Schon bei der Bearbeitung der ersten Auflage meines Handbuches der Drogisten-Praxis reifte bei mir der Entschluss, diesem ersten, in der Hauptsache dem Theoretischen gewidmeten Bande, einen zweiten, in sich abgeschlossenen und daher völlig selbstständigen Theil anzufügen, der sich nur mit der Praxis befasst; mit anderen Worten, ein möglichst vollständiges Vorschriftenbuch für Drogisten.
Ueberhäufung mit anderweitigen Arbeiten, und eine gewisse Scheu vor dieser, wenn gewissenhaft ausgeführt, sehr schwierigen Aufgabe, hat die Ausführung meines damaligen Vorsatzes bis heute verzögert. Dazu kam noch, dass gerade in diese Zeit die Herausgabe des Dieterich'schen Manuals fiel, eines vorzüglichen Werkes, welches überall bestrebt ist, den Forderungen des modernen Lebens Rechnung zu tragen. Die rasche Aufeinanderfolge der verschiedenen Auflagen zeigte so recht, welches Bedürfniss für ein derartiges Buch vorhanden war. Aber jemehr ich mich mit der Durchsicht der verschiedenen Auflagen beschäftigte, desto klarer wurde mir, dass dieses an und für sich vorzügliche Werk doch nicht den Anforderungen entspricht, welche an ein Vorschriftenbuch für Drogisten zu stellen sind.
Wir müssen die uns interessirenden Vorschriften aus einer Ueberfülle medizinischer Präparate, die für uns, weil dem freien Verkehr entzogen, kein Interesse haben, heraussuchen. Und gerade die Abtheilungen, welche den grössten Werth für Drogisten haben, wir erinnern an Lacke, Kosmetika, Parfümerien, Essenzen u. a. m., sind nur knapp oder auch gar nicht behandelt. Das Buch ist eben voll und ganz das, was sein Titel sagt, ein «pharmazeutisches» Manual.
Wohl giebt es nun für jene oben angeführten Abtheilungen eine grosse Zahl sog. Rezept-Taschenbücher; aber gerade diese entsprechen nur sehr selten den praktischen Bedürfnissen des Drogisten. Theils
sind sie mehr für die Grossfabrikation berechnet, theils aber, und das ist der gewöhnliche Fall, widmen sie der Beschreibung der Rohstoffe, welche bei der Fabrikation in Anwendung kommen, einen so überwiegenden Theil ihres Inhaltes, dass die Ausbeute an für uns brauchbaren Vorschriften, selbst bei einem stärkeren Bande, oft eine sehr geringe ist. Die Kenntniss der Rohstoffe aber muss bei einem Drogisten vorausgesetzt werden oder, wenn er sich über die Natur eines derselben speziell unterrichten will, so geschieht dies am besten durch Nachschlagen der eigenen Fachliteratur.
Alle diese Gründe haben mich veranlasst, den Versuch zu wagen, ein solches, speziell für den Drogisten gedachtes Vorschriftenbuch zu bearbeiten. Ob mir dieser Versuch schon beim ersten Anlauf gelungen ist, muss ich der nachsichtigen Beurtheilung meiner Fachgenossen überlassen. Die Versicherung wenigstens kann ich geben, dass das Werkchen mit Gewissenhaftigkeit und Fleiss ausgearbeitet ist; weitaus die grösste Zahl der Vorschriften ist von mir selbst durchgeprüft und die Erfahrungen vieler Jahre sind in dem Buche niedergelegt.
Den Ideen der ersten Abtheilung meiner Drogisten-Praxis entsprechend, habe ich auch hier das Theoretische der Darstellungsweisen überall berücksichtigt und dem Buche, als einem Nachschlagebuche, auch manche Vorschrift oder Besprechung eingefügt, welche keinen eigentlichen Handverkaufsartikel betrifft, deren Kenntniss aber dennoch für den Drogisten, als häufiger Berather in technischen Fragen, nützlich und daher auch von pekuniärem Vortheil sein kann.
Es bleibt mir nun noch übrig, einiges über die Anordnung des Stoffes zu sagen. Ich habe diesen, wie das nachfolgende Inhaltsverzeichniss zeigt, der besseren Auffindung halber, in Gruppen geordnet und von einer nur alphabetischen Anordnung der Vorschriften abgesehen. Ich halte es für weit praktischer und das Aufsuchen bedeutend erleichternd, wenn man z. B. sämmtliche Ungeziefermittel in eine Gruppe vereinigt, als wenn man, wie dies bei einer alphabetischen Anordnung der Fall ist, die Pulver an dieser, Pillen oder Latwergen an jener Stelle suchen muss.
Und so übergebe ich denn dieses Buch meinen Fachgenossen in der Hoffnung, auch mit ihm einen kleinen Beitrag zur Hebung des Standes geschaffen zu haben.
Hamburg-Eppendorf, August 1891.
G. A. Buchheister.