sind sie immer. Das Bedeutendste hat er in den umfangreichen Wand- und Deckengemälden geleistet, obwohl auch seine Altarbilder von vornehm feinem Reiz sind (Fig. 675). Seine Heiligengestalten haben einen Zug von Inbrunst und Schwärmerei, der mehr sinnlich als innerlich fromm ist, wie dies dem Zeitgeiste entsprach. In der Darstellung weltlicher Vorgänge wirkt dieser Grundzug des Ueppig-Sinnlichen, der aber niemals ins Lüsterne ausartet, natürlich nicht störend; die freudige Anmut und Heiterkeit, die seine ganze Weise kennzeichnet, kann sich da unbehindert entfalten.
Venedig selbst birgt eine Reihe der besten Arbeiten, da Tiepolo hier bis 1740 wirkte. Besonders zu nennen sind die Gemälde in den Kirchen dei Gesuati, Sant'Alvise und degli Scalzi, dann der Wandschmuck im Palazzo Labia (Fig. 676). Nach längerem Aufenthalt in Mailand kam er 1750-53 nach Würzburg, wo er das Treppenhaus und den Kaisersaal des Schlosses mit Wandgemälden zierte, die zu den vollendetsten seiner Arbeiten zählen, 1761 wurde er nach Spanien berufen und schuf hier noch eine umfängliche Zahl von Werken, in denen sich seine ungebrochene und unversiegliche künstlerische Kraft kundgab.
Im Vorstehenden wurde kurz die Entwicklung der drei für den Zeitraum maßgebenden Richtungen geschildert, es erübrigt nur noch, der örtlichen Verhältnisse in den Hauptstätten der Kunst zu gedenken.
Römische Schule. Rom hatte ebenso wenig wie im Cinquecento einheimische Künstler von größerer Bedeutung hervorgebracht, aber es gab den anderen reiche Beschäftigung und blieb die bevorzugte Stätte, an welcher sich alle hervorragenden Kräfte zusammen fanden, wenn schon nicht zum Schaffen, so doch zum Studium. Die führenden Häupter aller Richtungen haben hier gewirkt und zumeist auch hier ihren Ruhm begründet. Daß unter diesen Verhältnissen eine eigene römische Kunstweise nicht aufkommen konnte, ist ebenso begreiflich, wie daß die Richtung der Caraccis am meisten Anklang fand, da sie die Erinnerungen an die glänzende Zeit der Cinquecentisten am besten bewahrte.
Ein Schüler Albanis, Andrea Sacchi (1598-1661) war es denn auch, der eine «römische Schule» begründete, welche im wesentlichen nur eine Fortsetzung der Bologneser ist, mit stärkerer Berücksichtigung der römischen Cinquecento-Maler. Dieser Schule gehörte Carlo Maratta (1625-1713) an, der die Raphaelschen Gemälde in den Stanzen mit leidlichem Geschick erneuerte, sonst in der Bildnismalerei hervorragend Tüchtiges leistete. Sein älterer Zeitgenosse Giovanni Salvi, genannt Sassoferrato (1605-1685) erwarb sich durch seine Madonnenbilder eine bis in unsere Zeit dauernde Wertschätzung, welche sich wohl hauptsächlich aus der etwas süßlich-weichen gefühlsüberschwänglichen Auffassung erklärt. Seine Darstellung entbehrt jedoch keineswegs auch des feinen Reizes einer durchgeistigten Anmut, und ihre selbständige Art verdient wohl Anerkennung, wenn man erwägt, welch vielseitigen Einflüssen in Rom ein Künstler ausgesetzt war (Fig. 677).
Im 18. Jahrhundert hatte unter den Manieristen Pompeo Batoni (1708-1787) sich ein größeres Ansehen zu verschaffen gewußt, indem er die herkömmliche Art im Sinne einer lebhafteren und leichteren Farbengebung zu verbessern suchte. - Die Richtung der Ziermalerei vertrat Sebastiano Conca (1676-1764), damals hoch gefeiert, obwohl in seinen Werken nur gewandte Handfertigkeit, aber weder besonderer geistiger Gehalt noch feiner Farbenreiz zu finden ist.
Florentinische Schule. Eine beachtenswerte Unabhängigkeit von den anderwärts entstandenen Schulen zeigt die florentinische Malerei. Daß sie in Pietro da Cortona einen
^[Abb.: Fig. 679. Dolci: Erzengel Gabriel.
Florenz. Uffizien.] ¶
Hauptvertreter der reinen Schmuckkunst hervorbrachte, wurde bereits erwähnt; aber auch sonst versuchte sie, ihre eigenen Wege zu gehen, die freilich wieder zu einer der vorhin gekennzeichneten Richtungen führten. So sehen wir Lodovico Cardi, genannt Cigoli (1559-1613), Matteo Rosselli u. A. schließlich zu derselben Auffassung und Kunstweise gelangen, wie sie der Schule Caraccis eigen war.
Von selbständiger Eigenart erscheinen dagegen zwei Meister: Cristofano Allori, genannt Bronzino (1577-1621) und Carlo Dolci (1616-1686), der erstere wohl der bedeutendste seiner Zeit in Florenz, der letztere der berühmteste, nach den heutigen Anschauungen allerdings unverdient. Allori hatte die alte, immer wieder auftauchende Neigung der Florentiner, das Hauptgewicht auf die Formbildung zu legen und dies bis zur Härte zu übertreiben, glücklich überwunden, und wir sehen ihn einer rein malerischen Auffassung huldigen, wie sie vor ihm nur bei Andrea del Sarto zu finden war. Dies wirkt um so ansprechender, als die gleichzeitigen florentiner «Manieristen» hauptsächlich Michelangelo zum Vorbild nahmen und dabei zu einem mehr bildnerischen als farbenkünstlerischen Stil gelangt waren. Diese Befreiung vom Herkömmlichen ist ein anerkennenswertes Verdienst Alloris, dessen Werke denn auch nicht nur einen kunstgeschichtlichen Wert besitzen, sondern auch durch ihren feinen Reiz ansprechen (Fig. 678).
Ausschließlich auf das Anmutige gerichtet erscheinen auch die Bestrebungen Carlo Dolcis, der dabei jedoch in Uebertreibungen verfällt. Weit mehr noch als Sassoferrato, der immerhin noch als maßvoll gelten kann, huldigt Dolci einer rührseligen Weichlichkeit, die jeden kräftigen bestimmten Zug verschmäht. Er malte fast nur religiöse Bilder, mit
^[Abb.: Fig. 680. Rubens: Altar des hl. Ildefons.
Wien. Kaiserl. Gemäldesammlung.] ¶