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überall betrieb man natürlich erst durch lange Zeiten einfache Kohlengräberei in geringer Tiefe und geregelter bergmännischer Tiefbau konnte sich nur allmählich einführen; in Schlesien geschah dies eigentlich erst durch Friedrich den Großen. Erst zu Anfang des 14. Jahrhunderts kamen aus den englischen Gruben Kohlen nach London und wurden anfänglich nur von Schmieden, Brauern, Seifensiedern etc. gebraucht; das Publikum wurde aber der Neuerung mit ihrem Qualme so abhold, daß der König den Gebrauch der Kohle bei Strafe verbieten mußte. -
Die Kohle wird nach verschiednen Beziehungen in Arten oder Sorten eingeteilt; in technischer Hinsicht unterscheidet man zunächst fette und magere und versteht unter der erstern solche, welche in der Hitze viel flüchtige Produkte gibt. In England unterscheidet man Backkohle, Splint- oder harte Kohle, Kirschkohle (diese Benennung wegen der schwarzglänzenden Oberfläche) oder weiche Kohle, Kännel- und Bogheadkohle. Die Kännel-(Fackel-)kohle gehört zu den Sandkohlen, ist sehr leicht entzündlich und brennt mit schön weißer, langer, kerzenartiger Flamme. Die schottische Bogheadkohle ist weniger eine S., als ein brauner bis schwarzer Brandschiefer, sehr fest und nicht abfärbend, leicht entzündlich und mit großer heller und rußender Flamme brennend. Beide Sorten sind wegen ihrer großen Ausgiebigkeit an flüchtigen Stoffen vortreffliche Gaskohlen.
In Deutschland unterscheidet man nach dem Verhalten der Kohlen in der Hitze Back-, Sinter- und Sandkohle. Die erstere schmilzt in der Hitze und entwickelt reichlich Gas; ihre Koks sind blasige Massen von andrer Form als sie die Kohle hatte. An der Luft verbrannt, gibt diese eine lange gelbe Flamme, verlöscht aber leicht und verstopft häufig die Feuerroste. Sie ist sehr dienlich zur Bereitung von Gas und Koks. Sinterkohle zerfällt beim Erhitzen leicht in kleine Stücke, die dann zusammensintern, ohne eigentlich zu schmelzen; sie bildet das Mittelglied zwischen Back- und Sandkohle. Diese letztere, auch Splint- oder Hartkohle genannt, ist auf dem Querbruche entweder splittrig oder sandig, spaltet dagegen in der Länge ziemlich eben; sie entzündet sich schwieriger als die beiden vorigen, brennt mit wenig Flamme und ändert beim Verkoken ihre Form nicht.
Nach einer andern Einteilungsweise unterscheidet man Pechkohle, Grob-, Schiefer-, Ruß-, Faserkohle und Anthracit; manche Kohlen lassen sich indes nur schwer in einem dieser Fächer unterbringen. Die deutsche Pechkohle gehört zu den Back- und Sinterkohlen, ist die gewöhnlichste, schwarz und pechglänzend, nicht abfärbend, mit muschligem Bruch, leicht entzündlich. Die Rußkohle ist weich, glanzlos, oft beinahe erdig, stark abfärbend, die Schieferkohle aus parallelen Lagen geschichtet, deren Oberflächen teils stark glänzend, teils matt sind; ihr Bruch ist gewöhnlich würflig oder auch splittrig. Aus den dicksten Lagen bestehend heißt sie Grobkohle, Blätterkohle dagegen, wenn sie aus dünnen Lamellen zusammengesetzt ist.
Der Anthracit ist eine harte, schwarz glänzende Masse von muschligem Bruch, die am meisten von der Natur eines Steins an sich hat. Er besteht fast ganz aus Kohlenstoff (92-97%), ist nur schwer entzündlich und verbrennt langsam ohne Flamme und Rauch. Diese Varietät der S., als hitzegebendes Material sehr wertvoll, zu Gas ganz untauglich, kommt in Europa nur spärlich vor und ist daher hier von weniger Bedeutung, wogegen sie sich in Nordamerika, namentlich in Pensylvanien, in großen Massen findet. -
Je nach dem Kaliber unterscheidet man Stückkohlen, die größten Stücke, Würfelkohle, Knorpelkohle, Kohlenklein. Aus dem letztern und aus Staubkohle preßt man jetzt häufig im Gemisch mit gemahlenem Teer- oder Braunkohlenpech als Bindemittel, Ziegel, sog. Briquettes, die ein sehr gutes Brennmaterial abgeben. -
Auch die Kohle selbst unterwirft man nicht selten einem Waschprozess, welcher bezweckt, die ihr anhängenden fremden Bestandteile, die die Verbrennung erschweren und die Aschenmenge zu sehr vermehren würden, und den feinen Kohlenstaub möglichst zu entfernen. Es geschieht dies auf demselben Wege wie das Waschen der Erze, meistens mittels sog. Siebsetzmaschinen. Solche Waschkohle wird häufig im Saarbrückschen, der Ruhrgegend, in Belgien, in Sachsen bereitet. -
Ohne auf die Steinkohlenverhältnisse außereuropäischer Länder näher einzugehen, sei doch bemerkt, daß das kohlenreichste Land der Erde Nordamerika ist. Die dortigen Kohlenbecken - Pechkohle und Anthracit - ergeben zusammen eine Fläche von mindestens 6000 deutschen Quadratmeilen. Dort ist Vorrat auf Jahrtausende und das jetzige Ausbringen, wenn auch zu etwa 700 Mill. Ztr. anzunehmen, erscheint im Verhältnis ganz unbedeutend. China ist ebenfalls in mehreren seiner Provinzen sehr kohlenreich und S. bildet dort seit uralten Zeiten ein gewöhnliches Brennmaterial, wogegen man in Ostindien den Stoff nicht kannte oder nicht achtete, denn erst in neurer Zeit haben dort die Engländer Gruben in Betrieb gesetzt und gewinnen schon bedeutende Massen für Eisenbahnen und Dampfschiffahrt. -
In Europa hat bekanntlich Großbritannien die reichsten Kohlenschätze, um so wertvoller, als die Becken auch leicht zugänglich sind, teils direkt zur See, teils durch ein hoch entwickeltes Kanal- und Eisenbahnsystem. In Schottland, England und Wales liegen die hauptsächlichsten Kohlenfelder;
Irland liefert das wenigste. -
Nächst England ist Deutschland am meisten mit Kohlen gesegnet, dann folgt Belgien; Frankreich hat für seinen Bedarf auf eigenem Boden bei weitern nicht genug und muß bedeutende Einfuhren machen; es ist für England der stärkste Abnehmer. Die drei erstgenannten Länder führen aus und suchen ihre Ausfuhr zu vermehren. Nach Deutschland (Stettin und andre nördliche Häfen) gelangen zwar noch englische Steinkohlen, aber die Einfuhr ist im Abnehmen und wird in Zukunft durch inländische Kohle wahrscheinlich ganz entbehrlich gemacht werden. Die hierzu nötige wohlfeile Eisenbahnfracht - 1 Pfennig pro Zentner und Meile - welche auf den norddeutschen Bahnen gilt, ist auch für die Zwickauer Kohlen in nördlicher Richtung gewährt worden. Seit Eröffnung ¶
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der Gotthardtbahn hat der Export deutscher Kohlen, namentlich westfälischer, nach Italien begonnen, welches bisher nur englische Kohlen bezog. Im allgemeinen hat in den letzten Jahren die Kohlenförderung nach dem starken Rückgang in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrzehntes fast überall wieder eine Steigerung erfahren, ein erfreuliches Zeichen für das Aufblühen von Industrie und Handel. Großbritannien förderte im Jahre 1879: 136158730 Tonnen (= 134008228 tons, à 1016,05 kg; der Export betrug in demselben Jahre 16706144 Tonnen. Die Ausfuhr geht nach Frankreich, Holland, der Schweiz, Rußland, Schweden und Dänemark, übrigens aber auch in die Mittelmeerländer und nach den Kohlenstationen auf allen Punkten der Erde, wo Dampfschiffe verkehren. -
In Deutschland sind die bedeutendsten Kohlenlager im Besitz Preußens. Das bedeutendste Becken Preußens ist das längs dem Nordrande des rheinisch-westfälischen Schiefergebirges sich hinziehende, das man gewöhnlich das Ruhrbecken nennt, weil dieser Fluß einen Teil desselben durchfließt. Hier hat sich in den letzten Jahren, Hand in Hand mit dem Aufschwunge einer großartigen Eisenindustrie, ein gewaltiger Bergbau entwickelt und mehr als die Hälfte des gesamten preußischen Erzeugnisses wird hier geschöpft.
Man hat die Massen der hier liegenden reichen Flötze zu berechnen versucht und ist zu dem Resultat gekommen, daß dieselben, in jetzigem Umfang fortbetrieben, wohl 5000 Jahre vorhalten würden. Die Kohlen gehören, der Qualität nach, zu den besten und kommen in allen Varietäten von der schwerbrennenden Sand- und Sinterkohle bis zur backenden und flammenden Gas- und Kokskohle vor. Die Flötze sind zahlreich, der Abbau ist meist nicht schwierig. Die Ruhrkohlen haben in Norddeutschland ein weites Absatzgebiet, gehen nach Holland etc. und erhalten eine Eisenbahn, die ihnen die Ausfuhr aus der Weser eröffnet.
An das Ruhrbecken schließen sich der Bedeutung nach das oberschlesische und das niederschlesische, die Waldenburger Gegend, an. Hierauf folgt das Saarbecken mit seinen zahlreichen, oft 3 m mächtigen Flötzen, welche auf einer kleinen Fläche zwischen St. Ingbert und Saarbrücken zusammengedrängt liegen. Auf diese Kohle ist besonders das benachbarte Frankreich angewiesen. Steinkohlenbau besteht ferner im Dürener Bezirke, im Hannoverschen (bei Osnabrück, am Osterwalde u. a. O.), in der Provinz Kurhessen (Grafschaft Schaumburg). In der Provinz Sachsen findet sich das kleine isolierte Becken von Wettin und Löbejün, von nur lokaler Bedeutung, aber interessant durch die hohe Qualität seiner Kohlen, die sie zur Stubenfeuerung geeignet macht. Die Gesamtproduktion Preußens war von 37688823 Tonnen im Jahre 1879 auf 42179813 Tonnen im Jahre 1880, d. h. um 11,9%, gestiegen.
In Sachsen finden sich die drei Kohlenreviere Zwickau, Würschnitz-Chemnitz und das im Plauenschen Grunde bei Dresden. Das erste ist das bedeutendste; die Produktion ist in starkem Steigen begriffen und die Ausfuhr geht sowohl nördlich nach Leipzig und weiter, als anderseits nach Bayern, sowie nach Riesa zur Verschiffung auf der Elbe. Der wichtigste Abnehmer ist Bayern, wohin zur Zeit über 21% des Gesamtertrages abgesetzt werden. Die Chemnitzer Kohlenlager sind erst in neurer Zeit erschlossen worden und dienen hauptsächlich der dortigen Industrie, während die kleine Mulde bei Dresden diese Hauptstadt versorgt. Diese drei Reviere förderten im Jahre 1879: 3310613, 1880 dagegen 3650949 Tonnen Kohlen. -
Bayern hat einige nicht unbedeutende Werke bei Kronach, Amberg, Kissingen und München und förderte 1880: 556256 Tonnen. Baden gräbt bei Offenburg etwa 10800 Tonnen; Schaumburg-Lippe produzierte 1880: 100170 Tonnen, Elsaß-Lothringen in demselben Jahre 508086 Tonnen. Im gesamten deutschen Reiche wurden im Jahre 1880: 470090033 Tonnen S. gegen 420042713 Tonnen in 1879 gefördert, also eine Zunahme von 11,8%. Österreich-Ungarn produzierte 1879: 5378604 Tonnen. -
Nächst England und Deutschland ist Belgien das kohlenreichste Land in Europa; es produzierte 1879: 15447292 Tonnen; namentlich in den Gruben bei Lüttich und Namur, Mons, Charleroi. Etwa ¼ der Produktion kann ans Ausland abgegeben werden und geht hauptsächlich nach dem nördlichen und westlichen Frankreich. Letzteres Land mit nicht unbedeutender eigener Förderung aus sechs Kohlenbecken reicht doch, wie gesagt, damit für seinen Bedarf lange nicht aus und sieht sich auf Zufuhr aus Belgien, Preußen und England angewiesen. Die Produktion von S. in Frankreich belief sich 1879 auf 17104845 Tonnen. -
Die Kohlen werden beim Handel aus Gründen der Bequemlichkeit meistens gemessen und aus den Maßen wird das Gewicht abgeleitet. In Deutschland ist das Handelsmaß das Hektoliter. Im Eisenbahnverkehr fassen die Kastenwagen (Lowrys) in der Regel gleich eine bestimmte Anzahl von Zentnern. Allerdings kann bei einem Artikel wie S., der bald in großen Stücken mit vielen leeren Zwischenräumen, bald in kleinen Stückchen vorkommt, kein festes Verhältnis zwischen Raummaß und Gewicht bestehen und das Messen kann daher bei großen Stücken gegenüber dem Wägen für den Käufer von Nachteil sein. Da übrigens das spezif. Gewicht der Kohle von 1 bis 1,5 gehen kann und die schwerste nicht jederzeit die beste ist, so ist auch das Wägen kein untrüglicher Wertmesser. -
Ein großer Teil der S. wird gleich an den Gewinnungsorten in Koks verwandelt und so in den Handel gebracht. Die Koksbrennerei besteht, analog der Holzverkohlung, darin, daß man die Kohlen in geschlossenen Räumen bei wenig Luftzutritt in Brand setzt und längere oder kürzere Zeit darin unterhält. Es brennen dabei die flüchtigsten Bestandteile, welche bei der Destillation der Kohle Gas und Teer geben würden, weg; die Kohle verliert dabei 30-40% an Gewicht und verwandelt sich, wenn Pechkohlen verwendet wurden, in schlackige und blasige, scharfkantige, grau metallisch glänzende Stücke, welche schwer entzündlich sind und nur unter scharfem Luftzuge, dann aber mit bedeutender Hitzeentwicklung brennen. Außer dem Vorteil einer intensivern Hitzeentwicklung gewähren die Koks den ¶