und die Vornehmsten, mit welchem Namen man das Tor benennen solle, darauf sagte einer: «es soll den Namen des ersten Tieres tragen, das durch dasselbe seinen Weg nimmt entweder behn Austritt oder Eintritt. » Sogleich aber, als es geöffnet war, kam eine Gänsherde zur Weide und zum Wasser heraus und ließ dem Tore den beständigen Namen. Dieses Tor hat zwar die Fundamente eines hohen Turmes von Alters her, ist aber noch nicht in die Höhe gebaut; [aber in unserer Zeit ist der Turm schön erhöht worden, als der weise Herr Johannes Ehinger Bürgermeister war, im Jahr des Herrn 1497. Von damals an aber erhielt dieses Tor einen anderen mehr der Vernunft angemessenen und der Wahrheit entsprechenden Namen; weil ein Teil der Stadt innen neben diesem Tor auf dem Gries (ad arenas) genannt wird, so wurde dieses Tor porta Arenae oder Arenarum gememhin Griestor und nicht Gänstor genannt. ] 1) Gegen Norden ist das Tor des heiligen Leonhard (jetzt das der heil. Jungfrau, Frauentor genannt) weil man durch dasselbe in die Kirche des heiligen Leonhard geht, in der die heil. Jungfrau durch Wunder ihren Ruhm gewann und dem Tore den Namen gab. Dieses Tor hat einen hohen und festen Turm, auf dem man ein goldenes ausgehauenes Kreuz erblickt; und auf diesem ist auch ein Wächter, der die Trompete bläst, wann er muß, oder wann er will. Zwischen Norden und Westen ist das Neue Tor, sogenannt, weil es erst neu entstanden ist, mit einem hohen und mit den Bildern des Leidens des Herrn geschmückten Turm. Gegen Westen (pag. 44) aber ist das Gögglingertor, sogenannt, weil es in das nächste Dorf Gögglingen führt; Unkundige nennen es Glöglistor.
Dieses Tor hat einen festen Turm, der mit dem ruhmreichen Kreuz geschmückt ist; auf ihm wachen auch Wächter und Trompeter, und es würde gut Gerichtstor genannt, weil vor demselben die Schuldigen gefoltert und hingerichtet werden. Auf der Südseite am äußersten Teile der Stadt gegen Westen, woher die Donau kommt, ist der hohe und feste Fischerturm, der deswegen so heißt, weil neben ihm die Wohnungen der Fischer der Wassertiere und der Fischerinnen einfältiger Menschen sind.
Mit diesem Turm hängt ein bis in die Donau sich erstreckendes festes Vorwerk mit mehreren Erkern zusammen, wo auch ein Teil der Blau durch einen Graben der Stadt herabkommt und durch enge Öffnungen, die mit sehr festen Gittern geschlossen sind, an der Ecke der Stadt in die Donau fließt. Von dieser Ecke und dem Fischerturm geht eine im Wasser der Donau gegründete, hohe und dicke Mauer hinab, die in dem in der folgenden Chronik bezeichneten Jahr entstanden und Neue Mauer genannt worden ist, weil die alte Mauer durch Häuser und Gebäude schwach und schadhaft geworden war. Es steht aber diese Mauer in der reißendsten Strömung bis zur Donaubrücke 660 Schritt weit sich erstreckend, und sie hat in der Dicke 10 gemeine Fuß und hindert einerseits die Gewässer der Donau, daß sie nicht in die Stadt stürzen, andererseits aber, daß die Gewässer der Blau nicht hinausfließen bis an ihrer Mündung.
Auf dieser neuen Mauer sind wohl ausgeführte Bollwerke und Vorwerke und Erhöhungen nach Art von Türmen, von denen mit Mörsern und andern Geschossen gegen die zu Wasser Herankommenden eine Verteidigung stattfinden kann, auch sind außen viele eiserne Ringe zum Anbinden der Schiffe und eiserne Haken, an denen zu Kriegszeiten Decken für die Mauern aufgehängt werden mögen, damit sie nicht von den gegenüber aufgestellten Maschinen verletzt werden können,
1) Die in Klammern gesetzten Worte bis «nicht Gänstor genannt» enthalten eine Verbesserung, die wahrscheinlich F. Fabri selbst noch einfügte. ¶
und sehr viele Öffnungen zum Hinausschießen mit steinernen Geschossen. In der Mitte der Mauer sind viele Öffnungen, durch welche die Blau aus der Stadt hervorbrechend in die Donau fällt. Über der größeren Öffnung der Blau ist ein Turm 1), auf dem immer ein Wächter horcht, um den von der andern Seite der Donau Rufenden Antwort zu geben; denn es trifft sich oft, daß jemand aus irgend einem Grund nicht über die Brücke und durch das Tor in die Stadt hereinkommen will, und wenn ein solcher diesen Wächter anruft, holt er ihn gegen einen gewissen Lohn in einem Schiff über. So werden solche, die sich versäumen (pag. 45) und nach dem Torschluß kommen, und Boten, die dringende Sachen bringen, hier eingelassen, wenn eine wichtige Sache vorliegt, die man dem Bürgermeister melden muß.
Nach der neuen Mauer folgt der Turm des Herdbruckertores und die Brücke, die breit und sehr stark ist wegen der Gewalt des Flusses. Denn oft wird sie vom Gewässer überschwemmt, und wenn die Brücke nicht gut fundamentiert wäre, würde sie weggerissen, wie es in den vergangenen Jahren oft geschehen ist. Daher hatten die Ulmer auch einmal angefangen eine steinerne Bogenbrücke zu bauen, aber als sie am Werk waren und sehr viele Vorbereitungen und Bauten im Wasser gemacht hatten, kam plötzlich eine Überschwemmung und riß in einer Stunde der Nacht alles weg.
Denn manchmal wächst der Fluß so sehr, daß er zum Tor hereindringt, wie es im Jahr des Herrn 1374 geschah. Deshalb muß die Brücke schwer sein, wie die neue Brücke außer den notwendigen Balken 2 turmartige Gebäude in der Mitte zum Unterstand hat, die aber nicht sowohl zum Unterstand dienen, als zur Belastung angebracht sind. Jenseits der Brücke ist die Vorstadt und viele Häuschen der Walker, und sind auf dieser Seite Befestigungen, Gräben, Gerüste und Wälle, so daß niemand zu Pferd auch nur an das Wasser gegenüber der Stadt kommen kann.
Unterhalb von dieser Vorstadt ist die Werkstatt der Zimmerleute der Stadt und die Stelle, wo alles in die Donau geschüttet wird, was zur Stadt hinausgeführt wird, z. B. Unrat und Mauerschutt; hier ist auch der erste und oberste Hasen der Donau, von dem aus die Lastschiffe, die Flöße oder Holzmassen hinabfahren und in den man aus Baiern heraufkommt, und es ist nicht möglich, weiter hinauszufahren. Weiter hinab vom Herdbruckerturm und -tor geht im Wasser die Stadtmauer bis zu dem neuen Turm, der neulich unter dem Turm der Übeltäter gebaut worden ist, von dem er gewissermaßen das Vorwerk ist. Es steht aber dieser neue Turm im Wasser und hat keine andern Fenster als die Schießscharten.
Man sagt aber, daß er im untersten Grund eine tiefe, mit Wasser gefüllte Grube habe, in der diejenigen ertränkt werden, welche öffentlich zu töten nicht rätlich ist, um ein größeres Übel zu verhüten. Über diesem ist der ehemals Armbruster- oder Schützenturm genannte Turm und er war das östliche Tor der alten Stadt, jetzt ist es der Turm der Übeltäter, der sehr fest und hoch und mit hölzernen Zellen als Gewahrsam der Gefangenen angefüllt ist;
in ihm ist auch der Ort, wo die Verdächtigen gefoltert und geschwenkt werden, damit sie öffentlich (pag. 46) die Geheimnisse ihres Herzens gestehen;
und wenn sie dann hingerichtet werden sollen, werden sie aus ihrem engen Gewahrsam in ein an den Turm angeschlossenes Gebäude geführt, wo eine geweißte und helle Kammer ist;
in dieser werden die vom Elend des Gefängnisses Erschöpften erquickt und durch religiöse Ermahnungen zur Geduld gestimmt und ihnen die Sakramente gereicht und sie so zum Tode geführt.
Diese
1) Der sogenannte «Einlaß». ¶