meiden; man begnügte sich mit «symbolischen» Andeutungen (als «guter Hirt»),
und auch in den erzählenden Bildwerken kommen bis zum 5. Jahrhundert Hauptvorgänge aus dem Leben Christi, wie die Kreuzigung, gar nicht zur Verwertung. - Am frühesten erscheinen Darstellungen aus der Kindheit des Erlösers; daneben auch Maria und die Apostel (und Propheten). Mit der festeren Begründung des Christentums verlor sich diese Scheu und man wagte sich an die bildliche Wiedergabe der Persönlichkeit des Heilands und der Leidensgeschichte. In den ältesten Bildern erscheint Christus in schöner Jünglingsgestalt, bartlos und mit gelocktem Haar, später wird er bärtig, mit langem Haar und männlich ernsten Gesichtszügen abgebildet. Es wirkte da noch der Schönheitssinn der Antike nach. Darum ging man auch nur zögernd an die Darstellung der Kreuzigung, zumal man sich vor der Wiedergabe des nackten Körpers noch scheute.
Weltliche Bilder. Die altchristliche Kunst war so ausschließlich auf das Religiöse und Uebersinnliche gerichtet, daß Bilder aus dem irdischen Leben fast gar nicht vorkommen, und selbst die wenigen dieser Art haben eine Beziehung zu der Religion. Die Wiedergabe von Märtyrerscenen unterblieb wohl aus den gleichen Gründen, aus welchen die Kreuzigung nicht beliebt war; wobei wohl stark der Umstand ins Gewicht fiel, daß man nicht die künstlerische Kraft besaß, solchen Vorgängen das Abstoßende zu benehmen und ihnen eine innere Schönheit zu verleihen. Es fehlten hierzu die Vorbilder aus der Antike, die für alle anderen Gestaltungen sich fanden.
Beibehaltung der antiken Formen. Darin liegt ja das entscheidende Merkmal der altchristlichen Kunst, daß sie auf dem Gebiete der Malerei und Bildnerei für den neuen Gedankenkreis keine neuen entsprechenden Formen finden konnte, sondern mit jenen der Antike sich behalf, was zu manchen seltsamen Erscheinungen und Widersprüchen führte. Nur in der Baukunst sehen wir auch eine selbständige, dem christlichen Geiste und dem neuen Zwecke angepaßte Form in der Basilika aufkommen.
In der Uebereinstimmung von Inhalt und Form liegt aber das Wesen der wahren Kunst und in diesem Sinne ist die altchristliche daher eine Uebergangsstufe und Vorläufer einer neuen Entwicklung, welche nach dem Verfall der Antike auf vielfach neuen Grundlagen zu selbständiger Eigenart gelangte.
Kleinkunst. Es soll noch in Kürze der Kleinkunst dieser Zeit gedacht werden. Die besten Leistungen derselben sind die Elfenbeinschnitzereien, von denen ich bereits gesprochen habe; sonst sind nur bemerkenswert die sogenannten «Goldgläser», deren Herstellungsweise von einer eigentümlichen Kunstfertigkeit zeugt. Bei diesen Gläsern wurde auf dem Grunde eine Zeichnung mit Goldblättchen ausgelegt und eine zweite flüssige Glasschicht darüber
^[Abb.: Fig. 242. Geschnitztes Elfenbeingefäß.
Berlin, Museum.]
gegossen. Im Uebrigen behielt auch die Kleinkunst die alten Formen bei, nur daß zu Verzierungen christliche Vorwürfe genommen wurden. Der Verfall der Kunstfertigkeit und des Geschmackes tritt natürlich auch hier zu Tage.
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Besprechung der Abbildungen. Die meisten altchristlichen Basiliken Roms haben zwar im Laufe der Zeit vielfältige Veränderungen durch schmuckhafte Zuthaten erfahren, lassen jedoch immerhin die ursprünglichen Eigentümlichkeiten erkennen. Die Anlage einer größeren Basilika zeigt der Grundriß der alten Peterskirche, die unter Constantin errichtet wurde und im 16. Jahrhundert dem heutigen gewaltigen Bau von Sankt Peter weichen mußte. (Fig. 199.)
S. Paul vor den Mauern. Das Innere veranschaulichen die Abbildungen Fig. 200 und 202, die Basiliken Sankt Paul vor den Mauern und Sankt Clemente, die noch die ursprüngliche Anlage haben, nur die reiche Ausschmückung stammt aus späterer Zeit. Besonders treu hat S. Paul das alte Aussehen bewahrt. Der Bau stammt aus dem vierten Jahrhundert und wurde nach einem Brande (1823) ganz in der alten Art wieder errichtet. Die schöne und großartige Raumwirkung läßt selbst die kleine Abbildung erkennen. Im Hintergrunde sieht man durch den Triumphbogen, hinter dem sich ein kurzes Querschiff hinzieht, die runde Altar-Nische.
S. Clemente in Rom. Besser noch zeigt die innere Gestaltung die Kirche S. Clemente, die im Jahre 1125 auf den Trümmern der ursprünglichen Basilika (1084 zerstört) errichtet wurde, und in welche die Einrichtungsstücke des alten Baues übertragen wurden. Der durch kleine Marmorschranken in der Mitte abgegrenzte Raum war der Platz für die den Chorgesang ausführenden Priester.
Die Erhöhungen (Ambonen) rechts und links dieses Raumes dienten zum Verlesen der Evangelien und Epistel. Die Schranke hinter dem Sängerchor (besser auf dem Grundriß Fig. 201 zu erkennen) trennt das Kirchenschiff vom Allerheiligsten, das kein Laie betreten durfte. Hinter dieser Schranke steht der Altar unter einem von vier Säulen getragenen Schutzdach, in der Mitte zwischen Schranke und Nische, in welcher der Bischof und andere hohe Geistliche ihren Platz hatten. Das Querschiff fehlt.
Kirche von Turmanin. Für die Art der syrischen Basiliken (S. 192) ist Fig. 203, die Kirche zu Turmanin, ein Beispiel. Vor der eigentlichen Basilika erhebt sich ein thorartiger Hallenbau mit einer Säulenstellung in der Mitte und zwei kräftigen niederen Türmen.
S. Apollinare in Classe. Die altchristlichen Bauten Ravennas (S. 192) zeigen die Abbildungen Fig. 204, 206-209. Während in Rom das Aeußere der Basiliken fast immer das alte Aussehen verloren hat, blieb es an einzelnen Bauten in Ravenna sehr gut erhalten. Am besten giebt die ravennatische Eigenart die Basilika S. Apollinare in Classe wieder. Die Belebung der Außenseiten durch Mauerstreifen ist auf der Abbildung deutlich sichtbar. An Stelle der Vorhalle
^[Abb.: Fig. 213. Christus als Hirte.
Malerei aus den Katakomben von S. Callisto.]
hat diese Basilika einen geschlossenen Thorbau, und als noch auffälligere Eigentümlichkeit einen freistehenden runden Turm.
S. Stefano rotondo in Rom. Als Beispiel römischer Rundbauten gebe ich in Fig. 205 eine Ansicht des Innern von S. Stefano rotondo aus der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts, das noch viel von dem ursprünglichen Aussehen zeigt. 22 Säulen mit jonischen Kapitälen, die durch ein gerades Gebälk verbunden sind, tragen den cylindrischen, flach gedeckten Oberbau. Um diesen Mittelraum zieht sich ein niedrigerer Umgang mit 36 Säulen, die durch 8 Pfeiler in Gruppen von 4 und 5 getrennt werden. Von dem Umgang gehen nach der Außenmauer zu vier Arme in Kreuzform aus, die mit kleinen Nischen abschließen.
S. Vitale in Ravenna. Der wichtigste Bau dieser Art in Ravenna ist die Kirche S. Vitale, deren Grundriß und äußere Ansicht die Abbildungen Fig. 206 und 207 zeigen.
Der Bau wurde 526 begonnen und 547 (unter byzantinischer Herrschaft) vollendet und geweiht. Dem Achteck der Außenmauern entsprechen im Innern acht mächtige Pfeiler, welche die innen gewölbte, außen achtseitige Kuppel tragen, die aus ineinander gesteckten Thontöpfen gefügt ist. Zwischen den Pfeilern (ausgenommen vor der Altarnische) sind je zwei Säulen derart eingeordnet, daß sie mit den Pfeilern eine Art Nische bilden und zwar in zwei Stockwerken übereinander, das Obergeschoß wird durch Halbkuppeln geschlossen. An der Vorderseite, jedoch nicht genau gegenüber der Altarnische, stand früher eine Vorhalle mit zwei Türmen an den Seiten. Die schiefe Anlage derselben ist wohl auf ungünstige Bodenbeschaffenheit zurückzuführen.
S. Giovanni in Fonte. Die Ausschmückung derartiger Rundbauten läßt sich sehr gut aus Fig. 208 erkennen, die das Innere eines der am besten erhaltenen ravennatischen Bauwerke darstellt. Es ist die Taufkapelle San Giovanni in Fonte, ein einfacher, achteckiger Bau mit runder Kuppel, der am Ende des 4. Jahrhunderts begonnen und im ersten Viertel des folgenden beendet wurde. Die Bogen unter und über den Fenstern werden von Säulen getragen, welche die auf S. 192 besprochene Form zeigen.
^[Abb.: Fig. 214. Malereien aus den Katakomben von S. Agnese und der Priscilla. Der gute Hirte. Madonna.]
Grabmal Theodorichs. Ein anderes sehr bezeichnendes Bauwerk ist das Grabmal Theodorichs, Fig. 209, das dieser noch zu seinen Lebzeiten errichtete.
Auf einem zehneckigen Unterbau erhebt sich das ebenfalls zehneckige Obergeschoß, dessen Inneres eine runde Halle bildet. Dieser Oberbau war früher von einer Säulenhalle umgeben.
Das Dach besteht aus einem einzigen Felsblock.
In der Anlage und in seiner Bestimmung erinnert dieser Bau an die römischen Kaisergräber, doch zeigt er in der Ausführung nicht nur die den Bauwerken von Ravenna eigentümlichen, sondern auch germanische Züge.
Katakombe. Wie die eigentlichen altchristlichen Gräber beschaffen waren, zeigt Fig. 210, die das Innere der Krypta einer Katakombe (s. S. 195) darstellt. Die Oeffnungen in den Wänden waren die eigentlichen Gräber, sie wurden mit Steinplatten verschlossen. Der Sitz des obersten Geistlichen war auf den stufenförmigen Platten im Hintergrunde, durch kleine Schranken war er von dem Hauptraum getrennt. Auf den Sockeln rechts und links im Vordergrunde standen Säulen, die ein wagerechtes Gebälkstück trugen. Das Licht fiel durch die Oeffnung der Decke ein.
Altchristlicher Sarg. Elfenbein-Büchse. Von den Erzeugnissen der altchristlichen Bildnereikunst ist wenig wirklich Bedeutendes übrig geblieben. Unter den Arbeiten in Stein sind hauptsächlich nur bemerkenswert die Sarkophage, deren Flachbildschmuck im Allgemeinen die spätrömische erzählende Darstellungsweise zeigt. Fig. 211 ist eine Probe dieser Art. In der Mitte oben sieht man in einer runden Umrahmung, die von zwei kleinen Engeln gehalten wird, das verstorbene Ehepaar.
Von links beginnend stellt die obere Reihe Gott Vater dar, wie er Eva erschafft, dann dem Menschenpaare Aehren und ein Lamm giebt, was die Mühen der Arbeit andeuten soll, die es nach dem Sündenfall (durch die Schlange neben Eva bezeichnet) zur Fristung des Lebens verrichten müsse. Rechts von dem Rahmen werden die Wunder Christi bei der Hochzeit zu Kana, die Speisung der Zehntausend und die Auferweckung des Lazarus geschildert. In der unteren Reihe stellt die erste Gruppe links die Anbetung der Hirten dar, es folgt die Heilung des Blinden (dieser ist im Gegensatz zu den Gestalten der Heiligen ganz klein gebildet); die Mitte zeigt Daniel unter den Löwen, hinter ihm zwei Propheten; ein Knabe reicht ihm die von Gott gesandte Speise. Darauf folgt die Verleugnung Christi durch Petrus, die Gefangennahme Christi und als Abschluß Moses, wie er aus dem Felsen Wasser hervorspringen läßt.
Man sieht, die Darstellung wechselt ungeregelt zwischen Geschichten des alten und neuen Testamentes.
Eine feinere Kunstweise weisen die altchristlichen Elfenbeinschnitzereien auf, eines der besten erhaltenen Werke ist eine runde Büchse, die zum Aufbewahren der Hostien diente (im Berliner Museum). Auf der in Fig. 212 sichtbaren Seite sitzt Christus auf dem Thron zwischen den Aposteln. Das Werk stammt vermutlich aus dem 3. Jahrhundert und zeigt jene Mischung römischer Formen und christlicher Auffassung, welche für die altchristliche Zeit bezeichnend ist.
^[Abb.: Fig. 215. Aus dem Mosaik von S. S. Cosma e Damiano.
Rom.]
Katakomben-Gemälde. Ich zeige in Fig. 213 u. 214 noch ein paar Proben altchristlicher Katakombengemälde, die einen ungefähren Begriff ihres Wesens geben. In zwei derselben sehen wir Christus als Hirten; das dritte ist besonders als älteste erhaltene Madonnendarstellung beachtenswert. Maria ist, im Gegensatz zu den späteren byzantinischen Marienbildern, als einfaches römisches Weib aufgefaßt. Der Mann, der auf den Stern über Maria deutet, ist wahrscheinlich ein Hirte. Die Ausführung schließt sich eng an die antiken Malereien an, wie schon auf S. 197 angedeutet wurde.
Mosaik aus Rom. Die Art des späteren römischen Wandschmuckes, der Mosaiken, die schon nicht mehr ganz frei von byzantinischen Einflüssen sind, zeigt Fig. 215, die einen Teil aus dem Mosaik der Altarnische von S. S. Cosma e Damiano in Rom wiedergiebt. Die Mosaiken in Ravenna stehen so stark unter den von Byzanz ausgehenden Strömungen, daß ich sie erst mit der byzantinischen Kunst besprechen werde.
^[Abb.: Fig. 216. Christusmonogramm.
Aus dem 4. Jahrhundert.]