entwickelt und, wie z. B. im Landhause, gefällige und schöne Werke geschaffen hatte. Es entstand ein eigenartiger Mischstil, indem man italienische Formen ziemlich frei verwertete, sonst aber mit voller Unbefangenheit den eigenen Einfällen folgte.
Die italienische Kunst
weise fand auch in Prag Eingang und zwar durch Wallenstein, der für seinen Palast (erbaut
1623-27) ebenfalls italienische Meister berufen hatte. Die Gartenhalle und der große Hauptsaal desselben zählen zu den
besten Schöpfungen jener Zeit.
Jesuitenkirchen. Die vorgenannten Bauten wurden von Italienern ausgeführt, und es mußte daher bei diesen selbstverständlich
die eigene Schulung der Künstler zum Ausdruck kommen. Die von den Persönlichkeiten unabhängige Einbürgerung der
Kunst
richtung und Auffassung erfolgte jedoch bei den Jesuitenkirchen, das heißt: bei diesen tritt der Orden selbst bestimmend
für die Durchführung der Bauten auf, dessen Anschauungen, nicht jene der ausführenden Meister, maßgebend sind. Es werden
nicht nur Italiener, sondern auch Deutsche und Niederländer dabei beschäftigt, und damit hebt die vorerwähnte «Erziehung»
oder Umbildung der deutschen Kunst
weise an. - Zwei Hauptwerke kommen in dieser Hinsicht in Betracht.
Die Michaeliskirche in München und die Jesuitenkirche in Innsbruck, welche beide selbständige, von den italienischen Schulen unabhängige, wohl aber in römisch-kirchlichem Geiste gehaltene Schöpfungen darstellen und nur in Einzelheiten italienische Formen aufweisen. Der Grundriß hat bei beiden Kirchen einige Verwandtschaft mit jenen von del Gesu in Rom, jedoch nur in den Hauptzügen: daß auf die Gestaltung des Langhauses das meiste Gewicht gelegt wird und die Querarme zurücktreten.
Das gewaltige Tonnengewölbe der St. Michaeliskirche und deren eindrucksvolle Stirnseite verdienen besondere Beachtung, während die Innsbrucker Kirche sich durch die Fülle des reizenden, noch maßvoll behandelten Zierwerkes im Innern auszeichnet. Beide Bauten ergänzen sich in dieser Hinsicht gegenseitig, bei dem einen treten die großartige Raumentwicklung und die bedeutenden Maßverhältnisse, bei dem andern der malerische Grundzug hervor. Sie können als die eigentlichen Vertreter des «Jesuiten-Stiles» in dem vorhin gekennzeichneten Sinne gelten und wurden in der That auch vorbildlich für eine Reihe anderer Jesuitenkirchen (Fig. 605 u. 606).
Bei einer weiteren Gruppe von Ordenskirchen, welche hauptsächlich in den Rheinlanden vertreten ist, sehen wir die neue Richtung in anderer Art zur Geltung kommen, und zwar in Umgestaltung gotischer und romanischer Bauten. Es wurden nämlich dem Orden vielfach ältere Kirchen übergeben, die nun mehr oder minder einem Umbau unterzogen wurden. Man behielt die Grundanlage und, so weit als es anging, bestehende Hauptteile bei und beschränkte sich darauf, das Innere sowie die Stirnseite neuzugestalten. Es werden dabei gotische Formen mit den neuen einfach verkleidet und namentlich im Zierwerk tritt diese eigentümliche Mischung zu Tage. Bezeichnend für diese Gattung ist die Jesuitenkirche zu Köln, deren Stirnseite noch das große gotische Fenster mit Maßwerk besitzt, während die Strebepfeiler durch solche in Renaissanceform ersetzt sind, ebenso auch der Giebel umgeformt und wuchtige viereckige Türme mit Laternen die Seiten einfassen.
Eine ähnliche Umbildung ursprünglich gotischer Bauten finden wir in Bonn und in der Pfarrkirche am Hof zu Wien.
^[Abb.: Fig. 614. Bürgerhaus in Innsbruck.] ¶
Eine dritte Gruppe bilden die nach dem dreißigjährigen Kriege entstandenen Ordenskirchen, welche sich durch eine große Einfachheit der Stirnseiten, klare aber auch nüchterne Gliederung der Massen und eine bewußte, wenn auch nicht immer verständnisvolle Annäherung an die Antike kennzeichnen. Das Aeußere erscheint daher meist ärmlich und nüchtern, nur im Innern entfaltet sich der Prunk. Beispiele dieser Gattung sind die Jesuitenkirchen in Wien (das Innere wurde später von Pozzo umgestaltet), Linz, Klattau u. a.
Viele der damals entstandenen Bauten sind inzwischen wieder verschwunden und wurden durch geschmackvollere ersetzt. In diese
«klassische» Richtung wurde der Orden nicht nur durch seine Gelehrsamkeit
gedrängt, sondern auch dadurch, daß seine Kunst
weise im Volksthum kein rechtes Verständnis gefunden
hatte und daher keine befruchtenden Wechselbeziehungen zwischen Kunst
und Volk bestanden. Man darf eben nicht vergessen, daß
bis zur Gegenreformation die weitaus überwiegende Mehrheit des deutschen Volkes, selbst in den Alpenländern, protestantisch
war und der Katholizismus sich auch im Süden das Gebiet
^[Abb.: Fig. 615. Inneres der St. Johanniskirche.
München.] ¶