Eisen und verdünnter Salzsäure in Anilin und Toluidin übergeführt, von welchem letzteren man zwei Modifikationen hat. Das
Rohanilin ist eine rötlichbraune Flüssigkeit von unangenehmem Geruch und öliger Beschaffenheit; es mischt sich nicht mit
Wasser, nimmt aber etwas von diesem auf; ebenso löst das Wasser eine kleine Menge von A. In verdünnter
Salzsäure muß sich das Rohanilin klar lösen; enthält es mehr als ½% Verunreinigungen, mit Ausnahme des Wassergehaltes,
der bis zu 1½% betragen kann, so löst es sich nicht mehr klar auf.
Das gegenseitige Mengenverhältnis des A. und der beiden Toluidine im Anilinöl ist ein schwankendes und hat man hiernach
verschiedene Sorten davon im Handel. Für die Herstellung des gewöhnlichen Anilinrots ist jener Toluidingehalt sogar notwendig;
nur für gewisse Farben braucht man reines A., für andre wieder reines Toluidin. Das reine Anilin des Handels ist zwar auch
noch nicht ganz chemisch rein, es enthält aber doch nur eine sehr geringe Menge, nicht über 1% betragende
Quantität von Toluidin.
Reines A. ist, frisch bereitet, eine farblose, wasserhelle Flüssigkeit, die sich jedoch beim Stehen an der Luft nach und
nach rötlichbraun färbt; es besitzt einen nicht unangenehmen, weinigen Geruch, ein spez. Gewicht von 1,020 bei 16° C.,
und siedet bei 182° C. Es wirkt giftig. Mit den Säuren bildet das A. farblose, kristallisierbare, im
Wasser lösliche Salze, die Anilinsalze, von denen hauptsächlich das schwefelsaure Anilin und das salzsaure Anilin im Handel
vorkommen.
Reines A. wird zur Fabrikation von Methylanilin, Diphenylamin und Fuchsinblau gebraucht, ferner zur Erzeugung von Anilinschwarz
auf Wolle. Nach Häußermann wurden von reinem A. allein in Deutschland im Jahre 1877 circa 500000 kg
fabriziert. Vom rohen Anilinöl unterscheidet man im Handel hauptsächlich:
1) Anilinöl für Rot, von 1,004 bis 1,006 spez. Gewicht, besteht aus einer Mischung von 10 bis 20% Anilin, 25 bis
40% Paratoluidin und 30 bis 40% Orthotoluidin.
2) Anilinöl für Safranin, enthält bis 35% Anilin.
- Im Jahre 1880 wurde Anilin (inkl. Toluidin) im deutschen Zollgebiete eingeführt für 712000 Mk; der Wert der Ausfuhr belief
sich jedoch 1880 auf 1893000 Mk. Die Einfuhr ist zollfrei. Anilinölfabriken bestehen in Deutschland 3 und
in Frankreich 3, sämtlich von großartiger Ausdehnung und Leistungsfähigkeit.
- Obschon es verschiedene aus Anilin darstellbare blaue Farbstoffe gibt, so versteht man doch unter diesem
Namen nur eine bestimmte Farbe, die als gewöhnliches A. oder Fuchsinblau (Bleu de Lyon, Bleu de Paris) bezeichnet wird und
aus der Chlorwasserstoffverbindung des Triphenylrosanilins besteht (Triphenylrosanilinchlorhydrat). Es ist ein
in Wasser unlösliches, dunkelrotbraunes Pulver, welches sich aber in Spiritus mit prächtig blauer Farbe löst (spirituslösliches
Anilinblau).
Aus diesem lassen sich drei verschiedene in Wasser lösliche Arten von A. herstellen (wasserlösliches Anilinblau); es sind
dies die Natronsalze gepaarter Sulfosäuren
des Triphenylrosanilins. Man erhält sie durch Einwirkung von konzentrierter
Schwefelsäure auf das A. und je nach der Dauer der Einwirkung sowie der Höhe der Temperatur können
hierbei entweder 1, 2 oder 3 Moleküle Schwefelsäure gebunden werden. Beim Verdünnen mit Wasser scheiden sich diese Farbstoffe
aus und können dann mittels Natronlauge gelöst werden.
Das früher allein gebräuchliche wasserlösliche Anilinblau enthält 3 Moleküle Schwefelsäure, ist
demnach das triphenylrosanilintrisulfosaure Natron. Das 2 Moleküle Schwefelsäure enthaltende A., das triphenylrosanilindisulfosaure
Natron, wird Wasserblau (Bleusoluble) genannt. Derselbe Farbstoff jedoch auf andre Weise, nämlich aus Diphenylamin bereitet,
wird Bayrischblau genannt; es ist ein dunkelblaues Pulver, während das Wasserblau einen kupferroten Metallglanz zeigt. Mit 1 Molekül
Schwefelsäure entsteht das triphenylrosanilinmonosulfosaure Natron, welches ebenfalls in zwei Arten
in den Handel kommt, nämlich aus Rosanilin bereitet als Nicholsonsblau oder Alkaliblau, und aus Diphenylamin bereitet als
Alkaliblau D. Beide sind dunkelblaue Pulver, in Wasser mit prächtig blauer Farbe löslich. - Zollfrei.
- Die Fabrikation von Farbstoffen aus Anilin und dem ihm nahestehenden Toluidin hat
eine sehr bedeutende Ausdehnung erlangt und wird vorzugsweise in Deutschland, nächstdem in England und Frankreich betrieben.
Die A. bilden eine besondere Abteilung der Teerfarben (s. d.) und werden in sehr
großen Mengen in der Färberei, Zeugdruckerei, Buntpapier- und Tapetenfabrikation, zum Färben von Holz, Metall, Leder u.
dergl., zum Buntdruck u. s. w. verwendet;
sie bilden einen bedeutenden Exportartikel nach China, Japan, Ostindien und andern Ländern.
Der Wert der Ausfuhr von Anilinfarben und Teerfarben aller Art (Anilinfarben allein sind nicht angeführt) aus dem
deutschen Zollgebiete belief sich 1880 auf 31037000 Mk, der der Einfuhr nur auf 6749000 Mk. -
Die Zahl der in den Handel kommenden eigentlichen Anilinfarben ist schon ziemlich groß, noch viel größer
ist aber die Zahl der möglicherweise darstellbaren Farben dieser Art. Die wichtigsten A. (sie sind unter ihren gebräuchlichsten
Namen beschrieben) sind folgende: Fuchsin (inkl. Rubin), Hofmanns Violett, Jodgrün, Kaiserviolett, Anilinblau, Alkaliblau, Wasserblau,
Toluidinblau;
die genannten Farben, von denen viele wieder in verschiedenen Nummern und Nüancen vorkommen,
stammen sämtlich vom Rosanilin (s. d.) ab.
Fernere Anilinfarben sind: Mauveïn, Safranin, Viktoriagelb, Chrysanilin, Phosphin,
Chrysoin, Emeraldin, Chrysoidin, Phenylenbraun, Bismarckbraun, Anilingrau, Methylanilingrün, Diphenylaminblau, Kännel, Aurantia,
Indulin, Malachitgrün und Tropäolin in verschiedenen Nüancen. Mit Firnis, Glycerin oder Öl versetzte, oder in Täfelchen,
Bläschen etc. eingehende A. siehe Zolltarif im Anh. Nr. 5 a. Andre
sind zollfrei.