erste Stadt in Indien gründete, diese nach dem Namen seines Sohnes Enoch, und nach der Sündflut benannte der Tyrann Nimroth, als er an der Stätte der Sprachenverwirrung eine Stadt baute, diese Babylon d. h. Verwirrung, so benannte Salem die Stadt Salem, die jetzt Iherusalem heißt, und als sie gänzlich zerstört war, benannte sie der Kaiser Helius (Älius) Adrianus, der sie wieder aufbaute, nach sich Helia (Älia), so Dionysius Nysa, Medius Meda, Perseus Persa, so Julius Juliacum (Jülich). Und manchmal wurden Städten von dabei befindlichen Gewässern ihre Namen beigelegt, wie z. B. Susis von dem Fluß Susa genannt wird, der an der Stadt vorbeifließt. - Manchmal empfingen die Städte ihre Namen von irgend welchen Ereignissen, so ist z. B. die Stadt Gaza daher benannt, daß Cambyses daselbst Schätze aufgehäuft hatte; denn gaza bedeutet Schatz. So ist Argentina (Straßburg) wegen des in den Staatsschatz der Römer gesammelten Silbers (argentum) und Basel (Basilea) so genannt, weil es an einer Königsstätte erbaut ist, denn bei den Griechen heißen Könige basilei (βασιλεισ) oder hat es von basis d. h. «Grundlage», von le d. h. «Festigkeit» und von a d. h. «ohne» den Namen: gleichsam eine ohne feste Grundlage gegründete Stadt, da sie von Erdbeben schwankt, oder von basis d. h. Volk (?) und lea = ecclesia: gleichsam Kirche des Volks. Das Volk jedoch sagt so, die Stadt werde nach einem basiliscus (Schlange) benannt, welcher daselbst einst verborgen war und sehr viele durch seinen Anblick vergiftete, und nach seinem Tod hinterließ er der Stadt den garstigen Namen. Wir lesen, daß (pag. 7) ein junger Schäfer sich aus Blumen einen Kranz zum Schmuck und Vergnügen flocht; gegen ihn erhob sich eine Schlange aus einer Höhle und ging auf ihn los, aber der Schäfer kämpfte tapferen Mutes mit ihr.
Als dies Päan, der Sohn Apollos, sah, wunderte er sich sehr, daß der Schäfer durch den Anblick der Schlange nicht gestorben sei, er nahm näher tretend ihm den Kranz vom Kopf, worauf der Mann sogleich verschied. Päan aber legte dem Toten einige Blumen in den Mund, und durch die Berührung mit einer Blume kam der Schäfer doch wieder ins Leben zurück. Auch Colonia (Köln) wurde so genannt nicht von der Bewohnung durch Franken, sondern durch Römer: es wurde nämlich von Kaiser Claudius gegründet und erhielt von seiner Gattin Agrippina den Namen Agrippina.
Die Stadt Thuregum (Zürich), die im Gebiet zweier Könige liegt und daher Duregum und mißbräuchlich Thuregum genannt wird, weil sie die Grenzzeichen der Reiche Germanien und Gallien (Deutschlands und Frankreichs) durch den Lauf ihres Flusses, nämlich der Limmat, trennt, wurde vor Alters allgemein Zwirich, zwei Reiche, genannt und heißt jetzt Zürich. Auch Alexander der Große erbaute an der Stelle, wo sein Lieblingsroß namens Bucephalus starb, eine Stadt und gab ihr den Namen seines Rosses, jetzt Bucephala genannt.
Auch der Rat von Venedig nennt das große vergoldete Schiff, in dem der Doge und der Rat zeitweise zu den Schauspielen fährt, nach dem ebengenannten Roß Bucephalus oder Buccatus und Bucentaurus. Wir wissen auch aus der Geschichte, daß einst sehr schwere Kriege bei der Erbauung von Städten aus dem Streit über ihre Benennung entstanden sind. Daher soll aus diesem Grunde Romulus seinen Bruder Remus getötet haben, weil Romulus wollte, daß die Stadt nach ihm Roma genannt werde, (worüber gelesen und bemerkt wird in l. VI tr. ff. de rerum divisione im Text und in den Anmerkungen), Remus aber wollte, daß sie Rema heiße; und über den einen Buchstaben gerieten sie in Streit. Auch Augustinus 18 de civitate dei erzählt den Streit der Götter bei
der Benennung der Stadt Athen, die ihren Namen wegen des aus der Erde wachsenden Ölbaums erhielt, sowie auch Ihericho die Stadt der Palmen genannt wird 2 Paralip. c. 28, (1. 2 Chron. 28, 15) weil dort Palmen im Überfluß wachsen. Auch andere ziemlich viele Orte haben ihren Namen von den aus der Erde hervorkommenden Gewächsen erhalten, z. B. das Kloster Wingarta von Weinbergen und Weinreben (pag. 8), das Kloster der Karthäuser bei Memmingen wird nach einem Buchsbaum Buchshaim genannt, und die Stadt Stockgarten (Stuttgart) hat ihren Namen von Stock und Garten, weil damals, als die Stadt erbaut werden sollte, daselbst viele dastehende Bäume abgestockt (abgestrunkt) wurden, und das Volk gab dem Ort den Namen.
Andere sagen, daß sie so genannt werde von Stuten, hierüber gibt es aber keine Entscheidung, ob sie nun von jenem oder von diesem den Namen hat. Es gibt noch ziemlich viele Namen von Städten und Dörfern, über deren vernünftigen Grund man keine Vermutung haben kann, und doch sind sie durchaus nicht ohne Grund beigelegt worden. Über diese Begründung der Namen wird ausführlich abgehandelt bei Isidorus (Etymolog. lib. 15 cap. 1 ganz durch), der nach den Namen im Allgemeinen dem Ursprung der Städte nachgeht. So glaube ich es auch bei unserem vorliegenden Fall machen zu müssen.
Ulma ist nämlich nicht ein barbarischer, sondern ein lateinischer Name, deklinierbar, allen bekannt und leicht zu übersetzen, einer Reichsstadt beigelegt, aus einem dem Namen unzweifelhaft entsprechenden Grunde; denn der Platz der Stadt Ulm ist von Natur uliginosa d. h. sumpfig und die ganze Örtlichkeit feucht und wasserreich, was man uliginosus oder ulinosus nennt, teils wegen des Zusammenflusses der Gewässer dreier Flüsse, teils auch wegen des sumpfigen oder wässerigen Bodens, aus dem ziemlich viele Quellen entspringen und worin überall munter fließende Gewässer sich finden, so daß der Boden an sich ohne die Stadt in seinem Namen von Natur den Namen der Stadt anzeigt, ob ich nun sage sumpfiger oder wasserreicher (uliginosus vel ulinosus) Boden, was sich beides findet.
Denn uligo (Sumpf) ist eine natürliche Feuchtigkeit der Erde, die sie niemals verläßt, sie grünend und fruchtbar macht, und so ist der Platz der Stadt Ulm. Durch diese sumpfige Beschaffenheit der Erde aber pflegen besonders in großer. Menge Bäume hervorzuwachsen, welche auf Lateinisch ulmi heißen, aber insgemein und auf deutsch Felben oder Erlen oder Alber *) genannt werden, und obgleich es verschiedene Arten von Bäumen sind, nämlich Felben und Erlen, haben sie doch vielleicht denselben Namen, was ich beides gefunden habe in deutschen Büchern. über die Stelle Jesaja 41, 19: «ich will in der Wüste geben Tannen, Ulmen und Buchsbaum» und ebenso fand ich's in Wörterbüchern. Und es hat dabei nichts zu bedeuten, ob das Wort nur eine, oder zwei oder alle drei Arten bezeichnet: denn auf dem Boden des Ulmer Platzes wachsen alle diese Arten von Bäumen reichlich, (pag. 9) nämlich Felben-Ulmen, Erlen-Ulmen und Alber-Ulmen, und vor der Gründung der Stadt war daselbst ohne Zweifel ein Wald von Ulmen und ein dichtes Ulmenholz und ein ergötzliches Ulma d. h. Ulmenwald. Sowie nun in einem Sumpf (uligo) heranwachsende Bäume Ulmen genannt werden und ein Ulmenwald ulmerium oder ulma, so wird eine im Sumpf zwischen Ulmen oder auf einem Ulmenplatz gegründete Stadt am passendsten Ulm genannt, weil sie einen Ulmenplatz einnimmt. Wer aber
*) Veesenmeyer sagt: «Felbe ist salix alba L., Erle alnus glutinosa Gärtn. und incana Dec., letztere bei Ulm an der Donau und Iller häufig; Alber ist populus alba L., allerdings recht verschiedene Bäume.»
Ulm in einem Ulmenwald gegründet hat, können wir finden, wenn wir die abergläubischen Vorstellungen der Alten und andererseits ihre Taten uns in Erinnerung bringen. Die Geschichte der Alten erzählt nämlich, die Amazonen, sehr tapfere aus unserem Böhmen stammende Frauen, haben, als sie unter zornmütiger Führung Asien und nicht den kleinsten Teil von Europa unterworfen hatten, die Gewohnheit ihres verfluchten Aberglaubens gehabt, daß sie an sumpfigen Plätzen zwischen Ulmen und auf Ulmen die Tempel der pfeiltragenden Diana erbauten, in denen sie ihren Gottesdienst nach heidnischem Gebrauch auszuüben pflegten, und sie glaubten, nirgends anders als an sumpfigen Plätzen zwischen Ulmen und in Ulmenhainen können sie die Diana sich versöhnen, von der sie annahmen, daß sie den Mondwagen lenke und überhaupt die Mutter der Gewässer und die Erzeugerin des Kalten und des Feuchten sei, und darum sei auch in sumpfigen Gegenden, nach der Geheimlehre der Mythologie, ihre Verehrung besonders groß.
Während sie aber in Kleinasien herrschten, sanden sie an einer Stelle am Meeresufer einen Ulmenhain, in welchem sie über einem Ulmenstamm zum Staunen und zur Bewunderung für alle Völker und Jahrhunderte einen Tempel von wunderbarer Kunst errichteten, und in der Umgebung desselben gründeten sie die große Stadt Ephesus, welche sie zugleich mit dem Tempel zu beständiger Verehrung der Diana weihten, und dieser blieb von da an bis zu den Zeiten der Apostel, wie aus act. 19 sich zeigt, diesem Dienst gewidmet über 2000 Jahre, denn so lange vor der Menschwerdung (Christi) begann die Herrschaft der Amazonen. Es war aber dieser Tempel der Diana so prächtig, daß, als der Perserkönig Xerxes alle asiatischen Tempel mit Feuer verbrennen ließ, er diesen allem verschonte;
aber nach einiger Zeit steckte Herostratus, um seinen Namen durch die Erinnerung an das Verbrechen auszubreiten, das edle Bauwerk in Brand, wie er selbst bekannte, aus Begierde, weiteren Ruhm zu erlangen, indem er etwas tue, wodurch das Andenken an ihn bei den Sterblichen fortdauere;
aber der Senat (sc. der ionischen Städte) gab den Befehl, daß niemand seinen Namen schriftlich überliefere;
aber man gehorchte durchaus nicht, denn bis auf unsere Zeit ist der Namen des tempelschänderischen Menschen gekommen, aber mit Schmach und Schande, gleichwie Neros und des Verräters Judas Namen niemals die Nachwelt verschweigen wird (pag. 10).
Aber an der Stelle des verbrannten Tempels erbauten sie einen anderen prächtigeren Tempel, zu dessen Zier die Anhängerinnen der Amazonen ihren Schmuck hergaben, und so wurde er sehr prächtig. Aber nicht nur in Asien führten die Amazonen die Verehrung der Diana ein, sondern an allen im Krieg besetzten Orten, daher gehen sie, nachdem sie Asien unterworfen, nach Europa und verwüsten die blühenden Länder Makedonien, Illyrien und Pannonien und von da kamen sie, nachdem sie in die Alpen eingedrungen, nach Schwaben und brachten die Stadt der Vindelicien jetzt Augsburg, in ihre Gewalt, wie die Chroniken dieser Stadt zeigen.
Als sie aber der Plünderung wegen die näheren Gegenden Schwabens durchstreifend an der Stelle, wo jetzt Ulm ist, einen Ulmenhain gefunden hatten, dachten sie, dieser Hain sei für ihren Aberglauben ganz geschickt und weihten ihn alsbald der Diana, indem sie den finsteren Wald einweihten, einen Tempel bauten und zum Priesterdienst Männer verschnitten, zu welchen sie nach der Weise der Verehrung der Diana noch Chöre von Jungfrauen fügten. Überdies besuchten sie die Heiligtümer der Nymphen sowohl bei der Vereinigung der Flüsse als andererseits bei den Höhlen und Verstecken der Quellen in diesem Ulmenwald und luden die gefangenen.
Schwaben zur Beiwohnung mit ihnen in den Hainen und schattigen Orten ein, um nach Empfängnis der Frucht in ihre Wohnsitze zurückzukehren. Sehr groß war auch die Sorge dieser Amazonen, einen berühmten Dienst der Diana und der Nymphen herzustellen und ihre Verehrung besonders in den für ihren Dienst geschickten Gegenden zu vermehren; denn wenn sie dies nicht täten, hätten sie nach ihrer Meinung durchaus nicht die Länder unterwerfen und ihre Königinnen in den Reichen einsetzen können.
Damit aber der an dem Ort begonnene Gottesdienst ewig bleibe, gründeten sie daselbst eine Stadt, indem sie ihr von dem Gattungsnamen des Ortes und der Bäume den Eigennamen ließen. Das Regiment dieser Frauen begann vor den Zeiten Abrahams und dauerte bis aus die Zeiten Alexanders des Großen. Als aber endlich ihr Laus in der Welt gehemmt ward und zum Stillstand kam, lebten sie auf einer Insel bis auf die Zeiten des hochberühmten Königs der Briten Artur, der im Jahr 489 nach des Herrn Menschwerdung lebte, und leben vielleicht heute noch fort. An. den Hof des genannten Königs kam nämlich ein sehr schöner Jüngling. der unter den Amazonen 15 Jahre lang als Frau aufgezogen worden war, aber da sein Geschlecht nicht weiter verborgen werden konnte, (pag. 11) wurde er aus der Insel vertrieben und kam an den vorgenannten Hof, und als er ein Kriegsmann geworden, führte er die schwierigsten Taten aus, da er der Erbe der Kriegslust seiner Mutter geworden war.
Man glaubt aber, daß zur Zeit der Amazonen das größte Heiligtum in Ulm bei der Quelle gewesen sei, die zu den alten Röhren (ad antiquas cannas) genannt wird, und daß daselbst ehemals ein sehr dichter Hain gewesen sei; denn bei dem Hervorbrechen der Gewässer und bei der Vereinigung der Flüsse übten sie Zeichendeutung aus und befragten die Götter um Orakel, weil sie mit dem Philosophen Thales irrend glaubten, das Wasser sei der Anfang der Dinge und der Ozean aller Wesen Vater und Gott, und alle Flüsse und Quellen seien seine Söhne und Töchter und das Wasser habe eine Seele und Leben und es wohne ihm ein göttlicher Verstand inne, denn sie sahen, daß in allem beim Aufhören der Feuchtigkeit und behn Nachlassen des Wassergehalts das Leben aufhörte und ohne Feuchtigkeit nichts erzeugt werden und wachsen könne.
Darum sagten sie, alles beruhe auf der Macht der Feuchtigkeit. Deshalb standen sie, wie gesagt, an den Ausbrüchen der Gewässer und redeten das herausfließende Wasser wie die lebendige Tochter eines Gottes an und baten um Orakel, die sie zuweilen auf Betreiben des Teufels erhielten, und sahen Erscheinungen. Daher versichern, um von den Irrtümern der Alten zu schweigen, in unserer Zeit verrückte Dirnen, ohne im Gesicht zu erröten, aus der Öffnung der Quelle der alten Röhren kommen sehr schöne Frauen hervor und steigen bei Nacht die Stufen herauf, sie ziehen durch Ulm, aber wohin sie gehen und was sie treiben, sagen sie nicht öffentlich, sondern dichten mit geheimnisvoller Glaubwürdigkeit, sie wandern im Dienste des Vaters Bacchus an seinen Lagern herum, um, wenn sie des Bacchus Manneskraft geschwächt finden, durch Lieferung von Feuchtigkeit seiner Liebeslust nachzuhelfen. Aber obgleich diese Dirnen die poetischen Geheimnisse nicht so deutlich ausdrücken, erklären sie doch die Sache noch häßlicher. Diese Frauen, sagten die Alten, seien Töchter des Nereus und der Doris, die Nachkommen des Oceanus. Und die Nymphen, welche von den Amazonen, wie gesagt, verehrt wurden, hießen Nereiden. Hievon also nimmt man den natürlichen Anfang der Stelle der Stadt Ulm an und den Beginn der Stadt selbst. Ferner nahmen manche einen
anderen Anfang der Stadt Ulm nach ihrem Namen an, indem sie sagten, es habe einst Völker gegeben, welche die Küste des Balthischen Meeres und beide Ufer der Vistula und Hystula (Weichsel und ?) bewohnten (pag. 12). Diese Völker aber wurden, wie Michael de insignibus orbis sagt, Ulmerigi genannt. Die Gothen nun, als sie von der Insel Scandavia nach dem Festland herabkamen, vertrieben die Ulmerigi aus ihrem Land und ließen sich an deren Wohnstätten nieder. Die Ulmeriger aber, gezwungen, sich andere Wohnsitze zu suchen, wurden in verschiedene Gegenden zerstreut, und einige von ihnen ließen sich, an den Ufern der Donau aufwärts gehend, an der Stelle nieder, wo der Fluß schiffbar zu sein anfängt, gründeten eine Stadt und nannten sie nach ihrem Namen Ulm.
Irgendwo habe ich den Namen dieses Volkes mit dem Hauchlaut H geschrieben Hulmerigi gefunden, und so findet sich auch in den ältesten Schriften Ulma mit H geschrieben Hulma. Und hiebei fällt mir etwas Biblisches ein, daß vielleicht die Hulmerigi von dem uralten Hul, dem siebenten Sohn Sems, eines Sohnes Noahs, wie es l. paralip. 1 (= 1 Chron. 1, 17) steht, abstammten und nach ihm genannt wurden, dann von ihren Brüdern im Orient getrennt den Norden in der Gegend des Balthischen Meeres, das man jetzt das Prutenische nennt, in Besitz nahmen und von da bis hieher zerstreut Ulma oder Hulma gründeten.
Wir wissen aber, daß Sem der edelste Sohn Noahs gewesen ist, von welchem der Adel sich verbreitet hat und die ganze Welt ziert; über ihn heißt es genes. 9, 26 f. «Gelobet sei Gott, der Herr Sems, Kanaan sei sein Knecht; Gott breite Japhet aus, und er wohne in den Hütten Sems, auch sein Knecht sei Kanaan. » Die Hütten Sems sind die Städte, in denen die Söhne Japhets d. h. die Bürger wohnen, deren Knechte Kanaan d. h. die Bauern sind. Dies sehen wir so vor Augen geschehen. Hieraus aber kann entnommen werden, daß der Adel der Stadt Ulm und ihrer Bürger nicht gering ist, sondern (pag. 13) auch ein hohes Alter hat; denn das grausige Wüten der Gothen, wobei die Ulmerigi zerstreut wurden und andere Wohnstätten einnahmen, begann zur Zeit Constantins des Großen, der im Jahr des Herrn 334 lebte.
Andere sagen, der Anfang der Stadt Ulm sei also gewesen. Ein edler Herr soll eine Burg und Stadt in dem Tal auf der Westseite des Berges des heiligen Michael gehabt haben, das gewöhnlich Kruogtal (Ruhetal) genannt wird. Als dieser aus Gründen in überseeische Gegenden abreisen wollte, ließ er einen andern ihm vertrauten Edeln die Sorge für alles und reiste ab; der Edle aber schaltete mit dem seiner Obhut Anvertrauten, wie es ihm behagte, mißbrauchte sowohl die Frau als die sonstige Habe des Reisenden und gedachte, das erlangte Glück für sich zu behalten, weshalb er den Zurückkommenden weder kennen noch in das Seinige einlassen wollte.
Der Vertriebene aber sammelte bewaffnete Freunde, nahm den treulosen Verwalter gefangen und brachte ihn mit verdienter Strafe um, und zur Sühne für das gegen ihn begangene Verbrechen zerstörte er die Burg und Stadt von Grund aus, nahm die Steine und alles Material, brachte alles an die Stelle zwischen Donau und Blau und errichtete sich daselbst eine neue Burg und Stadt. Von diesem glauben einige von den Ulmern, er sei einer aus dem Geschlecht der Strölin gewesen, das sie edel und sehr alt nennen, wie aus dem Folgenden zu sehen sein wird. (Siehe Hauptst. IV, Kap. 3, pag. 87. ) - Andere sagen, die Stadt Ulm sei von den sehr edlen Freiherrn von Klingenberg gegründet worden, welche einst in fast allen Gegenden Schwabens Städte, Burgen und Klöster gründeten, indem sie in ihren
Gründungen einige Zeichen entweder von ihrem Namen oder ihrem Wappen zurückließen; so hat die von ihnen gegründete Stadt Klingnaw von ihnen den Namen, so die Burg Klingen und Klingaberg und das Kloster Klingental in Klein-Basel und die Burg Klingenstein bei Ulm, von der man glaubt, daß durch die auf ihr weilenden Edeln von Klingenberg Ulm seinen Anfang genommen habe. Zum Zeichen dafür, sagt man, haben sie den Ulmern ihre Abzeichen gegeben: (pag. 14) Wappen, Fahne und Schild, mit zwei sehr edlen Farben, Schwarz und Weiß, geschmückt, welche heute sowohl die Herren von Klingenberg als die Ulmer haben mit den gleichen Farben;
doch besteht ein Unterschied darin, daß die Herren von Klingenberg einen mit einem Pflugrad geschmückten Schild samt Turnierhelm und beide Farben ohne Unterschied mit Epheu überzogen, die Ulmer aber über dem Schild einen zum Lanzenstechen und Krieg geschmückten Helm haben und beide Farben gekreuzt ohne Einführung einer anderen Farbe.
Einige sagen jedoch, auf andere Weise sei den Ulmern das Schwarz und Weiß von einem Kaiser, nämlich Karl, gegeben worden, der, als er sie dem Abt von Au (Reichenau) zu eigen gab, ihnen die Farben der Kleidung dieser Mönche, Schwarz oben, Weiß unten verlieh. Andere sagen, ein Abt von Au habe ihnen diese Farben zu Ehren seiner Abstammung und zur Erinnerung daran gegeben, daß dieser Abt einer von dem Geschlecht Klingaberg war. Andere sagen, daß, als die Ulmer ihre Stadt mit Mauern umschlossen hatten und die Stadt von Tag zu Tag größer wurde, sie den Kaiser viele Jahre um die Abzeichen einer Fahne und eines Schildes baten, endlich aber der Kaiser, besiegt, ungeduldig das Taschentuch, das er in der Hand trug, in den Schmutz warf, indem er das Tüchlein mit dem Fuß in den Schmutz hineinstieß, dessen unterer Teil jedoch aus Zufall, nicht absichtlich, außen blieb.
Indem nun der Kaiser das zum Teil beschmutzte Taschentuch aufhob, hielt er es den Bettenden hin und sagte: «Die Abzeichen! und was sonst verdienen schmutzige Bauern als ein solch schmutziges Abzeichen?» Daher nahmen sie es an, fanden es schwarz und weiß gefärbt und malten danach ihre Fahnen, Schilde und Wappen. Andere sagen, daß zu der Zeit, als die Sueven die Stadt Siena erbauten, wie oben gesagt wurde, die Ulmer durch ihre denkwürdige Anstrengung mit der Zustimmung aller Fürsten verdient haben, die Abzeichen eben dieser Stadt umgekehrt zu tragen. Es haben nämlich die Einwohner von Siena das Weiß oben und das Schwarz unten, die Ulmer aber umgekehrt. -
Wieder andere sagen von dem Namen der Stadt Ulm, daß der Namen ihr deswegen gegeben worden sei, weil darin die Jahreszahl ihrer Gründung gefunden werde, die Stadt hat nämlich MLV, und sei gegründet worden im Jahr MLV, aber ob vor oder ob nach Christi Geburt so viele Jahre verflossen seien, sagen sie nicht; denn wenn sie im Jahr 1055 vor Christi Geburt erbaut worden ist, hat sie ihren Anfang zur Zeit Salomos oder etwas nachher genommen, wenn nach der Geburt, so ist sie zur Zeit Heinrichs des Zweiten *) gegründet worden, (pag. 15), wovon beides Anstände hat, die ich übergehe. Andere halten fest, daß die Stadt Ulm von den latinischen Römern gegründet und nach der Etymologie der Buchstaben und Silben absichtlich so genannt worden sei, worin die bekannte Verfassung einer guten Stadt vollständig enthalten ist: es hat nämlich Ulma 4 Buchstaben, der erste ist u und bezeichnet
*) So haben alle Handschriften, Heinrich II. aber hat 1002-1024, dagegen Heinrich III. 1039-1056 regiert.
die unitas, Einigkeit und Eintracht, der Zweite ist l und stellt der Gesetze (legum) Beobachtung dar, der dritte ist m und zeigt das Maß (modum) in allem, auch in der Beobachtung aller Gesetze, an, der vierte ist a und weist auf den Anfang (ad principium), nämlich Gott hin und führt dazu, dem Göttlichen nachzugehen, ohne das anderes nicht bestehen kann, wie offenbar ist. Endlich enthält dieser Name die zwei Silben ul und ma darum, daß Ulma gegründet worden ist ad ulciscendum malum, um das Übel zu strafen und gewissermaßen als von den Alten eingesetzte Bestraferin der Übel.
Oder, wie andere glauben, ist die Stadt nach ihrer Gründung vom Erfolg Ulma genannt worden. Denn wie die im Sumpf festgemachte Ulme nicht vermodert und im Gegenteil zu Stein sich verhärtet, so nannten die Alten, da sie sahen, daß diese Stadt trotz der Härte des Bodens zunehme und Überfluß habe, sie wegen der Fortdauer ihres Bestandes Ulm. Oder gaben sie ihr deswegen den Namen Ulm, weil sie auf Pfählen von Ulmen ihre Mauern gründeten, da in dem sumpfigen Boden kein fester Grund vorhanden war, weshalb vor der Erneuerung der Mauern auf der Ostseite Pfähle im Wasser gesehen wurden, auf welchen die Masse der Türme und die Last der Mauern ruhte.
Als anderen Anfang der Stadt Ulm führt der gemeine Mann an, daß, als einst an der damals waldigen Stelle der Stadt jemand jagte, er an der Stelle, wo jetzt die Kirche zum heiligen Kreuz ist, einen gewaltigen Hirsch fing, auf dessen Stirn er ein goldenes Kreuz fand; deshalb errichtete er daselbst eine Kapelle zum heiligen Kreuz 1) und gründete daneben einige Wohnhäuser, und so wuchsen diese Gebäude im Lauf der Zeit zu einer Stadt heran. Man glaubt aber, daß hier die Pfarrkirche gewesen sei, weil, wo man auch im Umkreis grabe, überall in Menge zusammengeworfene Gebeine Gestorbener gefunden werden.
Welchen Anfang nun aber auch diese Stadt Ulm genommen haben mag, dem, der alles einzeln erwägt, ist bekannt, daß sie sehr alt ist, und wenn auch nach der Kenntnis Unwissender gesagt wird, daß sie neu sei, so können wir für ihr hohes Alter mehrere Zeichen annehmen (pag. 16). Das erste aus dem Zusammenfluß der Gewässer. Denn es fließt die Iller und die Blau in die Donau und es entsteht gleichsam ein Kreuz aus den Flüssen: es streckt nämlich die Donau von Westen nach Osten den Stamm aus, die Iller bildet von Mittag her den rechten Arm, die Blau aber von Norden den linken, und Ulm steht gleichsam über dem Kreuze selbst angeheftet, und wie wir durch das Kreuz alles Gute empfangen und das Himmlische mit dem Irdischen verbunden wird, so werden durch Ulm mittelst des Flusses die Güter des Vaterlandes herbeigebracht und die Oberen mit den Unteren verbunden.
Denn da oberhalb Ulm die Donau lucht schiffbar ist, so ist sie fast unnütz, aber in Ulm durch die genannten Flüsse vermehrt, wird sie durch die Schiffahrt für Schwaben, Baiern und Östreich nützlich und fremde Waren werden auch abwechslungsweise zu Land herbeigeführt. Deswegen behaupten alle, welche Länder und Gewässer beschreiben, Ulm sei am Kopf der Donau; denn sie sind der Ansicht, daß die Donau da anfange, wo sie anfangt nützlich und schiffbar zu sein. Nach diesen Schriftstellern nun führe ich an, daß, solange Schwaben, Baiern und Östreich bewohnt wurden, so lange Ulm eine Stadt war; delm als Haupt eines solchen Flusses, von dem die genannten Länder beschützt werden, konnte nicht ohne Stadt sein; da die Menschen von Anfang an in Verbindung mit einander gestanden sind, darum wurde mit Rücksicht auf diese Verbindung für das Zusammen-
1) Auf dem Weinhof, wo jetzt das Schwörhaus steht.
ziehen und die Bedürfnisse der Menschen an diesem Ort von Anfang an eine Stadt erfordert. Ein anderes Zeichen ihres Alters ist das Zusammentreffen öffentlicher Wege und Straßen. Es liegt nämlich Ulm gleichsam als Mittelpunkt eines Kreises, von dem aus die Wege wie die Linien oder Radien an jeden Punkt des Kreises d. h. der Welt gezogen erscheinen. Es ist aber bekannt, daß, solange es Menschen gegeben hat, diese durch die Länder wanderten, und so mußte es in Ulm, wo so viele Wege aus den Gegenden Alemanniens nach Italien und den andern Ländern zusammenlaufen, von Anfang an Wohnungen wenigstens als Herbergen für die Pilger an einem Ort gegeben haben, wohin die Menschen zu wandern begannen. Ein drittes Zeichen ihres hohen Alters ist das Alter ihrer Gebäude. Denn die Mauer der alten Stadt ist sehr alt und dick, auch sehr fest aus Steinen zusammengefügt, von welchen die neueren Baumeister nicht wissen, aus welchen Gegenden sie stammen: so ist die Kirche des heiligen Kreuzes sehr alt und die Kapelle des hl. Georgius und des hl. Ägidius und das Hans des alten Stadtpfarrers und mehrere andere Gebäude beweisen das Alter der Stadt. - (pag. 17) Der vierte Beweis für das hohe Alter liegt in der Auffindung von Mauern und menschlichen Gebeinen.
Denn fast überall in der Stadt findet man, wenn man gräbt, Mauern und an vielen Stellen Gebeine Verstorbener, aus denen man vermuten kann, daß daselbst Kirchen gestanden seien. So wollte in der Nähe des Neuentors, oben auf der linken Seite, im vorigen Jahr ein Weber ein unterirdisches Gemach graben, wie es das Handwerk erfordert, und fand bei dieser Arbeit einen erstaunlichen Haufen Knochen. So fand man im Spital, als man grub zur Aufstellung von Säulen, das Gewölbe einer Stube zu tragen, eine große Masse Knochen, auch anderwärts an sehr vielen Orten, aber auch an dem Abhang und der Stelle, wo die Metzgerhäuser sind, und oben, wo jetzt eine Straße unten am Markt ist, durch welche man zum Herdbruckertor geht, werden sonderbare Gewölbe und unterirdische Gemächer aufgefunden, in denen einst Münzen geschlagen worden sein sollen. - Der fünfte Beweis ist wirksam, um das Alter der Stadt darzulegen. Denn als die Ulmer im Jahr des Herrn 1348 die Juden verbrannt hatten und ihre Habe durchsuchten, fanden sie einen Brief, der zur Zeit Christi von Jerusalem an die Juden in Ulm geschickt worden war und folgenden Inhalt hatte:
«Den jüdischen Brüdern jenseits des Meeres im Schwabenland in der Stadt Ulm senden die Brüder in Jerusalem und im jüdischen Lande Gruß und guten Frieden. Von großer Trübsal befreit, sagen wir herzlichen Dank und verkündigen Euch, daß der ruchlose Verführer Jesus von Nazareth, der Sohn Josephs, aus der Welt geschafft sein wird. Denn, da wir seine Schmähungen und Lästerungen nicht länger ertragen konnten, brachten wir die Anklage »gegen ihn vor den Landvogt. Als dieser unsere Gründe gehört und Mitgefühl für unser Unglück hatte, ließ er ihn hart züchtigen, kreuzigen und töten, wie er es verdiente, und auch seine Jünger zerstreuen. Lebet wohl."
Und noch heute bekennen die Juden, daß sie einen solchen Brief haben. Überdies sind es nicht viele Jahre, daß auf dem Kirchhof der minderen Brüder (Franziskaner) weit unter der Erde ein mit hebräischen Buchstaben beschriebener Stein gefunden wurde; ein Jude aber, der herbeigeführt wurde, um die Schrift zu lesen, sagte, jener Stein sei die Inschrift eines jüdischen Grabes gewesen und diese Schrift sei vor dem Tode Christi geschrieben worden. Dies habe ich von glaubwürdigen Männern gehört (pag. 18), die es von ihren Vorfahren gehört haben, und
es steht dem nicht der Einwurf entgegen, die Juden seien in der erwähnten Zeit noch nicht durch und Vespasianus zerstreut gewesen. Dies ist wahr;
doch waren sie ost vorher in allen Ländern zerstreut gewesen, und einige von ihnen wollten auch nach erhaltener Erlaubnis nicht in ihr Land zurückkehren;
und so blieben immer in den Ländern Juden, und wenn sie heute die Erlaubnis bekämen, nach Jerusalem zurückzukehren, würden die meisten, wenn ihnen die Wahl gelassen würde, zurückbleiben oder sogar wieder zurückkehren;
denn den Reichtum, den sie hier besitzen, würden sie nicht finden, weshalb sie oft nach ihrer Zurückberufung in das heilige Land von selbst in die Länder zurückkehrten, in denen sie geboren worden waren.
Das sechste Zeichen des Alters der Stadt Ulm ist das offenbarste. Denn Karl der Große, der ums Jahr 800 lebte, schenkte die königliche villa Ulm dem Kloster Au (Reichenau) und das sind jetzt beinahe 700 Jahre. Es ist aber offenbar, daß Ulm vor Karl etwas Großes gewesen ist, nicht eine villa in dem Sinn, wie wir von Villa sprechen, indem wir Wohnungen mit Strohdächern ohne Mauern villas (Dörfer) nennen, sondern wie die Franzosen voll Villen sprechen, indem sie die größten und festesten Städte Villen nennen, und das wird gemeint, wenn in der vorgenannten Karolina die Stadt eine königliche villa genannt wird.
Der siebente Beweis liegt in der Zeit der Errichtung der Pfarre zu Allerheiligen. Daher irren diejenigen, welche glauben, Ulm sei eine neue Stadt, während sie doch älter ist als viele alte, wie von Eßlingen bekannt ist, das als alte Stadt angesehen wird, während doch Friedrich der Erste sie mit einer Mauer umgab, der lange nach Karl dem Großen lebte.
Das letzte Zeichen ihres hohen Alters ist die Art ihres Baues; denn die alten Städte wurden im Kreis gebaut, und alles geräuschvolle ging außerhalb der Städte vor sich; und so war es in allem mit dem alten Ulm, wie im Folgenden zu ersehen sein wird.