Schüppchen vorhanden ist. Die Fälle, in welchen derselbe auf Gängen im
Granit für sich in Blättern und Platten kristallisiert
vorkommt und einen gebrauchfähigen Stoff bildet, sind weniger häufig. Das Mineral ist ein Doppelsilicat von Kieselsäure,
Alkalien und
Thonerde, enthält aber häufig noch einen oder mehrere andre Stoffe, welche je nach den Varietäten
Manganoxyd, Talkerde,
Eisen,
Kalk etc. sein können. Im allgemeinen unterscheidet man
Kali-, Natron-, Talkerde- und Lithionglimmer;
alles Folgende gilt nur von dem Kaliglimmer, auch Muscovit genannt.
Begreiflich hat die An- oder Abwesenheit und das verschiedne Mengenverhältniß einzelner Bestandteile einen entscheidenden
Einfluß auf die Färbung des Minerals, die denn auch sehr mannigfaltig ist, silberweiß, goldgelb, grau,
violett, braun bis schwarz, in selteneren Fällen rosen-, pfirsich-, blut- oder purpurrot. Sein Ansehen ist meist perlmutterartig
oder metallisch glänzend und man mag ihm früher oft einen edlern Gehalt zugetraut haben, wie die Namen Katzengold für
die goldgelben, Katzensilber für die silberweißen Varietäten vermuten lassen.
Die besondre Eigentümlichkeit des tafelförmigen G. ist seine fast unbegrenzte Spaltbarkeit in immer dünnere Blätter und
Blättchen. Weißlicher und sonst hellfarbiger G. ist in dünnen Spaltblättern fast farblos, wenigstens so transparent,
daß er das
Glas vertreten kann, gegen welches er noch den Vorteil hat, biegsam und elastischer zu sein.
Da Glimmertafeln in Rußland (Sibirien) bis zu bedeutender Größe gefunden werden, so benutzte man früher den Stoff häufig
zur Verglasung von Fenstern und Laternen und nannte ihn Moskauer
Glas. Es ist dasselbe etwas teurer als gewöhnliches.
Der G. darf nicht mit dem Frauenglas (s. d.) verwechselt werden; er ist ein
besseres Material wie jenes, welches zerbrechlicher ist, auch durch Luft und Nässe leidet, die dem G. nichts anhaben, der
außerdem auch ziemlich hohe Hitzegrade aushält. Der G. ist vermöge seiner Eigenschaften vielseitiger Anwendung fähig
und man wendet ihm auch in neurer Zeit wieder mehr Aufmerksamkeit zu. In England benutzt man ihn für
die Fenster von Maschinenwerkstätten, weil Glasscheiben zu häufig von Metallstückchen, die beim Meißeln abfliegen, zertrümmert
wurden.
Man bezieht ihn dort aus Ostindien, wo er wie in
China vielfach für allerlei Galanteriesachen benutzt wird. Das indische
Produkt ist sehr rein und wird jetzt auch bei uns verwendet. Auf Kriegsschiffen kommen Glimmerfenster
in Gebrauch, da die Erschütterungen durch die Artillerie die Glasscheiben zu leicht schädigen. Häufig benutzt man solche
Tafeln zum Einsetzen in die Thüren oder Wände von Schmelz- und andern Öfen, um eine bequemere Einsicht zu haben. Außerdem
fertigt man jetzt daraus Rauchfänge über Gasflammen, Lampenschirme und unzerspringbare Cylinder, Taschenlaternen
etc. Die jüngste Verwendung ist die zu Schutzbrillen für allerlei Arbeiter in
Eisen, Stein,
Glas, vor starkem Feuer etc.
gegen das Einfliegen von Splittern ins Auge und gegen strahlende Hitze, für Eisenbahner u.
dgl. Diese Brillen, die sehr wohlfeil zu haben sind, werden
in Breslau von Max
Raphael fabriziert, von welchem auch in jeder Quantität zu beziehen ist.
Der Artikel scheint in der Arbeiterwelt mit großem Beifall aufgenommen zu werden. Die Anwendung des in Schüppchenform zur
Verzierung von Galanterie- und Spielsachen ist zwar nicht neu, wird aber in jüngster Zeit in neue und größere Aufnahme
zu bringen gesucht. Es haben sich Fabriken aufgethan, welche G. zu diesem Zwecke präparieren und unter
dem Namen Glimmerbrokate in den Handel bringen, dieselbe kommt auch gefärbt vor (mit
Anilinfarben). Diese Pulver, auf einen
klebrigen Grund gerieben oder gepudert, allenfalls mit einem
Lack überzogen, geben sehr hübsche Effekte und passen für
allerhand Galanterieartikel, Buntpapiere,
Siegellack etc. ebenso gut wie die metallenen
Brokate, vor denen
sie noch den Vorzug haben nicht so leicht unscheinbar zu werden, namentlich von schwefligen Dünsten nicht angreifbar zu
sein. - G. ist zollfrei. Glimmerwaren werden gem. Tarif im Anh. Nr. 33 d 1 bezw.
Nr. 33 d 2 verzollt; Schutzbrillen gem.
Nr. 20
c 2.
(Vulkanöl,Phönyxöl). Im Westen Virginiens, weit ab von den petroleumreichen Distrikten Nordamerikas,
ist ebenfalls eine Erdöl führende Region erschlossen worden, deren Produkt aber so eigentümlich beschaffen ist, daß es
zu Beleuchtungszwecken ganz untauglich ist, dagegen als Schmiermittel für
Maschinen und Fuhrwerke vor
allen andren Fettarten den Vorzug behauptet. Globe, Vulkan etc. heißen die Aktiengesellschaften,
welche den virginischen Öldistrikt ausbeuten.
Das Vulkanöl war zuerst am europäischen Markte, scheint aber vom G. verdrängt zu werden, das von besserer Qualität, weil
besser gereinigt ist. Das rohe Erdöl, wie es aus den Brunnen gepumpt wird, enthält Wasser, Schlamm
und erdige Teile, von denen es erst gereinigt werden muß. Diese Reinigung kann natürlich oberflächlicher oder gründlicher
geschehen. Während es auf einer Seite heißt, das
Öl brauche bloß filtriert zu werden, sagen die Agenten des Globe, es
gehöre dazu außer einem besondren Reinigungsverfahren auch ein monatelanges Ablagern, wobei das
Öl
immer besser und reiner werde.
Das westvirginische Schmieröl bildet bei uns schon einen bedeutenden Einfuhrartikel, da es in der That, wenn von
guter Qualität, alles leistet, was von ihm gerühmt wird. Es ist säurefrei, trocknet und harzt nicht, bleibt vielmehr stets
flüssig, erstarrt selbst bei sehr starkem Froste nicht und setzt auch nach wochenlangem Stillstande
der
Maschinen keine trocknen Massen ab. Ersparnis gegen
Rüböl soll 30-40% sein; spez. Gewicht 0,885. Schlechter Ware, die
wohl vorkommt, fehlt es entweder an gehöriger Reinigung, oder sie ist geradezu mit Petroleumrückständen gefälscht. -
Zollfrei gem. Tarif Nr. 29 Anm. 1.
(Glycerylalkohol,Glyceryloxydhydrat,Ölsüß, Scheele'sches Süß). Dasselbe ist ein Spaltungsprodukt der
Fette, bildet sich aber auch in geringer Menge bei der geistigen Gärung zuckerhaltiger Flüssigkeiten. Das G., obwohl schon 1779 von
Scheele entdeckt, war bis vor wenig Jahren nur den Männern der
¶
mehr
Wissenschaft bekannt, jetzt aber bildet es einen Gegenstand massenhafter Fabrikation und des vielseitigsten Verbrauchs. Das
G. kann aus allen Fetten und Ölen, welche sich zu Seife verkochen lassen, gewonnen werden, ohne jedoch schon darin fertig
gebildet enthalten zu sein. Während man nämlich früher annahm, Kali, Natron etc. trete beim Seifekochen
mit dem Fett direkt zu Seife zusammen, hat sich später gefunden, daß der Fettstoff sich bei diesem Prozeß in zwei Bestandteile
spaltet, von denen nur der eine sich mit dem Alkali verseift, während der andre so verdrängte sich sogleich mit Wasser chemisch
bindet und nun erst G. bildet, das sich in der Lauge auflöst.
Bei jedem Seifesud ist also die Unterlauge glycerinhaltig; der Stoff findet sich da freilich in noch sehr unreinem Zustande.
In der Stearinsäurefabrikation, wo die Herstellung einer unlöslichen Kalkseife das erste Stadium bildet (s.
Stearin) fällt eine Lauge ab, die weniger unrein ist als Seifensiederlauge, und hauptsächlich Kalk enthält.
Sowohl diese Laugen, als auch die Unterlaugen der Seifensiedereien werden auf G. verarbeitet. Man dampft dieselben so weit
ein, daß die darin enthaltenen Salze sich großenteils ausscheiden, und bringt das Produkt dann als Rohglycerin in den Handel.
Die Glycerinraffinerien kaufen dasselbe von den Stearinfabriken auf und reinigen es. Dieses Rohglycerin
kommt in großen Mengen aus Holland, Frankreich und Rußland. Das Rohglycerin wird dann durch Behandlung mit Knochenkohle
und Filtration gereinigt, besser aber noch mit hochgespannten Dämpfen einer Destillation unterworfen. Am direktesten geht
die Wilson'sche Methode zu Werke, indem dabei gar keine Verseifung vorgenommen, sondern dieselbe Zerlegung, die dort
das Alkali bewirkt, durch überhitzten Wasserdampf erreicht wird.
Indem das zu zersetzende, in einer Destillierblase befindliche Fett der fortdauernden Einwirkung des nahe 300° heißen Dampfes
unterliegt, sammeln sich in der Vorlage zwei Schichten, oben die Fettsäure und darunter in Wasser gelöstes G., das noch
von unangenehm riechenden Zersetzungsprodukten zu befreien ist. Im Handel hat man das in verschiednen
Reinheitsgraden, je nach dem Zwecke, zu dem es dienen soll, ebenso auch in verschiednen Konzentrationsgraden, die man nach
dem Aräometer von Baumé bestimmt.
Ganz chemisch reines, stärkstes G. ist eine vollständig geruchlose, farblose, durchsichtige, süßschmeckende Flüssigkeit
von Sirupkonsistenz und 30° Bmé.; es fühlt sich schlüpfrig an, löst sich in jedem Verhältnisse
leicht in Wasser und in Alkohol, aber nicht in Äther und Chloroform. Aus der Luft zieht es mit Begierde (nach und nach bis
zu 50%) Feuchtigkeit an und muß daher in gut verschlossenen Gefäßen aufbewahrt werden. Unter gewissen Umständen kann
das wasserfreie G. auch zum Kristallisieren gebracht werden.
Beim Erhitzen an der Luft verflüchtigt sich ein Teil des G. unzersetzt, ein andrer Teil wird jedoch zersetzt und entwickelt
sehr scharfe, die Augen zum Thränen reizende Dämpfe von Acrolein und Essigsäure. Im Vakuum dagegen, sowie auch mittels
hochgespannter Wasserdämpfe läßt
sich das G. unverändert überdestillieren. Bei gewöhnlicher Temperatur
ist das G. nicht brennbar, dagegen lassen sich die aus heißem G. entwickelten Dämpfe entzünden und das G. brennt dann,
wenn es genügend heiß ist, auch selbst mit.
Seiner chemischen Natur nach ist das G. ein dreiatomiger Alkohol, dessen Äther (Glyceryläther, Glyceryloxyd) mit
den Anhydriden der Fettsäuren die Öle und Fette bildet. Im Handel hat man für die einzelnen Sorten folgende Bezeichnungen:
Rohglycerin, gelblich braun;
unangenehm riechend;
gelbliches G. (flavosum);
raffiniert weiß (album);
destilliert, absolut
farblos und doppelt destilliert, chemisch rein.
Eine besondre Sorte ist dann noch das kalkfreie; es braucht nicht chemisch
rein zu sein, darf aber keinen Kalk enthalten, da es als Zusatz zu Toilettenseifen verwendet wird. Hinsichtlich der Konzentrationsgrade
führt man im Handel Glycerin von 16-30° Bmé., am gangbarsten sind die Sorten von 24 und 28° Bmé., weniger gesucht sind
16-18° und 30° Bmé. - Reines G. darf nicht sauer reagieren, sondern muß ganz neutral sein. Die weniger
reinen Sorten enthalten zuweilen kleine Mengen Schwefelsäure oder Buttersäure. Die Gegenwart von Kalk erkennt man leicht,
wenn man das G. mit destilliertem Wasser verdünnt und etwas oxalsaures Ammoniak zusetzt, an der hierbei entstehenden weißen
Trübung. Reines kalkfreies G. bleibt klar. - Die Verwendung des G. ist eine sehr mannigfaltige; halbgereinigtes
G. von 16-18° Bmé. wird zum Füllen von Gasuhren benutzt, da ein solches auch in strenger Kälte nicht friert, sondern
nur das wasserfreie; es muß für diesen Zweck vollständig säurefrei sein, damit die Metallteile der Gasuhren nicht angegriffen
werden.
Ferner benutzt man die weniger reinen, aber hochgradigen Sorten zur Anfertigung der Buchdruckerwalzen,
die aus G. und Leim bestehen; in der Gerberei dient das G. zum Geschmeidigmachen des Leders, auch in der Musselinweberei, Zeugdruckerei
und in Appreturanstalten wird es verwendet. Sehr bedeutende Mengen von G. werden jetzt zur Fabrikation von Nitroglycerin und
Dynamit verbraucht, wozu sich nur ein möglichst reines eignet. Dasselbe dient ferner als Zusatz zu Weinen,
Bieren, Likören, zur Konservierung von Früchten, zu medizinischen Zwecken, namentlich äußerlich zum Einreihen aufgesprungener
Hände, als Zusatz zu Toilettenseifen, zur Bereitung von künstlichem Senföl und von Ameisensäure mittels Oxalsäure. Dies
sind wenigstens die wichtigsten Verwendungen dieses interessanten Stoffs. Versendet wird das in großen
Fässern von Holz, neuerdings auch von Eisenblech, kleinere Mengen in Glasballons. - Zoll: G. sowie die zur Bereitung dienende
Lauge, sind zollfrei.