gebunden, es entscheidet nach freiester Ueberzeugung auf Grund des erörterten Thatbestandes. Je nach dem Ergebniss spricht es den Beklagten frei, erhöht oder erniedrigt die polizeilich oder amtsrichterlich festgestellte Strafe.
Auch wenn der Schöffengerichtsverhandlung keine Strafverfügung vorausging, muss der Angeklagte im Termine persönlich erscheinen oder sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Rechtsanwalt vertreten lassen.
Das Urtheil der Schöffengerichte vermag der Angeklagte durch das Rechtsmittel der Berufung anzufechten. Dieselbe muss bei dem Gerichte erster Instanz (Amtsgericht) binnen einer Woche nach Verkündigung des Urtheils zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder schriftlich erhoben werden. Geschah die Verkündigung des Urtheils nicht in Anwesenheit des Angeklagten, dann beginnt diese Frist mit der Urtheilszustellung zu laufen. Die rechtzeitige Einlegung der Berufung hemmt die Rechtskraft des Urtheils.
Nach Anmeldung der Berufung erhält der Angeklagte das Urtheil mit Gründen zugestellt. Demselben steht es frei, binnen einer weiteren Woche (seit Zustellung) entweder zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder in einer Beschwerdeschrift die Berufung zu rechtfertigen. (Die verspätete Einlegung der Berufung führt dazu, dass das Gericht erster Instanz schon das Rechtsmittel als unzulässig verwirft; hiergegen ist Beschwerde binnen einer Woche zulässig.)
Die Berufungsinstanz, das Landgericht, befasst sich sodann mit nochmaliger Aburtheilung der Sache, indem es die Hauptverhandlung anberaumt, den Angeklagten und die Zeugen etc. ladet, ersteren unter Hinweis auf die Folgen im Falle seines Ausbleibens. Neue Beweismittel jeder Art sind zugelassen. Nach der Beweisaufnahme hört das Gericht den Staatsanwalt, den Angeklagten und seinen Vertheidiger mit ihren Anträgen und Ausführungen; dem Angeklagten gebührt das letzte Wort.
Insoweit das Landgericht die Berufung für begründet erachtet, erkennt es in der Sache unter Aufhebung des früheren Urtheils selbst. Ist bei dem Beginne der Hauptverhandlung weder der Angeklagte noch ein Vertreter desselben erschienen und das Ausbleiben nicht genügend entschuldigt, so erfolgt, insoweit der Angeklagte die Berufung eingelegt, die sofortige Verwerfung derselben; insoweit die Staatsanwaltschaft die Berufung provozirt hat, ist über dieselbe zu verhandeln oder die Vorführung oder Verhaftung des Angeklagten anzuordnen.
Nur wenn der Angeklagte durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist, kann er (gegen die Verwerfung der Berufung) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand binnen einer Woche beantragen. Ein nur von dem Angeklagten (oder seinen Angehörigen) oder zu Gunsten desselben vom Staatsanwalt angefochtenes Urtheil darf nicht zum Nachtheil des Angeklagten abgeändert werden, eine Erhöhung der erstinstanzlichen Strafe ist solchenfalls nicht statthaft.
Die dritte Instanz bildet das Oberlandesgericht. Ein Urtheil, das durch das Rechtsmittel der Revision angefochten wird, gelangt am Oberlandesgericht zur nochmaligen Prüfung.
Der Revision unterliegen nur Urtheile, welche auf einer Verletzung des Gesetzes beruhen. Das Gesetz ist verletzt, wenn eine Rechtsnorm nicht oder nicht richtig angewendet wurde. Die rein thatsächliche Würdigung des Straffalles, insbesondere die Würdigung der erbrachten Beweise in Bezug auf die Beantwortung der Schuldfrage ist der Prüfung des Revisionsrichters entzogen. Das durch das Gericht erster Instanz bez. die Berufungsinstanz festgestellte, thatsächliche Ergebniss bleibt für das Revisionsgericht maßgebend und bildet die Grundlage seiner Entscheidung bei der rechtlichen Beurtheilung des Straffalles. ¶
Die verletzte Strafnorm kann entweder dem Prozessrechte (Verfahren) oder dem materiellen Rechte angehören. Die Verletzung einer prozessualischen Vorschrift kann in der gänzlichen Unterlassung einer vorgeschriebenen Prozesshandlung, sowie in einer fehlerhaften oder mangelhaften Vornahme derselben liegen.
Die Revision muss bei dem Gericht, dessen Urtheil angefochten wird (also Landgericht), binnen einer Woche nach Verkündigung des Urtheils zu Protokoll des Gerichtsschreibers oder schriftlich eingelegt werden.
Die rechtzeitige Einlegung der Revision hindert die Rechtskraft des Urtheils. Dem Revisionsantrag folgt sodann die Revisionsbegründung; aus derselben muss hervorgehen, ob das Urtheil wegen Verletzung einer auf das Prozessverfahren bezüglichen Rechtsnorm oder einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. (Die Einwendung, dass die Strafe zu hoch sei, giebt z. B. keinen Revisionsgrund. ) Die Revisionsanträge und deren Begründung sind spätestens binnen einer weiteren Woche nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels oder, wenn zur Zeit das Urtheil noch nicht zugestellt war, nach dessen Zustellung beim Landgericht anzubringen.
Seitens des Angeklagten kann dies nur in einer von dem Vertheidiger oder einem Rechtsanwalte unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll des Gerichtsschreibers geschehen. Die Beibringung einer Vollmacht des Anwaltes wird nicht gefordert. Die Unterzeichnung der Revisionsbegründung durch einen Anwalt soll die Einreichung völlig unberechtigter und unverständlicher Anträge verhindern. Verspätetes, nicht formgerechtes Anbringen der Revision oder der Revisionsanträge hat die Verwerfung des Rechtsmittels zur Folge.
Ist die Form gewahrt, dann schreitet das Revisionsgericht zur Prüfung der Sache. Es benachrichtigt den Angeklagten oder auf dessen Verlangen den Vertheidiger von dem Tage der Hauptverhandlung, der Angeklagte kann in dieser erscheinen (er braucht es aber nicht) oder sich vertreten lassen. Staatsanwalt und Vertheidiger führen auch hier das Wort, das letzte Wort gebührt dem event. anwesenden Angeklagten. Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urtheil aufzuheben mitsammt den thatsächlichen Feststellungen.
Erfolgt die Aufhebung des Urtheils nur wegen Gesetzesverletzung, bei Anwendung des Gesetzes auf die dem Urtheile zu Grunde liegenden Feststellungen, so hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden, sofern ohne weitere thatsächliche Erörterungen nur auf Freisprechung oder auf Einstellung oder auf eine absolut bestimmte oder niedrigste Strafe zu erkennen ist. In anderen Fällen ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht, dessen Urtheil aufgehoben wurde, oder an ein demselben Bundesstaate angehöriges benachbartes Gericht gleicher Ordnung zurückzuweisen. Das neue Urtheil darf, wenn der Angeklagte oder der Staatsanwalt zu Gunsten desselben die Revision beantragt, keine härtere Strafe, als in der ersteren erkannt, verhängen.
Es kann auch der Fall vorkommen, dass eine Uebertretung der Kaiserl. Verordnung vom in erster Instanz nicht vor dem Schöffengericht, sondern gleich vor dem Landgericht zur Verhandlung gelangt. Diese Möglichkeit ist gegeben, wenn mit dem verbotenen Arzneimittelhandel noch gleichzeitig ein anderes Vergehen, das zur Kompetenz der Landgerichte gehört, verknüpft ist. Es verkauft z. B. Jemand einen Magenbitter als Heilmittel, der gleichzeitig gesundheitsschädlich ist, so dass zunächst ein Verstoss gegen die Verordnung vom und ausserdem noch ein Vergehen gegen das Nahrungsmittelgesetz vorliegt u. s. w. Unter diesen Voraussetzungen fällt die Berufungsinstanz fort, da gegen ein landgerichtliches Urtheil nur die Revision an das Reichsgericht zulässig erscheint. ¶