(pag. 95), ein sehr gelehrter Mann. Ein anderer, Ludwig, war Meister der Künste und wissenschaften, Doktor beider Rechte, Official der Kirche in Konstanz und nachher Vikar ebendaselbst. Ein anderer, Matheus, war Meister der Künste und Wissenschaften, Doktor beider Rechte, Propst in Zürich und Leutpriester in Ulm. Wieder ein anderer, Peter, Magister und Doktor der Gesetze und Protonotar in Ulm. Andere Brüder von diesen, Ambrosius, Bartholomäus, Johannes u. a. waren gelehrte und vielerfahrene Männer. Von diesen Brüdern waren zwei auf dem Konzil zu Basel zu Richtern des päpstlichen Gerichtshofs gewählt worden, von deren Entscheidung die Rechtssachen der ganzen Kirche abhingen. Überdies hat Ulm in dieser unserer Zeit aus dieser Familie einen ausgezeichneten Magister, Doktor beider Rechte, den Herrn Hainrich Nithart, Propst der Kirche von Konstanz und Leutpriester in Ulm, und seinen Bruder Ludwig, einen tätigen Amtmann in Konstanz und deren Neffen Matheus, Doktor der Gesetze, Gregor, Heinrich und Jeronymus, sehr geschickte Männer der Wissenschaften. Auch heute noch hat Ulm einen herrlichen Mann aus demselben Geschlecht, den Herrn Johannes Nithart, zwar einen weltlichen Mann und ohne einen Grad schulmäßiger Auszeichnung, aber einen gelehrten Geschichtschreiber, der belesen ist in den Werken der Redner und Dichter, den Bukolika und Komödien, Virgils Äneis, Senecas Tragödien, Ovids Metamorphosen und den übrigen Klassikern; diesen Mann sahen wir als leitenden Beamten der Stadt, als Richter und Vogt der Grafschaften, als Ratsherrn und Senator. Außerdem aber hat er das Besondere, daß er von der Schulter an aufwärts über alles Volk hervorzuragen scheint, wie man von Saul liest 1. Reg. 3, 1) denn er ist stattlich und von hübscher Gestalt, verständig und beredt und hat Kinder beiderlei Geschlechts, von denen die männlichen schon zu gelehrten und erfahrenen Männern heranzuwachsen versprechen, indem sie durch einen gewissen natürlichen Trieb zu hohen Dingen sich erheben: es scheint auch dieser Familie die Liebe zu den Wissenschaften erblich innezuwohnen. Durch den Eifer dieser Nithart ist jene kostbare Bibliothek zusammengebracht worden, die aus der linken Seite des Chors der Kirche der heiligen Jungfrau in Ulm sich befindet. Soviel möge über diese genügen. (pag. 96).
Vetter.
Die Familie der Veter von bekanntem Adel in der Stadt Ulm nahm in dem Land Norikum von der Burg Kaltenegg 2) oder Altnegg ihren uns bekannten Ursprung. Es entrollt nämlich eine lange Reihe von Jahren vor unserer Kenntnis die ersten Anfänge der Adeligen; deshalb nennen wir sie nach ihren letzten Wohnsitzen, da wir ihre ersten Namen und ihre ersten Wohnsitze nicht kennen. Wir wissen nämlich, daß der Adel zuerst aus Osten her aus Chaldäa, der berühmtesten Provinz des inneren Asiens in die Gegenden Kleinasiens herabgekommen sei und dort mit den Griechen verbunden Troja, Athen, Theben und die übrigen berühmtesten Städte gegründet, und daß sie von da in der Folge vertrieben Afrika und Europa mit den Waffen unterjocht und sich in den Ländern diesseits und jenseits der Berge Wohnsitze verschafft haben. Wir zweifeln aber nicht, daß sie immer irgendwelche Namen gehabt haben, aber immer wieder andere, den Orten und Zeiten entsprechend. Denn die Adeligen, welche
1) Veesenm.: Die Stelle ist 1. Sam. 9, 2.
2) Veesenm.: Kalteneck ist eine alte Burg bei Holzgerlingen, württ. O. -A. Böblingen.
sei es von Troja oder Rom oder Karthago, nach Alemanien übersiedelten, werden nach Verlust ihrer griechischen oder lateinischen, italienischen oder afrikanischen Namen entweder im ganzen oder zum Teil jetzt mit deutschen oder verdorbenen lateinischen Wörtern benannt. Auf diese Weise ist es, glaube ich, dieser edlen Familie gegangen, die den familiären und gemeinen Namen Vetter erhalten hat, was lateinisch patruus (patruelis) lautet. Ich glaube aber, daß dieser Name Vetter dieser Familie nicht deutsch ist, sondern von den Resten eines alten lateinischen Namens stammt; denn vielleicht wurden, als einst der Adel bei den Römern weilte und die ausgedienten Krieger oder Veteranen ruhig in Muße lebten, bei der Zerstreuung der Adeligen auch die Veteranen gezwungen auszuwandern; von diesen entkam einer in diese unsere Gegenden und begann mit Verstümmelung des Namens veteranus, der seine Dienstfreiheit bezeichnete, von den Deutschen mit seinen Nachkommen Vetter genannt zu werden; damit stimmt auch der Eigenname der Burg ihres Wohnsitzes, welche Altnegg heißt, gleichsam das Eck der Alten oder Veteranen, obgleich das gemeine Volk zu diesem Namen den Buchstaben K fügt und Kaltenegg sagt, während doch in Wahrheit gesagt wird Altenegg (pag. 97) von dem Eck des Berges und von dem Alter der Bewohner der Burg. Wenn aber die Herren dieser Familie von den Deutschen diesen Namen erhielten, so ist es ein deutliches Zeichen, daß sie sich einst unter den Adeligen so sehr vermehrt und vervielfacht haben, daß kaum ein Geschlecht gefunden wurde, mit dem sie nicht entweder durch Blutsverwandtschaft oder Verschwägerung oder sonstige Verwandtschaft verbunden waren; da sie also gleichsam aller Adeligen Verwandte waren und von vielen Vetter genannt wurden, so setzte sich die Gewohnheit fest, daß auch die ihrem Blute Fremden sie Vetter nannten, und so blieb ihnen der Name. Oder vielleicht pflegte einer von ihnen in freundschaftlicher Unterhaltung alle Leute Vetter zu nennen, wie noch heute mehrere sich finden, die infolge der Tugend der Artigkeit alle Frauen Schwestern oder Basen und alle Männer Brüder oder Vettern nennen, so machte es auch dieser, und der Name, den er andern gab, wurde ihm und seinen Nachkommen vom Volke beigelegt. Denn aus leichter Ursache ändern sich die Namen auch wider den Willen derer, denen sie gegeben werden. Während nun diese Vetter einst meistens durch Reichtum glücklich waren, versuchte ein Herzog von Norikum, der sie um ihren Ruhm beneidete, sie durch Beschwerden von gemeinen Leuten zu bedrucken und zu beschränken. Darum verließen sie ihre ererbten Wohnsitze, flohen unter die Flügel des kaiserlichen Adlers und wendeten sich ganz von Bayern weg, indem sie ihren Wohnsitz in die Stadt Werd, die noch unbedeutend war, verlegten; durch ihren Einzug wurde die ganze Stadt verbessert und lange Zeit von ihnen regiert. Und weil sie großmächtige, freigebige und gottesfürchtige Männer waren, so stifteten sie sehr viele große ewige Almosen an verschiedenen Stellen, indem sie Präbenden und Pfründen für Klöster und Kirchen gründeten und die Einkünfte der Mönche besserten. Es war nämlich einer von ihnen ein sehr freigebiger Kriegsmann, Herr Konrad Vetter, der den Ordensbrüdern außerordentlich zugetan, vieles von da und dort den Klöstern zu ihrer unverlierbaren Versorgung zuwendete. Besonders jedoch brachten sie große Pfründen für das Kaiserliche 1) Kloster zusammen, in dem sie ihre ehrenvollen Begräbnisstätten und ewige Jahrtage stifteten. Im vorigen Jahr aber errichtete der Abt eben dieses Klosters an der Begräbnisstätte der Herren Vetter ein Gebäude,
1) Veesenm.: Wohl Kaiserswerth, unterhalb Düsseldorf.