Extractum carnis.
Fleischextrakt.
Dieses, vielfach auch in Drogengeschäften geführte Präparat besteht, mit Ausnahme eines kleinen Zusatzes Salz, nur aus den löslichen Bestandtheilen des völlig fettfreien, mageren Fleisches.
Seine Fabrikation, welche zuerst durch Justus v. Liebig angeregt und praktisch ausgearbeitet wurde, geschieht heute an zahlreichen Orten, wo ein grosser Viehbestand und billige Preise des Fleisches eine derartige Fabrikation ermöglichen.
Vollständig mageres und sehnenfreies Fleisch wird ausgekocht, die sich ausscheidenden Eiweissstoffe und etwa anhaftenden Spuren von Fett werden entfernt und die so geklärte Fleischbrühe sehr vorsichtig, zuletzt im Vakuum, bis zur steifen Extraktkonsistenz eingedampft. Es stellt nun eine feste, zähe Masse von angenehmem Geruch und kräftigem, etwas salzigem Geschmack dar.
Gutes Fleischextrakt ist, auch angebrochen, völlig haltbar und muss vollkommen frei von brenzlichem Geruch und Geschmack sein.
Neben der ältesten, durch J. v. Liebig gegründeten Fabrik in Fray-Bentos, Uruguay sind namentlich in den grasreichen Ländern Südamerikas, Uruguay, La Plata, Südbrasilien, sowie in Nordamerika und Australien, wo neben Rindfleisch auch Hammelfleisch verarbeitet wird, zahlreiche andere Fleischextrakt-Fabriken entstanden, die fast alle nach der Methode von J. v. Liebig arbeiten und fast durchgängig gute Präparate liefern.
Sehr verschieden von dem eigentlichen Fleischextrakt sind die sog. Bouillontafeln, welche zum grössten Theil aus Leimsubstanz bestehen.
Cátechu (Terra cátechu, Terra Japónica).
Catechu.
Unter der gemeinsamen Bezeichnung Catechu kommt die eingedickte Abkochung verschiedener gerbstoffhaltiger Pflanzen in den Handel.
Man unterscheidet 3 Hauptsorten.
1. Mimosen-Catechu. Mimósa cátechu oder Acácia cátechu.
Papilionacéae.
Ostindien, Siam, Pegu.
Dies ist die wichtigste Handelswaare;
sie wird gewonnen durch Eindicken der Abkochung des Stammholzes obigen Baumes und bildet grosse, aussen braune, innen mehr schwarze Kuchen, die in Blätter eingeschlagen und auch innen vielfach mit diesen durchsetzt sind.
Auf dem Bruch sind dieselben schwach glänzend, meist etwas erdig und blasig.
Geruch sehr schwach;
Geschmack bitterlich, stark adstringirend. In Wasser und Alkohol fast ganz löslich.
Hierher gehören Bengal- und Pegu-Catechu.
2. Gambir-Catechu. Uncária Gambir, U. ácida.
Cinchonacéae.
Java, Sumatra, Penang.
Wird gewonnen durch Auskochen der jungen Zweige obiger Sträucher.
Bildet kleine, sehr leichte, würfelförmige Stücke, von lehmgelber bis bräunlicher Farbe;
auf dem Bruch erdig und sehr porös;
auf dem Wasser schwimmend, während Mimosen-C. untersinkt.
Geruchlos;
Geschmack der ersten Sorte gleich, jedoch bitterer. In kaltem Wasser nur zum Theil, in heissem Wasser und Alkohol dagegen ziemlich vollständig löslich. In seinem Vaterlande werden grosse Massen dieser Sorte als Zusatz bei dem Betelkauen verbraucht.
Technisch weit minderwerthiger als Mimosen-Catechu.
3. Palm-Catechu (Cassu).
Aréca cátechu. Palmae.
Ostindien.
Wird gewonnen durch Auskochen der Samen.
Bildet schwärzliche, nicht poröse, mit Reisspelgen bedeckte und durchsetzte Kuchen.
Kommt wenig in den europäischen Handel, da es in seiner Heimath, gleich dem Gambir-Catechu, als Zusatz bei dem Betelkauen gebraucht wird.
Bestandtheile. Catechusäure und Catechugerbsäure, je nach den Sorten 30-70%. Die Catechusäure scheint allmälig in Catechugerbsäure überzugehen (sie fällt Eisenoxyd grasgrün);
ferner ein eigenthümlicher Stoff Catechin;
Extraktivstoffe 20-30 %;
Gummi 5-6 %.
Anwendung. Medizinisch nur selten innerlich als adstringirendes Mittel, öfter dagegen als Zusatz zu Mundwässern, Zahntropfen etc.;
technisch in der Färberei, namentlich mit Chrom- oder Kupferbeizen zur Darstellung schöner brauner Farben und von sog. Echtschwarz und verschiedenen Mischfarben.
Prüfung. Gutes Mimosen-Chatechu muss sich in kaltem Wasser fast gänzlich lösen.
Etwa beigemengtes Stärkemehl, mit welchem namentlich das Gambir-Catechu häufig verfälscht wird, lässt sich in dem ausgewaschenen Rückstand durch die Jodprobe leicht erkennen.
Cachou oder Cachou aromatique.
Dieses bekannte Korrektivmittel gegen übelriechenden Athem verdankt seinen Namen ebenfalls dem Catechu (französisch Cachou), welches ein Grundbestandtheil desselben sein soll. In Wirklichkeit besteht es jedoch meist nur aus Lakritzen und ein wenig Catechu, aromatisirt mit Spuren von Moschus und äth.
Oel;
auch das sog. Anislakritzen in dünnen Stengelchen geht unter dem Namen Cachou.
Kino (fälschlich Gummi Kino).
Pterocárpus marsúpium.
Papilionacéae.
Malabar, Abhänge des Himalaya.
Diese Sorte des Kino kommt über Bombay und Tellicherry in den Handel;
sie ist die medizinisch allein gebräuchliche und wird auch
vielfach Amboina-, Malabar- oder indisches Kino genannt.
Sie soll der freiwillig ausfliessende, eingetrocknete Saft des Baumes sein;
wahrscheinlicher aber ist es, dass das Kino vielfach durch Abkochung des Holzes und nachheriges Eindicken gewonnen wird. Es bildet kleine, schwarze, glänzende, splittrige Bruchstücke, welche bei durchfallendem Lichte an den dünnen Rändern rubinroth erscheinen.
Geruch schwach;
Geschmack anfangs süsslich, nachher stark adstringirend. In kaltem Wasser etwa zur Hälfte, in heissem Wasser fast ganz, ebenso in Alkohol (mit dunkelrother Farbe) löslich.
Bestandtheile. Kinogerbsäure (färbt Eisenoxydsalze dunkelgrün);
rother Farbstoff;
Pectin etc. Der Gehalt an Pectin ist die Ursache des Gelatinirens der Tinctura Kino.
Anwendung. Nur selten als adstringirender Zusatz zu Zahnpulvern und Zahntinkturen;
technisch findet es trotz seines hohen Gerbsäuregehaltes keine Verwendung, da die Kinogerbsäure, gleich der Catechugerbsäure, nicht zur Gerberei verwendbar ist.
Ausser diesem echten Kino kommen noch eine ganze Reihe anderer Sorten in den Handel, ohne irgend grössere Bedeutung zu haben.
Wir nennen hier afrikanisches Kino, stammt von Mimosenarten;
Bengal- oder Butea-Kino, von Butea frondosa;
ferner australisches oder Botany-Bay-Kino, von Eucalyptusarten und schliesslich das westindische Kino.
Áloe.
Áloe Sokotrína, Á.
Africána, Á. ferox u. a. m. Asphodeléae
Afrika, Westindien.
Die Aloe ist der an der Sonne oder durch Feuer eingedickte Saft der fleischigen Blätter zahlreicher Aloearten, von welchen die oben angeführten die wichtigsten sind.
Der Saft wird meist durch Auspressen, seltener durch Auskochen gewonnen.
Man unterscheidet 2 Gruppen: die klare oder glänzende, Aloe lucida, welche die bei uns in Deutschland gebräuchlichen Sorten in sich schliesst, und die undurchsichtige Aloe, wegen ihrer Farbe Leberaloe, Aloe hepatica genannt, welche namentlich in England gebräuchlich ist.
Die Leberaloesorten enthalten den Hauptbestandtheil, das Aloin, krystallinisch, während es in den glänzenden amorph auftritt. Zu letzteren gehören vor Allem die Aloe Sokotrina, so genannt nach der Insel Sokotra im Golf von Aden. In Wirklichkeit liefert diese Insel jetzt so gut wie gar keine Aloe mehr, sondern fast alle Waare, welche unter diesem Namen in den Handel kommt, stammt von den zanzibarischen Küsten.
Sie ist aussen braunschwarz, matt bräunlich bestäubt, der Bruch muschelig, stark glänzend, in dünnen Schichten rubinroth durchscheinend.
Sie ist noch immer die geschätzteste Sorte, kommt aber weit seltener in den Handel, als die Aloe Capensis, welche vom Kap der guten Hoffnung, der Tafel- und Algoa-Bay zu uns kommt.
Die
Stammpflanzen dieser Sorte sollen namentlich Aloe Africána und A. ferox sein.
Sie ist aussen grünlich bestäubt, ebenfalls von glänzendem, muscheligem Bruch und an den Kanten grünlich braun durchscheinend.
Die dunkleren, fast schwarzen Curacao- und ostindischen Sorten kommen nur selten in unseren Handel.
Von den Leberaloesorten ist die wichtigste die
Barbados-Aloe. Sie ist die eigentliche Aloe hepatica des Handels und stammt von Aloe vulgaris, welche in Westindien kultivirt wird.
Sie kommt, meist in Kürbisschalen, seltener in Kisten eingegossen, von Barbados und Jamaica in den Handel.
Sie ist mehr oder weniger leberbraun;
der Bruch nicht muschelig, matt, höchstens wachsglänzend, selbst in dünnen Splittern undurchsichtig.
Geruch kräftig, etwas verschieden von dem der A. lucida, beim Anhauchen deutlich saffranartig.
Legt man kleine Splitterchen angefeuchtet unter ein kräftiges Mikroskop, so kann man die goldgelben Aloinkrystalle deutlich erkennen.
Aloe caballina, Pferdealoe, ist eine ganz ordinäre Sorte, gewonnen durch Auskochen der schon ausgepressten Blätter.
Schwarz, nicht glänzend, oft durch grosse Mengen Sand und andere Stoffe verunreinigt.
Alle Aloesorten haben einen starken, ziemlich widerlichen Geruch und einen anhaltend bitteren Geschmack.
Gute Aloe muss sich völlig in kochendem Wasser, in Alkohol fast ganz, in kaltem Wasser zu 60-70 % lösen.
Der Rückstand besteht aus Harz.
Bestandtheile. Extraktivstoffe und Aloin (Aloebitter) 50-60 %;
Aloeharz 30-40 %;
Spuren von Eiweiss und Wasser bis zu 15 %. Sorten mit einem höheren Gehalt als 10 % Wasser sind in der Wärme weich und fliessen zusammen.
Das krystallinische Aloin, wie es in der Leberaloe enthalten ist, geht durch längeres Kochen in die amorphe Form über und wird dann von einigen Chemikern Aloetin genannt.
Anwendung. Die Aloe gehört zu den drastischen Purgirmitteln, welche nur mit Vorsicht angewandt werden dürfen;
daher ist seine Verwendung zu bitteren Schnäpsen möglichst zu vermeiden. In der Veterinärpraxis dient sie, ausser zum inneren Gebrauch, vielfach in Form von Tinktur als äusseres Heilmittel für eiternde Wunden;
technisch hier und da in der Zeugfärberei und zur Darstellung verschiedener Holzbeizen, namentlich bei Mahagonibeize, und zwar durch Kochen mit Salpetersäure (wobei Pikrinsäure entsteht).
Als stärkste Dosis für Menschen gilt 1 Gramm zur Zeit, für Pferde oder Rinder 15-30 g.
Succus liquirítiae.
Lakritzen.
Lakritzen ist die eingedampfte Abkochung der Süssholzwurzel (s. d.).
Die Darstellung geschieht in eigenen Fabriken, auch Siedereien genannt, und sind es namentlich Calabrien, Süditalien, Südfrankreich und Spanien, welche uns weitaus die grössten Mengen liefern.
Süddeutschland produzirt.
nur wenig und zugleich schlechte Waare;
die gute südrussische gelangt nur selten in den deutschen Handel.
Das Verfahren ist meistens ein ziemlich primitives;
die Wurzel wird grob zerschnitten, mittelst Walzen zerquetscht oder zerstampft und über freiem Feuer in grossen Kesseln ausgekocht.
Diese Abkochung wird abgepresst, durchgeseiht und über freiem Feuer ausgedampft, zuletzt unter beständigem Rühren, bis die Masse eine solche Konsistenz erlangt hat, dass sie nach dem Erkalten hart wird.
Dann wird das Feuer entfernt und die halberkaltete Masse in mehr oder weniger dicke Stangen gepresst, welchen bei guten Sorten an einem Ende die Fabrikmarke (meist der Name des Besitzers) aufgedrückt wird.
Die Stangen sind sehr verschieden dick und lang;
von Fingerlange an bis zu 15 cm und von ½-2 cm Dicke.
Die calabrischen Sorten, welche am höchsten geschätzt werden, sind die grössten;
von diesen sind namentlich die Marken Barracco, Cassani, Mastucci beliebt.
Spanien liefert eine etwas kleinere Form;
doch sind die dort herstammenden Sorten, mangelhafter Behandlung wegen, von brenzlichem Geschmack.
Die französischen Fabriken liefern meistens kleine, dünne Stengelchen, von denen 100 auf 1 kg gehen, und verpacken dieselben kiloweise in Pappkartonnagen, während die Italiener und Spanier ihre Waare, zwischen Lorbeerblätter verpackt, in Kisten von 75-100 kg versenden.
Der russische Lakritzen ist ebenfalls in Kisten, jedoch in Eichenblättern verpackt.
Aus Bayonne (Frankreich) kommt vielfach imitirter Barracco in den Handel;
jedoch sind die Stangen kleiner und mehr plattgedrückt als der echte.
Guter Lakritzen muss von ausgeprägt süssem, reinem, hinterher ein wenig kratzendem, jedoch nicht brenzlichem Geschmack sein und bei raschem Biegen der Stange mit glatten, scharfen Rändern brechen;
der Bruch ist tiefschwarz und blank. In Wasser löst er sich, selbst wenn er ganz unverfälscht ist, nur zu ca. 80% auf.
Der Rückstand, welcher aus Wurzelfasern, Stärkemehl, Kalk, Magnesia und Thonerdesalzen besteht, steigt bei schlechten Sorten oft bis zu 50 %. Die klare Lösung besteht aus Extractivstoffen, Glycyrrhizin und 10-15 % Krümelzucker.
Prüfung. Sie kann nur eine ziemlich oberflächliche sein.
Geruch, Geschmack, Farbe und Bruch geben meist die besten Kriterien.
Endlich noch die Bestimmung der unlöslichen Bestandtheile.
Hierfür gilt als Regel, dass ein guter Lakritzen nicht über 25% und wiederum nicht unter 15% derselben enthalten darf.
Ist das letztere der Fall, so kann man bestimmt annehmen, dass der Lakritzen mit Dextrin, Stärkezucker und ähnlichen Stoffen verfälscht ist.
Die Bestimmung der unlöslichen Bestandtheile lässt sich mit ziemlicher Genauigkeit, wie vergleichende Versuche gezeigt haben, ohne Filtriren, Trocknen und Wägen des Rückstandes nach folgender Methode ausführen.
Man löst 8 Gramm Lakritzen in 30-40 g destillirtem Wasser, giebt die Lösung in einen graduirten Cylinder, verdünnt bis zu 50 ccm und lässt 12 Stunden absetzen.
Jeder ccm trüber Flüssigkeit zeigt 1 % Unlösliches an.
Anwendung findet der Lakritzen fast nur zu medizinischen Zwecken als treffliches, Hustenreiz linderndes Mittel.
Bei den Apothekern heisst die eben besprochene Handelswaare Succus liquiritiae crudus, sie wird für die Rezeptur, und zum Theil auch für den Handverkauf, von den unlöslichen Bestandtheilen befreit.
Die so gereinigten Präparate heissen, wenn zur Trockne gebracht, Succus liquiritiae depuratus oder, wenn nur bis zur Extraktkonsistenz abgedampft, Extractum liquiritiae.
Um das lästige Filtriren bei der Reinigung zu vermeiden, wendet man eine sehr praktische Methode an. In ein oben offenes, unten mit einem Hahn versehenes Fass schichtet man auf den Boden eine Lage glattes, reines Stroh;
auf dieses werden die Lakritzenstangen nebeneinander gelegt, darauf die zweite Schicht Stroh, wiederum Lakritzen u. s. w. Nun wird so viel kaltes Wasser aufgegossen, dass Alles bedeckt ist und das Fass der Ruhe überlassen.
Nach 24 Stunden zapft man die Lösung, welche vollständig klar ist, ab und wiederholt das Ausziehen mit frischem Wasser, wenn nöthig, noch zum 3. Mal.
Hierbei ist nur die Vorsicht zu beachten, dass man das Wasser beim Nachgiessen vorsichtig am Rande des Fasses hinablaufen lässt, damit der unlösliche Schlamm nicht aufgerührt wird.
Die vereinigten Lösungen werden nun vorsichtig unter stetem Rühren bis zur gewünschten Konsistenz eingedampft.
Der gereinigte Lakritzen wird meist in dünne Stengelchen geformt, was früher durch Ausrollen mit der Hand geschah;
heute, wo die Darstellung gewöhnlich fabrikmäßig betrieben wird, presst man die noch warme, teigförmige Masse durch Büchsen mit durchlöchertem Boden.
Auf diese Weise erhält man zu gleicher Zeit eine ganze Anzahl gleichmäßig dicker Stengelchen. Um ihnen grösseren Glanz zu geben, werden sie nach dem Erkalten mit Alkohol bestrichen und dann getrocknet.
Zuweilen setzt man dem Lakritzen noch weitere Arzneistoffe, wie Anisöl oder Chlorammonium zu.
Letztere Art wird unter dem Namen Succus liquiritiae cum ammonio, durch Auswalzen in dünne Platten und nachheriges Zerschneiden, in Tablettenform gebracht.
Die Mischung mit Anisöl wird gewöhnlich Cachou pectorale genannt.
Ópium (Laudánum, Mecónium).
**+
Opium.
Papáver somníferum.
Papaveracéae. Orient, auch kultivirt.
Opium ist der, nach der Verwundung halbreifer Mohnköpfe ausfliessende, an der Luft eingetrocknete Milchsaft derselben.
Zur Gewinnung des Opiums wird die Mohnpflanze in der Türkei, Persien, Aegypten und Ostindien in kolossalen Massen kultivirt, bei uns nur zur Gewinnung des Mohnsamens resp. zur Oelbereitung.
Hier und da hat man auch in Europa Versuche mit der Opiumgewinnung angestellt, namentlich in Südfrankreich und England.
Die erhaltenen Produkte sind sehr gut ausgefallen;
doch
sind für Europa die Arbeitslöhne zu hohe, als dass die Gewinnung jemals eine lohnende werden könnte.
Von der Gesammtproduktion des Opiums gelangt nur ein kleiner Prozentsatz in den europäischen Handel;
der bei weitem grösste Theil wird in China und anderen Ländern als Berauschungsmittel verbraucht.
Die Bereitung des Opiums geschieht in der Weise, dass die Mohnköpfe wenige Tage nach dem Abfallen der Blumenblätter, wenn ihre anfänglich graugrüne Farbe in eine mehr gelbliche übergeht, mit kleinen mehrklingigen Messern entweder senkrecht oder horizontal geritzt werden. Es geschieht diese Operation meist Abends, nur in Gegenden, wo viel Thau fällt, am Morgen.
Der anfangs weisse Milchsaft tritt in kleinen Tröpfchen aus den feinen Einschnitten hervor, verdickt sich während der Nacht oder im Laufe des Tages und wird dann mit Messern vorsichtig abgeschabt.
Das so gesammelte Opium wird mit den Händen zusammengeknetet und in runde, mehr oder weniger flache Kuchen geformt.
Dieselben werden, um das Zusammenkleben zu vermeiden, mit Sauerampfersamen bestreut oder in Mohnblätter gewickelt und endlich im Schatten getrocknet.
Diese Art der Bereitung und der Behandlung gilt namentlich für das türkische Opium, die Sorte, welche fast ausschliesslich für den europäischen und namentlich für den deutschen Handel in Betracht kommt.
Das türkische Opium, auch Smyrnaer, Levantiner und Constantinopler O. genannt, wird hauptsächlich in der asiatischen Türkei, in Anatolien und Macedonien gewonnen. Es kommt in sehr verschieden grossen, 200-600 g schweren Kuchen in den Handel.
Die Aussenschichten der Kuchen oder Brode sind ziemlich hart;
das Innere ist noch weich und lässt die einzelnen Thränen deutlich erkennen.
Die Farbe ist braun, nach innen etwas blässer, ungleichartig heller und dunkler geschichtet.
Beim völligen Austrocknen (die Temperatur darf hierbei 60 ° nicht übersteigen) verliert es 15-25% Feuchtigkeit.
Es ist nun hart, zerspringt durch einen Schlag mit dem Hammer in Stücke mit wachsglänzendem Bruch und lässt sich pulvern.
Das Pulver ist hellbraun.
Das früher so geschätzte ägyptische O., das Opium thebaicum, (daher der alte Name «Tinctura thebaica» für Tinctura opii) kommt jetzt nur selten in den Handel und ist von geringem Werthe. Es sind kleine, abgerundete Kuchen, in Platanenblätter eingehüllt, von dunkel leberbrauner Farbe.
Die schlechteste aller Opiumsorten ist die persische, meist in dicke, lange Stangen geformt und mit Papier umwickelt.
Sie ist innen völlig homogen, ohne jede Spur von Thränen, und wahrscheinlich mehr ein Extrakt der Mohnpflanze als reines Opium.
Das ostindische Opium, ziemlich verschieden an medizinischem Werth, kommt nur selten in den europäischen Handel, da es fast ohne Ausnahme nach China geht.
Die Jährliche Produktion Indiens wird auf 6 Millionen kg geschätzt.
Das indische Opium bildet zum Theil 2 kg schwere Kugeln, aussen mit einer Decke zusammengeklebter Blumenblätter, die sog. Patnasorte dagegen 1 kg schwere, viereckige, mit Papier umwickelte Kuchen.
Gutes Opium ist frisch innen weich, knetbar, reinbraun, bei längerem Aufbewahren wird es dunkler, zwischen den Fingern geknetet erweicht es auch jetzt noch.
Gekaut färbt es den Speichel gelb, nicht braun;
am Licht entzündet es sich und brennt mit heller Flamme.
Geruch widerlich, stark narkotisch;
Geschmack ekelhaft, bitter, hinterher beissend scharf.
Wasser löst von demselben 75 %, mit Hinterlassung einer krümeligen Masse, zu einer klaren, braunen Flüssigkeit auf, Alkohol bis zu 80 %. In der verdünnten Lösung giebt Eisenchlorid eine blutrothe Färbung;
Galläpfeltinktur, kohlensaure Alkalien bringen weisse voluminöse Niederschläge hervor.
Bestandtheile. In Folge zahlreicher Untersuchungen kennt man eine ganze Reihe, ca. 20 verschiedene Bestandtheile.
Theils sind es Pflanzenbasen, theils indifferente Körper, theils Säuren.
Von wichtigeren Basen sind zu nennen: Morphium oder Morphin 1-18 %, Narcotin 5 bis 6 %, Codein 1 %, Thebain, Papaverin, Narcein etc. Gebunden sind dieselben an Meconsäure und Opiummilchsäure, auch Thebolactinsäure genannt.
Ferner Harz, Fett, Kautschuk, Salze.
Anwendung. Medizinisch findet das Opium sowohl innerlich, wie äusserlich eine ausgedehnte Anwendung, wenn es auch in neuerer Zeit vielfach durch die aus ihm dargestellten, präziser wirkenden Alkaloide, namentlich das Morphium, verdrängt wird. Es ist das beliebteste Narkoticum der Aerzte und bei krampfartigen Zufällen, sowie bei Diarrhöen ein geradezu unersetzliches Heilmittel.
Die aus und mit ihm bereiteten Mischungen, Tinkturen, Extrakte etc. sind sehr zahlreich, haben aber nur ein rein pharmazeutisches Interesse, bedürfen also hier keiner weiteren Erwähnung.
Prüfung. Zuerst ist Konsistenz, Farbe und Geruch maßgebend.
Beim völligen Austrocknen darf es nicht mehr als 20% verlieren, die Aschenrückstände sollen 6% nicht übersteigen.
Der maßgebende Bestandtheil ist nach dem Deutschen Arzneibuch das Morphin, von welchem dasselbe einen Minimalgehalt von 10% verlangt.
Die genaue quantitative Prüfung erfordert ziemlich umständliche, chemische Operationen, zu welchen das Deutsche Arzneibuch eine Anleitung giebt. Es beträgt der Morphiumgehalt bei dem Smyrna-O. 8-10 %, bei dem persischen 1-3 %, bei dem. ägyptischen 5-6 %, bei dem ostindischen 3-10 %. In europäischen Sorten, namentlich in deutschen und französischen, hat man wohl hauptsächlich wegen sorgfältigerer Behandlung bis zu 18 % gefunden.