geraumer Zeit auf besonders dafür eingerichteten
Maschinen fabrikmäßig zu Garn versponnen, entweder für sich oder mit
kleinen Zusätzen von
Baumwolle oder Flockseide. Diese Garne sind von großer Schönheit und werden zu einer Art von Samtgewebe
hauptsächlich für Damenstoffe verarbeitet. Die Farben sind meist weiß und schwarz, zum Teil auch meliert,
naturfarben oder schön gefärbt. Neuerdings haben auch deutsche, speziell rheinische Spinnereien sich auf den Artikel verlegt,
da viel Nachfrage nach solchen Garnen sowohl im Inlande wie für Rußland und Polen ist. - Zoll: H. und Hasenhaare sind zollfrei.
Garn aus Hasenhaaren, auch wenn es mit Flockseide gemischt ist, Nr. 41
c 3. des
Tarifs, mit
Baumwolle gemischt Nr. 2 c. Gewebe aus Hasenhaaren Nr. 41 d 6 α,
halbseidne Nr. 30 f.
(Haudornwurzel,Harnkrautwurzel, radix ononidis). Die Wurzel der dornigen Hauhechel (Ononis spinosa,
frz. la bugrane épineuse, engl. Restharrow), ein niedriger,
an Wegrändern und sonst auf kulturlosen Flecken häufig wachsender Strauch mit blaßroten Schmetterlingsblüten;
die Wurzel ist holzig zähe, einige Fuß lang und fingerdick, oben in viele Köpfe geteilt, außen dunkelbraun, auf dem Durchschnitt
weißlich und strahlig. Die im Handel vorkommenden Wurzeln sind meist der Länge nach gespalten. Der Geschmack derselben
ist süßlich bitterlich, beim Kauen zusammenziehend und etwas brennend. Sie wird in Abkochungen als
mildes, schweiß- und harntreibendes Mittel verordnet. - Zollfrei.
(Fischleim,Colla piscium oder Ichthyocolla, frz. colle de poisson, engl.
Isinglass);
dieselbe besteht aus der getrockneten innern Haut der Schwimmblase verschiedner großer Fischarten vom Geschlecht
der
Störe, unter welchen zwar auch der Hausen (russ. Beluga) vertreten ist,
aber keineswegs so hervorragend, daß sein Name mit Fug als Gesamtfirma gelten könnte;
seine Ware bildet vielmehr eine geringere
Sorte;
die beste H. liefert der eigentliche
Stör, wozu noch einige kleinere Verwandte, der Osseter, Sterlet, der Sewruga
(Scherg) kommen. Es sind also meistens dieselben
Tiere, welche auch den
Kaviar liefern, und über welche
in dem betreffenden Artikel einiges Nähere angeführt ist.
Rußland ist dasjenige Land, welches Europa vor allem mit dem
Artikel und zwar reichlich versorgt, denn es exportiert jährlich gegen 100000 kg H., die meist über Petersburg kommen.
Außer dieser russischen „echten“ Ware erscheint aber noch manche andre aus den verschiedensten Weltgegenden
am Markt, amerikanische von der Hudsonsbai, brasilische, ostindische etc., auch wohl in fälschender
Untermischung mit der echten. An den Küsten Norddeutschlands, Englands, Nordamerikas ist hauptsächlich der
Kabliau derjenige
Großfisch, der am meisten auf Hausenblase benutzt wird, dann
Lachse, Welse und Seehechte.
Die nicht russischen Sorten sind alle von geringerer Qualität als diese, meist dunkler gefärbt, gelblich,
bräunlich etc., mit widrigem Fischgeruch und Geschmack behaftet, beim Kochen mit Wasser weit
mehr unlöslichen Rückstand hinterlassend, als die echte. Von der russischen Sorte unterscheidet man wieder:
Astrachaner,
uralische und sibirische H. Die Primafeineware besteht aus harten, schwer zu biegenden Blättern mit
runzlicher Oberfläche, welche bei auffallendem Lichte mit prachtvoll blauer Farbe schillert.
Die Primaware zeigt dieses Irisieren im geringeren Grade, die Sekundaware gar nicht. Die gangbarsten Marken der russischen
H. sind jetzt: Saliansky, Beluga und Samovy oder Samova, nächst diesen Assetowa und Premislowoi. Die Zubereitung der russischen
H. ist eine einfache, meist von Knaben besorgte Arbeit. Die frischen, oder wenn getrocknet, in Wasser
wieder aufgequellten Blasen werden der Länge nach aufgeschnitten, durch sorgfältiges Waschen, Reiben und Pressen von Unreinigkeiten
befreit und geschmeidig gemacht, halb getrocknet, dann die äußere unbrauchbare Muskelhaut abgezogen, die innere weiße
in eine der gangbaren Handelsformen gebracht (gebrakt) und vollends getrocknet.
Früher gab es im Handel unaufgeschnittene, nur äußerlich gereinigte Blasen, dann solche, die geöffnet und zu einem Kuchen
zusammengeklappt waren. Diese Stücke mußten vor dem Gebrauch erst lange gewässert, geklopft und auseinandergelegt resp.
gereinigt werden. Dies ist auch der Fall bei der in Ringel- oder Lyraform (Ringelhausenblase) aufgerollten
und gebogenen Ware, welche noch vorkommt, aber nicht mehr beliebt ist, da die H. in Blättern und in Fäden sich bequemer
verwenden läßt.
Zur Herstellung der Blätter werden die noch feuchten gereinigten Stücke stark ausgereckt, mit
Nägeln über Bretter gespannt
und so in der Sonne fertig getrocknet. Die dünnen Fäden erhält man durch Zerschneiden der Blätter
auf
Maschinen, welche mit stählernen Schneidscheiben arbeiten. Diese Zurichtung wird ebenfalls von den
Russen an Ort und Stelle
besorgt und die geschnittene Ware ist nicht teurer als andre. Seit einer Reihe von Jahren hat sich in Rußland die Gewohnheit
eingebürgert, daß schon die rohe H. nach Petersburg geschafft und dort gebrakt wird; man richtet sie
dort für das Auge her, bleicht sie, verringert aber dadurch ihren Wert; auch trocknet man sie nicht vollständig aus oder
befeuchtet sie absichtlich wieder, sodaß der Käufer durch Eintrocknen häufig einen Verlust bis zu 20%
erleidet.
Das Bleichen geschieht entweder mittels Schwefeldampf oder durch die Schneebleiche, die besonders an der Wolga betrieben
werden soll. Von den dort im Winter unter dem
Eise gefangenen
Fischen vergräbt man nämlich die Blasen so wie sie sind in
den Schnee und wartet mit der Zubereitung bis im Frühling die Sonne wieder warm genug scheint. In der
Zwischenzeit hat sich ihre Qualität verbessert. Die Beluga, also die eigentliche H., besteht aus großen dicken und rauhen
Blättern und hat keine reine Farbe, ist wohlfeiler, aber sonst gut brauchbar in Fällen wo nicht auf schönes Äußere gesehen
wird. Sterletblase ist nicht größer als ein Handteller; Samowy in dünnen weißen Blättern, aber den
übrigen Sorten an Güte sehr nachstehend, kommt vom Wels. Die Fischblase ist nicht der alleinige Fischleim, sondern nur
der beste; alle andern Membranen großer
Fische geben ebenfalls
Leim. So nutzt man an der untern Donau, in der
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mehr
Walachei, die dort gefangenen Störe in der Art aus, daß man nicht nur die Blase, sondern auch die Haut, den Magen und die
Därme klein schneidet, wäscht und so lange mit Wasser siedet, bis das meiste in Auflösung gegangen ist. Der Absud, geklärt
und erkaltet, bildet eine konsistente Gallert, die in dünne Blätter geschnitten und so getrocknet,
auch wohl in Lyraform gebracht wird. Fabrikate dieser Art, die leicht von der echten Ware zu unterscheiden und von viel geringerer
Qualität sind, auch noch anderwärts erzeugt werden, pflegt man künstliche H. zu nennen. Die H. ist in kaltem Wasser nicht
löslich, sondern quillt nur stark darin auf. Durch Erhitzen löst sich der gequellte Stoff in Wasser
wie auch in verdünntem Spiritus leicht, und gute Ware hinterläßt dabei nur eine ganz geringe Menge faseriger Reste. Beim
Erkalten gesteht die Lösung zu einer Gallerte, die schon bei 4 Tln. Masse auf 100 Tle.
Wasser eine solche Konsistenz hat, wie sie zum Küchengebrauch passend ist.
Die Verwendung der H. ist sehr mannigfaltig. Man benutzt sie in Küche und Konditorei als Grundmasse feiner Gelées, welche
Obstsäfte, Milch, Zucker, Wein, Gewürze etc. als Zusatz erhalten. Als Klebstoff dient sie in Form von Mundleim und durchsichtigen
farbigen Oblaten; auf Tafft gestrichen als englisches Pflaster, ferner zu Kitten, besonders in weingeistiger
Lösung und mit Harzen verbunden als sog. Diamantkitt, als Bindemittel für Farben und bei Anfertigung der
künstlichen Perlen aus Glas und Fischschuppen.
Als durchsichtiger Körper gibt sie Leimfolie oder Glaspapier, das zu Durchzeichnungen und zum Bedrucken mit Bildern
gebraucht wird, ferner Tafeln für Schiffsfenster, die aber mit einem wasserdichten Lack zu überziehen sind. Als Glanzstoff
wird sie zum Appretieren von seidnen und andern feinen Zeugen und Bändern benutzt. Den stärksten Verbrauch aber macht man
von ihr als Klärmittel für trübe Biere und Weine, denen sie im aufgequellten Zustande beigemischt wird.
- Die russische Ware gelangt in den Handel entweder in Ballen von 10 Pud (1 Pud = 16,38 kg) oder in Fässern von 12-14 Pud,
in welchen sie in grobe Säcke verpackt enthalten ist. - Zoll: Echte und unechte getrocknete zollfrei, ebenso englisches
Pflaster. Aufgelöste H., Mundleim, Kitt etc. gem.
Tarif im Anh. Nr. 5 e.