widerstandsfähig zu machen, und dieser Anstoß kam von den verwandten Niederlanden her. Einflüsse von dort her hatten sich selbst schon in Werken der italienischen Meister geltend gemacht.
Das Hauptverdienst an der Wiedererweckung des deutschen Kunst
geistes gebührt Joachim Sandrart (1606-1688), der zwar in erster
Linie Maler war, aber durch seine Schriften auf alle Zweige der Kunst
, so auch auf das Bauwesen einen
großen und wohlthätigen Einfluß nahm. Sandrart hatte in Rom und in den Niederlanden studiert und geschaffen, in seinen
eigenen Werken giebt sich daher auch weniger Selbständigkeit, als vielmehr ein Schwanken zwischen den verschiedenen fremden
Richtungen kund.
Gerade die Erkenntnis, daß in den fremden Ländern eine dort heimische Kunst
blühte, während in der
eigenen Heimat eine solche fehlte und der Deutsche daher wohl oder übel fremden Einflüssen unterliegen mußte, bestimmte
ihn, wenigstens mit der Feder für die deutsche Kunst
einzutreten und seine Landsleute eindringlich zu mahnen, sich wieder
zur Selbständigkeit und Selbstachtung aufzuraffen, indem er sie auf die glorreiche künstlerische Vergangenheit
des Vaterlandes hinwies. Darin liegt auch der Hauptwert und die Bedeutung seiner Schriften, die sonst eigentlich nichts Neues
bieten. Daß er die niederländische Kunst
be-
^[Abb.: Fig. 659. Schloßtreppe in Würzburg.] ¶
vorzugt und diese immer als vorbildlich hinstellt, erklärt sich leicht daraus, daß es eben galt, der herrschenden italienischen
Richtung entgegenzutreten und zu zeigen, daß es auch noch anderwärts eine nachahmenswürdige Kunst
gebe. In seiner Lehre
von der Baukunst
ist nur ein echt deutscher Zug
bemerkenswert, der an die Auffassung des romanischen und
gotischen Zeitalters anknüpft: er behandelt nämlich eingehend die sinnbildliche Bedeutung der Bauformen, welche er bei
der Anwendung der letzteren beachtet wissen will. So erklärt er die korinthische Ordnung, als die «ansehnlichste»,
für Klöster und Madonnenkirchen geeignet;
die jonische, weil sie auf weibliche Körpermaße bezogen sei, passe für Heilige;
die römische, weil frech und leichtfertig, für fürstliche Paläste;
die toskanische, ob ihres männlich-heldenhaften Charakters für Christus und männliche Heilige.
Die Antike ist auch ihm das unerreichte Vorbild und Vitruvius daher für ihn maßgebend, die Gotik betrachtet er als eine Verirrung und «Unordnung», weil die Deutschen «von Geschicklichkeit und Verstand sehr weit damals abgewichen seien».
Sandrart's Beziehungen zu dem pfalzgräflichen Hofe in Neuburg a. D. lassen die Vermutung
zu, daß er auf den aus letzterer Stadt stammenden «Maurermeister» Johann
Serro eingewirkt habe; welcher als der Erbauer der beachtenswerten Stiftskirche von Kempten (1652) (im Allgäu) genannt wird.
Sie stellt eine eigenartige Verbindung einer mit Kuppel versehenen Centralanlage mit einem Langhause dar,
das Zierwerk ist einfacher als bei den italienischen Bauten, die Stirnseite ziemlich nüchtern gebildet, dennoch wirkt das
Ganze malerisch. Diesem Beispiele eines in selbständiger und zwar mehr deutscher Auffassung geschaffenen Werkes schließen
sich freilich zunächst nur wenig andere an, denn allmählich nur vollzog sich der Umschwung, und erst
unter Kaiser Josef I. drang die deutsche Kunst
wieder zu Ansehen und Geltung durch.
Dientzenhofer. Unter den deutschen Meistern, welche zu dieser Wandlung beitrugen, ist der Bayer Georg Dientzenhofer zu nennen, welcher die merkwürdige Dreifaltigkeitskapelle in Waldsassen baute, deren Grundriß auf dem gleichseitigen Dreieck beruht, dessen Spitzen in Halbbogenform gebildet sind. Wenn auch der Bau als solcher künstlerisch nicht hoch steht, so zeugt er doch für das Bestreben, einen neuen Gedanken zum Ausdruck zu bringen und etwas Eigenes, von dem Herkömmlichen abweichendes zu schaffen.
Man mag den Einfall «barock» nennen, aber als Aeußerung
selbständiger Erfindungsgabe gebührt ihm Anerkennung. Der gleiche Gedanke lag der Dreifaltigkeitskirche in der Baura bei
Lambach (Oberösterreich) zu Grunde, welche 17
13-25 erbaut wurde. Bei dieser beruhte alles auf der Dreizahl; der Bau ist dreieckig,
hat drei Thüren, drei Altäre, bei der Ausführung und Ausschmückung wurden immer je drei Meister beschäftigt,
für die Baukosten waren 333333 Gulden bestimmt. Es sollte eben in allem auf die göttliche Dreieinigkeit sinnbildlicher
Bezug genommen werden.
Bedeutender als Georg Dientzenhofer erscheinen seine Söhne oder Neffen (die Verwandtschaft läßt sich nicht klarstellen) Christof und Johann Leonhard. Von dem ersteren stammt die Benediktinerkirche St. Margareth bei Prag, von letzterem die Klosterkirche zu Banz bei Coburg, welche eine ganz eigentümliche Gestaltung des Gewölbes zeigen, die Wandpfeiler sind nämlich übereck gestellt, und die von ihnen ausgehenden Gurten bilden Kurven, welche sich gleich gotischen Rippen an das Gewölbe anlegen. Es wird hier die «barocke» Art Guarinis, alles in krummen Linien zu bilden, von deutschen Meistern aufgenommen und eigenartig verwertet. Auch in der Jesuitenkirche auf der Kleinseite zu Prag, an deren Bau Christof Dientzenhofer beteiligt war, finden sich Anklänge an diese Art; die in großen Verhältnissen gehaltene Kirche zeichnet sich durch schöne Raumwirkung und kräftige Formengebung aus.
In Böhmen regte sich damals überhaupt der deutsche Geist ganz gewaltig und das kam im Bauwesen auch dadurch zum Ausdruck, daß man wieder auf den gotischen Stil zurückgriff. In dieser Richtung war hauptsächlich der Prager Meister Bayer thätig, welcher die Umbauten der Klöster Sedletz (bei Kuttenberg) und Kladrau (bei Mies) ausführte und dabei in Grundanlage wie in Einzelformen die gotische Bauweise, freilich ¶