morgenländischen Basiliken fehlen in der Regel die Querschiffe und schließt sich die Nische unmittelbar dem Langhause an, ebenso regelmäßig erscheint dagegen das Doppelgeschoß der Seitenschiffe, da die Frauen auf die Emporen (oberen Galerien) verwiesen wurden und das Langhaus ausschließlich den Männern vorbehalten blieb. In Konstantinopel, Syrien, Palästina, Aegypten und an der nordafrikanischen Küste entstanden im 4. und 5. Jahrhundert solche Basiliken; die Form verbreitete sich aber auch weiter nach Osten über Persien bis nach Indien.
Syrische Basiliken. Eine bemerkenswerte Ausbildung erfuhr die Basilika in Syrien, wo sich zahlreiche ganz hervorragende Bauwerke fanden, welche an die besten Schöpfungen der Antike erinnern. Dazu trug nicht zum wenigsten bei die ausschließliche Verwendung des Hausteines und zwar in sorgfältiger Bearbeitung. Die heute noch wohlerhaltenen Denkmale stammen - bei vielen ist das Entstehungsjahr angegeben - aus der Zeit von 130 bis 565 n. Chr. Damals war Syrien ein reichbevölkertes und blühendes Land, bis der Einbruch der islamitischen Scharen es veröden machte.
Auch hier herrscht die Basilikaform vor, doch treten im Süden auch Kuppelbauten auf, und zwar erscheint, da rechtwinklige Räume zu bedecken waren, die Kuppel auf Gewölbezwickel (Pendentifs) aufgesetzt, - eine Neuerung, die vielleicht hier ihren Ursprung hatte. Da auch die Decke aus Steinplatten gebildet wurde, so wurden über die Bögen meist noch Kragsteine gelegt, auch Pfeiler, sowie im Innern Strebepfeiler verwendet. Bei den Säulen ist auf den Knauf in der Regel noch ein Aufsatzstein (Kämpfer) aufgelagert; der Knauf zeigt im Allgemeinen die korinthische Form, doch in mannigfacher Umbildung. Im ganzen zeugen diese syrischen Bauten von einer selbständigen Entwicklung des Stils, der zwar auf den antiken Formen beruht, diese aber frei und verständnisvoll umgestaltet hat.
Die Bauten in Ravenna. Eine gleiche selbständige Eigenart weisen die Bauten der adriatischen Küstenlandschaft auf, vor allem jene in Ravenna, welches ja im 5. Jahrhundert Sitz der weströmischen Herrscher und im 6. Jahrhundert der byzantinischen Statthalter war. Ihre Glanzzeit hatte die Stadt unter dem Ostgotenkönig Theodorich d. Großen (seit 493). Hier standen nicht wie in Rom alte Bauten zur Verfügung, die man plündern konnte, auch machte sich der oströmische - griechisch-byzantinische - Einfluß geltend. Vor allem sind die Säulen bemerkenswert, deren Knauf entweder die korinthische und römische Form mit einer freieren Behandlung des Blattwerks, oder die byzantinische Art, eine eigentümliche glockenförmige Gestaltung mit verschlungenen Ranken und gezahnten Blättern zeigt.
Stets findet sich hier der würfelförmige Aufsatz, (wie er schon bei den syrischen Säulen erwähnt wurde), welcher dem Knaufe aufruhend den Bogen trägt.
Dadurch erschien der Rundbogen überhöht und das Ganze machte den Eindruck größerer Leichtigkeit.
Auch das Aeußere der Basiliken wurde gefälliger gestaltet, indem man die Mauern mit Wandstreifen (Lisenen) versah, und diese durch Blendbögen verband. Dieser Bauform begeg-
^[Abb.: Fig. 203. Kirche zu Turmanin in Syrien.]
nen wir außer in Ravenna auch in Istrien (Parenzo) und auf den venezianischen Inseln (Murano, Torcello).
Vorhof. Die größeren Basiliken besaßen meist noch einen Vorhof (Atrium), der von Säulenhallen umgeben war und in dessen Mitte ein Brunnen (Cantharus - Reiniger) stand; mit dem Wasser desselben besprengten sich die Gläubigen vor dem Eintritt in das Gotteshaus. Der Vorhof diente auch den Büßenden zum Aufenthalt während des Gottesdienstes.
Glockentürme. Eine strittige Frage ist, wann die Glockentürme aufkamen. Die Sitte, die Gläubigen durch ein Glockenzeichen zusammenzurufen, mag allerdings in frühe Zeiten zurückreichen, soll ja schon Augustus bei dem Jupitertempel eine Glocke angebracht haben; doch dürfte die Verwendung großer Glocken und damit die Errichtung von eigenen Glockentürmen kaum vor dem 7. Jahrhundert stattgefunden haben. Erst aus dieser Zeit liegen sichere Nachrichten vor. Die Türme - Campanile - standen in keiner engeren Verbindung mit dem Hauptbau, sondern waren selbständige Bauten, meist viereckig, manchmal rund, oben mit Schallöffnungen versehen, welche mit Rundbogen überwölbt waren.
Rund- und Kuppelbauten. Wenn auch die Basilika auf weströmischem Boden die Hauptform blieb, so finden sich daneben immerhin zahlreiche Rundbauten mit Kuppeln. Diese Form fand ebenfalls im Abendlande ihre erste Entwicklung und nur die spätere Ausbildung vollzog sich in dem byzantinischen Kulturkreise.
Die Rundbauten wurden hauptsächlich für Taufkapellen (Baptisterium) angewendet. Ursprünglich wurde die Taufe durch Untertauchen des ganzen Körpers vollzogen, und dazu bedurfte man tiefer Becken, für welche die runde Form sich besonders eignete. Damit war auch die Anlage des ganzen Baues vorgezeichnet. Ebenso war der Rundbau für Grabmäler die von altersher gewohnte und auch entsprechendste Form. Schon unter
^[Abb.: Fig. 204. Basilika S. Apollinare in Classe bei Ravenna.]
Constantin, also zum Beginn des 4. Jahrhunderts wurde sie auch für größere Kirchen verwendet, und in der Folgezeit entstanden mehrere Bauten von großartiger Anlage.
In einem Punkte hielt man sich an das Vorbild der Basilika, indem man nämlich einen Mittelraum schuf, der von einem niedrigeren Seitenraum umgeben wurde. Während z. B. bei dem antiken Pantheon die Kuppel auf den Hauptmauern aufruht, stellte man nun im Innern einen Säulenkreis auf, welcher die Kuppel trug, während der Umgang zwischen diesen Säulen und den Außenmauern mit einem niedrigeren Gewölbe überspannt wurde. So hatte man auch hier ein Mittelschiff als Hauptraum. Die Hauptmauern wurden durch Nischen gegliedert.
Zu den bemerkenswertesten Bauten dieser Art zählen San Stefano rotondo in Rom und San Lorenzo in Mailand, erstere Kirche hatte einen doppelten Umgang, letztere eine achteckige Kuppel und zeigt in ihrer Anlage eine eigenartige Verbindung der Rundform mit dem Viereck. Nicht minder bedeutsam erscheint San Vitale in Ravenna, ein Achteck, mit einer auf acht Pfeilern ruhenden Hauptkuppel. Zwischen den Pfeilern stehen je zwei Säulen, welche in zwei Geschossen Halbkuppeln tragen. (Die große Kuppel war aus hohlen Thontöpfen gebildet, eine Herstellungsweise, die auch bei anderen Kuppelbauten sich findet.)
Verfall. Die abendländische altchristliche Baukunst hat ihre hervorragendsten Werke auf italischem Boden im 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. geschaffen; mit der Herrschaft der Langobarden trat dann der Verfall ein. Im Gegensatze zu den Ostgoten erwies sich dieser deutsche Stamm als wenig bildungsfähig und eignete sich von der alten Kultur meist nur das Schlechte an; Rohheit paarte sich mit Sittenverderbnis. Wie sich die christlich-italische Bauweise nach Norden verbreitete, soll später erörtert werden.
Zierwerk. Schließlich sei noch eine Bemerkung über das bauliche Zierwerk nachgetragen. Hinsichtlich der Gestaltung des Säulenknaufs wurde bereits erwähnt, daß im Allgemeinen das korinthische bezw. römische Kapitäl beibehalten, nur im Ravennatischen eine byzantinische Form - mit verschlungenem Rankenwerk - häufiger angewendet wurde.
Sonst wiesen die älteren Basiliken im Westen kein besonderes Zierwerk auf, da ja das Aeußere ziemlich schmucklos blieb und der Schmuck im Innern in Malereien und Mosaiken bestand.
^[Abb.: Fig. 205. Inneres von S. Stefano rotondo in Rom.
(Nach Photographie von Anderson.)]
^[Abb.: Fig. 206. Grundriß von S. Vitale in Ravenna.
A, Vorhalle. B, Mittelraum. C, Altarraum und Apsis.]
Auch in dieser Hinsicht bilden Ravenna und Syrien eine Ausnahme, wo man bei Friesen, Pfeilerknäufen und Thürpfosten einige besondere Formen der Verzierung trifft. Dazu gehören im Ravennatischen die Verwendung des Schilfblattes und des Zickzacks, der Herzform, vor allem aber das sogenannte «Zangenornament»; reicher gestaltet erscheinen die syrischen Friese, bei denen mit naturalistischem Laubwerk auch Kreuze, Vasen, Pfauen u. s. w. verbunden wurden, daneben auch geometrische Muster, verschlungene Kreise und Schneckenlinien auftreten.
Gräber. In der altchristlichen Kunst spielen noch die Gräber eine bedeutsame Rolle. Die christliche Lehre von der Auferstehung des Fleisches - also des Wiedererscheinens des Menschen in ihrer körperlichen Gestalt - brachte es mit sich, daß man von der Sitte der Leichenverbrennung abkam und zur Bestattung zurückkehrte. Eigene Grabmalsbauten trifft man freilich erst in späterer Zeit und da selten, da ja die Errichtung solcher nur fürstlichen und vornehmen Personen möglich war. Auch diese zogen aber die Errichtung von Grabkirchen vor, damit der Leichnam an geweihter Stätte, dem heiligen Altar so nahe wie möglich ruhe.
Eine derartige bevorzugte Ruhestätte war schon in der frühesten Zeit jenen zuteil geworden, welche sich um das Christentum besondere Verdienste erworben hatten, also namentlich den Blutzeugen, den Märtyrern. Es kam die Gepflogenheit auf, den Altar über dem Grabe eines solchen Märtyrers zu errichten, die sich später dahin umwandelte, daß man die Gebeine von Heiligen in die Kirchen verbrachte und unter den Altären beisetzte.
Bestattungswesen. Die christliche Bestattungsweise bedingte nun manche Abänderungen hinsichtlich der Begräbnisstätten in jenen Gebieten, wo sonst die Leichenverbrennung üblich war. Im Altertum war das Begräbniswesen Angelegenheit der Familie im weitesten Sinne, also der Sippe oder des Geschlechts; es finden sich daher nur ausnahmsweise Einzelgräber, die Regel sind Familiengräber oder Begräbnisplätze für Geschlechter. In den großen Städten der späteren Zeit, in denen ja auch viele Zugewanderte lebten, die hier in keiner Geschlechtsverbindung standen, bildeten sich zunächst aus letzteren Begräbnisgesellschaften, die für ihre Genossen eine Stätte anlegten. Diese Einrichtung wurde - sozusagen mit innerer Notwendigkeit - von den Christen übernommen, da ja bei ihnen die Zugehörigkeit zur Gemeinde über der Verwandtschaft stand.
Katakomben. In Rom, aber auch an anderen Orten, führte dies zu der Anlage der unterirdischen «Katakomben» (die ursprüngliche Bezeichnung ist coemeterium), was durch die örtlichen Verhältnisse bedingt war. Auch die heidnische Bevölkerung Roms hatte ja solche unterirdische Grabanlagen, - Columbarien
^[Abb.: Fig. 207. San Vitale in Ravenna.]
- und wir treffen sie überall dort, wo der Boden Felsengräber ermöglichte und die Verhältnisse, Dichtigkeit der Bevölkerung und hoher Wert des Grundes, zur sparsamen Raumausnutzung zwangen. (Neapel, Syracus u. a. O.)
Die Bestattung in Katakomben war also an und für sich keine christliche Neuerung; eine solche bestand nur in der Art der Anlage. In den Columbarien wurden Aschenurnen beigesetzt, welche nur kleiner Nischen bedurften, für Bestattung ganzer Leichen benötigte man einer anderen Anordnung. Die Katakomben bestehen daher aus engen, niedrigen Gängen, Stollen, oft in mehreren Stockwerken übereinander; in den Stollenwänden sind dann die Höhlungen für die Leichen angebracht, die vorne mit Marmorplatten geschlossen wurden, welche die Namen der Verstorbenen und sonstige Inschriften, manchmal wohl auch einfachen Flachbildnereischmuck trugen.
Angesehene Familien ließen für sich größere Räume (Cubicula) ausmeißeln, in welchen ihre Angehörigen bestattet wurden, und ähnliche zu Gewölben erweiterte Räume - Krypta - wurden für die gottesdienstlichen Handlungen bei den Begräbnissen angelegt, in denen man auch Märtyrer und Bischöfe beizusetzen pflegte. In den Zeiten der Christenverfolgung wurde dann der ganze Gottesdienst in die Katakomben verlegt, weil die Achtung der Römer vor den Toten eine größere Sicherheit gewährleistete.
Malerei und Bildnerei in den Katakomben. In diesen Familiengrüften und Krypten begegnen wir nun den ältesten Zeugnissen für die altchristliche Kunstübung in der Malerei und Bildnerei. Ich habe bereits erwähnt, daß und aus welchem Grunde die Bildnerei bei den Christen in den Hintergrund trat, dieselbe daher fast gänzlich auf die Flachbildwerke sich beschränkte. Erst mit dem 4. Jahrhundert kamen vereinzelte Standbildwerke vor. (Das Erzbild des heil. Petrus in der Peterskirche zu Rom, welches vielfach dem 5. Jahrhundert zugeschrieben wurde, stammt jedenfalls aus viel späterer Zeit.) Ein Hauptgegenstand der Flachbildnerei waren die Steinsärge (Sarkophage); mehr zu den Werken der Kleinkunst gehören die Elfenbeinschnitzereien, mit welchen Reliquien-
^[Abb.: Fig. 208. Inneres von San Giovanni in Fonte in Ravenna.]
schreine, Bischofsstühle und die Deckel der Diptychen - Tafeln mit den Verzeichnissen der toten und lebenden Christen, für welche gebetet wurde - geschmückt wurden. Sonst wurden nur noch Altarsäulen mit Flachbildnerei verziert. (Ob die zwei vorderen Säulen des Hochaltars von San Marco aus der altchristlichen Zeit stammen, ist freilich unsicher, wenn auch wahrscheinlich.)
Flachbildnerei. Was nun die Ausführung, die Kunstarbeit an diesen Flachbildwerken anbelangt, so bewegt sich diese natürlich in den Bahnen und Formen der Antike. Die älteren Werke sind meist besser, später wird die Arbeit immer handwerksmäßiger und plumper, das feine Formgefühl geht verloren, die Anordnung der Gestalten und Vorgänge wird verworren und mit allerlei Beiwerk, Säulchen, Bögen, Giebeln überladen. Eine Neubelebung der Kunstfertigkeit vermochte das Christentum nicht mehr zu bewirken, sein Einfluß giebt sich nur in dem gedanklichen Inhalt der Darstellungen kund.
Wandgemälde. Dies gilt ferner in gleichem Maße von der Malerei; auch hier schließt sich die Behandlungsweise ganz der antiken an, und je älter die Wandgemälde sind, desto feiner sind sie ausgeführt. Wir finden dieselbe Vorliebe für anmutige Verzierungen, gefällige Anordnung, sichere Zeichnung und feinabgestimmte Farbengebung, wie in den pompejanischen Wandgemälden auch in den Katakomben; immer hat man es aber nur mit Werken eines guten Kunsthandwerks zu thun, welches Vorbilder trefflich zu verwerten weiß, aber nichts neues mehr hervorbringt.
Mosaikkunst. Die Wandmalerei trat vom 4. Jahrhundert ab hinter der Mosaikkunst zurück. In der ersten Kaiserzeit hatte man die Mosaiken hauptsächlich nur für den Fußboden verwendet, auch in den Katakomben ist dies der Fall; jetzt begann man damit, die Innenwände und Nischen der Basiliken zu schmücken. Dazu waren sie in der That vorzüglich geeignet; abgesehen von der Dauerhaftigkeit liegt in der Natur dieser Werke ein
^[Abb.: Fig. 209. Grabmal Theodorichs in Ravenna.]
Zug nach Großartigem und Erhabenem. Starke machtvolle Linienführung und kräftige Farben ergaben sich sozusagen von selbst, es kann nur das Herausarbeiten der kennzeichnenden Hauptzüge, nicht aber Feinheit in den Einzelheiten erzielt werden. Die durch die Herstellungsweise bedingte Beschränkung, welche eine volle künstlerische Gestaltung nicht zuläßt, die im Tafelbild oder Wandgemälde möglich ist, fiel nicht so sehr ins Gewicht bei dem Kirchenschmuck, der ja durch großzügige Einfachheit wirken sollte.
Miniaturmalerei. Im Gegensatze zu dieser Abart der Malerei stand eine andere, die sich gleichfalls in der altchristlichen Zeit zu entwickeln begann: die Miniaturmalerei, mit welcher die Handschriften verziert wurden. (Der Name stammt von der Farbe Minium, Zinnoberrot.) Wohl wurden schon im Altertum bisweilen die Bücher mit kleinen Bildern geschmückt, eine allgemeine Anwendung fand diese Malerei aber erst jetzt und zwar wurde sie zunächst hauptsächlich im Morgenlande gepflegt, später in den abendländischen Klöstern ausgebildet.
Die ältesten Denkmale stammen aus dem 5. Jahrhundert; sie zeigen noch ganz den Stil der altrömischen Malerei, deren Muster auch vielfach verwertet wurden; die Zeichnung ist im Allgemeinen sicher, die Ausführung allerdings oft flüchtig. Auch in der Auffassung ist noch der Einfluß der Antike zu bemerken, indem man leblose Gegenstände (Berge, Quellen) oder Begriffe in Menschenform darstellte, also auf die Nymphen und Halbgötter des Altertums zurückgriff. Immerhin ist bei den Miniaturmalereien noch mehr selbständige künstlerische Erfindungsgabe bemerkbar, als bei den Mosaiken.
Inhalt und Zweck der altchristlichen Kunst. Im Vorstehenden wurde gezeigt, daß die altchristliche Bildnerei und Malerei in der Kunstarbeit, also hinsichtlich der Form, keine selbständige und neue Richtung einschlug, sondern nur als eine Fortsetzung der antiken erscheint, wobei ein stetiges Sinken der Fertigkeit zu beobachten ist. Nur der gedankliche Inhalt ist ein neuer, und in diesem giebt sich der christliche Geist kund. Von einem Selbstzweck des Kunstwerkes ist jetzt keine Rede mehr, das heißt: man schafft nicht aus Freude an der Schönheit der Form, sondern alle Werke stehen im Dienste der Religion, die sie erläutern und verherrlichen sollen. Sie haben daher die Aufgabe, entweder deren Lehrinhalt zu verdeutlichen oder darauf bezügliche Vorgänge zu erzählen.
Symbolische Darstellungen. Ersteres geschah durch die «Sym-
^[Abb.: Fig. 210. Papstkrypta in den Katakomben von S. Callisto.]
bole", Merk- und Wahrzeichen, welche eine große Rolle in der altchristlichen Kunst spielen. Die «Gleichnisse», in welchen die Lehren des Evangeliums ausgesprochen sind, wurden in der Formensprache wiedergegeben. Christus nannte sich den «guten Hirten», das «Opferlamm», welches die Sünden der Welt trägt, den «Säemann»; die Apostel bezeichnet er als «Menschenfischer» u. s. w.
Das alte und neue Testament - ersteres namentlich in den Psalmen, letzteres in den Parabeln - enthalten eine Fülle solcher Gleichnisse und Schlagworte, die sich gegenständlich darstellen ließen, und der christliche Geist erfand immer noch neue dazu. Tiere, Pflanzen, Geräte u. s. w. wurden zu solchen «Symbolen», die einen religiösen Gedanken ausdrückten.
Es würde zu weit führen, eine erschöpfende Aufzählung dieser «Symbole» zu geben, nur einige der wichtigsten seien erwähnt. Dazu gehören das Lamm und der Hirt, die Taube, der Fisch (- dessen griechische Bezeichnung Ichthys auch noch zu einer besonderen Deutung Anlaß gab: Jesus Christus, Theou Yios, Soter, d. h. Jesus Christus, Gottes Sohn, Erlöser -), der Hahn, der Pfau, (wohl richtiger Phönix, der unsterbliche Vogel), der Weinstock, die Palme, die Lilie, der Kelch, das Schiff u. a. Dazu kamen noch das «A und O» (Alpha und Omega, der erste und letzte Buchstabe des griechischen Alphabets, Anfang und Ende) und das Handzeichen Christi (Monogramm), gebildet aus den griechischen Buchstaben Ch und R in der Form der Fig. 216.
Erzählende Darstellungen. Diesen Wahr- und Merkzeichen begegnen wir schon in den Katakomben, und auch in der späteren Zeit werden sie in ausgedehntem Maße verwendet, obwohl da - seit dem 5. Jahrhundert - die erzählenden Darstellungen in den Vordergrund treten. Anfänglich hatten auch diese die Aufgabe, nicht so sehr die wirklichen Ereignisse bildlich wiederzugeben, sondern die «Gleichnisse» in ausführlicherer Weise, durch eine Reihe von Bildern, zu verdeutlichen, waren also auch von «symbolischer» Art, und drückten nur «Gedanken» aus. - Erst später gab man die biblischen Erzählungen als wirkliche Geschehnisse inhaltsgetreu wieder, und zwar sowohl jene des alten wie des neuen Testamentes. Hierbei wählte man vor allem solche Vorgänge, welchen ein höherer Sinn, eine tiefere religiöse Bedeutung unterlegt werden konnte, insbesondere Beziehungen auf das ewige Leben und die Auferstehung der Menschen.
Darstellung des Heilands. Die Persönlichkeit des Heilands selbst darzustellen wurde in der ersten Zeit vermieden, um jeden Anklang an den «Götzendienst» zu ver-
^[Abb.: Fig. 211. Altchristlicher Sarkophag.
Rom, Museum des Lateran.]
meiden; man begnügte sich mit «symbolischen» Andeutungen (als «guter Hirt»),
und auch in den erzählenden Bildwerken kommen bis zum 5. Jahrhundert Hauptvorgänge aus dem Leben Christi, wie die Kreuzigung, gar nicht zur Verwertung. - Am frühesten erscheinen Darstellungen aus der Kindheit des Erlösers; daneben auch Maria und die Apostel (und Propheten). Mit der festeren Begründung des Christentums verlor sich diese Scheu und man wagte sich an die bildliche Wiedergabe der Persönlichkeit des Heilands und der Leidensgeschichte. In den ältesten Bildern erscheint Christus in schöner Jünglingsgestalt, bartlos und mit gelocktem Haar, später wird er bärtig, mit langem Haar und männlich ernsten Gesichtszügen abgebildet. Es wirkte da noch der Schönheitssinn der Antike nach. Darum ging man auch nur zögernd an die Darstellung der Kreuzigung, zumal man sich vor der Wiedergabe des nackten Körpers noch scheute.
Weltliche Bilder. Die altchristliche Kunst war so ausschließlich auf das Religiöse und Uebersinnliche gerichtet, daß Bilder aus dem irdischen Leben fast gar nicht vorkommen, und selbst die wenigen dieser Art haben eine Beziehung zu der Religion. Die Wiedergabe von Märtyrerscenen unterblieb wohl aus den gleichen Gründen, aus welchen die Kreuzigung nicht beliebt war; wobei wohl stark der Umstand ins Gewicht fiel, daß man nicht die künstlerische Kraft besaß, solchen Vorgängen das Abstoßende zu benehmen und ihnen eine innere Schönheit zu verleihen. Es fehlten hierzu die Vorbilder aus der Antike, die für alle anderen Gestaltungen sich fanden.
Beibehaltung der antiken Formen. Darin liegt ja das entscheidende Merkmal der altchristlichen Kunst, daß sie auf dem Gebiete der Malerei und Bildnerei für den neuen Gedankenkreis keine neuen entsprechenden Formen finden konnte, sondern mit jenen der Antike sich behalf, was zu manchen seltsamen Erscheinungen und Widersprüchen führte. Nur in der Baukunst sehen wir auch eine selbständige, dem christlichen Geiste und dem neuen Zwecke angepaßte Form in der Basilika aufkommen.
In der Uebereinstimmung von Inhalt und Form liegt aber das Wesen der wahren Kunst und in diesem Sinne ist die altchristliche daher eine Uebergangsstufe und Vorläufer einer neuen Entwicklung, welche nach dem Verfall der Antike auf vielfach neuen Grundlagen zu selbständiger Eigenart gelangte.
Kleinkunst. Es soll noch in Kürze der Kleinkunst dieser Zeit gedacht werden. Die besten Leistungen derselben sind die Elfenbeinschnitzereien, von denen ich bereits gesprochen habe; sonst sind nur bemerkenswert die sogenannten «Goldgläser», deren Herstellungsweise von einer eigentümlichen Kunstfertigkeit zeugt. Bei diesen Gläsern wurde auf dem Grunde eine Zeichnung mit Goldblättchen ausgelegt und eine zweite flüssige Glasschicht darüber
^[Abb.: Fig. 242. Geschnitztes Elfenbeingefäß.
Berlin, Museum.]
gegossen. Im Uebrigen behielt auch die Kleinkunst die alten Formen bei, nur daß zu Verzierungen christliche Vorwürfe genommen wurden. Der Verfall der Kunstfertigkeit und des Geschmackes tritt natürlich auch hier zu Tage.
***
Besprechung der Abbildungen. Die meisten altchristlichen Basiliken Roms haben zwar im Laufe der Zeit vielfältige Veränderungen durch schmuckhafte Zuthaten erfahren, lassen jedoch immerhin die ursprünglichen Eigentümlichkeiten erkennen. Die Anlage einer größeren Basilika zeigt der Grundriß der alten Peterskirche, die unter Constantin errichtet wurde und im 16. Jahrhundert dem heutigen gewaltigen Bau von Sankt Peter weichen mußte. (Fig. 199.)
S. Paul vor den Mauern. Das Innere veranschaulichen die Abbildungen Fig. 200 und 202, die Basiliken Sankt Paul vor den Mauern und Sankt Clemente, die noch die ursprüngliche Anlage haben, nur die reiche Ausschmückung stammt aus späterer Zeit. Besonders treu hat S. Paul das alte Aussehen bewahrt. Der Bau stammt aus dem vierten Jahrhundert und wurde nach einem Brande (1823) ganz in der alten Art wieder errichtet. Die schöne und großartige Raumwirkung läßt selbst die kleine Abbildung erkennen. Im Hintergrunde sieht man durch den Triumphbogen, hinter dem sich ein kurzes Querschiff hinzieht, die runde Altar-Nische.
S. Clemente in Rom. Besser noch zeigt die innere Gestaltung die Kirche S. Clemente, die im Jahre 1125 auf den Trümmern der ursprünglichen Basilika (1084 zerstört) errichtet wurde, und in welche die Einrichtungsstücke des alten Baues übertragen wurden. Der durch kleine Marmorschranken in der Mitte abgegrenzte Raum war der Platz für die den Chorgesang ausführenden Priester.
Die Erhöhungen (Ambonen) rechts und links dieses Raumes dienten zum Verlesen der Evangelien und Epistel. Die Schranke hinter dem Sängerchor (besser auf dem Grundriß Fig. 201 zu erkennen) trennt das Kirchenschiff vom Allerheiligsten, das kein Laie betreten durfte. Hinter dieser Schranke steht der Altar unter einem von vier Säulen getragenen Schutzdach, in der Mitte zwischen Schranke und Nische, in welcher der Bischof und andere hohe Geistliche ihren Platz hatten. Das Querschiff fehlt.
Kirche von Turmanin. Für die Art der syrischen Basiliken (S. 192) ist Fig. 203, die Kirche zu Turmanin, ein Beispiel. Vor der eigentlichen Basilika erhebt sich ein thorartiger Hallenbau mit einer Säulenstellung in der Mitte und zwei kräftigen niederen Türmen.
S. Apollinare in Classe. Die altchristlichen Bauten Ravennas (S. 192) zeigen die Abbildungen Fig. 204, 206-209. Während in Rom das Aeußere der Basiliken fast immer das alte Aussehen verloren hat, blieb es an einzelnen Bauten in Ravenna sehr gut erhalten. Am besten giebt die ravennatische Eigenart die Basilika S. Apollinare in Classe wieder. Die Belebung der Außenseiten durch Mauerstreifen ist auf der Abbildung deutlich sichtbar. An Stelle der Vorhalle
^[Abb.: Fig. 213. Christus als Hirte.
Malerei aus den Katakomben von S. Callisto.]
hat diese Basilika einen geschlossenen Thorbau, und als noch auffälligere Eigentümlichkeit einen freistehenden runden Turm.
S. Stefano rotondo in Rom. Als Beispiel römischer Rundbauten gebe ich in Fig. 205 eine Ansicht des Innern von S. Stefano rotondo aus der zweiten Hälfte des fünften Jahrhunderts, das noch viel von dem ursprünglichen Aussehen zeigt. 22 Säulen mit jonischen Kapitälen, die durch ein gerades Gebälk verbunden sind, tragen den cylindrischen, flach gedeckten Oberbau. Um diesen Mittelraum zieht sich ein niedrigerer Umgang mit 36 Säulen, die durch 8 Pfeiler in Gruppen von 4 und 5 getrennt werden. Von dem Umgang gehen nach der Außenmauer zu vier Arme in Kreuzform aus, die mit kleinen Nischen abschließen.
S. Vitale in Ravenna. Der wichtigste Bau dieser Art in Ravenna ist die Kirche S. Vitale, deren Grundriß und äußere Ansicht die Abbildungen Fig. 206 und 207 zeigen.
Der Bau wurde 526 begonnen und 547 (unter byzantinischer Herrschaft) vollendet und geweiht. Dem Achteck der Außenmauern entsprechen im Innern acht mächtige Pfeiler, welche die innen gewölbte, außen achtseitige Kuppel tragen, die aus ineinander gesteckten Thontöpfen gefügt ist. Zwischen den Pfeilern (ausgenommen vor der Altarnische) sind je zwei Säulen derart eingeordnet, daß sie mit den Pfeilern eine Art Nische bilden und zwar in zwei Stockwerken übereinander, das Obergeschoß wird durch Halbkuppeln geschlossen. An der Vorderseite, jedoch nicht genau gegenüber der Altarnische, stand früher eine Vorhalle mit zwei Türmen an den Seiten. Die schiefe Anlage derselben ist wohl auf ungünstige Bodenbeschaffenheit zurückzuführen.
S. Giovanni in Fonte. Die Ausschmückung derartiger Rundbauten läßt sich sehr gut aus Fig. 208 erkennen, die das Innere eines der am besten erhaltenen ravennatischen Bauwerke darstellt. Es ist die Taufkapelle San Giovanni in Fonte, ein einfacher, achteckiger Bau mit runder Kuppel, der am Ende des 4. Jahrhunderts begonnen und im ersten Viertel des folgenden beendet wurde. Die Bogen unter und über den Fenstern werden von Säulen getragen, welche die auf S. 192 besprochene Form zeigen.
^[Abb.: Fig. 214. Malereien aus den Katakomben von S. Agnese und der Priscilla. Der gute Hirte. Madonna.]
Grabmal Theodorichs. Ein anderes sehr bezeichnendes Bauwerk ist das Grabmal Theodorichs, Fig. 209, das dieser noch zu seinen Lebzeiten errichtete.
Auf einem zehneckigen Unterbau erhebt sich das ebenfalls zehneckige Obergeschoß, dessen Inneres eine runde Halle bildet. Dieser Oberbau war früher von einer Säulenhalle umgeben.
Das Dach besteht aus einem einzigen Felsblock.
In der Anlage und in seiner Bestimmung erinnert dieser Bau an die römischen Kaisergräber, doch zeigt er in der Ausführung nicht nur die den Bauwerken von Ravenna eigentümlichen, sondern auch germanische Züge.
Katakombe. Wie die eigentlichen altchristlichen Gräber beschaffen waren, zeigt Fig. 210, die das Innere der Krypta einer Katakombe (s. S. 195) darstellt. Die Oeffnungen in den Wänden waren die eigentlichen Gräber, sie wurden mit Steinplatten verschlossen. Der Sitz des obersten Geistlichen war auf den stufenförmigen Platten im Hintergrunde, durch kleine Schranken war er von dem Hauptraum getrennt. Auf den Sockeln rechts und links im Vordergrunde standen Säulen, die ein wagerechtes Gebälkstück trugen. Das Licht fiel durch die Oeffnung der Decke ein.
Altchristlicher Sarg. Elfenbein-Büchse. Von den Erzeugnissen der altchristlichen Bildnereikunst ist wenig wirklich Bedeutendes übrig geblieben. Unter den Arbeiten in Stein sind hauptsächlich nur bemerkenswert die Sarkophage, deren Flachbildschmuck im Allgemeinen die spätrömische erzählende Darstellungsweise zeigt. Fig. 211 ist eine Probe dieser Art. In der Mitte oben sieht man in einer runden Umrahmung, die von zwei kleinen Engeln gehalten wird, das verstorbene Ehepaar.
Von links beginnend stellt die obere Reihe Gott Vater dar, wie er Eva erschafft, dann dem Menschenpaare Aehren und ein Lamm giebt, was die Mühen der Arbeit andeuten soll, die es nach dem Sündenfall (durch die Schlange neben Eva bezeichnet) zur Fristung des Lebens verrichten müsse. Rechts von dem Rahmen werden die Wunder Christi bei der Hochzeit zu Kana, die Speisung der Zehntausend und die Auferweckung des Lazarus geschildert. In der unteren Reihe stellt die erste Gruppe links die Anbetung der Hirten dar, es folgt die Heilung des Blinden (dieser ist im Gegensatz zu den Gestalten der Heiligen ganz klein gebildet); die Mitte zeigt Daniel unter den Löwen, hinter ihm zwei Propheten; ein Knabe reicht ihm die von Gott gesandte Speise. Darauf folgt die Verleugnung Christi durch Petrus, die Gefangennahme Christi und als Abschluß Moses, wie er aus dem Felsen Wasser hervorspringen läßt.
Man sieht, die Darstellung wechselt ungeregelt zwischen Geschichten des alten und neuen Testamentes.
Eine feinere Kunstweise weisen die altchristlichen Elfenbeinschnitzereien auf, eines der besten erhaltenen Werke ist eine runde Büchse, die zum Aufbewahren der Hostien diente (im Berliner Museum). Auf der in Fig. 212 sichtbaren Seite sitzt Christus auf dem Thron zwischen den Aposteln. Das Werk stammt vermutlich aus dem 3. Jahrhundert und zeigt jene Mischung römischer Formen und christlicher Auffassung, welche für die altchristliche Zeit bezeichnend ist.
^[Abb.: Fig. 215. Aus dem Mosaik von S. S. Cosma e Damiano.
Rom.]
Katakomben-Gemälde. Ich zeige in Fig. 213 u. 214 noch ein paar Proben altchristlicher Katakombengemälde, die einen ungefähren Begriff ihres Wesens geben. In zwei derselben sehen wir Christus als Hirten; das dritte ist besonders als älteste erhaltene Madonnendarstellung beachtenswert. Maria ist, im Gegensatz zu den späteren byzantinischen Marienbildern, als einfaches römisches Weib aufgefaßt. Der Mann, der auf den Stern über Maria deutet, ist wahrscheinlich ein Hirte. Die Ausführung schließt sich eng an die antiken Malereien an, wie schon auf S. 197 angedeutet wurde.
Mosaik aus Rom. Die Art des späteren römischen Wandschmuckes, der Mosaiken, die schon nicht mehr ganz frei von byzantinischen Einflüssen sind, zeigt Fig. 215, die einen Teil aus dem Mosaik der Altarnische von S. S. Cosma e Damiano in Rom wiedergiebt. Die Mosaiken in Ravenna stehen so stark unter den von Byzanz ausgehenden Strömungen, daß ich sie erst mit der byzantinischen Kunst besprechen werde.
^[Abb.: Fig. 216. Christusmonogramm.
Aus dem 4. Jahrhundert.]