sie himmlische, wie den Jupiter; andere irdische, wie den Demiurg; einige unterirdische, wie den Pluto; einige Meer- und Flußgottheiten, wie Doris, 1) Neptun und die Nymphen oder Musen. Und diese Nymphen vervielfältigten sie, indem sie sagten, einige seien Meer-Nymphen, die sie Nayaden nannten, die Quell-Nymphen nannten sie Hamadryaden, die Brunnen-Nymphen Naptayaden, die Nymphen der Felder Nayden, die der Berge Orehaiaden, der Wälder Dryaden, und dies im Allgemeinen. Im Besonderen aber wiesen sie jeder Quelle und jedem Fluß eine eigene Nymphe zu, so der Castalischen Quelle die Nymphe Castalia, von der die Quelle auch bis heute ihren Namen hat. Durch solche Dichtung aber schmückten sie so die Sache aus. Als Neptun im Tempel des Pallas die überaus schöne Medusa geschwächt hatte, empfing und gebar sie infolge von dieser Vereinigung den Pegasus, d. h. ein Flügelpferd, das eherne Hörner, eiserne Füße, einen feurigen (pag. 197) Atem und einen windgleichen Lauf hatte.
Als dieses Pferd kaum geboren davonflog und an die Stelle des Berges Parnassus gekommen war, ließ es sich in ein Tal auf die Erde nieder, um auszuruhen, und in dem engen, von Bergen umschlossenen Bezirk stehend, scharrte es, wie es die Natur der Pferde ist, mit dem Fuß auf die Erde, daß es bis zum Wasser durchdrang und aus der Quelle der Tiefe Wasser hervorsprang, und so blieb ein stets quellender Sprudel und beständiger Fluß. Als aber Pegasus von der Stelle sich in die Luft erhoben hatte, flog er an andere Stellen der Welt und wo es nur geschah, daß er ausruhte, da rief er durch Scharren Wasser hervor. An den Orten nun, wo Quellen herausflossen, verehrten diese Alten den Pegasus, von dem sie glaubten, daß er ein Gott geworden sei, in Tempeln, die sie ihm errichteten.
Und nachdem dies gezeigt worden, wer zweifelt, daß die Alten die Verehrung des Pegasus mit viel Feierlichkeit in der Nähe der ansehnlichen Quelle von Blaubeuren (Burro) begangen haben, derengleichen meines Erachtens im ganzen Orient nicht gefunden wird. Aber auch von der Lernäischen Quelle wurde erzählt, daß ein Satyr die der Jagd in den Bergen obliegende Jungfrau Amonidas geraubt habe, die den Neptun zu Hilfe rief; dieser eilte herbei und führte sie selbst aus dem Wald von dem Satyr weg in ein Tal.
Als er dort die Vereinigung mit ihr genoß, stieß er mit dem Dreizack heftig an die Stelle, wo er ihr die Jungferschaft geraubt hatte, und alsbald brach ein Wasser hervor, das einen nie versiegenden Fluß bildete, und die Aufsicht darüber übergab er der Nymphe Amonidas, deren Verehrung die Alten in feierlicher Weife hier beobachteten. Denn also entschädigte Neptun die Genossinnen seiner Lust, indem er sie zu Göttinnen machte als Nymphen der Quellen und Flüsse. Es konnte aber von den Alten passend vermutet werden, daß an der Stelle in Blaubeuren (Burronis) Neptun, nachdem er seine Lust gebüßt, tiefer gegraben oder seinen Dreizack stärker in die Erde eingestoßen und irgend eine Genossin seiner Lust hier als Königin der Hamadryaden-Nymphen eingesetzt habe.
Vermutlich war von da an der Ort dem törichten Wahn der Alten besonders geheiligt und stand ein großes Heiligtum der Nymphen daselbst, obwohl unsere Vorfahren uns in ihren Schriften nichts davon hinterlassen haben; vielleicht sind ihre Schriften von den Nachkommen vernachlässigt zu Grunde gegangen. Die Griechen aber und Römer haben alle Taten ihrer Vorfahren gleichsam von Anfang an bis jetzt in ihren Schriften überliefert, woraus ihre Weisheit und Macht sehr viel Nutzen zog. Das also, was wir in den Schriften der Griechen und Lateiner aus ihrer Mythologie über Quellen, Flüsse,
1) Doris, Tochter des Oceanus und der Tethys, hatte 50 Töchter, die Nereiden, deren eine Thetis ist. ¶
Berge und Höhlen finden, paßt aufs beste auf unsere Gegend, (pag. 198) wiewohl der geheimnisvolle Sinn der Fabeln, wodurch der Lauf der Natur bezeichnet wird, verloren gegangen sein mag. Gut also und passend kann das, was von den Quellen des Orients geschrieben ist, von den unsrigen verstanden werden bei sonst gleichen Verhältnissen. Daß aber nicht nur die Quelle von Blaubeuren (Burronis), sondern auch die Klippen und Felsen der Berge in seiner Umgebung mit ihren Grotten geheiligt gewesen seien, wird jedermann glauben, der die alten Gedichte gelesen oder einen Blick in Augustinus de civitate Dei oder in des Hieronymus Briefe oder in Eusebius de praeparatione evangelica oder in Johannes Boccacio über die Abstammung der heidnischen Götter getan hat, wenn man die schrecklichen Wohnungen der Nymphen rings um Blaubeuren (Burronis) an den Abhängen der Berge sieht.
Denn wer sollte sich nicht wundern, wenn er die Abhänge hinansteigt und in die Schatten und dichten Dorngebüsche eindringt, auch von Staunen erfüllt beim Anblick der wunderbaren Höhlen und Klüfte, der Felsenspalten und der engen und breiten Felsengrotten? Nach diesem allem schließe ich, daß die Quelle von Blaubeuren (Burronis) mit ihren Bergen, Tälern und Wäldern einst den Göttern geheiligt oder wenigstens verehrungswürdig gewesen sei, da man auch wenig über der Quelle am Abhang Fundamente von sehr alten Gebäuden, Spuren von Tempeln findet, besonders jedoch an der Stelle des Klosters, wo der Zusammenfluß der zwei Flüsse Ach und Blau ist. Da nun an dem Ort lange dieser unheimliche Gottesdienst getrieben wurde, so machten die Tyrannen, als endlich der Dienst der Nymphen vernichtet war, aus dem Tempel von Blaubeuren (Burronis) einen Zufluchtsturm. Als hierauf die Welt durch den christlichen Glauben erleuchtet worden war, errichteten die Gläubigen auf den für die Nymphen gelegten Grundmauern eine Kirche zu Ehren des heiligen Johannes des Täufers,
«der es verdient' mit den Wassern den Badenden zu benetzen.»
Sobald aber der Ort dem Täufer Johannes geweiht worden war, wurde alle Unreinigkeit der Nymphen vertrieben, das Element des Wassers geheiligt und der Zulauf der Völker, der zur Befragung der Orakel der Nymphen stattgefunden hatte, zur Ehre dessen gewendet, der das Wasser heiligte. Und wie nun die Alten an einem bestimmten Tag im Jahr zum Tempel der Nymphen kanten und Feste voll Torheit feierten, so kamen sie seit der Nachfolge des hl. Johannes hier an dem Ort zusammen und feiern nun mit Gebeten, Predigten und Opfern das Fest unter großem Zulauf der Völker, und so wurde die Verehrung (pag. 199) und der Dienst der Nymphen am Wasser in einen Brautführer 1) der Gewässer verwandelt.
In der Folgezeit stand dieser Ort in solcher Ehre, daß die Christgläubigen es für unpassend hielten, daß ein so heiliger Ort und Tempel des Brautführers ohne beständigen Dienst der Kirche sei. Daher erbauten im Jahr des Herrn 1095 die edlen Herren von Adel, die Herren Pfalzgrafen. Heinrich und Hugo von Tuwingen hier ein Kloster zur Seite der Kirche des hl. Johannes und brachten fromme Mönche, die Brüder vom Orden des hl. Benedikt, herbei, indem sie ihnen die Kirche mit dem Kloster. übergaben und auf ihre Rechte verzichteten, und wiesen ihnen noch mehr andere Besitzungen zu ihrem Unterhalt an. Aber auch der edle Herr Hartmann der Ältere, Graf von Rugg, übertrug dem Kloster die Quelle der Blatt selbst
1) Lateinisch-griechisches Wortspiel: «honor Nympharum ad lymphas... in paranymhum lympharum.» ¶