Für den thierischen Organismus ist die Stärke
nur ein indirektes, nicht plastisches Nahrungsmittel. Sie ist wie alle sog.
Kohlenhydrate, das eigentliche Feuerungsmaterial, welches die für den Körper nöthige Wärme hervorruft. Fehlen bei der
Nahrung die richtigen Mengen an Kohlenhydraten, so werden dieselben dem thierischen Organismus selbst entnommen und dieser
magert ab. Werden sie dagegen in reichlicher Menge zugeführt, so findet eine starke Fettablagerung statt
(Mästung der Thiere).
In chemischer Beziehung verhalten sich die verschiedenen Stärke
arten ziemlich gleich, sie sind in kaltem Wasser, Alkohol,
Aether, Chloroform vollständig unlöslich, in Wasser von 70-80° C. dagegen quellen die Körner auf, es bildet sich
sog. Kleister und ein kleiner Theil der Stärke
geht in Lösung über. Wird der Stärkekleister
anhaltend gekocht, namentlich bei höherer Temperatur oder unter Zusatz kleiner Mengen Mineralsäuren, so entsteht zuletzt
eine vollständig klare Lösung, indem sich Dextrin und nachher Glycose bildet. Gleiche Vorgänge treten ein durch die Einwirkung
des Magensaftes bei der Verdauung und bei der Gegenwart von Hefezellen. Bringt man Stärke
mit wässeriger
Jodlösung in Berührung, so färbt sie sich blau.
In der äussern Form unterscheiden sich die verschiedenen Stärke
mehlkörper vielfach ganz charakteristisch. Es sind sogar
häufig die Stärke
körner ein und derselben Pflanze verschieden, je nach den Organen, von denen sie
entnommen sind. Daher ist denn auch die äussere Form, welche sich allerdings nur durch ein kräftiges Mikroskop erkennen
lässt, das einzige sichere Unterscheidungszeichen für die einzelnen Sorten.
Die Darstellungsweise ist im Grossen und Ganzen stets die gleiche. Die Gewebe werden zerkleinert und zerrissen; die Stärke
durch Auswaschen und Abschlämmen abgesondert.
Die Rückstände finden noch Verwendung theils als Viehfutter, wie bei den Kartoffeln etc., theils zur menschlichen Nahrung wie bei dem Weizen, wo der als Nebenprodukt gewonnene Kleber zur Darstellung von Nudeln und Maccaroni dient.
Die verschiedenen Stärke
sorten haben eine sehr grosse technische und kommerzielle Bedeutung; medizinisch wichtig ist
nur eine derselben, das Arrow Root. Unter diesem Namen kommen allerdings ganz verschiedene Stärke
mehle, dargestellt aus
den Wurzeln verschiedener tropischer Pflanzen, in den Handel. Man unterscheidet westindisches, ostindisches und Brasil Arrow
Root.
Amylum marantae, westindisches Arrow Root, ist das eigentliche echte A. oder Pfeilwurzelmehl. Es wird aus den fleischigen, mehligen Wurzelstöcken einer ursprünglich in Westindien heimischen, jetzt auch in Ostindien, West- und Südafrika kultivirten Maranthacee, Marantha arundinacea, bereitet. Die Wurzelstöcke werden sorgfältig gereinigt, so lange mit fliessendem Wasser gewaschen, bis dasselbe geschmacklos ¶
abfliesst, dann gequetscht und die Stärke
ausgeschlemmt. Nach dem Absetzenlassen werden die oberen gefärbten Schichten
entfernt, das Uebrige getrocknet und in Zinnbüchsen oder in mit Papier ausgelegten Fässern versandt. Das Pfeilwurzelmehl
ist matt- aber reinweiss, knirscht sehr stark unter den Fingern und giebt mit 100 Th. heissem Wasser einen fast
klaren, etwas bläulichen Schleim. Unter dem Mikroskop erscheinen die Körner rundlich oder breit eiförmig, von verschiedener
Grösse (kleiner als die Kartoffelstärke
), durchsichtig, mit wenig deutlichen Schichtungen, einen einfachen oder sternförmigen
Riss oder Kernpunkt zeigend. Die Handelssorten werden nach den Ursprungsländern oder den Hafenplätzen, von wo sie exportirt
werden, benannt, z. B. Bermuda-, St. Vincent-, Jamaica-, Barbados-, Demerara-,
Sierra-Leone-, Porte Natal-Arrow Root etc.
Ostindisches Arrow Root, auch Bombay- oder Malabar-Arrow Root genannt, wird aus den Wurzelstöcken verschiedener Kurkumaarten, namentlich Curcuma angustifolia und leucorhiza gewonnen. Das Pulver ist mattweiss, knirscht bedeutend schwächer und giebt einen reinweissen Kleister. Unter dem Mikroskop flacheiförmig oder länglich, an beiden Enden einen punktförmigen Kern und von hier ausgehende kreisförmige Schichten zeigend. Kommt von Bombay und Calcutta über England in den Handel und ist bedeutend billiger als die vorige Sorte.
Brasilianisches Arrow Root oder Cassava-Stärke kommt nur selten noch als solche, sondern meist in Form durchsichtiger Klümpchen, als Tapioca-Sago in den Handel. Die Cassava-Stärke bildet ein weissgraues, mattes, feines Pulver; die Körner sind rundlich oder eckig, ohne sichtbare Schichtung, mit einfachem Kernpunkt. Sie stammt von 2 südamerikanischen Euphorbiaceen, Manihot utilissima und M. janipha. Der Saft der grossen, rübenförmigen Wurzel ist, eines starken Blausäuregehaltes halber, sehr giftig. Die Blausäure wird durch Erwärmen entfernt und da sich hierbei die Stärkekörner leicht verändern, verarbeitet man sie gewöhnlich gleich zu Sago.
Weizenstärke (Amylum tritici) wird in Deutschland, namentlich in der Gegend von Halle, in grossen Massen bereitet, theils aus Weizenmehl, theils direkt aus gequellten, hinterher zerquetschten Weizenkörnern. Im ersten Falle wird der im Mehl enthaltene Kleister gewonnen und zu Nudeln oder Maccaroni verarbeitet; im letzteren Falle sind die Abfälle nur als Schweinefutter verwendbar. Unter dem Mikroskop erscheinen die Stärkekörnchen sehr verschieden gross, theils linsen-, theils nierenförmig; Kernpunkt und Schichtungen sind nur bei sehr starker (500 facher) Vergrösserung zu erkennen. Kleister weisslich mit bläulichem Schein. Die Weizenstärke kommt entweder als Stengel- oder Krystallstärke oder mit Ultramarin gebläut als Waschstärke, seltener in Pulverform als Kraftmehl in den Handel.
Kartoffelstärke wird namentlich in Schlesien, Pommern, der Provinz Sachsen in kolossalen Quantitäten hergestellt, von denen aber die weitaus ¶