nomen indeclinabile ist im singulari und im plurali, und oft gefunden war in der Schrift, und bedeutet den oder die, welche die Gesetze schrieben und die Gerichte der Könige hielten. Dieser minister also war in Ulm gleichsam der magister civium ex parte imperatoris, der vom Kaiser gesetzte Burgermeister. Neben diesem minister hatte der Abt von Reichenau seinen Vorstand oder Schirmvogt (praefectus vel advocatus), der aber nach der Verordnung Karls die Stadt nicht belasten durfte durch mehr als dreißig Berittene; was mehr waren, die mußte der Abt bezahlen.
Dagegen war der Abt gehalten, den Ulmern dreihundert Speerreiter zu senden, so oft er darum belanget wurde. Und es war durch den vorgedachten Kaiser Karl zwischen den Mönchen der An und der Burgerschaft von Ulm ein hart und fest Band gemacht, also daß der Kaiser der höhere Herr war über die Stadt, aber der Abt der unmittelbarem und nähere; was maßen diesen die Rechtsprechung angieng in geistlichen und zeitlichen Sachen und ihm zukamen alle kirchlichen und weltlichen Erträgnisse, und von ihm die Bestellungen zu beinahe allen Ämtern abhiengen, von dem Stab des Schirmvogtes und Richters an bis zum Stecken des Viehhirten, und vom Torwächter bis zum Schatzhüter.
Dieser Stand des Gemeinwesens war nun seiner Zeit ein ruhiger und hat viel Jahre lang gedauert, nämlich von des ersten Kaisers Karl Herrschaft bis zu Karl IV.; zwischen diesen beiden sind mehr als 600 Jahre dahingegangen. Dieweil nun aber auch das ulmische Gemeinwesen erweitert war worden, und täglich zunahm, und die Burger mehr und mehr hochangesehen und mächtig wurden, so suchten sie Gelegenheit, um nicht mehr den Gesetzen der Mönche, sondern dem Kaiser untertan zu sein.
Und inzwischen, wie oben schon des weiteren gesagt ist, war der Zustand und Verhältnis der Mönche in Ulm von Tag zu Tag schlechter, und die Macht des Abts nahm ab sort und fort ohne Aufhören, und von Schulden über die Maßen belastet, verkaufte und verpfändete er die Besitztümer, die Höfe, die Steuern, die Zehnten, die Zinsen, die Zölle und dergleichen Einkommen, was alles die Ulmer kauften, und arbeiteten zusammen mit allem Fleiße darauf, daß der Abt mit seinen Mönchen gar große Ausgaben in Ulm haben mußte, die sie selber für ihn bezahlten zu seinem großen Schaden.
Und gar oft beriefen sie und verlangten, daß ihnen vom Abt die vorhin genannte Zahl von Speerreitern mußte geschickt werden, die in Ulm verblieben, so lang es den Ulmern gefiel, mit gar schweren Kosten des Abts. Und so wuchsen die Ausgaben ins ungeheuerliche bis zu den Zeiten Ludwigs des Bayern, des vorgeblichen Kaisers, der zum Schaden des Abts auf Ansuchen der Burger alle die von den Äbten innegehabten Schirmvogteirechte umgeändert hat, indem er ihnen die Befugnis gab, ihren Burgermeister zu wählen und den Rat einzusetzen und ihre Burgerschaft in Zünfte einzuteilen.
Und so stand im Jahr des Herrn 1346 Ulm in seiner Stadtordnung nach den vom Kaiser gegebenen Satzungen, doch war die Stadt noch nicht frei von der Gerichtsbarkeit der Mönche. Aber nach Ludwig hat Karl IV. den Ulmern alles bestätiget, was jener Ludwig in diesem Punkt hatte ausgerichtet, und noch weitere Privilegien hinzugetan, und die Mönche wurden nicht gehört, welche um das Gegenteil reklamierten. Jedoch hat der Kaiser Karl IV. die Verknüpfungen zwischen dem Abt der Au und der Burgerschaft Ulms nicht ganz gelöst, aber lockerer hat er sie gemacht, und das ehemals so feste Band gar matt geworden hinterlassen. So ist es blieben bis zum Concilium von Basel. Dazumal hat nämlich der römische König Friedrich, der jetzo Kaiser ist, dieses Namens der dritte, alle Bande aufgelöst und die Ulmer von den Mönchen losgesprochen, und die Stadt zu einer freien ¶
kaiserlichen Reichsstadt gemacht, nachdem dem Abt für seine Rechte eine gar große Summe Geldes bezahlt worden.
Der dritte status gehet also von der Zeit der Befreiung von den Reichenauer Mönchen bis zu unseren Zeiten; in welchem Bestand die Stadt von den besten Gesetzen regiert wird, gleichsam in der Art der göttlichen und himmlischen Regierung der Welt, die der eine Herr und dreieinige allmächtige Gott führet: so ist auch in dem ulmischen Stadtregiment Einer der in der Tat regierende Burgermeister, und dreifaltig ist er, weil stets drei von den Geschlechtern einander im Burgermeisteramt folgen, denn zu Seiten des regierenden stehen die zwei Altburgermeister.
Und gleichwie der Herr Christus 12 Apostel und 72 Jünger gehabt hat, so hat auch der Burgermeister von Ulm 12 Schöffen (Scabinen, Richter) und 72 Beisitzer und Ratmanen (consules). Es ist also das ulmische Stadtregiment gleichförmig den drei besten Regimentsarten, von denen Aristoteles handelt 3 polit. Denn soweit Ein Burgermeister der ganzen Gemein und Burgerschaft vorsteht, kann es ein königlich oder monarchisch Regiment heißen; in so weit aber einige vornehme aus den Geschlechtern als Richter und Beisitzer mit ihm regieren, kann es ein aristokratisch oder Optimatenregiment genannt werden; insoweit aber aus dem gemeinen Volk und allen Zünften Leut im Rat sitzen in Vertretung der ganzen Gemein, und zusammen mit dem Burgermeister und den Geschlechterherren das Gemeinwesen verwalten, hat das Volk auch einen Teil am Regiment und ist dieses damit zugleich eine Volksherrschaft.
Daß aber ein Regiment aus diesen dreien zusammen das beste sei, das beweiset der besagte Weltweise eben daraus, weil ern jeglicher, der in der Gemeinschaft steht, auch am Regiment seinen Teil hat, und darum sein Gemeinwesen noch eifriger lieb hat und die Satzungen desselben fleißiger hält und wahret und sein Eigentum zum gemeinen Nutzen nur noch freudiger hergibt. Denn sintemal die Gemein in den Zünften die Ratmanen und Richter und Meister der Zünfte aus sich selber wählet und diese Auserwählten sonach dann zu seiner Zeit den Burgermeister wählen, und der alle regiert, so erwächst daraus eine gar liebliche Einmütigkeit in der ulmischen Gemein. Es hat also die Ulmer Herrschaft einen von den Ältesten erwählten Burgermeister, an dem alle hinaufsehen, der aber durch feste Satzungen so eng gebunden ist, daß der dem Gemeinwesen Vorgesetzte gleichsam nichts vermag, als was der will, der ihn vorsetzt.
Und dauert sein Regiment nur eines Jahres Länge, wenn aber das Jahr um ist, so kann er erst nach zweien Jahren wieder zu dem Meisteramt genommen werden, im dritten Jahre aber, wenn es der Gemein gefällt, wird er wieder gewählt, wie es auch mehrenteils geschieht. Daher sind es gemeiniglich drei, die auf einander folgen, immer einer auf den andern, und auf diesen dreien ruhet das ganze Geschäft. So aber einer von den Dreien fehlet oder abgehet, wenn die Zeit gekommen ist, da er wieder in den Magistrat genommen werden sollte, da wird an seiner Statt mit den Stimmen aller ein anderer gewählt.
Jedoch wird, wie oben gesagt worden, der Burgermeister nur aus den Geschlechtern gewählt, einer, der keiner Zunft einverleibt oder eingeschworen ist: warum, das stehet gleicherweis oben zu lesen. Und wie der Magistrat der Burger unabänderlich besteht auf dem Stand der Geschlechter, so auch der Magistrat der Zünfte auf den Ordnungen der Zünftigen, weil eine jede Zunft ihren eigenen Zunftmeister hat. Der Stand der Geschlechter aber hat nur den Burgermeister als einen der ihrigen allein; alle anderen Ehrenwürden und einträglichen und Mühwaltung schaffenden Ämter teilen sie, so daß solche von den Geschlechtern ¶