den Werken, die dem ersten Zeitraume der griechischen Kunst
angehören, also im 7.-6. Jahrhundert v. Chr.
entstanden sind, mit den
Metopen von Selinunt. An diese schließen sich Abbildungen, die die Entwicklung der Darstellung des
männlichen Körpers veranschaulichen sollen, auf die dann Beispiele des bekleideten und nackten Weibes folgen.
Metopen von Selinunt. Ueber den Stil dieser Werke ist schon auf S. 101 gesprochen worden, deshalb beschränke ich mich auf die Erklärung des Sinnes. Die erste stellt die Tötung der Medusa durch Perseus dar. Die Gestalt rechts von Perseus ist Athene, das Pferd, welches die Medusa im Arme hält, der Pegasus, welcher ihrem Blute entspringt. Die zweite Darstellung zeigt uns Herkules, welcher die gefesselten Kerkopen (Kobolde, die den Wanderern auflauerten) davonträgt.
Apoll von Tenea. Der Apoll von Tenea soll hier nun die Reihe der Darstellungen des nackten männlichen Körpers eröffnen,
welche ich als erste Art gewählt habe. Die Entwicklungsgeschichte auf S. 102 giebt auch hier das Nähere;
ich muß deshalb immer auf diese verweisen, wenn ein richtiges Bild der jeweiligen Zeit gewonnen werden soll. Hier kann ich
nur auf das einzelne Kunstwerk
aufmerksam machen. Jünglingsgestalten dieser
^[Abb.: Fig. 135. Verwundete Amazone.
Berlin, Museum.]
^[Abb.: Fig. 136. Verwundete Amazone.
Rom, Vatikan.] ¶
Die hellenische Kunst

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Seite 35.137.Art sind in verschiedenen Teilen Griechenlands gefunden worden, die abgebildete ist eine der besten. Die Bezeichnung als «Apoll» ist unrichtig, es handelt sich hier um ein Weihegeschenk oder um eine Grabbeigabe. Im Allgemeinen erinnert die Figur an ägyptische Standbilder, doch ist das Bestreben, möglichst naturwahr zu sein, schon bemerkbar. Man vergleiche z. B. die Durchbildung des Unterkörpers und der Arme mit dem in der Haltung ähnlichen Renefer auf S. 30. Auch den Unterschied in der Haltung zeigt dieser Vergleich deutlich; diese ist beim «Apoll» bei aller Starrheit doch so kraftvoll, daß die Stütze, welche beim Renefer notwendig ist, fortfallen kann.
Mit Ueberspringung der attischen Bildwerke dieser Zeit, welche z. T. bei den Flachbildern und der Besprechung
der Frauenbilder behandelt werden, wende ich mich gleich zu einer Reihe höher entwickelter Werke, welche, wie der Apoll,
dem dorischen Kunst
kreise angehören. Es sind dieses die Giebelfiguren vom Tempel zu Aegina.
Tempelschmuck von Aegina. Etwa hundert Jahre später als der besprochene Jüngling entstanden, zeigen
sie deutlich den gewaltigen Fortschritt, welchen die Kunst
in dieser Zeit gemacht hat. Ost- und Westgiebel des Tempels waren
mit Darstellungen geschmückt, welche die Kämpfe der Griechen und Trojaner zum Vorwurf hatten. Beide Giebel dürften zur
selben Zeit entstanden sein, doch zeigen die Figuren am östlichen eine größere
Vollkommenheit, so daß man jetzt dafür einen etwas vorgeschrittenen Künstler annimmt.
Den Mittelpunkt der Gruppen bildet die schützende Athene, welche in ihrer starren Ruhe der wirksamste Gegensatz zu den Kämpfenden ist und die Bewegtheit derselben noch lebhafter erscheinen läßt. Vor ihr liegt ein Gefallener, um dessen Leichnam gekämpft wird. Zwei Gestalten rechts und links der Athene sind bis auf kleine Bruchteile verloren. Aus den besser erhaltenen Resten ähnlicher Gestalten vom Ostgiebel ersieht man, daß diese versuchten, den Gefallenen auf ihre Seite zu ziehen. Auf diese «Zugreifer» folgten wieder rechts und links die sog. Vorkämpfer, auf diese Bogenschützen und knieende Speerwerfer. Den Beschluß bildeten Gefallene, welche sich bemühten, den tötlichen Pfeil aus der Wunde zu ziehen.
Die Dreiecksform des Giebels zwang zu dieser Anordnung. Wir werden später bei den Giebelfiguren des Parthenons und des Zeustempels zu Olympia eine ähnliche Aufgabe finden. Abb. Fig. 94 zeigt die Athene, den Gefallenen und den von links kommenden Vorkämpfer. Zum Vergleich gebe ich in Fig. 95 u. 96 einen Bogenschützen und Gefallenen vom Ostgiebel. Die Ausführung ist eine sehr sorgfältige und läßt darauf schließen, daß die Künstler hauptsächlich in Bronze gearbeitet hatten und die bei dieser notwendige
^[Abb.: Fig. 137. Eirene mit dem Plutosknaben.
München, Glyptothek. (Nach Photographie von Bruckmann.)] ¶