Pyrmonter, Driburger, Rippoldsauer, Marienbader u. a. m. Alkalische Säuerlinge sind solche, welche neben der Kohlensäure mehr oder minder grosse Mengen von Alkali- oder Erdalkalicarbonaten enthalten. Salinische- oder Soolquellen heissen die, bei welchen das Kochsalz (Natriumchlorid) einen wesentlichen Bestandtheil ausmacht; z. B. Wiesbadener, Kissinger u. a. m. Die eigentlichen Soolquellen, d. h. Quellen mit sehr hohem Kochsalzgehalt, werden weniger zum innerlichen Gebrauch als zu Badezwecken benutzt; vielfach werden dieselben durch Eindampfen oder auch durch theilweises Ausscheiden des Kochsalzes konzentrirt und die so erhaltenen Rückstände als sog. Mutterlaugen in den Handel gebracht, z. B. Kreuznacher, Unnaer, Homburger u. a. m. Die salinischen Mineralquellen enthalten oft neben den Chloriden auch Jod- und Bromverbindungen, diese werden dann mit Jod- oder Bromquellen bezeichnet. Schwefelquellen sind solche, welche freien Schwefelwasserstoff, zuweilen auch Schwefelalkalien enthalten, hierher gehören Nauheimer, Aachener, Krankenheiler u. a. m. Bitterwässer endlich heissen die Quellen, bei welchen die Sulfate von Natrium und Magnesium, sowie die Chloride des letzteren einen Hauptbestandtheil bilden, z. B. Püllnaer, Saidschützer, Friedrichshaller, Ofener u. a. m.
Einzelne Quellen, denen trotzdem eine grosse medizinische Wirkung nicht abgesprochen werden kann, enthalten so geringe Mengen mineralischer Bestandtheile, dass ihre Wirkung fast räthselhaft erscheint; hierher gehören Pfäffers und Gastein. Vielleicht ist ihre Wirksamkeit gerade durch die fast absolute Reinheit des Wassers von mineralischen Beimengungen bedingt; derartige Quellen heissen indifferente.
Früher wurde die Füllung der natürlichen Mineralwässer in die Versandgefässe (Krüge oder Flaschen) auf die aller einfachste Art bewerkstelligt, indem man die Gefässe im Quellbassin untertauchte, volllaufen liess und dann mit der Hand verkorkte. Hierbei ging selbstverständlich eine grosse Menge Kohlensäure verloren, und die Haltbarkeit des Wassers verringerte sich, indem nur durch die freie Kohlensäure die Löslichkeit der Carbonate der Erdalkalien und des Eisens bedingt wird. Seitdem man diese Verhältnisse erkannt hat, werden vielfach auch die natürlichen Mineralquellen mit künstlich zugeführter Kohlensäure gesättigt, und dann unter Verschluss, wie bei den künstlichen Mineralwässern, auf Flaschen gefüllt. Man erreicht hierdurch Dreierlei. Erstens wird das Wasser haltbarer, zweitens wohlschmeckender und drittens heilsamer, da die freie Kohlensäure anregend auf die Thätigkeit des Magens wirken soll.
Seit den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts als die quantitative Analyse immer grössere Fortschritte machte, so dass man die Bestandtheile der Mineralquellen genau feststellen konnte, hat man die Nachbildung derselben auf künstlichem Wege begonnen. Diese Fabrikation, zuerst von Apotheker Struve und J. Soltmann eingeführt, hat sich allmälig zu einem grossartigen Industriezweig entwickelt. Man hat sich übrigens nicht damit
begnügt natürlich vorkommende Mineralquellen nachzubilden, sondern hat ausser zahlreichen Luxuswässern, für besondere Heilzwecke eigene Zusammensetzungen konstruirt. Wir erinnern an pyrophosphorsaures Eisenwasser, Dr. Ewichs
Hämorrhoidalwasser, Dr. Erlenmeiers Bromwasser u. a. m. Es liegt nicht im Rahmen unseres Werkes eine genaue Beschreibung der Mineralwasser-Fabrikation zu liefern, wir wollen dieselbe nur in kurzen Umrissen skizziren. Sie zerfällt in drei verschiedene Operationen, erstens die Entwickelung der Kohlensäure, zweitens die Imprägnirung des Wassers mit Kohlensäure und drittens das Abfüllen auf Flaschen oder Siphons.
1. Entwickelung der Kohlensäure. Diese geschieht durch Zersetzung kohlensaurer Alkalien oder Erdalkalien mittelst Schwefel- oder Salzsäure. Man verwendet hierzu jetzt fast allgemein die natürlich vorkommende kohlensaure Magnesia (sog. Magnesit, der namentlich in Schlesien in der Gegend von Frankenstein gebrochen und von dort in
^[Abb: Fig. 183. Kohlensäure-Entwickler. R Kohlensäure-Entwicklungs-Gefäss. r Kurbel der Rührwelle. a Verschraubung für die Ausleerung des Entwicklers. e Verschraubung für die Beschickung des Entwicklers mit Magnesit und Wasser. S Schwefelsäuregefäss. c Rohr zur Ausgleichung des Drucks im Entwickler und Säuregefäss. w Erstes Waschgefäss. g und n Ableitungsrohre für die Kohlensäure.]
gemahlenem Zustände in den Handel gebracht wird) und zersetzt durch englische Schwefelsäure; hierbei fällt als Nebenprodukt Magnesiumsulfat ab. In früheren Zeiten wurde vielfach Kreide, als billigstes Material, zur Kohlensäurebereitung benutzt, doch traten hierbei noch zwei Uebelstände hervor; einmal die massenhafte Bildung von Gyps, da man Salzsäure aus praktischen Gründen nicht gut zur Zersetzung benutzen kann, und dann war zweitens die gewonnene Kohlensäure von so unangenehmem Geruch, dass die hiermit bereiteten Mineralwässer fast immer einen Beigeschmack hatten. In allen besseren Mineralwasser-Fabriken arbeitet man daher schon lange nur mit Magnesit und Schwefelsäure; die hierbei gewonnene Kohlensäure ist sehr rein und frei von Geruch.
Die Apparate, welche man zur Entwickelung der Kohlensäure benutzt, sind sehr verschiedener Natur, alle jedoch bestehen aus drei Theilen erstens dem Schwefelsäuregefäss, zweitens dem mit Rührvorrichtung versehenen Entwickler, in welchem durch den allmäligen Zufluss von Schwefelsäure, das mit heissem Wasser angerührte Magnesitmehl zersetzt wird, und drittens den Waschflaschen, gewöhnlich vier an der Zahl, in welchen, unter Zusatz geeigneter Chemikalien, die Kohlensäure vollständig gereinigt wird. S. Abbildung.
In der ersten Waschflasche fügt man dem Wasser etwas Natriumcarbonat zu, um etwa übergerissene Spuren von Schwefelsäure zu neutralisiren; in die zweite Waschflasche kommt eine dünne Lösung von Eisenvitriol zur Entfernung von atmosphärischer Luft; in die dritte eine Lösung von Kaliumpermanganat zur Entfernung etwa vorhandenen Geruches, und in die vierte reines Wasser. Aus der letzten Flasche gelangt die Kohlensäure, mittelst Rohrleitung entweder direkt in das Mischgefäss, oder, wie dies bei allen besseren und grösseren Fabriken der Fall ist, unter eine schwimmende Gasometerglocke, von wo sie mittelst besonderem Pumpwerk in das Mischgefäss gepresst wird.
Seit einigen Jahren, nachdem die Darstellung der flüssigen Kohlensäure im Grossen gelungen ist, hat der Mineralwasser-Fabrikant nicht mehr unbedingt nöthig sich die Kohlensäure selbst darzustellen, sondern er kann hierzu die zu sehr mäßigen Preisen in den Handel kommende, komprimirte, flüssige Kohlensäure benutzen. Hierdurch vereinfacht sich die Fabrikation ganz bedeutend, indem die theueren und der Abnutzung am meisten unterworfenen Entwickler, sowie die grossen Gasometerglocken und das Pumpwerk gänzlich fortfallen. Der Fabrikant hat nur nöthig die eisernen Cylinder, welche die flüssige Kohlensäure enthalten, mit dem Mischgefäss in Verbindung zu setzen; besondere, höchst sinnreich konstruirte Hähne ermöglichen es dann, das Wasser unter jedem beliebigen Druck mit Kohlensäure zu sättigen.
2. Imprägnirung des Wassers mit Kohlensäure. Hierzu benutzt man kupferne aus zwei Hälften bestehende und mittelst Flanschen zusammengeschrobene Hohlgefässe, entweder von Kugelform oder länglich
oval. Diese Gefässe, welche vorher auf einen Druck von mindestens 15 Atmosphären geprüft sein müssen, sind mit einer Rührwelle mit durchlöcherten Rührschaufeln versehen. In diesem Mischcylinder, der innen stark verzinnt, wird das reine Wasser und die zur Zusammensetzung des Mineralwassers nöthigen Salzlösungen eingefüllt, dann die atmosphärische Luft bei geöffnetem Hahn durch zuströmende Kohlensäure verdrängt. Jetzt wird die Einfüllöffnung geschlossen, etwa 1/5 des Wassers durch den unteren Hahn abgelassen, dann dieser ebenfalls geschlossen und nun das Wasser durch fortwährendes, stossweises Drehen der Rührwelle mit Kohlensäure bis zu dem gewünschten Druck (2-10 Atmosphären) gesättigt.
Für Mineralwässer rechnet man gewöhnlich 2-3. für Luxuswässer 3-5 und nur zum Abfüllen der Siphons bedarf man einen höheren Druck von 8-10 Atmosphären. Jetzt ist das Wasser zum Abziehen auf Flaschen fertig. Eine Hauptbedingung für die Darstellung haltbarer Fabrikate, ist die gänzliche Entfernung aller atmosphärischen Luft aus dem Apparat und dem angewandten Wasser; dieses lernt der praktische Arbeiter nur durch Erfahrung. Für alle medizinischen Wässer ist stets reines destillirtes Wasser zu verwenden; für Luxuswässer dagegen steht der Benutzung von völlig klarem, gutem Quell- oder Brunnenwasser nichts entgegen.
3. Das Abfüllen auf Flaschen oder Siphons. Diese Arbeit ist keine so ganz einfache, wie es auf den ersten Blick scheinen möchte, doch hat die Technik eine ganze Reihe zum Theil höchst sinnreicher Apparate konstruirt, die das Abfüllen unter Druck und ohne Verlust von Kohlensäure und Wasser ermöglichen. Auch hier ist wieder die Aufgabe, aus den Gefässen die atmosphärische Luft nach Möglichkeit zu entfernen; es geschieht dies durch abwechselndes Einströmenlassen des mit Kohlensäure übersättigten Wassers und Abblasenlassen der atmosphärischen Luft aus den Gefässen; dies wird abwechselnd fortgesetzt, bis das Füllen der letzteren in gewünschter Weise erfolgt ist. Der Arbeiter drückt die Flasche mittelst Tritthebels gegen den Gummiring des Abflusshahnes, der nach oben durch die Korkvorrichtung verschlossen ist; sobald die Flasche in der oben angegebenen Weise genügend gefüllt, wird der Kork durch den Druck auf den Hebel an der Korkmaschine in den Flaschenhals hineingezwängt, die Flasche wird nun durch Lüften des Tritthebels entfernt, dann verdrahtet, etikettirt und ist endlich zum Verkauf fertig.
Sollen statt des Korkens andere Verschlussarten, wie Kugel- oder Patentverschluss angewandt werden, so muss die Füllvorrichtung selbstverständlich eine andere Einrichtung erhalten. Nach des Verfassers Erfahrungen, der lange Jahre Besitzer einer Mineralwasser-Fabrik war, ist aber der Korkverschluss, bestes Korkmaterial vorausgesetzt, der am meisten zu empfehlende und praktischste.
Bevor man anfing die Luxuswässer auf ganz kleine, nur ein Glas enthaltende Flaschen zu füllen, trat vielfach der Uebelstand hervor, dass der letzte Rest der angebrochenen Flache schaalschmeckend wurde, um
dies zu vermeiden, erfand man die bekannten, höchst sinnreich konstruirten Siphons, bei welchen das Wasser bis zuletzt unter starkem Kohlensäuredruck bleibt und vermöge dieses Drucks beim Oeffnen des Ventils aus dem Hahn des Siphons abfliesst. Doch auch die Siphons leiden unter mancherlei Uebelständen, deren Erörterung hier zu weit führen würde. Das Füllen derselben ist ein ziemlich umständliches und schwer zu beschreibendes.
Die nebenstehende Abbildung wird den Vorgang am besten erklären.
Sowohl beim Füllen der Flaschen wie der Siphons kommt namentlich bei neuen Gefässen ein häufiges Zerspringen derselben vor; es ist deshalb nöthig, dass der Arbeiter durch besondere Schutzvorrichtungen vor den umhergeschleuderten Glassplittern geschützt wird. Gewöhnlich benutzt man dazu drehbare Körbe aus starkem Eisendraht, welche beim Füllen die. Flaschen oder Siphons umschliessen.
Mit der Fabrikation von Mineralwässern ist fast immer auch diejenige anderer Luxusgetränke, namentlich der sogen. Brauselimonaden verbunden. Hierbei wird zuerst im Mischgefäss reines Wasser mit Kohlensäure imprägnirt und mit diesem dann die Flaschen, in welche vorher eine bestimmte Menge Limonadensaft eingemessen ist, vollgefüllt. Ueber die Bereitung der Limonadensäfte siehe Buchheisters Praxis II. Vorschriftenbuch. Auch bei Bereitung der Brauselimonaden ist, wenn man ein tadel-
^[Abb: Fig. 184. Siphon-Füll-Apparat. S Siphon. M Mantel. A Abfüllhahn. T Tritthebel. w Kautschukschlauch. v Kautschukschlauch am Pistonhalter. s Stellring für die Trittvorrichtung.]
freies Fabrikat erzielen will, die peinlichste Sorgfalt auf die Entfernung der atmosphärischen Luft zu verwenden.
Hydrogénium hyperoxydátum. Wasserstoffsuperoxyd.
H2O2 .
Das Wasserstoffsuperoxyd des Handels ist eine mehr oder minder starke Lösung desselben in Wasser. Sie stellt eine farb- und geruchlose Flüssigkeit von eigenthümlich herbem, etwas bitterlichem Geschmack dar. Lackmuspapier wird von ihr anfangs geröthet, dann gebleicht. Bringt man feste Körper in dasselbe, so entwickeln sich Bläschen von freiem Sauerstoff; derselbe Körper entweicht, wenn man eine Lösung von Kaliumpermanganat hinzufügt.
Es wird bereitet, indem man in verdünnte, stark abgekühlte Schwefelsäure so lange Baryumhyperoxyd (s. d.) einträgt, bis alle Schwefelsäure ausgefällt ist. Den entstandenen schwefelsauren Baryt lässt man absetzen und säuert die Flüssigkeit, der besseren Haltbarkeit wegen, schwach an.
Anwendung. Als ausgezeichnetes Bleichmittel für Schwämme, Haare. Elfenbein etc.; medizinisch zum Spülen des Mundes, ferner bei Diphtherie und neuerdings auch als blutstillendes Mittel.
Es muss an kühlem, dunklem Orte in nicht zu grossen Flaschen aufbewahrt werden. Dem Lichte ausgesetzt zerfällt das Wasserstoffsuperoxyd in Wasser und Sauerstoff, ein Umstand, der beim Aufbewahren wohl zu berücksichtigen ist, da andernfalls die Flaschen leicht zersprengt werden. Man thut gut, nicht zu grosse und nicht zu fest verschlossene Flaschen anzuwenden.
Stickstoff. Nitrogenium.
N. 14.
Von den fünf Verbindungen des Stickstoffs mit Sauerstoff (s. chemische Einleitung) hat für uns nur die Salpetersäure und indirekt die Untersalpetersäure, als ein Bestandtheil der rauchenden Salpetersäure, Bedeutung. Das Stickoxydul N2O , auch Lach- oder Luftgas genannt, welches eine Zeit lang bei kleinen chirurgischen Operationen als Betäubungsmittel empfohlen wurde, wird kaum mehr als solches benutzt und ist auch nie ein eigentliches Handelsobjekt gewesen.
Acidum nitricum, Aqua fortis. +
Salpetersäure, Scheidewasser.
HNO3 .
Das Salpetersäure-Anhydrit N2O5 hat man neuerdings krystallinisch dargestellt; es ist aber ein äusserst gefährlicher Körper, welcher nur in zugeschmolzenen Glasröhren einige Zeit aufbewahrt werden kann, meist aber auch hier sehr bald unter Explosion in seine Bestandtheile zerfällt. Die käuflichen Säuren bestehen übrigens, selbst in ihren stärksten Sorten,
nicht aus reinem Salpetersäurehydrat, der obigen Formel entsprechend, sondern sie enthalten ausserdem noch verschiedene Mengen Wasser.
Acidum nitricum crudum. Rohe Salpetersäure, Scheidewasser. Farblose oder schwachgelbliche Flüssigkeit von eigenthümlichem, etwas stechendem Geruch und ätzend saurem Geschmack. Beim Verdunsten hinterlässt sie meist einen ganz geringen Rückstand. Ihr spez. Gew. schwankt zwischen 1,380-1,390 = 40° Bé., entsprechend einem Gehalt von 60-64 % Salpetersäurehydrat. Diese Säure heisst im Handel doppeltes Scheidewasser. Das sog. einfache Scheidewasser hat ein spez. Gew. von 1,210 = 25° Bé., entsprechend einem Gehalt von 34 % Salpetersäurehydrat. Es kommen jedoch im Handel zwischen diesen beiden Grenzen noch verschiedene andere Stärkegrade vor; namentlich eine Säure von 36° Bé. = 51-53 % Salpetersäurehydrat wird viel gehandelt; sie hat ein spez. Gew. von ca. 1,330.
Dies rohe Salpetersäure ist stets verunreinigt durch Spuren von Untersalpetersäure, Eisen, Schwefelsäure, zuweilen auch Salzsäure. Sie lässt sich von einzelnen dieser Beimengungen durch längeres Erwärmen auf- mäßige Temperatur befreien. Eine solche, theilweise gereinigte Säure, wie sie für viele Zwecke erforderlich ist, wird in einzelnen Fabriken bereitet und heisst gebleichte Säure.
Die rohe Salpetersäure wird fabrikmäßig in kolossalen Quantitäten dargestellt und zwar durch Erhitzen und Zersetzen von salpetersaurem Natron (Chili- oder Perusalpeter) mit Schwefelsäure. Die Operation geschieht in gusseisernen Retorten, welche, um sie den Einwirkungen der Säure zu entziehen, stets in Glühhitze erhalten werden müssen. Man wendet daher vielfach röhrenförmige, freiliegende Kessel an, welche rundumher von den Flammen bestrichen werden können.
Die sich entwickelnden Salpetersäuredämpfe werden in ein System von thönernen, mit zwei Oeffnungen versehenen Vorlagen geleitet, welche unter sich durch gebogene Thonröhren verbunden sind; die Salpetersäuredämpfe verdichten sich in diesen und die Säure wird von Zeit zu Zeit durch einen unteren Abflusshahn, welchen jede Vorlage besitzt, abgelassen. In der ersten Vorlage verdichtet sich die stärkste Säure; das Destillat wird um so schwächer, je weiter die Vorlage in dem System zurückliegt.
Will man nur schwache Säuren gewinnen, so wird noch etwas Wasser vorgeschlagen, oder die zur Zersetzung angewandte Schwefelsäure wird verdünnter genommen. Für die starken Säuren ist eine Schwefelsäure von mindestens 1,750 spez. Gew. nöthig. Rechnungsmäßig würde man zur Zersetzung von einem Atom salpetersauren Natrons auch nur ein Atom Schwefelsäurehydrat nöthig haben. In der Praxis werden aber zwei Atome der Letzteren angewandt, denn bei gleichen Atomen wird anfangs nur die Hälfte des Salpeters zersetzt und es entsteht Natriumbisulfat (doppeltschwefelsaures Natron). Bei noch höherer Temperatur setzt sich allerdings das Bisulfat mit dem Reste des Salpeters um in einfaches Natriumsulfat und freie Salpetersäure; diese
zerfällt aber bei so hoher Temperatur sofort in Untersalpetersäure und Sauerstoff. Um dies zu vermeiden, wird die Menge der Schwefelsäure, wie schon gesagt, verdoppelt; man erreicht hierdurch den weiteren Vortheil, dass der Retortenrückstand leicht flüssiges Natriumbisulfat ist, welches in der Färberei als sog. Weinsteinsurrogat vielfache Anwendung findet, während das einfache Natriumsulfat (Glaubersalz) einen so schwerflüssigen Rückstand liefert, dass es nur mit Mühe aus den Retorten entfernt werden kann.
Acidum nitricum fumans.
Rauchende Salpetersäure.
Sie bildet eine orangegelbe bis braunrothe Flüssigkeit von ca. 1, 500 spez. Gewicht. Sie stösst an der Luft dunkelrothe, erstickende Dämpfe aus und wird durch Erhitzen farblos. Sie wirkt noch ätzender und zerstörender als die gewöhnliche Salpetersäure und ist eine Lösung von Untersalpetersäure in stärkster Salpetersäure, wird daher von Manchen Acidum nitrosonitricum genannt. Ihre Bereitungsweise gleicht der der Vorhergehenden, nur werden hier gleiche Atome Salpeter und Schwefelsäurehydrat angewandt. Anfangs destillirt gewöhnliche Salpetersäure über und in dieser löst sich die im zweiten Theile der Operation entstehende Untersalpetersäure (s. oben) auf.
Acidum nitricum purum.
Reine Salpetersäure.
Klare, farblose Flüssigkeit von 1,153 spez. Gew., in 100 Theilen 25 Theile Salpetersäure enthaltend, mit Kupfer erwärmt, dasselbe unter Entwickelung gelbrother Dämpfe zu einer blauen Flüssigkeit lösend (Identitätsnachweis).
Mit fünf Raumtheilen Wasser verdünnt, darf Salpetersäure weder durch Schwefelwasserstoffwasser noch durch Silbernitratlösung verändert und durch Baryumnitratlösung innerhalb 5 Minuten nicht mehr als opalisirend getrübt werden (Abwesenheit von Metallen, Chlor und Schwefelsäure).
Wird die mit zwei Raumtheilen Wasser verdünnte Säure mit wenig
^[Abb: Fig. 185. A Gusseiserner Destillirkessel. B thönernes Ableitungsrohr für die Salpetersäuredämpfe. C u. E thönerne Wulf'sche Flaschen, D Verbindungsrohr.]
Chloroform geschüttelt, so darf letzteres, auch nach Zusatz eines in die Säureschicht hineinragendes Stückchen Zink, nicht violett gefärbt werden (Abwesenheit von Jod).
10 ccm der mit Wasser verdünnten Salpetersäure (1 = 10) dürfen durch Zusatz von 0,5 ccm Kaliumferrocyanidlösung nicht sofort verändert werden (Abwesenheit von Eisen).
Auf die Stärke wird durch das spez. Gewicht resp. durch Titriren mit Normalalkalilösung geprüft. Ihre Darstellung geschieht entweder durch Umsetzung von chemisch reinem Salpeter mittelst einer reinen, dünnen Schwefelsäure oder durch Reinigung der rohen Salpetersäure. Diese wird dabei aus Glasretorten destillirt und zwar unter Zusatz von gepulvertem Kalisalpeter, um die etwa darin enthaltenen Spuren von Schwefelsäure zu binden. Man destillirt nun langsam, bis sich keine rothen Dämpfe mehr im Retortenhals zeigen; jetzt prüft man das abfliessende Destillat durch Silbernitrat, ob es auch frei von Chlor ist. Sobald dieser Zeitpunkt eingetreten, wird eine reine Vorlage vorgelegt und so lange destillirt, bis etwa noch 1/10-1/12 in der Retorte rückständig ist. Das erhaltene, mittlere Destillat ist rein und wird jetzt bis zum gewünschten spez. Gewicht verdünnt.
Anwendung. Medizinisch nur höchst selten innerlich in sehr verdünnten Mischungen; äusserlich zu Fussbädern und zu Aetzungen; doch ist bei ihrer Anwendung zum Abätzen der Warzen die grösste Vorsicht nöthig, weil sonst leicht gefährliche Entzündungen im gesunden Fleisch dadurch entstehen. Weit grösser ist die Anwendung der reinen Säure im chemischen Laboratorium, theils zur Darstellung salpetersaurer Verbindungen (Silbernitrat etc.), theils als unentbehrliches Lösungs- und Oxydationsmittel.
Salpetersäure giebt sehr leicht Sauerstoff ab, ist daher auch ein in der Technik sehr häufig angewandtes Oxydationsmittel für alle möglichen Körper. Namentlich werden alle organischen Verbindungen sehr leicht durch sie verändert, theils einfach oxydirt zu sauerstoffreicheren, neuen Körpern, theils tritt die dabei entstehende Untersalpetersäure in die Verbindungen ein, indem sie an die Stelle von einem Mol. Wasserstoff tritt. Auf dieser Eigenthümlichkeit beruht die Darstellung einer ganzen Reihe technisch ungemein wichtiger Stoffe; wir erinnern nur an Nitrobenzol, Nitrotoluol, die Grundlagen für die Anilinfabrikation, ferner an die als Sprengstoffe so wichtigen Verbindungen: Nitroglycerin (Dynamit), Nitrocellulose (Schiessbaumwolle) etc. etc. Auch manche salpetersauren Metallsalze haben eine grosse technische Wichtigkeit. Ausgebreitet ist auch die Verwendung der Salpetersäure, resp. die der Untersalpetersäure bei der Schwefelsäurefabrikation (s. d.). Die meisten organischen Gebilde, wie thierische Haut, Holz etc., werden anfangs durch die Salpetersäure gelb gefärbt; es beruht dies auf der Bildung von Pikrinsäure (Anwendung in der Färberei und zum Holzbeizen); bei längerer Einwirkung werden sie dagegen gänzlich zerstört.
Bei dem Arbeiten mit Salpetersäure, namentlich der rauchenden, und des doppelten Scheidewassers ist in jeder Beziehung die grösste Vorsicht nothwendig; anhaltendes Einathmen von Salpetersäure- oder Untersalpetersäuredämpfen hat schon öfter den Tod herbeigeführt.
Uebergiessen von empfindlicheren Körpertheilen mit Salpetersäure ruft gefährliche Entzündungen hervor, wenn nicht sofort Gegenmittel angewandt werden; hierzu eignet sich am besten anhaltendes Waschen mit einem Brei aus Wasser und Natriumbicarbonat, Kreide oder Magnesia. Eine weitere Gefahr liegt in dem Umstände, dass Salpetersäure in Berührung mit organischen Körpern, wie Sägespähne, Stroh etc. eine so heftige Umsetzung bewirkt, dass die dabei entstehende Wärme unter günstigen Bedingungen sich bis zur Entzündung steigern kann.
Wird daher verschüttete Salpetersäure mit Sägespähnen aufgenommen, so sind die damit getränkten Spähne durch Wasser unschädlich zu machen oder sonst zu vernichten. Für den Eisenbahntransport hat daher die Behörde besondere Vorschriften erlassen (s. Anhang). Die Aufbewahrungsflaschen sind stets durch Glasstöpsel oder durch, solche aus gebranntem Thon verschlossen zu halten; wo dies, wie bei den Ballons, nicht immer angängig ist, kann man sie einigermaßen durch gut paraffinirte Korkstopfen ersetzen.
Tabelle über den Gehalt der wasserhaltigen Salpetersäure an wasserfreier Säure bei verschiedenen spez. Gewichten.
Spez. Gewicht | Säureprozente | Spez. Gewicht | Säureprozente | Spez. Gewicht | Säureprozente | Spez. Gewicht | Säureprozente |
---|---|---|---|---|---|---|---|
1,500 | 79,7 | 1,419 | 59,8 | 1,295 | 39,8 | 1,140 | 19,9 |
1,498 | 78,9 | 1,415 | 59,0 | 1,289 | 39,0 | 1,134 | 19,1 |
1,496 | 78,1 | 1,411 | 58,2 | 1,283 | 38,3 | 1,129 | 18,3 |
1,494 | 77,3 | 1,406 | 57,4 | 1,276 | 37,5 | 1,123 | 17,5 |
1,491 | 76,5 | 1,402 | 56,5 | 1,270 | 36,7 | 1,117 | 16,7 |
1,488 | 75,7 | 1,398 | 55,8 | 1,264 | 35,9 | 1,111 | 15,9 |
1,485 | 74,9 | 1,394 | 55,0 | 1,258 | 35,1 | 1,105 | 15,1 |
1,482 | 74,1 | 1,388 | 54,2 | 1,252 | 34,3 | 1,099 | 14,3 |
1,479 | 73,3 | 1,383 | 53,4 | 1,246 | 33,5 | 1,093 | 13,5 |
1,476 | 72,5 | 1,378 | 52,6 | 1,240 | 32,7 | 1,088 | 12,7 |
1,473 | 71,7 | 1,373 | 51,8 | 1,234 | 31,9 | 1,082 | 11,9 |
1,470 | 70,9 | 1,368 | 51,1 | 1,228 | 31,1 | 1,076 | 11,2 |
1,467 | 70,1 | 1,363 | 50,2 | 1,221 | 30,3 | 1,071 | 11,4 |
1,464 | 69,4 | 1,358 | 49,4 | 1,215 | 29,5 | 1,065 | 10,6 |
1,460 | 69,3 | 1,353 | 48,6 | 1,208 | 28,7 | 1,059 | 9,8 |
1,457 | 67,7 | 1,348 | 47,8 | 1,202 | 27,9 | 1,054 | 8,0 |
1,453 | 66,9 | 1,343 | 47,0 | 1,196 | 27,1 | 1,048 | 7,2 |
1,450 | 66,1 | 1,338 | 46,2 | 1,189 | 26,3 | 1,043 | 6,4 |
1,446 | 65,3 | 1,332 | 45,4 | 1,183 | 25,5 | 1,037 | 5,6 |
1,442 | 64,5 | 1,327 | 44,6 | 1,177 | 24,7 | 1,032 | 4,8 |
1,439 | 63,8 | 1,322 | 43,8 | 1,171 | 23,9 | 1,027 | 4,0 |
1,435 | 63,0 | 1,316 | 43,0 | 1,165 | 23,1 | 1,021 | 3,2 |
1,431 | 62,2 | 1,311 | 42,2 | 1,159 | 22,3 | 1,016 | 2,4 |
1,427 | 61,4 | 1,306 | 41,4 | 1,153 | 21,5 | 1,011 | 1,6 |
1,423 | 60,6 | 1,300 | 40,6 | 1,146 | 20,7 | 1,005 | 0,8 |
Die Verbindung des Stickstoffs mit Wasserstoff NH3 = Ammoniak schliesst sich in ihrem ganzen Verhalten, namentlich in Betreff der Ammoniumsalze so sehr an die Alkalimetalle an, dass wir die Ammonverbindungen bei den Alkalien behandeln werden.
Kohlenstoff. Carboneum.
C 12.
Ueber die Natur des Kohlenstoffs siehe chemische Einleitung. Die eine Modifikation des Kohlenstoffs, der Graphit, ist schon bei den Drogen aus dem Mineralreich behandelt worden, während die mehr oder minder reinen Kohlenstoffe, welche wir als schwarze Farben benutzen, bei diesem Abschnitt ihre Besprechung finden werden. Auch die sog. Holzkohle, entstanden durch unvollständige Verbrennung von Holz unter Abschluss der Luft, findet in gepulvertem Zustand, gewöhnlich mit Carbo tiliae, Lindenholzkohle bezeichnet, medizinische Verwendung zu Zahnpulvern u. a. m.
Die zahllosen Verbindungen des Kohlenstoffs mit Wasserstoff, Stickstoff und anderen Elementen, die ohne Ausnahme Produkte des pflanzlichen oder thierischen Lebens sind, finden ihre Einreihung in der IL Abth. der Chemikalienkunde. Nur die Verbindung des Kohlenstoffs mit Sauerstoff, die Kohlensäure, wird gewissermaßen als Uebergangsglied von der organischen zur anorganischen Chemie betrachtet. Sie findet sich in zahlreichen Mineralien und wird, wie wir bei der Besprechung der Bereitung künstlicher Mineralwässer gesehen haben, durch Zersetzung kohlensaurer Verbindungen mittelst einer stärkeren Säure abgeschieden. Die Kohlensäure, ein farbloses Gas, lässt sich durch starken Druck (bei 0° C. bedarf sie 36 Atmosphären) zu einer Flüssigkeit komprimiren; diese flüssige Kohlensäure beginnt allmälig ein wichtiger Handelsartikel zu werden, vor Allem für die Zwecke der Mineralwasserfabrikation. Die Verbindung des Kohlenstoffs mit Schwefel, Carboneum sulfuratum, siehe Schwefel und seine Verbindungen.
Chlorum. +
Chlorine, Chlor.
Cl 35,5.
Das Chlor ist bei gewöhnlicher Temperatur ein gasförmiges Element (zur Gruppe der Haloide gehörend) von grünlich gelber Farbe, 2 ½ mal schwerer als die atmosphärische Luft und von erstickendem Geruch. Durch Druck oder starke Kälte lässt es sich zu einer dunkelgelben Flüssigkeit verdichten. Wasser absorbirt bei +10° 3 Vol., bei +16° 1 ½ Vol. desselben. Das Chlorgas ist eingeathmet ein sehr gefährliches Gift; man schützt sich am besten durch ein vorgebundenes, mit Alkohol und ein wenig Ammoniak getränktes Tuch; auch einige Tropfen Spiritus aethereus eingenommen verschaffen Linderung.
Das Chlor kann auf sehr verschiedene Weise hergestellt werden; die gewöhnlichste ist die, dass man Salzsäure mit grobgekörntem Braunstein (Mangansuperoxyd) übergiesst und erhitzt; die Endprodukte der Umsetzung sind hierbei Manganchlorür, Wasser und Chlorgas.
Das Chlor für sich ist nicht als Heilmittel gebräuchlich, sondern wird höchstens zur Desinfizirung ex tempore bereitet, wohl aber eine Lösung desselben in Wasser als:
Aqua chlori, Aqua chloráta, Liquor chlori. **
Chlorwasser.
Klare, schwach gelblich grüne Flüssigkeit von unangenehmem, zusammenziehendem Geschmack und stechendem Geruch. Es bleicht Lackmuspapier und alle Pflanzenfarben. An der Luft verliert es fortwährend Chlorgas und zersetzt sich unter dem Einfluss des Sonnenlichtes in Salzsäure und freien Sauerstoff, indem es dem Wasser 1 Mol. Wasserstoff entzieht und sich damit zu Chlorwasserstoff verbindet. Es muss an dunklen, kühlen Orten in gut verschlossenen Flaschen aufbewahrt werden. Nur selten ist es ein Artikel des Handels, sondern wird fast ausschliesslich in pharmazeutischen Laboratorien durch Sättigung von kaltem Wasser mit Chlorgas hergestellt.
Anwendung findet es theils innerlich bei fieberhaften Krankheiten, auch bei Cholera wird es empfohlen; äusserlich zu Waschungen beim Biss giftiger Insekten und Thiere; dann aber auch technisch als Desinfektions- und Bleichmittel.
Von den Verbindungen des Chlors mit Sauerstoff (siehe chemische Einleitung) kommen für uns nur die unterchlorige Säure und die Chlorsäure, beide aber nur in Verbindung mit Basen, in Betracht. Wir werden dieselben daher bei den betreffenden Verbindungen kennen lernen. Desto wichtiger dagegen ist die Verbindung des Chlors mit Wasserstoff, die Salzsäure.
Acidum hydrochlorátum oder hydrochlóricum oder muriáticum. +
Salzsäure. HCl.
Die Salzsäure ist eine Auflösung von Chlorwasserstoffgas in Wasser: letzteres hat eine so grosse Affinität zu dem Chlorwasserstoff, dass es bei mittlerer Temperatur 475 Vol. desselben auflösen kann. Eine solche vollkommen gesättigte Lösung hat ein spez. Gew. von 1,160 = 22° Bé. und enthält etwa ein Drittel ihres Gewichtes an wasserfreiem Chlorwasserstoff. Man unterscheidet im Handel rohe und chemisch reine Säure.
Acidum hydrochloricum crudum (Spiritus salis), rohe Salzsäure. Klare, gelbliche, bis dunkel- oder grünlichgelbe Flüssigkeit von stechendem Geruch und stark saurem Geschmack. Sie stösst an der Luft weisse Dämpfe aus;
ihr spez. Gew. ist 1,150-1,160 = 20-22° Bé. Die
gelbe Färbung rührt von einem ziemlich starken Gehalt an Eisen her; ausserdem ist sie gewöhnlich durch Thonerde, Chlornatrium, Schwefelsäure, schweflige Säure, Chlor, häufig auch durch arsenige Säure verunreinigt; letztere rührt aus der Schwefelsäure her. Die rohe Salzsäure wird in so grossen Massen als Nebenprodukt bei der Sodafabrikation nach dem Leblanc'schen System (s. d. ) gewonnen, dass die Industrie trotz zahlreicher Anwendungen dieselbe kaum bewältigen kann.
Sie entsteht aus der Zersetzung von Chlornatrium (Kochsalz ©der Steinsalz) mittelst Schwefelsäure oder durch schweflige Säure und gleichzeitiger Zuführung atmosphärischer Luft und Feuchtigkeit. Die Umsetzung geschieht in grossen, gusseisernen Retorten; denn, wenn auch die Schwefelsäure, wie auch die Salzsäure das Eisen bei gewöhnlicher Temperatur stark angreifen, so ist dies doch wenig der Fall in der Rothglühhitze. Die entweichenden Chlorwasserstoffgase werden nun entweder durch ein langes System von Röhren mit abwechselnd dazwischen geschobenen, zur Hälfte mit Wasser gefüllten Kammern geleitet und zwar so, dass die verbindenden Röhren nicht in das Wasser eintauchen dürfen; das Gas streicht nur über das Wasser hin und wird von diesem begierig aufgenommen. Oder man leitet die Gase in ziemlich hohe und weite Thürme, welche unten mit einem Sandsteinrost versehen sind. Diese Thürme, Kondensatoren oder Gloverthürme genannt, sind mit Kokesstücken angefüllt, oben durch einen zweiten Sandsteinrost bedeckt, gewöhnlich auch in der Mitte durch eine senkrechte Scheidewand
^[Abb: Fig. 186. Fabrikation der rohen Salzsäure. A Sulfatflammenofen. B Ableitungsrohr für die Salzsäuredämpfe. C Rezipienten (Theil einer längeren Kolonne). D Gloverthurm. E Wasserzufluss für den Gloverthurm. F Abzugsrohr der letzten Salzsäuredämpfe. G Sammelbassin für die durch F abgeleitete Salzsäure. H Ballon.]