Nachbildung des Kopfes eines großen Standbildes des Zeus, das in der Zeit des Praxiteles entstanden sein dürfte.
Homer. Die Büste des Homer (Fig. 149) erscheint in zahlreichen Wiederholungen erhalten, was auf ein sehr berühmtes Urbild schließen läßt, das vielleicht hellenistischen - alexandrinischen - Ursprungs gewesen ist (S. 118). Der Dichter ist als Greis aufgefaßt, der sinnend in die Ferne blickt. Daß der Künstler auch die dem Homer angedichtete Blindheit andeuten wollte, erscheint mir doch sehr zweifelhaft, da alle dafür angegebenen Kennzeichen, wie Eingesunkensein der Augäpfel, Kleinheit der Augenöffnung u. s. w. auch bei sehenden Greisen zu finden sind.
Aber nicht nur bei diesen frei erfundenen Gestalten suchten die Künstler Idealbilder derselben zu geben, sondern auch in den Bildnissen der Zeitgenossen, die nicht ein getreues Ebenbild, eine Nachbildung der Natur sein sollten, sondern veredelte Wiedergabe derselben, in der die «Zufälligkeiten», die jedes Menschenantlitz besitzt, unterdrückt wurden, und dafür der geistige Gehalt der Person gesteigert zum Ausdruck kommt.
Perikles. Eines der schönsten Beispiele dieser veredelten Bildnisse ist die Büste des Perikles (Fig. 150), die die ausgezeichnete Marmornachbildung eines Bronze-Urbildes von Kresilas sein dürfte.
Seneca.
«Realistischer» d. h. naturwahrer
ist der sogen.
Kopf des Seneca
(Fig. 148), der aus dem ersten Jahrhundert nach Chr. stammt und
schon die römische auf Lebenstreue abzielende Auffassung zeigt.
Standbild des Sophokles. Doch nicht nur durch Aufstellung von Büsten und Hermen ehrten die Griechen ihre großen Männer, auch lebensgroße Standbilder wurden ihnen errichtet. Ich gebe hier in Fig. 151 die Abbildung eines etwas überlebensgroßen Standbildes des Dichters Sophokles, dessen Urbild wahrscheinlich dem 4. Jahrhundert angehörte. Die Schönheit dieses Werkes besteht neben der ungezwungenen, doch vornehmen Haltung in der Großzügigkeit und in der Gewandbehandlung, die dadurch, daß die einfachen Falten nach einer Hauptrichtung laufen, den Schwung der Haltung unterstützt, ferner in dem geistvollen Kopf mit den sinnend blickenden Augen. Das Werk ist eine Nachbildung eines verlorenen Urbildes aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., dessen Künstler nicht bekannt ist.
Herakles Farnese. Zur Ergänzung der Darstellung des nackten männlichen Körpers gebe ich in Fig. 152 die Abbildung des sogen. Herakles Farnese, der wahrscheinlich nach einem Vorbilde des Lysippos in römischer Zeit von dem Athener Glykon geschaffen wurde. Im Gegensatz zu den jugendlichen Gestalten der Fig. 97-122 zeigt dieses Werk den gereiften Manneskörper mit kraftvollen Formen. Durch einen feinen Zug hat der Künstler eine starke
^[Abb.: Fig. 172. Flachbild des Antinous.
Rom, Villa Albani.] ¶
Wirkung zu erzielen gewußt, indem er den kräftigen Körper nicht in voller Entfaltung seiner Stärke, sondern in der Ermattung nach schwerer Arbeit darstellte.
Beispiele der hellenistischen Kunst. Die Vorliebe für kraftvolle Körper mit stark hervortretenden Muskeln findet sich auch
bei einigen Werken der sogenannten hellenistischen Kunst und zwar der Schulen von Rhodos und Pergamon.
Bevor ich jedoch diese bespreche, möchte ich noch einen Ueberblick über einen anderen Zweig derselben geben. Schon von
den bisher erwähnten Werken gehören einige der genannten Richtung an, so jedenfalls
die Aphrodite von Melos (S. 137), sicher
die Aphroditen von Syrakus und die mediceische Aphrodite.
Auch der betende Knabe des Berliner Museums (Fig. 116) ist das Werk eines hellenistischen Meisters aus
der Schule des Lysippos. Die Bildnisse des Homer und des sogen. Seneca
gehören ebenfalls
dieser Zeit an, doch zeigen alle
diese Werke keine ausgesprochene Eigenart, sondern sie sind Weiterbildungen von Mustern aus der Zeit der
reinen griechischen Kunst. Anders verhält es sich mit gewissen Darstellungen, die ohne große innere Bedeutung eigentlich
nichts sein wollen, als dem Auge gefallsame
Kunstwerke, dazu bestimmt, Wohnräume und Gärten der Wohlhabenden zu schmücken.
Diesem Zweck entsprechend werden die Vorwürfe meist dem gewöhnlichen Leben entnommen.
Knabe mit der Gans. Als Beispiele dieser Art gebe ich auf S. 143 die Abbildung dreier solcher Werke. Der Knabe mit der Gans (Fig. 153) ist die Nachbildung einer Gruppe des Boethos, die im Altertum sehr berühmt war und sich in verschiedenen Nachbildungen erhalten hat (eine solche auch in München).
Tanzender Satyr. Auch der tanzende Satyr ist ein bekanntes Werk dieser Art, es stellt eine sehr beliebte Figur aus dem Gefolge des Dionysos dar.
Der Angler. Neben diesen Werken sind uns eine ganze Anzahl von kleinen Bronze- und Marmorbildwerken erhalten, die Gestalten aus den untersten Volksklassen geben, und in denen sich der Sinn für naturwahre Darstellung, die auch vor dem ausgesprochen Häß-
^[Abb.: Fig. 173. Flachbild von der Markussäule in Rom.]
^[Abb.: Fig. 174. Flachbild von der Antoninussäule in Rom.] ¶