bei unmittelbarer Berührung, weshalb der Eintritt eines chemischen Vorganges dadurch begünstigt wird, dass die auf einander einwirkenden Stoffe flüssig oder gasförmig und deshalb beweglicher sind (Auflösen, Schmelzen, Verdampfen).
Auch wird die Affinität fast stets noch durch die Mitwirkung anderer Kräfte beeinflusst.
Wie jede chemische Vereinigung mit einer Wärmeentwickelung verknüpft ist, benutzt man vielfach die Wärmezufuhr, um chemische Zersetzungen, Umsetzungen und Vereinigungen zu veranlassen.
Ebenso können durch Einwirkung des Lichtes ebensowohl chemische Vereinigungen (z. B. von Chlor und Wasserstoff), als auch chemische Zersetzungen (z. B. von Chlorsilber) hervorgerufen werden, und auch die Elektrizität bewirkt theils chemische Vereinigung (z. B. von Wasserstoff und Sauerstoff), theils chemische Zersetzung (z. B. Fällen der Metalle aus ihren Salzlösungen).
56 Gewichtstheile Eisen und 32 Gewichtstheile Schwefel geben genau 88 Gewichtstheile Schwefeleisen, und aus 200 Theilen Quecksilber und 32 Theilen Schwefel erhält man genau 232 Theile Schwefelquecksilber oder Zinnober. Es lässt sich also mittelst der Waage nachweisen, dass die Menge eines Elementes, welches in die verschiedensten Verbindungen aufgenommen und aus ihnen wieder abgeschieden wird, dabei weder vermehrt noch vermindert wird, sondern völlig unverändert bleibt.
Zuweilen scheint es, als ob bei chemischen Vorgängen eine Substanz vertilgt würde. Sa bleibt beim Verbrennen von Holz und Kohle nur eine ganz geringe Menge Asche zurück und der Haupttheil der Substanz scheint vernichtet zu sein;
werden aber die unsichtbaren, gasförmigen Verbrennungsprodukte gesammelt und gewogen, so lässt sich beweisen, dass auch bei Erscheinungen dieser Art keine Vernichtung des Stoffes stattfindet.
Diese ganz allgemein beobachtete Gesetzmäßigkeit bildet eine der Hauptgrundlagen der Chemie und wird als Prinzip von der Erhaltung des Stoffes bezeichnet.
Während man Schwefel und Eisen in jedem beliebigen Verhältnisse mischen kann, treten diese beiden Elemente zu einer chemischen Verbindung nur so zusammen, dass auf je 56 Theile Eisen immer genau je 32 Theile Schwefel kommen.
Jeder Ueberschuss des einen oder des anderen der beiden Stoffe bleibt unverbunden und behält seine früheren Eigenschaften.
Man hat nun ermittelt, dass überhaupt alle Elemente sich unter einander nach gewissen, ein für alle Mal feststehenden Gewichtsverhältnissen verbinden.
Zwar vereinigt sich nicht selten ein Element auch mit verschiedenen Mengen eines anderen, aber diese verschiedenen Mengen stehen unter einander in ganz einfachen Verhältnissen;
die grösseren Mengen sind Mehrfache (Multipla) der kleinsten Menge, z. B. 28 Theile Stickstoff verbinden sich mit 16, oder mit 32, oder mit 48, oder mit 80 Theilen Sauerstoff, aber nicht mit einer anderen beliebigen Menge Sauerstoff.
Man bemerkt leicht, dass die Zahlen 32, 48, 80 ganze Vielfache von 16 sind.
Das Gesetz der multiplen Proportionen lautet demnach: Die Elemente verbinden sich unter einander nach ¶
bestimmten konstanten Gewichtsverhältnissen (nach ihren Atomgewichten) oder nach den Multiplen derselben.
Fur jedes einzelne Element hat man ein bestimmtes Verbindungsgewicht ermittelt und dies in Vergleich gestellt zu dem Verbindungsgewicht des Wasserstoffs, als desjenigen Elementes, bei welchem dasselbe am kleinsten ist.
Setzt man das Verbindungsgewicht des Wasserstoffs = 1, so ist z. B. das des Sauerstoffs = 16, das des Stickstoffs = 14 etc. (S. die Tabelle S. 367).
Eine solche Zahl nennt man Atomgewicht, d. h. die kleinste relative Gewichtsmenge, mit welcher sich ein Element an der Bildung chemischer Verbindungen betheiligt.
Da diese Atomgewichte für jedes einzelne Element unveränderlich sind, hat man dem Zeichen des Elementes zugleich die Bedeutung seines Atomgewichts beigelegt, so dass also diese Symbole nicht bloss qualitative, sondern auch quantitative Bedeutung haben;
z. B. die Formel HgO giebt an, dass in 216 g Quecksilberoxyd 16 g Sauerstoff, folglich in 75 g Quecksilberoxyd 5,55 g Sauerstoff enthalten sind.
Oder: nach der Formel AgNO3 lässt sich leicht berechnen, dass sich in 100 g Höllenstein 63, 53 g Silber finden.
Ausserdem gewinnen die chemischen Formeln noch dadurch an Wichtigkeit, dass man mit ihrer Hilfe die Vorgänge bei der Einwirkung verschiedener Körper auf einander mit grosser Einfachheit und Schärfe in Gleichungen darstellen kann;
z. B. der Prozess der Auflösung von Zink in Schwefelsäure, wobei Zinksulfat und Wasserstoff entstehen, lässt sich durch folgende Gleichung veranschaulichen:
H2SO4 + Zn = ZnSO4 + H2 .
Man ersieht daraus nicht nur, welche Elemente auf einander einwirken und welche Verbindungen zerlegt, bezw. neu gebildet werden, sondern kann auch den ganzen Prozess genau quantitativ verfolgen.
Und dies ist von grosser praktischer Bedeutung, wenn man sich bei chemischen Arbeiten Gewissheit verschaffen will nicht nur über die Menge des zu verarbeitenden Materials, sondern auch über die zu erwartende Ausbeute.
Die Fähigkeit eines Atomes, mit Atomen eines anderen Elementes zu einer Verbindung zusammenzutreten, ist in Bezug auf die Zahl der zu bindenden Atome verschieden. So giebt es z. B. Elemente, von denen 1 Atom genügt, um mit 1 Atom eines anderen eine chemische Verbindung zu bilden;
bei anderen beansprucht 1 Atom zu gleichem Zwecke 2, 3 oder 4 Atome eines anderen Elementes.
Diese Eigenschaft der Elemente, von den Atomen anderer Elemente eine bestimmte Anzahl zu binden (oder zu vertreten), nennt man Werthigkeit (Valenz) oder Sättigungsvermögen.
Einwerthig sind: H, Cl, Br, J, Na, K, Li, Ag.
Zweiwerthig sind: O, S, Se, Te, Ba, Sr, Ca, Mg, Hg, Cu, Pb, Cd, Zn.
Dreiwerthig sind: N, P, As, Sb, Bi, Bo, Au.
Vierwerthig sind: C, Si, Sn, Pt, Fe, Mn, Ni, Co, Al, Cr.
Drei- oder fünfwerthig sind: N, P, As, Sb, Bi. ¶