hof der Kirche der heiligen Jungfrau, gewöhnlich die Steinhütt 1) genannt, ist; sie stand auf dem alten Graben,
der noch nicht ganz aufgefüllt und dem übrigen
Erdboden gleich gemacht war. Daher war die ganze Straße, welche jetzt die
Lange 2) Straße heißt, wo die Gräben der alten Stadt gewesen waren, noch ein langer Graben
auf lehmigem Grund, und auf beiden Seiten wurden Häuser gebaut und waren Fußsteige oder hölzerne Übergänge
hergestellt,
auf welchen man von den Häusern der einen Seite zu denen der anderen Seite hinüberging;
und so bestand diese Straße viele
Jahre, daß in ihr kein Weg der Länge nach ging, sondern nur quer herüber, und zwar auf Fußsteigen
oder
Balken und hingelegtem Holz. Nicht lange nach der eben genannten Zeit wurde den Schwestern auf dem Gries das Dorf Seflingen
gegeben;
daher verließen sie die Stadt und den Platz und verlegten das Kloster hinaus nach Seflingen, indem sie das Kloster den Garten der heiligen Jungfrau und der Jungfrauen nannten. - Hierauf im Jahr des Herrn 1281 kamen nach Ulm die Prediger-Brüder und baten um einen Platz zu einem Kloster;
diesen überließ eine fromme Dienerin Christi, Mechtildis Hunrärin genannt, ihren Garten beim Spital, und ein angesehener Mann, der alte Kraft genannt, ein wirklicher Schreiber des Herrn Kaisers, trat als Gründer auf und förderte die Brüder wie seine liebsten Söhne;
mit seiner Hilfe bauten die Brüder die Kirche und das Kloster und erhielten einen ziemlich großen Platz der Stadt (pag. 35).
Nichtsdestoweniger kauften sie von den Bürgern einen Platz für den Kirchhof von der Stelle, wo die Gräben der alten Stadt gewesen waren. So also vertrauten die Ulmer mit einer gewissen ausnehmenden Freundlichkeit gegen diese beiden Orden, die Prediger und die Minoriten, beiden die Tore der alten Stadt an: und zwar den Predigern das östliche Tor, den Minoriten das westliche. Es besteht jedoch jetzt eine andere Anordnung mit den Türmen dieser Tore, als zu jener Zeit. Es haben aber die Prediger einen ziemlich weiten Raum innerhalb der Mauern, und von der Mauer der Stadt besitzen sie 165 Schritt in der Länge, wobei über 40 Zinnen oder Mauern unter den Schlüsseln und der Hut der Brüder gegen die Donau hin sind. - Nach den Predigern kamen nach Ulm die Herren Brüder des Deutschherren-Ordens von ..., 3) welche inständig um einen Platz zum Bau eines Klosters baten; ihnen überließ man einen geräumigen Platz jenseits der Blau an den Mauern der Stadt. Einige sagen jedoch, sie haben daselbst vor der Erweiterung der Stadt einen Platz besetzt und seien in die Mauern eingeschlossen worden.
Hierauf nach Ablauf mehrerer Jahre begaben sich die Regulierten Canoniker, welche auf dem Berge des heiligen Michael wohnten und schon lange auf dem Platz, der Wenga heißt, außerhalb Ulms sich niedergelassen hatten, auch in die Stadt selbst hinein. Viele Jahre aber wohnten sie jenseits der Blau in dem Hause, wo jetzt der Bürger namens Theobald Huter sitzt, und erlangten endlich den Platz, wo sie heute sind, den sie im Jahre des Herrn 1399 zu bauen anfingen. Schwierigkeiten aber sand das Einlassen der Deutschordensbrüder und der regulierten Canoniker, weil die Ulmer schon bei der Übersiedlung ihrer Pfarrkirche durch Bauten beschwert waren, sofern die Ulmer Bürger nach dem Einzug der Minoriten und Prediger und dem Bau der Klöster (pag. 36) auch ihre Pfarrkirche, welche außerhalb bei
1) Später «die Hütte.»
2) Jetzt Hafengasse und nördlicher Münsterplatz.
3) Die Lücke ist etwa auszufüllen mit: «der hl. Maria in Jerusalem.» ¶
Allerheiligen war, wegen Beängstigung und Gefahren in die Stadt zu verlegen gedachten. Denn sie fürchteten, daß, wenn
das Volk sich außerhalb in der Kirche befinde, eines Tages Verrätereien und Übergabe
der Stadt stattfinden, die Stadt
erobert und das Volk draußen in Gefahr gebracht werden könnte, weil damals die Zeiten ziemlich unruhig
waren. Auch konnte man bei großen Festen nicht gut dem Gottesdienst bei Nacht anwohnen, weil die Tore nicht geöffnet wurden,
und viele blieben auch an den Sonntagen der Kirche fern, die entweder nicht herauskommen konnten oder wollten.
Auch sah man, daß das Volk den Predigern und Minoriten zu ihren Kirchen und Bauten reichlich beisteuere und vieles denselben Klöstern gegeben werde, was der Pfarrkirche gegeben worden wäre, wenn sie in der Stadt gelegen wäre. Überdies bestellen viele bei den Klöstern ihre Gräber, die sie nicht geändert hätten, wenn die Pfarrkirche mit dem Kirchhof in der Stadt gebaut gewesen wäre. Als nun der Beschluß gefaßt worden war, bestimmten sie, die Pfarre überhaupt in die Stadt zu verlegen, was jedoch für sie wegen der Gräber der Ihrigen und wegen des trefflichen Schmucks und Verzierung der Kirche schwierig war. Es war nämlich, wie oben gesagt worden ist, die Kirche sehr kostbar und mit beständigem Glanz vieler Lampen geschmückt.
Daher wählten sie einen Platz zur Errichtung der neuen Kirche zu Ehren der heiligen Jungfrau fast im Zentrum und der Mitte der Stadt, wo schon lange eine Schwitzstube gebaut stand mit mehreren andern Häusern. Diese Häuser kauften die Bürger und reinigten den Platz, um die Fundamente zu legen. Aber auch für den Kirchhof kauften sie das Haus der Schwestern von der dritten Regel des heiligen Franziskus, welche die Schwestern von Beuren hießen und wiesen ihnen einen Platz auf dem Sand d. h. am Grieß an; und weil der Tempel, den sie bauen wollten, groß werden sollte, so nahmen sie den größten Teil des Gartens der Minoriten-Brüder dazu, um die Fundamente der Kirchtürme zu legen und nachher vor der Kirche einen freien Platz zu haben. Und so wurde der Raum der Minoriten-Brüder ziemlich eng, der doch geräumig gewesen war, weil er fast den ganzen Platz umfaßte. Als nun auf dem geebneten und gereinigten Platz die Größe, Länge und Breite der zu erbauenden Kirche bezeichnet war, bauten sie in den Kreis selbst hinein eine hölzerne Kirche und hölzerne Altäre (pag. 37) mit Trägern, in welcher bis zur Aufrichtung der Kirche der Gottesdienst gehalten werden sollte.
Denn sie eilten, die Kirche schneller in die Stadt hineinzubringen, weil ihnen Überfälle drohten und das Werk groß war und zudem die Stadt noch nicht ringsherum eine Mauer hatte. Daher eilte jedermann, Frauen und Männer, Alte und Junge, Reiche und Arme, Geistliche und Weltliche zur Arbeit herbei. Also im Jahr des Herrn 1377 lösten die Ulmer die alte Pfarre, die Kirche zu Allerheiligen, auf und führten und trugen alles auf den Schultern in die Stadt an den zum Bau der Kirche bestimmten Platz, und als alles hereingebracht war, gruben sie die Fundamente der Mauern bis aufs Wasser und schlugen in den Schlamm Pfähle aus dem stärksten Ulmenholz ein, um darauf die Grundsteine und große Felsblöcke zu legen, die eine so gewaltige Masse tragen sollten. Es war aber schauderhaft anzusehen die Tiefe, die Größe und der ringsherumgeführte gewaltige Kreis des Grabenwerks. Denn dieser Kreis beträgt ringsherum 464 Schritt. Als nun der Platz zum Fundament bereit stand, kündigten die Werkmeister den Ratsherren an, daß die Fundamente zu legen seien, und da dies das Werk der Ratsherren war, mußten mit Recht die Vornehmeren von ihnen den ersten Stein legen, dieweil sie dieses große ¶