§. 1. Es giebt einen allgemeinen Ruf GOttes an die Menschen, oder Erweckung zur
Besserung und Gehorsam gegen GOtt, welcher
durch Vernunft, Gewissen, Natur, Erziehung u. s. w. geschieht. Da dieser Ruf aber von dem Menschen im
Stande der Natur überhört, unterdrückt wird, und nicht zur gründlichen
Bekehrung hinreicht; so bedarf es der besondern
göttlichen Berufung, die durch die christliche Offenbarung geschieht. Diese ist der wahrhaftige,Col. 1, 6.
Matth. 24, 14. gnadenreiche,
Eph. 2, 8. 9. ernstliche,
Matth. 22, 7. kräftige,
Matth. 23, 37. allgemeine,
Luc. 24, 46. 47.
A.G. 17, 27. 1 Tim.
2, 4.
2 Petr. 3, 9.
Matth. 20, 16. Ruf GOttes,
2 Tim. 1, 9. wodurch er den Menschen seinen Willen in
seinem Worte offenbart, und die Wohlthaten, welche
Christus durch sein Leiden erworben, zu genießen anbietet,
damit sie aus dem Stande der Sünde, Verdammniß, Finsterniß,
Esa. 9, 1.
Luc. 1, 79.
Eph. 5, 9. und des Todes,
Eph. 2, 1. 2. 3. 12. in
dem sie von Natur sind, zum Licht,
Eph. 5, 8. zur Gemeinschaft seines Sohnes gebracht werden, und zur
ewigen Seligkeit gelangen können und sollen.
§. 2. Das eigentliche Wesen dieser Berufung ist eine solche innere Erweckung und Aufregung, wodurch der Mensch es
inne wird und fühlt, daß GOtt etwas mit ihm will, sei es, daß GOtt ihn reizt zur ernsten
Aenderung seines Herzens
und Lebens nach GOttes Willen, daß er ihn zu Christo hinzieht; oder daß GOtt ihn zu einem besondern Werke, zu einer gewissen
Pflicht kräftig auffordert. Die Mittel, deren sich dabei der heilige Geist bedient, sind das Wort GOttes in seinem ganzen
Umfange, unter allen Gestalten, in allen Anstalten der Kirche, und in den Einrichtungen des christlichen
Lebens; so wie auch die äußern Schicksale, denn in der Hand der göttlichen Vorsehung kann
Alles ein Ruf GOttes werden.
Dieser Ruf ist zwar unausweichbar; (der Mensch kann es GOtt nicht wehren, an sein Herz zu klopfen,
Offb. 3, 20.). aber nicht
unwiderstehlich: es hängt von dem Menschen ab, ob er auf den Ruf hören und folgen will, oder nicht,
Matth. 11, 20.
c. 23, 37.
A.G. 7, 51.
§. 3. Es leuchtet ein, daß diese Berufung von der höchsten Wichtigkeit ist: schon
1) an sich, es ist etwas
Großes, wenn der Unendliche uns würdigt, uns zu rufen, seinen Willen zu eröffnen - wer darf das gering
achten? - und 2) wegen der Folgen: denn von dieser Berufung hängt unsre Seligkeit ab. Ihr widerstehen führt
Verhärtung des Gewissens,
Matth. 12, 43-45.
c. 13, 14. ff.Röm. 10, 21.
c. 11, 8. Verstockung, mithin Verstoßung
von GOtt und Ausschließung aus der angebotnen Seligkeit herbei,
Matth. 11, 21-24.
c. 22, 8.
Luc. 14, 24. Und die Ursache,
warum so viele Menschen bei dem ernstlichen göttlichen Willen sie zu retten, verloren gehen, sind die Menschen selbst,
Hos.
13, 9. wobei sie keine Entschuldigung haben,
Luc. 14, 18. Von der Annahme des göttlichen Rufes aber
und Treue gegen denselben geht die Seligkeit aus.
Daher es Pflicht ist, zuerst mit Scham und
Dank erkennen, wie oft uns GOtt gerufen hat, ohne daß wir hörten;
dann aber desto
williger hören, wie
Abraham, da er aus Ur gerufen ward,
1 Mos. 12, 1. alle Mittel des Heils, als Ruf-
und Weckstimme GOttes fleißig gebrauchen;
und in Allem GOttes rufende Stimme zu vernehmen und zu beachten; - und so unsrer
Berufung zur Seligkeit, als worauf der ganze Weltplan GOttes berechnet ist,Röm. 8, 28-39. uns zu getrösten, und dieses
Trostes durch Treue immer gewisser zu werden.