersgenossen des Hauptmeisters fanden sich mehrere, welche sich seinem Einflusse gänzlich entzogen, zum Teil freilich mehr deshalb, weil sie, wie z. B. der bereits erwähnte Hendrik van Balen, an dem Hergebrachten festhielten und sich von den italienischen Vorbildern nicht losmachen konnten. Einige schlugen jedoch eigene Wege ein, um zu einer mehr malerischen Auffassung, gefälligeren Formgebung und lebhafteren Färbung zu gelangen, so Theodor
^[Abb.: Fig. 686. Teniers: Bauernhochzeit.
München, Pinakothek.] ¶
Rombouts, der Sittenbilder im Stile Caravaggios schuf, oder der Bildnismaler Cornelis de Vos; doch nur einem gelang es, sich einem Rubens zur Seite stellen zu können: Jacob Jordaens (1593-1678). Er war ebenfalls ein Schüler van Noorts gewesen und hatte von diesem die Vorliebe für das Volkstümlich-Derbe überkommen; dadurch nun unterscheidet er sich wesentlich von Rubens, daß er die niedrigen und gemeinen Züge des Lebens heraushebt, wie jener die schönen und edlen. Er ist ebenso wenig eigentlicher Naturalist, wie Rubens; nicht wirklichkeitstreu im strengen Sinne des Wortes, bietet aber ebenfalls «Wahrheit», nur sieht er die Dinge von einem anderen Standpunkte aus an. Rubens ist der vornehme und feine Mann der «guten Gesellschaft», Jordaens der Mann aus dem Volke, der vor allem ein scharfes Auge für das Belustigende im alltäglichen Leben hat. In großzügiger Anordnung der Gruppen, in der Sicherheit der Formbehandlung, in der kraftvollen geistigen Farbengebung steht letzterer kaum dem Hauptmeister nach, namentlich in der Beleuchtung vermag er großartige Wirkung zu erzielen.
Seine besondere Eigenheit, welche Rubens ganz fehlt, ist jedoch der Humor, der Sinn für die lustigen Schwächen der Menschen, und dies versöhnt einigermaßen mit der unedlen Auffassung. Die religiösen Bilder des Jordaens erscheinen daher auch wenig ansprechend, man konnte beinahe oft sagen, des Gegenstandes unwürdig. Die Gestalten sind roh, dem alltäglichen Leben entnommen und entbehren jedes Ausdrucks einer höheren religiösen Stimmung, vorzüglich ist aber immer die Lichtwirkung, und wenn man die dargestellten Vorgänge nicht als religiöse, sondern als Volksscenen betrachten wollte, so könnte man an dem Malerischen der Bilder sich erfreuen.
Dieser Widerspruch zwischen dem Gegenstande und der Art der Auffassung macht sich weniger fühlbar bei den Darstellungen aus der antiken Sagenwelt, und bei den Allegorien, nur daß hier wieder oft die Neigung zum Unflätigen hervortritt. Rubens hat zwar auch die sinnlichen Reize stark betont, aber die Ausartung ins Lüsterne zu vermeiden gewußt, während Jordaens in dieser Beziehung ziemlich weit geht. Am besten gelingen ihm die Darstellungen von Satyren, die er mit unerreichter Meisterschaft schildert; da er dabei auch seinen Humor frei entfalten kann, so wirken diese Bilder mit ihren leuchtenden Farben und kraftvollen Zeichnung ungemein anziehend.
Aus gleicher Höhe stehen die Sittenbilder; die zwar unfeinen und wüsten Vorgänge bei den Gelagen werden
mit einer Lebenswahrheit und einem Humor wiedergegeben, die, ganz abgesehen von der malerischen Kunst
fertigkeit, zur Bewunderung
zwingen (Fig. 685). Nach Rubens Tode war Jordaens der angesehenste vlämische Maler und seine Werke wurden gesucht, gerade
wegen ihrer derbsinnlichen Art fanden sie in den Kreisen einer Gesellschaft mit lockeren Sitten Anklang,
und in diesem Sinne ist auch er ein bezeichnender Vertreter der Geschmacksrichtung seiner Zeit.
Entgegen der Vielseitigkeit eines Rubens erscheint schon bei Jordaens das Darstellungsvermögen auf eine kleine Anzahl von überdies ziemlich verwandten Fächern beschränkt, und selbst da leistet er nach jeder Richtung hin Befriedigendes nur in einer besonderen Art mythologischer Bilder und Sittenbilder und in Ebenbildnissen, die jedoch wenig zahlreich sind. Noch mehr tritt diese bis zur Einseitigkeit gehende Beschränkung zu Tage bei einer
^[Abb.: Fig. 687. Honthorst: Ein Mahl.
Florenz, Uffizien.] ¶