so viel Fäden wie für dieses. Die Stellen oder Linien, in welchen die beiden Gewebe mit einander verbunden sind, erscheinen
zwischen den übrigen Partien vertieft. So lange diese Stoffe auf Handstühlen gewebt wurden, konnte man nur kleine einfache
Muster, Würfel, Streifen u. dgl. erzeugen; durch
Anwendung der Jaquardvorrichtung werden jetzt auch schwierige und komplizierte Muster ermöglicht. Der
Kraftstuhl dient heute zur Herstellung der einfacheren und selbst größerer Muster.
Die Pikees sind entweder ganz weiß, oder einfarbig und mit verschiednen Mustern bedruckt, oder durch verschiedenfarbige
Einschuß- und Kettenfäden gegittert, gestreift oder broschiert. Die Ware wurde zuerst in England dargestellt, die Fabrikation
ist dann auch in Frankreich und Deutschland heimisch geworden. Die pikeeartigen Gewebe haben sich mit der Zeit sehr mannigfaltig
gestaltet, während allerdings vieles aus diesem Genre schon außer Gebrauch gekommen ist. Die Pikees haben und hatten vielfache
Verwendung zu Westen, Unterröcken, Negligeeanzügen, Sommerkleidern, Vorhemdchen, besonders auch zu gemusterten Bettdecken,
ein Artikel, in welchem besonders die sächsischen Webereien sich auszeichnen. - Zoll s.
Tarif im Anh. Nr. 2 d 1-3.
(Pikrinsalpetersäure,Trinitrophenol,Trinitrophenylsäure,Trinitrokarbolsäure, Kohlenstickstoffsäure,
Welters Bitter, acidum carbazoticum, acidum picrinicum oder picronitricum); ein Artikel des Droguen- und Farbenwarenhandels,
entsteht häufig bei der Einwirkung starker
Salpetersäure auf verschiedne organische Stoffe, wird aber
jetzt ausschließlich aus Phenol (s.
Karbolsäure) fabriziert und ist als ein Phenol zu betrachten, in welchem drei Atome
Wasserstoff durch drei Moleküle Untersalpetersäure ersetzt sind.
Die Säure ist sonach ein eben solcher Nitrokörper wie
Nitroglycerin,
Schießbaumwolle u. a. Es sind aber eine große Anzahl
organischer Stoffe der Verwandlung in die Säure fähig, pflanzliche und tierische, stickstofflose und
stickstoffhaltige. Jeder gelbe Fleck, den
Salpetersäure auf Zeugen, auf der Haut etc. hervorbringt, kann als durch die gelbe
P. entstanden betrachtet werden. Man erhält die Säure reichlich durch Behandeln von
Indigo mit
Salpetersäure und sie wurde
bei Gelegenheit derartiger Experimente entdeckt, war aber aus diesem Rohstoff natürlich sehr teuer.
Eine Zeit lang wurde die P. aus dem Botanybayharz oder Acaroidharz hergestellt; auch benutzte man früher zuweilen den rohen
Steinkohlenteer hierzu, jetzt nimmt man nur die aus diesem abgeschiedne möglichst reine, vom
Cresol befreite
Karbolsäure.
Diese wird erst in konzentrierter
Schwefelsäure gelöst und die Mischung in stark erwärmte
Salpetersäure
eingeleitet. Die
Schwefelsäure beteiligt sich an dem Prozeß nur in so weit, als sie die
Salpetersäure durch Wasserentziehung
stärker macht.
Der Prozeß geht bei diesem direktem Zusammenbringen der Erzeugungsstoffe weit stürmischer vor sich als mit
Teer. Die heiße
gelbe Lösung, die bei dem eben erwähnten Verfahren erhalten wird, läßt beim Erkalten die Säure in
Form hellgelber, glänzender Schüppchen, schmaler Täfelchen
oder auch Säulchen herauskristallisieren. Durch nochmaliges
Auflösen und Umkristallisieren wird die Säure reiner erhalten. Sie ist in kaltem Wasser wenig, mehr in heißem, sowie leicht
in
Alkohol und
Äther löslich.
Die Lösungen besitzen eine intensiv gelbe Farbe. Der Geschmack ist äußerst bitter; im Körper wirkt
sie als ein Gift. Ihre Säurenatur beweist sie gleich dadurch, daß sie die Kohlensäure aus ihren
Salzen austreibt. Einige
Kristalle davon in Sodalösung geworfen, besetzen sich bald überall mit Gasbläschen. Im Handel hat man außer der reinen,
noch zwei weniger reine Sorten, undeutlich kristallisiert, von blasserer Farbe, zuweilen in kompakten
Massen oder auch in Teigform.
Diese Sorten enthalten viele, von unreiner
Karbolsäure herrührende Verunreinigungen, die beim Auflösen in heißem Wasser
größtenteils zurückbleiben. Außerdem enthalten sie auch häufig Mononitrophenol und Dinitrophenol; da diese beiden von
ungenügender Einwirkung der
Salpetersäure herrührenden Körper farblos sind, veringern ^[richtig: verringern]
sie den Wert der Ware. Eine nichtsnutzige Anwendung der Säure, die zuweilen vorgekommen sein soll, ist die zum Bittermachen
des
Bieres, an welchem
Hopfen gespart werden soll.
Der reelle Gebrauch ist der zum Gelbfärben von
Seide und
Wolle; sie diente dazu schon in kleinerm Maßstabe
und nur für
Seide, als sie noch aus
Indigo hergestellt wurde. Durch die jetzige Fabrikation weit wohlfeiler geworden, wird
sie auch viel häufiger angewandt, da sie erstlich ein schönes helles Gelb liefert, das vortrefflich mit den schönen roten,
blauen und violetten
Anilinfarben harmoniert, und dann auch wegen der großen Bequemlichkeit ihres Gebrauchs,
denn sie fixiert sich auf tierischen Stoffen direkt, ohne Beizmittel.
Der Farbstoff ist ferner so ausgiebig, das 1 g genügt, um 1 kg
Seide zu färben. Mit Indigtinktur gemischt gibt das Gelb
die schönste grüne Mischfarbe. Die Alkalisalze der Säure, das pikrinsaure
Kali und Natron, färben ebenfalls
gelb in etwas anderer Nüance, besonders das
Kali, das in schönen pomeranzenfarbenen
Nadeln kristallisiert. Solche
Salze sind
ebenfalls als Farbmittel käuflich, sind aber gefährliche, zum Transport nicht angenommene Waren, wenn sie nicht etwa unter
falschem Paß ihren Weg suchen, z. B. als Anilingelb.
Während man nämlich die P. infolge ihrer Entstehungsweise wohl in Verdacht nehmen kann, daß sie ein
explosionsfähiger Körper sei, ist dies doch nicht oder kaum der Fall; sie wird von mancher Seite für völlig unfähig
erklärt, durch Stoß oder Schlag zum Explodieren gebracht zu werden, indes die ihr ungünstigsten Zeugnisse besagen, daß
es allerdings in einzelnen sehr seltenen Fällen gelungen sei, eine solche herbeizuführen. Der Stoff
läßt sich bei vorsichtigem Gebahren sogar unverändert sublimieren; auf Kohlen oder heiße Platten geworfen verpufft er
allerdings wie
Schießpulver. Mit den
Salzen ist es eine andre Sache; diese explodieren in der That leicht durch Reibung und
Stoß, und durch Vermischung mit Substanzen, die leicht Sauerstoff abgeben können; namentlich durch
Salpeter und
chlorsaures Kali läßt sich die leichte
¶
mehr
Zersetzlichkeit der Masse, daher die Raschheit und Kraftwirkung der Explosion noch bedeutend steigern. Die Salze der P. nennt
man Pikrate, so z. B. das pikrinsaure Kali Kaliumpikrat. Im deutschen Transportwesen werden keine Pikrinpräparate befördert;
aber der Verbotseifer hat auch die bloße Säure mit betroffen, die es nicht verdient, und somit einer
in Färbereien täglich gebrauchten Ware die offenen Handelswege verkümmert. - Zollfrei.