§. 1. Das Auge ist I) im eigentlichen Verstande das künstlichste Meisterstück
des allerweisesten und allmächtigen Schöpfers, dabei so beschaffen, daß sich in diesem kleinen Körper große
Dinge, ganze
Städte, ja Landschaften vorstellig machen können.
Und
so das Ohr spräche: ich bin kein Auge,
1 Cor. 12, 16. 17. 21.
Ihr hättet eure
Augen ausgerissen (vor Liebe gegen mich) und mir gegeben,
Gal. 4, 15. 16.
§. 2. Das Auge. wenn es hell und klar ist, macht den ganzen Leib lichte, und helle, daß er nirgends
anstößt, denn das Auge ist des Leibes Licht,
Matth. 6, 22. 23. hingegen wenn es schadhaft lind dunkel, so wirds auch am
Leibe finster, daß die andern Glieder ihr
Amt nicht verrichten können. Es liegen also in diesem Gliede
viele und große Geheimnisse, woraus man des Menschen ganze Natur, Sitten und innerliche Beschaffenheit erkennen kann; sie
leiten des Menschen Her),
Hiob 31, 7. und was einer im Sinne hat, sieht man ihm an den
Augen an,
Sir. 13, 31. Sie sind Fenster,
durch welche alle bösen Lüste hineindringen, und in den Herzen die Wollust erregen. Es werden also
die
Augen II) für die innerliche Beschaffenheit des Gemüths genommen. Da denn ein gutes Auge einen wohlthätigen, milden,
ein böses einen neidischen, mißgünstigen Menschen bezeichnet. Es wird auch die Erleuchtung, und die dieser entgegen stehende
geistliche Blindheit; alle Sorge und Bemühungen des Menschen, sie mögen auf etwas Gutes oder
Böses
gerichtet sein, und alle bösen Lüste, so in dem Herzen entstehen; ja jede Gelegenheit zu sündigen dadurch ausgedrückt.
§. 3. Es sind durch die
Augen verführt und zur Sünde gereizt worden:
§. 4.
Ach daß wir doch
Alle das: Eins ist noth, wohl beherzigten, und unsere
Augen nicht lüstern auf
solche
Dinge schießen ließen, durch welche ein verdammtes Feuer böser Lüste kann angeblasen werden;
und vielmehr auf unsern
Heiland sähen und sein: Mir nach, allezeit mit allen Kräften auszuüben suchten.
Meine Augen sehen nach den Treuen im Lande, daß sie bei mir wohnen; und habe gern fromme Diener,
Ps. 101, 6.
Denn du hast meine Seele aus dem Tode gerissen, mein Auge von Thränen (mich in einen glückseligen Zustand
gesetzt), meinen Fuß vom Gleiten,
Ps. 116, 8.
Wende meine Augen ab, daß sie nicht sehen nach unnützer Lehre,
Ps. 119, 37.
Meine Augen sehnen sich nach deinem Wort und sagen: Wann tröstest du mich?
Ps. 119, 82.
Meine Augen fließen mit Wasser, daß man dein Gesetz nicht hält,
Ps. 119, 136.
Siehe, wie die Augen der Knechte auf die Hände ihrer Herren sehen; wie die Augen der Mägde auf die Hände ihrer Frauen; also
sehen unsere Augen auf den HErrn, unsern GOtt, bis er uns gnädig werde,
Ps. 123, 2.
HErr, mein Herz ist nicht hoffärtig, und meine Augen sind nicht stolz,
Ps. 131, 1.
Denn auf dich, HErr, HErr, sehen meine Augen, ich traue auf dich,
Ps. 141, 8.
Aller Augen warten auf dich; und du giebst ihnen ihre Speise zu seiner Zeit,
Ps. 145, 15.
Mein Kind, laß sie (die Weisheit) nicht von deinen Augen weichen, so wirst du glückselig und klug werden,
Sprw. 3, 21.
Laß deine Augen stracks (ohne Schalks äugen) vor sich sehen, und deine Augenlieder richtig vor dir hinsehen,
Sprw. 4, 25.
Ein Auge, das den Vater verspottet, und verachtet der Mutter zu gehorchen, das müssen die Raben am Bach aushacken, und die
jungen Adler fressen,
Sprw. 30, 17.
Thu, was dein Herz gelüstet, und deinen (erleuchteten) Augen gefällt,
Pred. 11, 9.
Denn alle hohen Augen werden geniedrigt werden, und was hohe Leute sind, wird sich bücken müssen,
Esa.
2, 11.
Esa. 5, 15.
Will ich heimsuchen ? die Pracht seiner hoffartigen Augen,
Esa. 10, 12.
Ach, daß ich Wasser genug hätte in meinem Haupte, und meine Augen Thränenquellen wären, daß ich Tag und Nacht beweinen
möchte die Erschlagenen in meinem Volk,
Jer. 9, 1. v. 18.
c. 13, 17.
c. 14, 17.
Laß dein Schreien und Weinen, und die Thränen deiner Augen,
Jer. 31, 16.
Darum weine ich so, und meine beiden Augen fließen mit Wasser, daß der Tröster, der meine Seele sollte erquicken, ferne
von mir ist,
Klagel. 1, 16.
Ich habe schier meine Augen ausgeweint, daß mir mein Leib davon weh thut,
Klagel. 2, 11. Bar. 2, 18.
Meine Augen rinnen mit Wasserbächen über den Jammer der Tochter meines Volks,
Klagel. 3, 48. 49.
Das Schwert komme auf ihren Arm, und auf ihr rechtes Auge. Ihr Arm müsse verdorren (untergedrückt) und
ihr rechtes Auge dunkel (mit Blindheit geschlagen) werden,
Zach. 11, 17.
Sondern gedenke, daß ein untreues Auge neidisch ist,
Sir. 31, 14. 15.
Gieb GOtt seine Ehre mit fröhlichen Augen, Sir. 3S, 10. dem Nächsten, v. 12.
Aergert dich aber dein rechtes Auge (reizt es dich zur Sünde), so reiß es aus, und wirfs von dir (rotte
die böse, durch das Auge erregte, und das Auge mißbrauchende Begierde aus),
Matth. 5, 29.
c. 18, 9.
Marc. 9, 47.
Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib lichte sein,
Matth.
6, 22.
Luc. 11, 34. (Das Herz, der Wille leitet das ganze Leben und Thun; ist das Herz lauter, der Wille gut, so ist der
ganze Mensch gut.)
Wenn aber dein Auge ein Schalk ist, so wird dein ganzer Leib finster sein,
ib. v. 23. (Ist das Herz böse,
so taugt der ganze Mensch nichts, das ganze Thun ist verdorben.)
§. 5. Wenn Moses der Israeliten Auge sein soll,
4 Mos. 10, 31. so heißt das so viel als Leiter, Wegweiser. Beschützer;
und so war auch Hiob,
c. 29, 15. der Blinden Auge.
§. 6. Wenn GOtt, dem HErrn, in der heiligen Schrift Augen beigelegt werden, so geschieht es, um auf menschliche
Weise zu reden, und wird dadurch angezeigt:
2) seine väterliche Fürsorge und gnädige Aufsicht auf Alle, die ihn von Herzen lieb haben, 3) sein gerechter Zorn und ernstliches
Gericht wider die Gottlosen, und welche seine Gebote verlassen. GOtt hat seine Augen offen, die Bösen
zu strafen, die Frommen aber zu begnadigen.