herigen Ueberlieferungen gebrochen hatte. (Fig. 384.) In dem Maße, als sich die kölnische Malerei von der gedanklichen Richtung entfernte und der Natur näherte, mußte sie in den Bann der Niederländer geraten, welche die naturtreue Darstellungsweise bereits vollkommen beherrschten, dabei aber auch ihre Eigenart wesentlich einbüßen.
Niedergang der kölnischen Schule. Um das Jahr 1500 ist die kölnische Kunstweise im vollen Niedergange; es giebt zwar noch Meister, welche an der alten Richtung festhalten wollen, sie verfallen aber dabei nur in Uebertreibungen; die Empfindungen und Stimmungen, welche sie ausdrücken wollen, sind in Wahrheit eben nicht mehr vorhanden. Eine neue Zeit mit neuen Anschauungen ist angebrochen. - Aus dieser zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts besitzen wir eine stattliche Reihe von Werken, unter welchen einzelne von großer Schönheit sind.
Die Meister kennt man nicht, doch hat man Gruppen von Arbeiten gebildet, von welchen man annimmt, daß sie aus einer und derselben Werkstatt stammen und benennt diese nach dem hervorragendsten Werke. So unterscheidet man einen «Meister des Münchner Marienlebens», «Meister des Georgenaltars», «des hl. Bartolomäus», «der hl. Sippe» u. s. w. (Fig. 385.) Daß die Zuteilung eine sehr unsichere ist, braucht wohl nicht erst gesagt zu werden; für die Betrachtung der Gesamtentwicklung ist dies übrigens auch nebensächlich. Als Träger der letzteren erscheinen in diesem Zeitraum noch nicht künstlerische Persönlichkeiten, sondern die Zunftgenossenschaft, in welcher als Einzelne nur die unpersönlichen Werkstätten erkennbar sind.
Schwaben. Unabhängig von der rheinländischen oder kölnischen Malweise - die auch in den Werkstätten der westfälischen Städte herrschte - hatte sich in Süddeutschland,
^[Abb.: Fig. 380. Francesco Francia: Vermählung der hl. Cäcilie mit Valerian.
Bologna. Kirche der Hl. Cäcilie.] ¶
und zwar in dem Gebiete des Schwabenstammes, die Farbenkunst entwickelt. Hier war keine Stadt den anderen in der Weise überlegen, wie Köln am Rheine, und so zersplitterte sich auch die Kunstthätigkeit; es fehlt ein beherrschender Vorort, die verschiedenen örtlichen Gruppen gehen zum Teil eigene Wege, die freilich nicht erheblich von einander abweichen. Bestimmend für den Entwicklungsgang erscheint der Umstand, daß auf diesem Boden die Bildnerei (schon in der romanischen Zeit), insbesondere die Holzschnitzerei zu hoher Blüte gelangt war, so daß die Malerei länger im Banne derselben blieb, als am Rhein, wo das «rein Malerische» früher zum Durchbruche gelangte. Da man trefflichen bildnerischen Schmuck leicht beschaffen konnte, war das Bedürfnis nach Ersatz desselben durch Malerei nicht so stark. Diese hält sich auch mit Vorliebe an die Formen der Schnitzkunst, was in der ganzen Zeichnung der Gestalten, vor allem aber in der Behandlung der Gewandung und des Beiwerkes augenfällig hervortritt.
Je größer die Zahl der ausübenden Künstler in einem Orte ist, desto kräftiger ist das Kunstleben, der Wettbewerb fördert den Fortschritt. Dies verschaffte der kölnischen Schule den Vorrang, während in den kleineren süddeutschen Orten die vereinzelten Werkstätten der Anregungen entbehrten und daher mehr in örtlichen Ueberlieferungen befangen blieben. Dafür traten jedoch die einzelnen stärkeren Talente auch wieder mehr hervor und können ihre Eigenart besser zur Geltung bringen. Wenn auch, wie gesagt, auf süddeutschem Boden ein künstlerischer Mittelpunkt fehlte, so sehen wir doch zwei Städte als Sitze einer lebhaften Kunstthätigkeit hervorragen, Ulm und Augsburg.
Ulmer Meister. Die Ulmer «Schule» war durch Lucas Moser und Hans Schüchlin emporgebracht worden, in dem Schüler des letzteren, Bartolomä Zeitblom, fand sie dann ihren hervorragendsten Vertreter, der sich von den steifen, bildnerischen Formen frei machte und zu einer freien, schwungvolleren Linienführung gelangte. Seine Werke zeigen eine «echt malerische» Schönheit
^[Abb.: Fig. 381. Dietrich v. Prag: Der hl. Augustinus.
Wien. Kaiserliche Gemäldegalerie.]
^[Abb. 382. Meister Wilhelm: Maria auf dem Throne.
München. Pinakothek.] ¶