gegen Westen sehend nach Süden und hat daselbst einen neuen Turm in der Vormauer, nach welchem ein größerer Arm der Blau herkommt, von 4 Mündungen aufgenommen wird und in die Stadt eindringt. Neben diesen Mündungen sind, weil sie offen sind, sehr starke Verschanzungen und 3 Türme errichtet, auch ziehbare eiserne Gitter, die aufwärts gezogen und wieder herabgelassen werden können. Auch wird hier fleißig Wache gehalten, damit nicht zugleich mit dem Wasser der Feind eindringe.
Von diesen Mündungen aus erstreckt sich die Mauer bis zum westlichen Gerichts- oder Gögglinger Tor, über das ein hoher, schöner und mit Erkern geschützter Turm hereinragt. Vor der Brücke dieses Tores ist eine furchtbare runde Brustwehr mit 7 Vorsprüngen. Von dieser Verschanzung geht die Mauer in einer Krümmung gegen Süden bis zur Donau hinab, wo der Fischerturm einen Winkel und eine Ecke der Stadt bildet, mit der wir die Beschreibung des Gürtels und der Mauer der Stadt begonnen haben.
Hier geht in dem Stadtgraben durch sehr feste Mündungen der übrige Teil der Blau hinab, weil der Fluß so in die Stadt hereinkommt, daß er doch überall den Graben füllt, und so durch diese Mündungen der Teil zur Donau eilt, der von der Stadt ausgeschlossen als Stadtgraben gedient hat. Der Graben selbst aber, der im Ring herum von der Donau ohne Unterbrechung wieder in die Donau geht, ist von Mauern eingeschlossen und tief und in ihm sind viele Fische und Gänse, die nicht zu Hause gehalten werden, und andere Wassertiere. -
Eine große Annehmlichkeit zugleich mit einem Schmuck der Stadt erhält Ulm durch die in ihrer Nähe zusammenfließenden Gewässer, von denen schott die Rede war. Denn von der Iller erhält es Holz, von der Donau verschiedene Waren (pag. 50), besonders jedoch Eisen von oben herab, und auf der Donau selbst schickt es seine Waren auch anderen Völkern zu. Die Blau aber führt nichts auf Schiffen weder herbei noch fort, sondern bringt durch sich selbst der Stadt sehr viel Gutes; deshalb geht sie nicht außen an der Stadt vorüber, sondern rennt gegen sie heran; dringt gleichsam als ein zum Haus gehöriger, mächtiger Bürger ein, bespült die Stadt selbst, führt den Schmutz ab, mahlt das Mehl, speist alle Gassen mit ihrem Wasser und unterbricht ihre Dienste nie auch nur für einen Augenblick, auch wird sie keinen andern Weg oder Stromrichtung nehmen können als mitten durch Ulm.
Nicht so die Donau, welche, wie man sagt, von der Stadt wird abgelenkt werden können, wenn auch mit großer Mühe. Einst überlegte nämlich ein Herzog von Baiern, ein Feind der ulmer, an welcher Stelle er die Iller in eine andere Stromrichtung ablenken könne, daß sie nicht mit der Donau sich vereinige, wohl wissend, daß die Donau ohne die Iller den Ulmern nichts nutze, aber an die Ablenkung der Blau konnte er nicht denken, da dies unmöglich ist. Obgleich aber die Blau selbst als Bürger und Freund immer bei der Stadt ist, wird sie doch von der Nymphe selbst, die sie geboren, bisweilen ganz rücksichtslos ausgespieen und rennt dann anschwellend, gleichsam im Zorn, in der Wut und Raserei gegen die Stadt nicht als Bürger und Hausgenosse, sondern als der schrecklichste Feind heran, durchbricht und verwüstet in stürmischem Getöse was sie findet, und erfüllt alles plötzlich. So schwoll sie im Jahr des Herrn 1461 am Sonntag Quadragesimä plötzlich an und rannte in rasendstem Lauf gegen die Stadt und ihre Mauern, suchte, nicht zufrieden mit ihren Mündungen, die Mauern selbst zu zerstören, brach sie tatsächlich und riß, gegen die Stadt herankommend, die Räder aller Mühlen nieder, zerstörte die Bänke und Werkzeuge der Walker und Gerber und anderer am Wasser Arbeitender und führte 12 Häuser ¶
von Grund aus zerstörend, alle Brücken als grausamster Plünderer und Einbrecher von der Stadt weg als reichste der Stadt Ulm geraubte Beute an Holz den Baiern und Östreichern zu, wodurch sie im Zeitraum einer einzigen Stunde der Stadt Ulm über 10,000 Gulden Schaden zufügte. Seit dieser Zeit erweiterten die Ulmer die Öffnungen des Flusses, so daß er herankommend nicht versucht, die Mauer zu zerstören. Aber auch die Iller macht bisweilen ente Art Sprung von den Bergen herab und mit der Donau verbunden springt sie mit aller Gewalt gegen die Mauern, zerreißt die Flöße, erschüttert die Brücken und führt sie weg und bringt die Stadt in Unruhe. Ähnlich zerstört auch die Donau, durch Regengüsse vergrößert, alles, was sie berührt, und neue Rinnsale durch die Felder, Gärten und Wiesen reißend (pag. 51) unterwühlt sie die Erde und nimmt sie mit sich.
Aber nicht zugleich und aus einmal tosen alle 3 Flüsse, denn wenn alle drei zugleich wüten würden, so glaube ich nicht, daß die Stadt Ulm es aushalten könnte. Wegen dieser Flüsse könnte kein Fürst von Alemanien diese Stadt mit genügender Umwallung durch sein Heer belagern; denn bei dieser Belagerung müßte er sie mit 3 Heeren umgeben, und ein Heer kann nicht zum andern kommen, und wenn zur Zeit der Belagerung eine Überschwemmung stattfände, so müßte er notwendig die Belagerung selbst aufheben.
Überdies ist Ulm außer den Gewässern mit erfreulicher Breite rings umgeben, indem es auf 4 Seiten breite Täler hat; denn im Osten und Westen hat es das anmutigste Tal der Donau, im Norden aber das Tal der Blau, die durch die anmutigsten Gefilde herabrinnt, und im Süden das überaus fruchtbare Tal der Iller, zwischen Westen aber und Norden hat es den fruchtbaren und wonniglichen Michelsberg, so daß das Ulmer Land nicht durch allzu große Ausdehnung widerwärtig und nicht durch allzuviele Berge beengt ist. Soviel von der äußeren Gestalt und Anlage der Stadt. -
Innen ist die Stadt anmutig, von Gewässern befeuchtet, die nicht nur durchrinnen, sondern auch aus dem Herzen der Stadt hervorquellen, wie z. B. die Quelle der alten Röhren und die Brunnen, die nicht gesammeltes Regenwasser haben, sondern in den Adern der Erde entspringen, weshalb man den Brunnen in der Nähe der Prediger-Brüder nie entleeren kann, weil, wie viel man auch herausschöpft, soviel plötzlich aus der Tiefe nachfließt. Die Straßen, die Ulm hat, sind breit und nicht finster, die Häuser hoch und meist von Holz, weil es hier keine Steine gibt außer Backsteine.
Breite Hauptplätze hat die Stadt 3, nämlich den ganzen Platz vor dem Rathaus, den Weinhof und den Platz vor der Kirche der heil. Jungfrau; ein anderer ist der Korn- oder Getreidemarkt, ein anderer der Roßmarkt auf dem Gries neben dem Gänstor, wieder ein anderer der Grünhof bei den Predigern u. s. w. Aber nicht immer war es so; denn der Platz vor dem Rathaus war vor wenigen Jahren von vielen Häusern und Kaufläden besetzt, und an der Stelle, wo jetzt der Brunnen auf dem Fischmarkt steht, stand ehemals ein Haus, unter dem (pag. 52) man Brod verkaufte, das jetzt vor der Kirche der heil. Jungfrau steht, und an dieser Stelle war damals das Kornhaus und der Kornmarkt. Das Rathaus ist hervorragend und schön und hat einen auf allen Seiten vergoldeten Glockenturm und viele Gemächer, auch eine große Glocke, welche die Stunden schlägt und auf deren Schlag auch der Wächter auf dem Kirchturm der heil. Jungfrau eine große Glocke anschlägt, damit, wer das erste Zeichen überhört hat, das zweite in Acht nehme. Auf demselben Turm der heil. Jungfrau sind immer zwei Wächter, die morgens und abends mit Trompeten ¶