wandten sie die gleichen Hilfsmittel an wie die Aegypter. Die den Letzteren eigentümliche mehrfache Verdrehung der Körper wurde jedoch vermieden; die reine Seitenansicht wurde immer bevorzugt, doch sind auch Gestalten in voller Vorderansicht nicht selten; bei diesen sind dann nur die Füße in Seitenstellung dargestellt.
Wandgemälde. Ich habe vorhin bereits auf die Bemalung der Flachbildwerke hingewiesen und auch die geringere Dauerhaftigkeit der Farbe angedeutet, die einerseits durch die klimatischen Verhältnisse, andererseits durch den verwendeten Stoff (Alabaster) bedingt war. Die chaldäische Malerei läßt sich jedoch besser beurteilen aus den Wandgemälden, welche auf gebrannten Thonplatten ausgeführt sind. Diese machen einen vortrefflichen Eindruck, sowohl durch die gelungene Zeichnung, wie auch durch die verständige Farbengebung.
Die Vorwürfe sind die gleichen wie bei der Flachbildnerei, im ganzen jedoch einfacher gehalten, nicht so figurenreich und übersichtlicher angeordnet. Der Sinn für Farbeneinklang giebt sich auch in den bloßen Verzierungsgebilden kund, die sich auch durch Gefälligkeit der Muster auszeichnen. Besonders häufig wurden hierbei Rosetten verwendet, dann Nachbildungen von Pflanzenformen, Palmblätter und Lotosblumen, letztere sowohl geschlossen wie entfaltet. Diese Formen erscheinen «stilisiert», das heißt nicht naturgetreu, sondern umgeformt, wobei nur die wesentlichen Grundzüge beibehalten, aber stärker hervorgehoben werden. Auch (geflügelte) Tiergestalten finden sich in den Zierleisten, diese sind aber natürlich aufgefaßt.
Kleinkunst. In der Kleinkunst stehen die Chaldäer etwas hinter den Aegyptern zurück; der Reichtum an Formen ist nicht so groß, auch sind diese nicht so gefällig. Der Hausrat erscheint oft verkünstelt und die Zweckmäßigkeit nicht berücksichtigend. Aus den auf der Tafel: «Kunstgewerbe des Altertums» gegebenen Proben läßt sich die Eigenart des chaldäischen Kunstgewerbes einigermaßen erkennen. Auch bei den Chaldäern sind im Grunde die älteren Werke bedeutsamer, sie erscheinen einfacher, aber kraftvoller und großzügig, während später zwar eine feinere Ausarbeitung stattfindet, womit jedoch nur eine große Weichlichkeit erzielt wird, ohne daß es zu einer wesentlichen Um- und Neugestaltung der überkommenen Formen kam.
^[Abb.: Fig. 43. Geflügelte Gottheit.
Flachbild aus Nimrud. Berliner Museum. (Nach Photographie von Mertens.)]
^[Abb.: Fig. 44. Kopf eines assyrischen Offiziers.
Flachbild aus Khorsabad. Paris, Louvre.] ¶
Besprechung der Abbildungen. In den Trümmern, welche jetzt die alte Stätte Babylons bedecken, ist nichts gefunden worden, was zu einer Veranschaulichung der babylonischen Baukunst dienen könnte. Der Baustoff war zu vergänglich, um wie in Aegypten, seine Formen bis auf unsere Zeit behalten zu können. Etwas besser steht es mit der babylonischen Bildnereikunst, doch sind die Funde nur spärlich und aus demselben Grunde sehr selten so erhalten, daß ich damit ein klares Bild der Entwicklung geben könnte. Ich begnüge mich daher damit, in der Abbildung eines Kopfes, welcher in Tello gefunden wurde (Fig. 38), und in dem sitzenden Steinbilde des Königs Gudea (Fig. 39) eine Probe der Nachbildung des Menschen zu geben.
Besser erhalten sind die Trümmer der assyrischen Baukunst, so daß es den Forschern möglich wurde, wenigstens die Grundrisse ziemlich getreu aufzuzeichnen. Dazu kommt, daß unter den zahlreichen Flachbildern, welche die Wände bedecken, Abbildungen von Bauten gefunden wurden, so daß wir wenigstens annähernd ein Bild der entschwundenen Riesenbauten haben.
Ich gebe hier den Grundriß eines der größten aufgedeckten Paläste, des von Khorsabad, nebst einigen Größenangaben.
Auf einer künstlichen Terrasse a von 14 m Höhe, 314 m Breite, 344 m Länge stand das Gebäude nordwestlich von einer etwa 3 m starken Mauer d umgeben. Etwa 210 Säle und Gemächer umgaben die 30 Höfe. Durch das Hauptportal A gelangt man in einen großen Hof B, welchen links der Harem C, rechts die Wirtschaftsgebäude D begrenzen. Die Rückseite bildete der eigentliche Palast G, zu welchem der Haupteingang durch das Portal E über den Hof F führte. Die Zugänge waren mit jenen oben beschriebenen Riesentiergestalten geschmückt.
Ueber H erhob sich einst in sieben Absätzen eine Stufenpyramide; das abseits liegende Gebäude I wird als der Thronsaal aufgefaßt, c ist eine Freitreppe, d eine Rampe für Reiter und Wagen. Ich sehe davon ab, eine jener «Rekonstruktionen» abzubilden, wie sie von verschiedenen Forschern versucht wurden, und gebe zur Vervollständigung in den Erläuterungen unter «Stilvergleichung» nur ein Abbild der Palastformen, wie sie uns von den Assyrern selbst in Flachbildern hinterlassen wurden.
Die Flachbilder enthalten auch das Hauptsächlichste der auf uns gekommenen Reste assyrischer Bildhauerkunst, und zwar in so reichlicher Menge, daß wir über die Höhe der Kunstentwicklung vollkommen unterrichtet sind.
^[Abb.: Fig. 45. Bogenschützen in Streitwagen.
Darunter eine Darstellung aus dem Feldlager. Flachbild aus Ninive. Paris, Louvre.] ¶