der Zartheit und des Glanzes der Farben und der großartigen Auffassung des seelischen Ausdrucks. Von seinen Zeitgenossen soll Protogenes ihm ebenbürtig gewesen sein, obwohl noch einige andere Meister hohen Ruf genossen.
Die Malerei der hellenistischen und römischen Zeit. Die Malerei schlug nun im Allgemeinen dieselbe Richtung ein, wie die
Bildnerei, die als «hellenistische» bezeichnet wird.
Vorgänge des gewöhnlichen Lebens und Szenen aus den Göttersagen werden mit Vorliebe behandelt, insbesondere spielen «Liebesgötter»
(Eroten) eine große
Rolle; die Formgebung ist völlig durchgebildet, überhaupt die Kunst
fertigkeit hoch entwickelt. Die
Pracht- und Kunst
liebe der Nachfolger Alexanders und der ganzen damaligen vornehmen Welt förderte natürlich
die Malerei ungemein, denn die Künstler fanden «lohnende Beschäftigung».
Bemerkt sei noch, daß jetzt auch eine Landschaftsmalerei aufkam, welche allerdings die Natur nicht voll erfaßte, aber immerhin
schon eine anmutige Stimmung zum Ausdruck bringen konnte.
In der römischen Zeit waren die Verhältnisse in gleicher Weise für die Malerei günstig, was die Ausdehnung
der Kunst
thätigkeit anbelangt. Auch beteiligten sich Italiker selbst in höherem Maße daran, wenn auch griechische Künstler
die besseren Sachen lieferten. Die Bildnismalerei wurde besonders gepflegt; im übrigen scheint man hauptsächlich Nachbildungen
geschaffen zu haben, wobei freilich die Vorbilder vielfach verändert wurden.
Erhaltene Werke. - Pompeji. Wie bereits erwähnt wurde, ist von den ursprünglichen Werken all der genannten Meister nichts vorhanden, und selbst bei den Nachbildungen sind die Vorbilder nicht mit voller Sicherheit zu bestimmen. Diese geben auch mehr nur eine Vorstellung von der Zeichnung und Anordnung des Urbildes; für die Hauptsache, die ursprüngliche Farbengebung, sind sie keine zuverlässigen Zeugnisse.
^[Abb.: Fig. 186. Das Kolosseum.
Rom. (Nach Photographie von Anderson.)] ¶
Pompeji hat uns die meisten und wertvollsten Aufschlüsse über den Stand der antiken Malerei gegeben. Hier wurden so viele
vorzüglich erhaltene Wandgemälde ausgegraben, daß man einen genügenden Einblick in die Kunst
thätigkeit der ersten Hälfte
des 1. Jahrhunderts n. Chr. gewinnt. Pompeji war aber nur eine Landstadt und sicher
nicht eine Kunst
stätte ersten Ranges. Die Ausschmückung der Wohnräume wird hier wohl mehr Kunsthandwerkern
als eigentlichen Künstlern überlassen worden sein. Wahrscheinlich haben diese auch ihren Darstellungen zumeist Vorbilder
berühmter Meister zu Grunde gelegt. Diese Wandgemälde zeigen also einerseits den vorhandenen Formenschatz, andererseits
die Höhe der Arbeitsfertigkeit, lassen also mindestens ahnen, was die großen Künstler geleistet haben
mochten.
Aldobrandinische Hochzeit. Das berühmteste und was die Anordnung betrifft beste noch vorhandene Werk ist ein im Jahre 1606 in Rom gefundenes Gemälde auf Stuckgrund, die sog. Aldobrandinische Hochzeit (Fig. 179), das seinen Namen nach dem ersten Besitzer, dem Kardinal Aldobrandini, führt. In der Mitte sitzt die in ihren Schleier gehüllte Braut, neben ihr die Göttin der Ueberredung. Andere Frauen und Mädchen, (Göttinnen und Musen), bereiten teils das Brautbad, teils stimmen sie das Hochzeitslied an. Der Bräutigam sitzt auf der Schwelle zur Brautkammer. Es liegt hier wahrscheinlich die freie Nachbildung eines griechischen Gemäldes vor.
Medea und Iphigeneia. Letztere Annahme dürfte auch für die anderen drei Proben gelten. Da die Ausführung nur wenig künstlerisch ist, so geben sie, wie ich nochmals betone, kein wirkliches Bild der «vollendeten» antiken Malerei, sondern nur einen schwachen Abglanz derselben. Der Inhalt aller drei Bilder ist dem griechischen Sagenkreis entnommen, und zwar zeigt das erste (Fig. 180) die in tiefes Sinnen versunkene Medea; möglicherweise einem Gemälde des Timomachos von Byzanz nachgebildet. Das Opfer der Iphigeneia (Fig. 181) enthält vielleicht Anklänge an ein berühmtes Gemälde des Timantes von Kythnos. Die Gestalt rechts ist der Priester, der das Opfer vollziehen soll, links der Vater der Iphigeneia, Agamemnon, der in tiefem Schmerz sein Haupt verhüllt. Fig. 182 zeigt Iphigeneia in Tauris an der Spitze eines Zuges der Priesterinnen. Die Zeichnung ist hier weniger steif und auch die Malart besser als in dem vorgenannten Bilde.
Die Bildnisse von el Fayum. Eine Anzahl anderer höchst wertvoller Zeugnisse haben in neuerer Zeit die
Gräber von el Fayum in Aegypten geliefert. Dort fand man Mumien, deren Gesichter mit bemalten Holztäfelchen bedeckt
waren, welche das Bildnis des Toten darstellten. - Diese Bildnisse, welche aus verschiedenen Zeiten stammen - die meisten
wahrscheinlich aus dem zweiten Jahrhundert n. Chr. -, sind sehr ungleichartig. Einzelne
zeigen eine ganz vollendete künstlerische Ausführung und sind wirkliche Meisterwerke der Bildniskunst;
selbst die minderwertigen aber zeichnen sich durch lebendige Wiedergabe der bezeichnenden Eigentümlichkeiten und volle Naturwahrheit
aus (Fig. 183).
Malweisen. Besonders beachtenswert sind die Bildnisse hinsichtlich ihrer Herstellungsweise; die meisten sind nämlich enkaustisch (eingebrannt) gemalt. Dieses Verfahren bestand
^[Abb.: Fig. 187. Römischer Tempel in Nimes.
(Jetzt Maison caré genannt.)] ¶