ordnung", welche er die «heroische» benannte. (Das Kapitäl ist dabei aus einem Wulst und einigen Profilen gebildet; das Gesims mit Zahnschnitt versehen.)
Auch er fand wenig Anklang: und erst Baldassare Longhena (1604-1682) gelang es mit neuen Anschauungen durchzudringen.
Sie schlossen sich im wesentlichen jenen Palladios an, doch verstand es Longhena, durch malerische Gestaltung
der Einzelheiten und verschwenderischen Schmuck die Venetianer mit der klassischen Grundanlage zu versöhnen. Sein Hauptwerk,
die Kirche Maria della Salute (Fig. 601) blieb denn auch die glänzendste Schöpfung der venetianischen
Kirchen-Baukunst
in der Barockzeit; während der Palazzo Pesaro (Fig. 602) den gleichen Rang unter
den weltlichen Bauten einnimmt, dem nur noch der Palazzo Rezzonico zur Seite gestellt werden kann. Die
«echt barocke», das heißt überreich schmuckhafte Weise fand dagegen in
der Kirche Maria ai Scalzi ihren Ausdruck, deren Inneres an Prunk das Höchste leistet, aber immerhin doch einen feinen Geschmack
im Zierwesen bekundet. Longhenas Art verdient deshalb besondere Anerkennung, weil sie maßvoll bleibt
und nie ins Willkürliche und Uebertriebene ausartet; sie stellt eine glückliche Vereinigung des Malerischen mit dem Erhabenen
der Antike dar.
Man begreift daher auch, daß Longhenas Richtung, da sie so ganz der venetianischen Eigenart entsprach, in der Lagunenstadt
die Herrschaft behielt, und die römische Barockkunst
hier keinen
Boden fand, da die maßvoll edle Schönheit
der Renaissance auch in diesem Zeitraum noch nachwirkte.
^[Abb.: Fig. 615. St. Michaels Hofkirche.
München.] ¶
Deutschland.
Vorbemerkung. Es dürfte vielleicht am Platze sein, auf einige in der Entwicklung der deutschen Kunst
überhaupt, am deutlichsten
aber in der Baukunst
zu Tage tretende Erscheinungen aufmerksam zu machen. Wir finden die frischeste jugendliche Kraft und
Ursprünglichkeit im «romanischen» Zeitalter; da zeigt der deutsche Geist
sich fruchtbar und schöpferisch, von regster Einbildungskraft und Erfindungsgabe. Dies dauert auch noch
an während der ersten Zeit der Gotik, doch späterhin macht sich bereits ein Zug
von grübelnder Tüftelei und die Neigung zum
Kleinlichen geltend.
Man legt mehr Gewicht auf die Ausgestaltung der Einzelheiten, als auf eine große Auffassung des Ganzen. Zu Ende
des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhun
derts entfaltet sich die künstlerische Thätigkeit nicht so sehr in großen Denkmalswerken
als vielmehr in den Zweigen der Kleinkunst
, in welchen sie ihre liebenswürdigsten und reifsten Schöpfungen liefert. Die
Baukünstler entwickeln ihre Formgedanken an Altarwerken und Prunk-Geräten, die Maler arbeiten in Holzschnitten und
Stichen.
Das Schmuckwerk wird im Allgemeinen zur Hauptsache und auf dieses alle Kraft verwendet. Die deutsche Kunst
ist dabei zwar
volkstümlich geworden, entbehrt aber des Zuges nach dem Großen. Dies steht im engsten Zusammenhange mit den staatlichen
Verhältnissen. Der Zerfall des Reiches brachte auch mit sich, daß alle Einheitlichkeit im öffentlichen
und geistigen Leben allmählich verloren gehen mußte. Das deutsche Volk wurde in Theile zerrissen, die untereinander sich
oft feindlicher gegenüberstanden als dem Fremden. In diesen kleinen Teilen mußte auch jene Beschränktheit der Weltanschauung,
jene Engherzigkeit und kleinliche Auffassung aller Dinge, jene kurzsichtige Selbstsucht, welche für das Allgemeine keine
Opfer bringen will, kurz jenes Wesen sich entwickeln, das man mit dem Worte «kleinstädtisch»
treffend bezeichnen kann. Die religiöse Bewegung zu Beginn des 16. Jahrhun
derts rüttelte zwar die Geister etwas auf und
es schien anfänglich, als ob dadurch wieder engere Beziehungen zwischen den verschiedenen auseinander strebenden
^[Abb.: Fig. 606. Inneres der Hofkirche St. Michael.
München.] ¶