Gräber. Dem Glauben an das Fortleben der Seele nach dem Tode entsprechend, wurde auf die Bestattung der Toten große Sorgfalt verwendet. Es war sowohl Beerdigung - hauptsächlich in dem nördlichen Gebiete - wie Verbrennung üblich. Die unverbrannten Leichen wurden in Steinsärgen beigesetzt, die außen mehr oder minder bildnerisch verziert waren; die Aschenreste der Verbrannten sammelte man teils in viereckigen Gefäßen (ossuarium = Beinhaus) aus Stein (Alabaster) oder gebranntem Thon, teils in runden Thontöpfen; erstere waren ebenfalls verziert.
Man findet ganze Totenstädte mit Gräbern von verschiedenen Formen. Die älteste ist jene eines in den Boden eingetieften, rundlichen Brunnens (tomba a pozzo), auf dessen Grunde das Aschengefäß niedergelegt wurde. Die spätere Form ist jene einer rechtwinkligen Grube (tomba a fossa), welche für Steinsärge zur Verwendung kam. Die Grube wurde oft mit Steinen ausgekleidet (tomba a cassa) und erhielt oben eine Decke (tomba a camera), die bisweilen ein Tonnengewölbe bildet. Bei diesen gedeckten Gruben erfolgte natürlich der Zugang nicht von oben, sondern von der Seite her. Endlich gab es noch kreisförmige Gruben (tomba a buca). - Im Gebirge wurden die Grabkammern aus den Felsen ausgemeißelt und die Schauseite (Fassade) in baukünstlerischer Form gestaltet. Diese Grabanlagen enthalten oft mehrere Kammern und Nischen, die Decke wird von natürlichen Pfeilern oder Säulen gestützt und zeigt manchmal die Nachahmung eines Sparrenwerkes, was darauf hinweist, daß bei den gewöhnlichen Freibauten die Decken aus Holz gefügt wurden.
Endlich gab es noch freie Hügelgräber (tumulus), die aus einem gemauerten kreisrunden oder viereckigen Unterbau bestanden, auf welchem ein Hügel aufgeschüttet wurde, der die Grabkammern enthält. Diese Grabhügel wurden dann mit kegelförmigen Denkpfeilern gekrönt. Die Anlage dieser Art, sowie der Grottengräber zeigt so viel Verwandtschaft mit den orientalischen, namentlich ägyptischen Grabstätten, daß die allgemeine Ansicht begreiflich wird, die Etrusker hätten diese Formen vom Oriente her übernommen. Ich halte jedoch die Möglichkeit nicht für ausgeschlossen, daß in der Hauptsache diese Formen auf italischem Boden selbständig sich entwickelten und nur in der weiteren Ausgestaltung vom Orient - durch phönikische Vermittlung - beeinflußt wurden.
Aus diesen Gräbern stammen die reichsten Funde, da den Toten zahlreiche, oft kostbare Geräte, Gefäße und Waffen mitgegeben wurden.
Tempel. Von etruskischen Tempeln ist nichts erhalten geblieben, doch liegen zuverlässige Beschreibungen und auch bildnerische Darstellungen auf Grabmälern vor.
Danach ergiebt sich folgendes Bild: Der Grundriß ist mehr quadratisch (das Verhältnis der Tiefe zur Breite ist etwa 6:5); die vordere Hälfte besteht aus einer Säulenhalle, die rückwärtige enthält den geschlossenen Tempelraum, der drei durch Zwischenmauern getrennte Abteilungen, Zellen, hatte, in welchen je ein Heiligtum stand.
Den vier Zellenmauern entsprachen vier Säulen an der Vorderseite der Halle; zwischen den Ecksäulen und den Hauptseitenmauern stand je eine Säule.
Zu der Säulenhalle führte eine Freitreppe hinauf; der eigentliche Tempelbau war dann noch seitlich und rückwärts von Mauern umgeben, die mit Bildwerken oder Malereien geschmückt wurden.
Halle und Tempelraum hatten Holzdecke und ein Giebeldach, die Deckbalken sprangen weit vor, so daß ein Vordach gebildet wurde, das Giebelfeld wurde mit Bildwerken aus gebranntem Thon geschmückt.
Der Hauptunterschied von der griechischen Tempelanlage liegt darin, daß letztere ein längliches Viereck, auf allen vier Seiten von Säulenhallen umgeben, darstellte.
Etruskische Säulen. Die etruskischen Säulen zeigen eine eigentümliche Form; der Säulenfuß besteht aus einem Wulst mit einer schmalen Platte, der Schaft erscheint schlank (etwa
^[Abb.: Fig. 79. Korinthisches Salbgefäß.] ¶
siebenmal so hoch wie der untere Durchmesser), der Knauf war der dorischen Form ähnlich gebildet. - Das griechische Vorbild ist unverkennbar, freilich hatte man die älteste, noch nicht durchgebildete dorische Form beibehalten und diese gerade nicht glücklich verändert. Die Etrusker faßten die Säule eben nur vom Standpunkt der Notwendigkeit als Stützen des Gebälkes auf, nicht als lebendiges Glied des Gesamtbaues, zu dem es in schönen Verhältnissen stehen soll.
Bogen- und Gewölbebau. Ein wesentliches Verdienst um die Entwicklung der Baukunst haben sich jedoch die Etrusker erworben, indem sie den Bogen- und Gewölbebau einführten und mit künstlerischem Verständnis ausgestalteten. Wohl kennt schon die chaldäische Baukunst die Gewölbeform, doch war hier der Stoff nur Ziegel, die mit Thonmörtel verbunden wurden; die Etrusker fügten ihre Bogen und Gewölbe aus Stein. Diese Fertigkeit kam aber nur bei Nützlichkeitsbauten zur Anwendung; Kanäle, Brücken, Stadtthore und Gräber weisen Wölbungen auf, bei Tempeln finden sie sich nicht.
Die Erfindung des Gewölbebaues zeugt für den scharfen Verstand der Etrusker, in der Natur hat er kein Vorbild und auch die Natur des Stoffes weist nicht auf ihn hin, er ist ein Ergebnis der Berechnung.
Die beiden seitlichen Tragsteine und der oberste Schlußstein wurden bei Thorbauten ihrer Bedeutung entsprechend meist bildnerisch - mit hervortretenden Köpfen - geziert.
Dem eigentlichen Gewölbebau durch Anordnung keilförmiger Steine ging voran die Herstellung von Wölbungen durch Ueberkragung ebengelagerter Steinschichten, welche einfache, aber schwerfällige Form auch anderwärts zu finden ist. Daß die Etrusker auch Meister im Bau von Städtemauern waren, ist hiernach wohl selbstverständlich.
Etruskische Metall- und Thonarbeiten. Eine gleiche meisterhafte Fertigkeit zeigt das Volk in den Metallarbeiten und in den Werken aus gebranntem Thon. Es ist jedoch hierbei nur die Geschicklichkeit in der Behandlung des Stoffes, die handwerksmäßige Fertigkeit, welche die Etrusker für sich in Anspruch nehmen können; in der Formgebung, also nach der künstlerischen Seite hin, zeigen sie weniger selbständige Erfindungsgabe, sondern folgen fremden Vorbildern, die sie zwar mit einer gewissen Gewandtheit, aber auch handwerksmäßiger Unfreiheit verwerten.
Aus gebranntem Thon wurden nicht nur Gefäße (Vasen, Aschenurnen u. s. w.), sondern auch die zum Wandschmuck bestimmten Flachbildwerke und Standbilder der Götter ausgeführt.
Der Erzguß war frühzeitig ausgebildet und die etruskischen Bronzearbeiten wurden im Altertume hoch gerühmt. Eherne Standbilder waren in den Städten ungemein zahlreich zu finden. Was von diesen größeren Bildwerken erhalten ist, läßt das ernstliche Streben nach Naturwahrheit erkennen. Namentlich bei den Tiergestalten sind die bezeichnenden Formen scharf und kräftig hervorgehoben, auch bei Menschenkörpern ist die große Gewissenhaftigkeit in der Wiedergabe der Einzelheiten verdienstlich, hier zeigt sich aber gerade die Beschränktheit der Auffassung; es wird eben zu viel auf das Aeußerliche und
^[Abb.: Fig. 80. Goldenes Diadem aus Mykenai.] ¶